Chasing Ted - Schmerz [5/21]

Dec 17, 2005 05:35

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CHASING TED - SCHMERZ

Ted kämpfte sich durch zähe schwarze Wolken. Wie Teer schienen sie an ihm zu kleben, und er wusste, beim kleinsten Anzeichen von Unentschlossenheit würden sie ihn wieder hinab in ihre Tiefen ziehen - diesmal vielleicht für immer. Er durfte jetzt nicht aufgeben. Er konnte schon kleine Lichtpunkte ausmachen. Mit seiner ganzen Willenskraft zwang er sich, die Schwärze hinter sich zu lassen und die Augen zu öffnen. Das Licht, das durch das kleine Fenster in seine Augen fiel, schmerzte. Aber er konnte seinen Körper wieder spüren. Er war wieder unter den Lebenden...

Als er langsam den Kopf neigte - zu schnelle Bewegungen, das wusste er inzwischen, konnten ihn unversehens in die Schwärze, der er gerade erst entkommen war, zurück katapultieren - fand er sich in seinem eigenen kleinen, kalten Schlafzimmer wieder. Jemand musste ihn hierher gebracht haben, denn das Letzte, woran er sich erinnerte, war sein Büro. Wie lange war das her? Wie viel Uhr war es?

Als er seinen linken Arm hob, um einen Blick auf seine Uhr zu werfen, durchzuckte Ted ein jäher Schmerz. Blitze explodierten bei der kleinsten Bewegung in seiner Schulter und beißende Tränen verschleierten ihm den Blick. Er kämpfte einen Schmerzensschrei zurück und beschloss, die Sache anders anzugehen. Vorsichtig prüfte er, ob er seinen rechten Arm heben konnte, und stellte erleichtert fest, dass dieser heil zu sein schien. Als er den linken Arm ein wenig verrückte, um mit der rechten Hand an den Verschluss seiner Armbanduhr zu gelangen, traten ihm erneut Tränen in die Augen. Die Zähne fest aufeinander gepresst, arbeitete Ted fieberhaft, die Uhr von seinem linken Handgelenk zu lösen.

Als Ted es nach scheinbar endlosen Sekunden geschafft hatte und auf die Uhr sah, stellte er fest, dass es nur ein paar Stunden her war, dass er das Bewusstsein verloren hatte. Auch wenn seine Anfälle allein bereits Grund zur Besorgnis gaben, so war Ted trotzdem ein wenig erleichtert. Es war auch schon vorgekommen, dass er ganze Tage das Bewusstsein verloren hatte. Dieser Anfall schien keiner der schlimmen Sorte gewesen zu sein. Aber was war in dieser kurzen Zeit mit seiner Schulter passiert? So etwas passierte nicht oft. Und selbst dann waren es normalerweise lediglich blaue Flecke, die Ted vorfand, wenn er erwachte.

Ted schüttelte leicht verwirrt den Kopf, schloss die Augen wieder und beschloss, noch eine Weile liegen zu bleiben. Er fühlte die Schwärze nicht mehr, konnte also beruhigt noch ein wenig dösen. Irgendwann kam sicher jemand, um nach ihm zu sehen, der ihm mit seiner Schulter helfen könnte. Er wagte nicht, sie noch einmal zu bewegen. Das würde nur unnötige Schmerzen verursachen.

Seine Schulter aber pochte inzwischen vor dumpfem Schmerz, und so öffnete er die Augen doch wieder. Zögerlich führte er seine rechte Hand zur schmerzenden Schulter und tastete sie behutsam ab. Sie fühlte sich heiß und geschwollen an, außerdem konnte er bereits bei der leisesten Berührung tausend Nadeln spüren, die in seine Schulter stachen. Es half alles nichts. Er konnte es sich nicht leisten, liegen zu bleiben. Er musste seine Schulter von einem Arzt untersuchen lassen.

Ted biss die Zähne zusammen und richtete sich vorsichtig im Bett auf. Vielleicht konnte er ja zuerst noch irgendwo ein Schmerzmittel auftreiben; das würde ihm schon sehr helfen. Stolpernd machte er sich auf den Weg ins kleine, fensterlose Bad, wo er auf das Medizinschränkchen zuhielt. Er war selbst erstaunt, als er darin direkt vor seiner Nase eine Packung Tylenol fand. Kurzerhand nahm er sich zwei Tabletten und spülte sie mit Wasser hinunter. Das würde helfen.

Er trottete zurück ins Schlafzimmer und blickte sich suchend nach seinen Schuhen um. Er entdeckte sie scheinbar achtlos in eine Ecke geworfen, machte sich jedoch noch nicht daran, sie wieder anzuziehen, da er die Schmerzen in seiner Schulter immer noch deutlich spürte. Stattdessen zündete er sich eine Zigarette an, setzte sich auf die Bettkante und wartete darauf, dass das Schmerzmittel Wirkung zeigte.

***

Als er schließlich eine halbe Stunden später ins Büro zurück kam, fühlte er sich ein wenig, als ob seine Füße nicht ganz den Boden berührten und er die Welt um sich herum durch einen leichten Schleier wahrnahm. Das Schmerzmittel schien doch ein wenig stärker zu sein als er gedacht hatte. Seinen ganzen linken Arm - der nun in einer Schlinge ruhte, nachdem der firmeneigene Arzt festgestellt hatte, dass die Schulter zwar nicht gebrochen, allerdings ausgerenkt und verstaucht sei - spürte er nur noch wie aus weiter Ferne, als ob er jemand Anderem gehörte.

Das Zimmer selbst sah aus wie nach einem Orkan. Die Papierstapel, die einige Stunden zuvor noch den Schreibtisch verstellt hatten, waren nun kreuz und quer über den Fußboden verteilt. Ohne jedoch auch nur einen weiteren Gedanken an das Chaos in dem kleinen Raum zu verschwenden, bahnte sich Ted seinen Weg zu der Tür an der gegenüber liegenden Wand, öffnete diese und trat in sein Labor.

Was war es gleich wieder gewesen, das ihm gestern Abend Kopfzerbrechen bereitet hatte? Fragend starrte er auf seine Arbeit. Das technische Ungetüm, das einen großen Teil des dämmrigen, etwas muffigen Raums einnahm, war trotz unzähliger Arbeitsstunden noch immer nichts weiter als ein dummer Haufen Technik-Kram. Ein hochgradig komplizierter und gefährlicher dummer Haufen Technik-Kram, aber trotzdem nichts Großartiges - zumindest NOCH nichts Großartiges, erinnerte Ted sich selbst. Er wollte so sehr, dass das Ding funktionierte, doch kaum glaubte er, ein Problem gelöst zu haben, trat ein anderes Problem zu Tage. Natürlich wollte er seinem Chef endlich einmal Ergebnisse bei diesem Projekt vorlegen, doch vor allem wollte er einfach, dass sein Schatz, sein Ein und Alles, so lief, wie er es sich immer erträumt hatte. Doch Träume zu erfüllen war noch nie eine einfache Aufgabe gewesen.

Das Schmerzmittel war wohl wirklich ein wenig zu viel des Guten gewesen. Es wollte ihm beim besten Willen nicht einfallen. Also heute am besten keine Arbeit mehr... Aber was sollte er dann tun? Er konnte doch nicht einfach nur dasitzen und Däumchen drehen. Nein, nicht einmal das konnte er, mit einem Arm in einer Schlinge.

Chiara hätte jetzt sicher einen beißenden Kommentar für ihn gehabt. Wo war Chiara überhaupt? Eine gute Leibwächterin war sie, tönte eine kleine sarkastische Stimme aus einem dunklen Winkel in seinem Hinterkopf. Er hatte sie nicht mehr gesehen, seit sie heute Vormittag in seinem Büro geredet hatten. Ted beschloss, sie zu suchen.

deutsch, chasing ted, story

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