Titel: Dichtung und Wahrheit
Team: Sonne
Challenge: Angst: JOKER (Diese
Geschichte von
nachanca) - Fürs Team
Fandom: SK Kölsch
Rating: P16
Genre: Angst,
Warnungen: Explicit Domestic Violence! Implied NonCon!
Zusammenfassung: Klaus erzählt wie er sich verletzt hat...
Wörter: ~1800
Anmerkung1: Es gab in
nachancas Geschichte diesen Satz "What was an accident, Alex? The time she fell down the stairs? Or when she ran against an open door twice in one week? Or when she stumbled over the corner of the rug? When she got her fingers trapped in a drawer?" und kaum dass ich den gelesen hatte, war diese Idee plötzlich da. Es ist mal wieder so ein bisschen ein Expetriment, keine Ahnung, ob es funktioniert.
Anmerkung2: Gehört in den Story-Reigen um
"Blaue Flecken",
"Zuhause",
"Widerspruchslos" und
"Die Anzeichen waren da...",
"Zerbrochen",
"Halten" und
"Böse Überraschung" und ist immer noch nicht das versprochene Happy End. Sorry.
„Was hast du denn gemacht?“, fragte Jupp kaum das Klaus am Montagmorgen das Büro betrat.
„Hm, was meinst du jetzt?“
Klaus gab sich ahnungslos, obwohl er natürlich wusste, was Jupp meinte. Die Schiene mit dem dicken Verband an seiner Hand war ja kaum zu übersehen. Jupp mochte zwar manchmal sehr dickfellig und unaufmerksam sein, aber sowas hatte er bisher noch immer mitbekommen.
„Na, das da“, antwortete Jupp denn auch und deutete auf Klaus’ geschiente Hand.
„Ach, das.“ Klaus hob die Hand ein wenig und bemühte sich desinteressiert zu klingen. „Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung.“
* * *
„Ich dachte, du musstest arbeiten“, bemerkte Alex scharf, als Klaus in die Wohnzimmer kam.
„Musste ich auch“, erwiderte Klaus bemüht ruhig. „Ein Alibi überprüfen, in Bonn. Deswegen hat es etwas länger gedauert.“
Alex’ Ton machte ihm Angst, Alex’ ganze Erscheinung machte ihm Angst. Diese unterschwellige Aggressivität, die angespannte Haltung, die Art, wie sich sein Shirt über seinen Muskeln spannte, wie die Adern hervortraten, das verriet mehr als alles andere, dass er entgegen seiner Beteuerungen nicht aufgehört hatte zu spritzen. Er hatte ganz offensichtlich erwartet, dass Klaus eher zuhause sein würde, und jetzt war er wütend, weil es so spät geworden war. Klaus schluckte trocken. Er spürte, wie seine Hände feucht wurden. Schnell wischte er sie an seiner Hose ab, versuchte sich die aufsteigende Panik nicht anmerken zu lassen. Ein wütender Alex war gefährlich, sehr gefährlich und wenn er Jupp morgen nicht wieder belügen wollte, musste er sich dringend etwas einfallen lassen, um Alex zu beruhigen.
„Es hat länger gedauert. Der Zeuge den ich gesucht hatte, ist es viel später gekommen“, erklärte Klaus. „Ich musste fast drei Stunden warten.“
„Ach, und die Zeit hast du dann mal genutzt, um dich ein bisschen zu vergnügen, ja?“, fragte Alex lauernd.
„W-was meinst du jetzt?“
Das Zittern in seiner Stimme war unüberhörbar. Klaus verfluchte sich dafür, dass er sich so wenig im Griff hatte. Alex registrierte das natürlich sofort. Mit zwei Schritten war er bei Klaus, drängte ihn rückwärts gegen das Sideboard.
„Du weißt genau, was ich meine“, erklärte Alex, mit einer unüberhörbaren Drohung in der Stimme.
Klaus schüttelte den Kopf. Seine Kehle war mit einem Mal wie zugeschnürt und er brachte kein Wort heraus. Panik stieg in ihm auf. Alex hasste es, wenn man ihm nicht antwortete. Dann rastete er jedes mal vollkommen aus. Klaus stützte sich auf dem Sideboard ab, umklammerte die Kante wie einen Rettungsring, lehnte sich nach hinten, so weit er konnte, wollte so viel Anstand wie nur möglich zwischen sich und Alex zu bringen. Er räusperte sich krampfhaft, versuchte verzweifelt ein paar Worte über seine Lippen zu zwingen, doch Alex ließ ihm keine Chance. Er packte Klaus hart im Nacken, krallte seine Finger in Klaus’ Haare und riss Klaus‘ Kopf mit einem kräftigen Ruck zu sich.
„Lüg mich nicht an!“, schrie Alex ihn an. „Jonathan hat euch gesehen. Er hat mich angerufen. Wollte wissen, seit wann wir getrennt sind.“
Alex Worte rissen Klaus den Boden unter den Füßen weg. Er wusste plötzlich mit absoluter Gewissheit, dass er Alex’ Zorn nicht würde entkommen können. Blind tastete er um sich, suchte fieberhaft irgendetwas, womit er sich schützen könnte - und fand nur den Griff einer Schublade. Ohne weiter darüber nachzudenken riss er sie auf, griff hinein, aber Alex war schneller.
* * *
„Eine Auseinandersetzung? Mit wem?“
Jupps Stimme klang zweifelnd und auch irgendwie besorgt, mit einem Hauch unterschwelliger Wut. Klaus’ Herz setzte einen Schlag aus und er schluckte leicht. Es war eine andere Wut als jene, die Alex so oft zeigte. Jupp war nicht wütend auf ihn, er war wütend ob der Idee, dass ihm jemand wehgetan hätte. Ein warmes Kribbeln breitete sich in seinem Magen aus und für einen Augenblick wünschte er sich, er könnte Jupp einfach die Wahrheit sagen. Aber das durfte niemals passieren.
„Mit einer Schublade, erklärte Klaus leichthin.
„Mit einer Schublade?“, fragte Jupp ungläubig. „Was für eine Schublade war das denn?“
„Eine ganz normale Wohnzimmerschublade.“
* * *
Die Schublade krachte zu, ein scharfer Schmerz schoss durch Klaus’ Hand und er schrie auf. Alex hatte die Schublade zugeschlagen und Klaus Finger zwischen der Schubladenfront und dem Korpus des Sideboards eingeklemmt. Klaus versucht seine Finger aus dem schmalen Spalt herauszuziehen, doch Alex drückte zu fest.
„Also, nochmal: Wer war der Kerl?“, fragte Alex.
Die Ruhe, die er plötzlich ausstrahlte war beängstigend. Klaus kannte diese Ruhe und er wusste, wenn er heute mit ein paar gebrochenen Fingern davonkam, konnte er sich sehr glücklich schätzen. Fieberhaft überlegte er, was er sagen sollte. Alex hatte ja nicht völlig unrecht. Er hatte überraschend jemanden getroffen, aber das ganze war völlig anders gewesen, als Alex glaubte. Die Schmerzen in seinen Fingern und die Angst, vor dem, was folgen würde, wenn er die falsche Antwort gab, machten das Denken fast unmöglich.
* * *
„So eine ganz normale Schublade von einem Wohnzimmerschrank?“, hakte Jupp nach. „Diese, die schon auseinanderfallen, wenn man sie nur schief anschaut?“
„Ja, genau so eine!“, erklärte Klaus gereizt. „Und meine Wohnzimmermöbel sind aus Massivholz.“
„Was hast du da drin? Backsteine?“
Klaus biss die Zähne zusammen. Er war nahe dran, die Beherrschung zu verlieren und das durfte auf gar keinen Fall passieren. Die Schmerzmittel machten ihn müde und sie halfen noch nicht einmal richtig. Seine Finger fingen schon wieder an schmerzhaft zu pulsieren. Und ausgerechnet jetzt musste Jupp sein Interesse für seine Mitmenschen entdecken. Warum konnte sein werter Partner ihn nicht einfach in Ruhe lassen. Sonst bekam er doch auch kaum mit, wenn es seinen Kollegen mal nicht so gut ging. Einen Augenblick bereute Klaus es, dass er die Krankschreibung abgelehnt hatte.
„Ich bin gestolpert“, erklärte er gepresst. „Als ich mich abfangen wollte habe ich nur die offene Schublade erwischt und sie im Fallen zugeschlagen. Leider waren meine Finger dazwischen. Einfach dumm angestellt, sonst nichts.“
* * *
„Ich höre…?“, hakte Alex nach.
Er drückte die Schublade noch ein bisschen fester zu. Die Schmerzen in Klaus’ Fingern wurden stärker, kroch seinen Arm hinauf, trieb ihm die Tränen in die Augen. Er versuchte stark zu bleiben, die Zähne zusammenzubeißen, doch der Schmerz war kaum mehr auszuhalten. Ohne dass er es wollte, kam ein Wimmern über seine Lippen.
„Alex, du tust mir weh. Hör auf. Bitte!“
„Das liegt ganz bei dir“, erwiderte Alex und drückte ein bisschen fester. „Gib mir die richtige Antwort und wir vergessen das hier ganz schnell.“
„Er war nur ein ehemaliger Kollege vom BKA. Dominik Born. Er hat undercover ermittelt. Ich hab’ ihm ein bisschen geholfen. Damit seine Tarnung glaubwürdiger aussieht.“
Klaus’ Antwort war zu schnell und zu hektisch, das wusste er. Seine Stimme überschlug sich fast. Es war die Wahrheit, jetzt konnte er nur noch hoffen, dass Alex ihm das auch glauben würde. Der aber schien ganz und gar nicht überzeugt von dieser Antwort.
„Und da muss man rumknutschen?“
„Wir haben nicht…“, versuchte Klaus sich automatisch zu verteidigen, doch Alex fuhr ihm sofort wutentbrannt über den Mund.
„Lüg’ mich nicht an!“
Alex drückte noch fester zu, lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Schublade. Klaus hörte seinen Knochen knirschen, ihm wurde schlecht vor Schmerzen und er ging in die Knie. Er wollte einfach nur noch, dass es endlich aufhörte, egal wie.
„Ja … ja …“, wimmerte er nur noch.
„Was, ja? Rede gefälligst ordentlich mit mir!“, fuhr Alex ihn an und schlug mit der Hand vor die Schublade. Klaus schrie auf.
„Ja, … ja, wir haben geknutscht. Das ist einfach aus dem Ruder gelaufen. Es tut mir leid. Ich wollte das nicht.“
Für einen Augenblick geschah gar nichts. Alex schaute Klaus nur an und Klaus hoffte verzweifelt, dass er die Situation mit seinem falschen Geständnis nicht noch schlimmer gemacht hatte.
„Na bitte, geht doch!“, sagte Alex zufrieden und ließ die Schublade los.
* * *
„Dumm ist gar kein Ausdruck“, bemerkte Jupp grinsend.
Klaus atmete erleichtert auf. Schadenfreude funktionierte bei Jupp doch immer und er schien ihm die Geschichte endlich abgekauft zu haben. Zum Glück, noch viel länger hätte er dieses Fragespielchen auch nicht durchgehalten. Er ging zu seinem Schreibtisch hinüber, ließ sich auf seinen Stuhl fallen und startete seinen Computer.
„Sag’ mal, müsstest du dann nicht eigentlich krankgeschrieben sein?“, fragte Jupp, als Klaus seinem Computer beim Hochfahren zuschaute.
„Jein“, antwortete Klaus. „Ich darf keinen Außendienst machen, aber Berichte schreiben und anderen Papierkram machen geht schon.“
Er sagte lieber nicht dazu, dass allein der Gedanke, zu Hause bleiben zu müssen und jederzeit Alex und seinen unberechenbaren Launen ausgeliefert zu sein, ihn mit so viel Angst erfüllte, dass er in jedem Fall ins Büro gekommen wäre, ganz egal, was der Arzt gesagt hätte. Der Arzt hatte ihn einmal scharf angeschaut, als er die Krankschreibung abgelehnt hatte und dann nur genickt. Er hatte genau verstanden, dass die Geschichte, die er ihm erzählt hatte, von vorne bis hinten erlogen gewesen war. Die kleine Visitenkarte, die er ihm im Weggehen zugesteckt hatte, hatte Bände gesprochen.
„Heißt das, du schreibst die nächsten Wochen meine Berichte?“, fragte Jupp begeistert.
„Wie kommst du jetzt darauf?“, fragte Klaus mit erhobener Augenbraue zurück.
Ein Teil von ihm verfluchte Jupp dafür, dass er sich so leicht mit der Geschichte zufriedengegeben hatte, dass er nicht von sich aus sah, was Klaus ihm nicht sagen konnte. Der weit größere Teil war dankbar dafür. Er schämte sich so sehr und hoffte, dass Jupp niemals sehen würde, wie schwach er war.
„Na, irgendwie musst du doch wiedergutmachen, wenn ich die nächsten Wochen mit Gino schieben muss.“
* * *
Klaus sackte zusammen. Der Schmerz pulsierte durch seine Hand. Ohne hinzuschauen barg er sie an seiner Brust und rollte sich so klein zusammen, wie es eben ging. Er spürte, wie das Blut durch sein Hemd sickerte und wusste, dass mindestens ein Finger gebrochen war. Aber Alex Zorn war noch nicht verraucht. Er würde jetzt erst richtig wütend werden und Klaus konnte froh sein, wenn er am Montagmorgen arbeiten konnte.
Er hörte, wie Alex sich bewegte, einen Schritt näher kam. Reflexhaft rollte Klaus sich noch kleiner zusammen, versuchte seinen Kopf zu schützen. Doch der erwartete Schlag kam nicht. Stattdessen ging Alex vor ihm in Knie und dann spürte er Alex Hand an seiner Wange, wie er mit dem Daumen ganz sanft über Klaus’ Jochbein strich und die Tränen wegwischte. Vorsichtig hob Klaus den Kopf, schaute Alex an.
„Warum machst du es uns immer so schwer?“, fragte Alex traurig. „Warum belügst du mich immer wieder?“
„Es tut mir leid!“, murmelte Klaus flehentlich. „Ich muss zum Arzt. Bitte!“
Plötzlich veränderte sich Alex’ Gesichtsausdruck, wurde wieder hart und kalt, und die Hand an seiner Wange, griff schmerzhaft zu, zog seinen Kopf nach vorne.
„Meinst du nicht, dass du erst mal etwas gutzumachen hast?“, fragte Alex gefährlich ruhig.
Er ließ Klaus los, richtete sich wieder auf und machte sich an seinem Gürtel zu schaffen. Klaus schloss ergeben die Augen und hoffte, dass die Spuren bis Montag nicht mehr sichtbar sein würden.
* * *
„Ja, ich mach’s wieder gut.“