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5. Teil Danny hat gesagt, sie müssen reden.
Steve ist bereit, sich von der nächstbesten Klippe zu stürzen.
Aber Danny hat ihn ins Flachland zu einem mehr oder weniger rattig aussehenden Diner entführt, ihm Blaubeerpfannkuchen vorgesetzt, diese mit Sahne garniert, und erwartet jetzt offenbar von ihm, dass er diese Kalorienbombe auch noch zu sich nimmt.
Als sei ihm vor Nervosität nicht schon schlecht genug.
„Hör auf mit dem Gesicht“, fordert Danny ihn jetzt auf und macht unterstützende Gesten mit beiden Händen. „Hör auf mit dem Gesicht, und fang an zu essen. Das hier sind die besten Pfannkuchen auf der ganzen Insel, vertrau mir, Babe. Die Sahne ist von den glücklichsten Kühen überhaupt, und ganz bestimmt gut für dich.“
Wie um seine Aussage zu unterstreichen, nimmt Danny sich einen von Steves Pfannkuchen, schaufelt ein wenig Sahne drauf, und konsumiert ihn.
Bloß reicht konsumieren lange nicht aus, um zu beschreiben, was Danny da tut.
Danny verschlingt diesen Pfannkuchen. Die Geräusche kulinarischen Genusses, die er von sich gibt, sind höchstgradig obszön, und zu allem Überfluss hat er einen Klecks Sahne im linken Mundwinkel.
Steve leidet Höllenqualen.
„Ich habe keinen Hunger“, redet er sich also raus.
Danny leckt sich die Sahne aus dem Mundwinkel. „Du wirst das essen, und wenn ich dich zwangsernähren muss.“
Steve zieht die Schultern hoch und versteckt sich hinter vorgetäuschter Empörung. „Deswegen sind wir hier? Wegen meiner Diät?“
„Nein“, gibt Danny spitz zurück, „deswegen sind wir nicht hier. Aber du siehst aus, als könntest du nichts besser vertragen als eine kleine Sünde, also -“
Danny hält inne und starrt ihn an. „Hast du gerade gewimmert?“
Steves vorgetäuschte Empörung wächst. „Nein. Habe ich nicht! Kannst du mir jetzt endlich sagen, was wir hier wollen?!“
„Du hast gerade gewimmert, Steven, und ich will wissen, wieso! Das hier sind bloß Blaubeerpfannkuchen mit Sahne! Du magst Blaubeerpfannkuchen! Ich wollte dir was Gutes tun, und du siehst aus, als hätte ich Ringelpiez mit Anfassen vorgeschl- Was ist das jetzt wieder für ein Gesicht?!“
Steve zieht mit einem Ruck seinen Teller dichter an sich heran und macht sich eilig über einen der Pfannkuchen her.
Danny betrachtet ihn, halb fasziniert, halb angewidert. „Du Tier.“
Steve will sterben. Er schiebt den Teller wieder von sich weg. „Zufrieden?“
Danny seufzt. „Vorerst. Also gut, hör zu: Ich muss dir was Wichtiges sagen. Etwas enorm Wichtiges. Und du wirst wahrscheinlich empört, wenn nicht sogar verletzt sein, aber behalt bitte immer im Hinterkopf, dass ich nur dein Bestes wollte, unter Stress stand, und schlicht nicht wusste, was ich tun soll. Also erschieß mich bitte nicht.“
Steve zieht die Augenbrauen zusammen, weil er keine Ahnung hat, worauf Danny anspielt. Nach dieser Einleitung kann er kaum darüber sprechen wollen, dass ihm Steves unangebrachte Gefühle aufgefallen sind.
„Ok“, sagt er gedehnt. „Was ist los?“
Aber Danny, anstatt zu seiner Erklärung anzusetzen, starrt schweigend auf den Tisch. Die Kellnerin macht neben ihnen Halt, um ihre Tassen mit Kaffe aufzufüllen, wirft einen Blick auf sein Gesicht, und kommt nach zwei Minuten mit einem Stück Schokoladenkuchen zurück. „Der geht aufs Haus.“
Danny dankt ihr mit einem verkrampften Lächeln. Sie nickt ihm zu, dann misst sie Steve mit einem Blick, der einen schwächeren Mann schreiend in die Flucht geschlagen hätte.
„Was hab ich gemacht?“ erkundigt er sich bei Danny, als sie gegangen ist, und Danny zuckt mit den Schultern und seufzt. „Wir sind häufiger hier. Wahrscheinlich denkt sie, meine Laune sei deine Schuld. Ist sonst der Fall.“
Steve blickt ganz automatisch in Richtung des Tresens und wird erneut von einem Blick getroffen, der dazu in der Lage wäre, eine Eiszeit inklusive schockgefrosteter Mammuts auszulösen.
„Sie mag dich, ja?“ erkundigt er sich also, und nimmt ein wenig zu spät wahr, dass das Grollen in seiner Stimme alles andere als unauffällig ist.
Danny grinst ihn an. „Ja, Steven. Sie mag mich. Sehr sogar. Und dich auch - solange du mir keine Migräne verursachst.“
Steve räuspert sich. „Dann ist ja gut. Was wolltest du mir sagen?“
Danny starrt sofort wieder auf den Tisch.
Steve kann sich nicht helfen, er findet die Art und Weise wie Danny auf seinem Platz herumrutscht, gleichzeitig … er findet es niedlich. Und ganz fürchterlich ablenkend.
„Danno“, sagt er sanft. „Sag es einfach.“
Seine Worte bringen Danny dazu, von seiner eingehenden Untersuchung des Platzdeckchens abzulassen, und ihm stattdessen in die Augen zu sehen. „Babe …“
Es versteht sich von selbst, dass in genau diesem Augenblick Steves Handy klingeln muss.
„Weißt du“, sagt Danny zu Kono, keine drei Sekunden nachdem er am Tatort angekommen ist, „dass euer Timing arg zu wünschen übrig lässt?“
Sie stehen am Hafen, ein klassisch hawaiianischer Regenschauer kommt eben zum Ende, die Sonne bricht durch die Wolken, und selbst hier riecht die Luft frisch und erdig.
Sie zieht ihm eine schuldbewusste Fratze. „Ich hab vergessen, Chin einzuweihen.“
Danny lässt ein abgrundtiefes Seufzen der Verzweiflung hören und hält ihr Daumen und Zeigefinger vor die Nase, etwa einen halben Zentimeter voneinander entfernt. „Ich war so kurz davor.“
Konos Grimasse wird mitfühlend und sie legt ihm die Hand auf die Schulter. „Es tut mir wirklich leid, Danny. Die nächste Leiche, die ungelegen kommt, werde ich höchstpersönlich verschwinden lassen, damit deine Zweisamkeit mit dem Boss nicht gestört wird.“
Danny traut es ihr zu.
„Ich will euch ja nicht stören“, ruft Chin in diesem Augenblick zu ihnen hinüber, „aber unsere Jane Doe ist hier drüben. Wenn ihr also so gut wäret?“
„Vielleicht“, sagt Danny trocken, „solltest du einfach Chin verschwinden lassen.“
Sie setzen sich in Bewegung, und Danny wird bewusst, dass Kono ihre Hand noch immer nicht von seiner Schulter genommen hat, als Steve ihnen mit einem Gesichtsausdruck wie Donnergrollen entgegen blickt.
„Verzeihung“, sagt er betont heiter, und legt seinen Arm um Kono, um sie von Steves Zorn abzuschirmen, aber das macht die Sache nur noch schlimmer. „Wir mussten kurz etwas klären.“
„Etwas enorm Wichtiges“, stimmt Kono zu, und ruckt dichter an Danny heran.
Danny weiß, dass sie keine Angst vor Steve hat, also kann sie nur im Sinn haben, ihn noch mehr aufzuregen.
„Danny hat uns nämlich für heute Abend zum Barbecue mit seinen Eltern eingeladen, Cuz! Wir sind für den Nachtisch verantwortlich!“
Chin grinst unwillkürlich, kurz davon abgelenkt, dass er direkt neben der Leiche einer jungen Frau steht, die offenbar erschossen worden ist.
Steve sieht aus, als würde er gleich einen Hirnschlag bekommen. „Jetzt ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt -“
Danny nickt. „Du hast völlig Recht, Babe. Absolut nicht der richtige Zeitpunkt. „Was haben wir, Max?“
Max, der neben der Toten am Boden kniet, und die ganze vorangegangene Szene schweigend über sich hat ergehen lassen, kommt auf die Beine, fasst Danny ins Auge, und Danny weiß, was dieser klinische Blick zu bedeuten hat.
„Möchtest du auch kommen, Max?“
Max’ professionelle Miene löst sich in einem Lächeln auf. „Es wäre mir eine außerordentliche Ehre, Detektive Williams. Vielen Dank für die Einladung.“
Steve sieht aus, als wolle er jemanden erwürgen - möglicherweise Danny.
Aber dann setzt Max zu seinem Vortrag an, legt den Todeszeitpunkt auf etwa fünfzehn Uhr des vorangegangenen Tages fest, die Todesursache auf eine Kugel aus nächster Nähe und leicht erhöht abgefeuert, und weist auf die abgescheuerte Haut an den bloßen Knien des Opfers hin.
„Exekution“, sagt Danny knapp. „Sie haben sie gezwungen, sich hinzuknien, und dann haben sie sie erschossen.“
Max gibt an, dass diese Theorie vermutlich den Tatsachen entspricht, und verspricht einen detaillierteren Bericht, sobald er die Kugel untersucht hat, dann macht er sich davon.
Danny tauscht einen kurzen Blick mit Steve und nimmt nur am Rande wahr, wie Kono Chin am Handgelenk packt und von Dannen zerrt, um „da drüben“ nach Spuren zu suchen.
„Ich hoffe, es geht klar, dass ich die anderen eingeladen habe“, sagt Danny ein wenig nervös. Steves verengte Augen sagen laut und deutlich, dass es nicht klar geht, und Danny fährt eilig fort. „Ich hatte nicht wirklich Zeit, das mit dir abzusprechen. Sobald Kono wusste, dass meine Eltern hier sind, hatte ich keine Chance mehr.“
Steve sieht plötzlich aus, als habe ihn ein vernichtender Schlag getroffen, so sehr lässt er die Schultern hängen. „Wolltest du darüber mit mir reden?“ fragt er Danny. „Über dich und Kono?“
Danny starrt zu ihm auf, öffnet den Mund - dann ruft Chin plötzlich „Hier drüben!“ gefolgt von einem unterdrückten Schmerzenslaut, als ihn Konos Ellenbogen in die Rippen trifft.
Die Fußabdrücke, die Chin gefunden hat, sind nicht sonderlich interessant, aber sie kommen in einem Paket mit Patronenhülsen, also reißt Danny sich zusammen und schreit ihn nicht an.
Chin hält sich nach wie vor die Rippen, also nimmt Danny großzügig an, dass er schon genug leidet.
„Alles klar“, sagt er also so ruhig wie möglich. „Einpacken, mitnehmen und auf Fingerabdrücke untersuchen. Steve und ich suchen da drüben, ob wir noch so ein paar hübsche Hinweise finden.“
Damit fasst er Steve am Ellenbogen und zerrt ihn unzeremoniell hinter sich her.
„Ich und Kono?“ zischt er, sobald sie aus Chin und Konos Hörweite sind. „Was soll das bitte heißen - Ich und Kono?!“
Steve blickt todunglücklich auf ihn hinab.
„Du magst Kono.“
Einen Moment lang ist Danny so verdattert, dass er ganz automatisch nickt.
Steves Gesichtausdruck eines getretenen Welpen wird nur noch trauriger.
„Du magst Kono“, wiederholt er leise. „Und sie mag dich. Und … und ich bin euer Boss, also wolltest du mich wahrscheinlich bitten, ein Auge zuzudrücken, wegen der Bestimmungen bezüglich Fraternisation bei der Polizei, aber ich denke wirklich, dass wir da einen Sonderstatus haben, selbst wenn ich zugeben muss, dass ich den entsprechenden Papierkram lediglich überflogen habe.“
Danny muss einen tiefen, kontrollierten Atemzug nehmen. „Ich habe nichts mit Kono, du Affe.“
Steve sieht gleichzeitig unglaublich erleichtert und empört aus.
Danny will ihn in die Nase kneifen. „Und bevor du auf noch mehr dumme Ideen kommst: Ich habe auch nichts mit Chin. Oder Max.“
Steve hebt abwehrend beide Hände. „Ich würde nie andeuten -“
„Ich mag meine Männer nämlich groß, dunkel und mit einem Dachschaden“, unterbricht Danny ihn brutal.
Er sieht Steve einen mühsamen Atemzug nehmen. „Was?“
„Meine Männer“, wiederholt Danny. „Chin sieht gut aus, das will ich gar nicht abstreiten, und wenn er mit seinem Gewehr um die Ecke kommt - aber nein. Nicht mein Typ. Max auch nicht. Viel zu aufwändig im Unterhalt. Und die Sache mit den Leichen und den zusammenhängenden Gerüchen würde mich vermutlich auf die Dauer ein wenig anekeln.“
Steve gibt eine unglaublich überzeugende Imitation eines Karpfens ab, und Danny zieht sein Handy aus seiner Hosentasche und ruft seine Mutter an.
„Alles ok, Danny?“ fragt sie ihn sofort. „Ist Steve was passiert?“
Danny wirft Steve einen flüchtigen Blick aus dem Augenwinkel zu. „Noch nicht. Aber ich rechne mit einer kleinen Kernschmelze in den nächsten fünf Minuten.“
„Hast du es ihm endlich gesagt?“
„Ich hab ihm bloß gesagt, wie ich meine Männer mag.“
„Nun, das ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Was kann ich für dich tun?“
„Meine liebe Kollegin Kono hat sich, ihren Cousin und unseren Pathologen für heute Abend zum Barbecue eingeladen. Naja, nicht den Pathologen. Den hab ich eingeladen, sonst hätte er geschmollt.“
„Und ich soll jetzt einkaufen?“
„Ich wäre dir ewig dankbar. Du darfst auch Steves neuen Truck nehmen.“
Steve entkommt ein gurgelnder Laut. Danny fasst ihn mit der freien Hand am Ellenbogen.
„Die Schlüssel hängen an der Garderobe. Ich lasse dir völlig freie Hand bei der Auswahl der Lebensmittel, aber Chin und Kono haben versprochen, den Nachtisch zu übernehmen, also musst du dich darum nicht kümmern.“
„Man kann nie genug Nachtisch haben, Daniel.“
„Exakt die Antwort, mit der ich gerechnet habe. Vielen Dank, ich hab dich lieb. Bis später.“
„Ich hab dich auch lieb, Äffchen. Sei nett zu Steve.“
„Ich bin immer nett zu Steve.“
Er legt auf, lässt das Handy wieder in seiner Hosentasche verschwinden und wendet sich Steve zu. „Bisexualität verarbeitet?“
Steve starrt eulenhaft auf ihn hinab, und Danny seufzt. „Wohl nicht.“
Er tätschelt Steves Schulter, und mit einem Mal packt Steve ihn an beiden Oberarmen, und das derartig fest, dass Danny ein kleines Japsen entkommt.
„Wusste ich das?“ fragt Steve, schüttelt ihn ein wenig und seine Stimme klingt so wild und unbeherrscht, dass Danny eine Gänsehaut bekommt. „Wusste ich, dass du Männer magst?“
Danny versucht, an dem Kloß in seinem Hals vorbei zu schlucken. „Ja“, sagt er heiser. „Du wusstest das ganz definitiv.“
„Und wir haben trotzdem im selben Bett geschlafen? Ich hab mit dir gekuschelt?“
Steve klingt entsetzt und fassungslos, und Danny zieht sich das Herz zusammen. „Steve …“
Steve lässt ihn plötzlich los, zieht mit einem Ruck seine Hände von ihm zurück, und Danny wird kalt, kalt bis auf den Kern.
„Ich hab es gewusst“, hört er Steve tonlos sagen. „Ich hab es gewusst.“
Danny wagt es nicht, ihn anzufassen.
Irgendwie ist es so sogar noch schlimmer.
Danny mag Männer.
Danny mag Männer, aber nicht Steve, nicht auf diese Art, kann mit ihm im selben Bett schlafen, mit ihm kuscheln, ihn umarmen, ihn Babe nennen und ihm durchs Haar streicheln, ohne auch nur das Geringste zu empfinden.
Er will Steve nicht.
Kein Wunder, denkt Steve, dass er so viele Erinnerungen daran hat, wie er sich beim Gedanken an Danny selbst befriedigt hat.
Sie waren einander nahe, immer so nahe, Danny hat ihm alles gegeben, was er konnte, aber nicht alles, was Steve gebraucht hat, und … Steve weiß nicht, ob er das kann.
Er schließt einen Moment lang die Augen, konzentriert sich auf die Schreie der Möwen über seinem Kopf, auf die Sonne, den Wind, das Wasser, auf alles, nur nicht sein rasendes Herz.
„Steve“, sagt Danny dann sanft, und Steves Augen öffnen sich ganz automatisch. „Ich habe dir gerade gesagt, dass ich Männer mag.“
Steve nickt. „Ich habe dich gehört“, erwidert er heiser.
„Ja“, sagt Danny. „Aber du hast mich gepackt und geschüttelt, und dann so hastig losgelassen, dass ich direkt einen falschen Eindruck bekommen könnte, wenn ich nicht so genau wüsste, wie tolerant du bist.“
Steves Seelenpein ist augenblicklich vergessen. „Oh Gott, Danno - so meinte ich das nicht! Ich … es ist … ich hab kein Problem mit - ich bin doch auch -“
Steve bleibt stocksteif stehen, seine Augen weiten sich, und jetzt hat er wirklich Angst, selbst wenn er nicht weiß, wieso eigentlich.
Danny entkommt ein Atemzug, behutsam, ganz leise, und dann lächelt er ein wenig traurig zu Steve auf. „Das hattest du auch vergessen, hab ich Recht?“
Steve kann nur nicken.
Danny breitet die Arme für ihn aus, und Steve will sich zusammenreißen, er versucht es wirklich, aber kann nicht, kann sich nicht davon abhalten, alles zu nehmen, was Danny ihm anbietet.
Also nimmt er die Umarmung, drückt sich an Danny und schließt die Augen, presst sich an ihn, gleichzeitig unglücklich, verängstigt und euphorisch; so sehr eingenommen von Dannys Wärme und seinem Geruch, dass er völlig vergisst, wo er ist.
Danny wiegt sie langsam vor und zurück, vor und zurück, so lange, bis Steve völlig entspannt und wie Modelliermasse unter seinen Händen ist.
Er ist froh, dass sie mehr oder weniger allein sind, dass ein Großteil des HPD den Tatort gemeinsam mit Max verlassen hat, aber im Prinzip ist ihm selbst ein irritiertes Publikum mehr oder weniger egal.
Wie Steve ihn angesehen hat - verzweifelt und traurig und so schrecklich panisch, als habe er Angst davor, dass Danny … dass er ihn allein lassen würde.
Als ob.
Nie im Leben.
Niemals.
„Ich hab dich, hörst du?“ wispert er gegen Steves Hals, spürt Steve eine Gänsehaut bekommen, direkt unter seinen Lippen, und es löst eine prickelnde Hitze in ihm aus, besitzergreifend und roh, und er zieht Steve enger an sich heran.
„Ich hab dich, und ich geh nicht weg, ganz egal, was du tust. Du hast dafür gesorgt, dass ich das Besuchsrecht für Grace behalte, keinen Monat, nachdem wir uns kennen gelernt hatten. Du hast mich bei dir aufgenommen. Und ja, du bringst ständig mein Leben in Gefahr, aber du rettest es noch viel öfter. Jeden Tag wieder.“
Danny stoppt sich, ehe er mehr sagt, unterdrückt das Bedürfnis einfach weiter zu reden, weil er weiß, dass Steve ohnehin schon überfordert ist.
Und dann spürt er das Zittern in Steves Händen, spürt den Schauer durch seinen ganzen Körper laufen, und er hebt den Kopf und sieht Steve an, muss ihre Umarmung lösen, damit er ihm in die Augen sehen kann.
„Ich hab …“, sagt Steve, und seine Stimme klingt, als käme sie von schrecklich weit weg. „Das Unwetter.“
Danny erinnert sich sofort, an den Ausflug mit Grace und Buster, an das Gewitter, den Fluss aus Wasser und Schlamm, der ihn beinahe über den Abgrund gezerrt hätte. An Steves Hände, die ihn gehalten haben.
Er erinnert sich daran, dass Steve ihn am Abend dieses Tages geküsst hat, direkt vor Grace.
Er nickt. „Lebensretter. Ich sag’s ja.“
Steve nimmt einen zittrigen Atemzug, und Danny erinnert sich an den Alptraum, den Steve in dieser Nacht gehabt hat.
Steve hat immer Alpträume, wenn Danny etwas passiert, kann nie loslassen und entspannen, selbst wenn Danny neben ihm im Bett liegt und er eigentlich wissen sollte, dass alles in Ordnung ist.
„Was wir jetzt tun werden“, sagt Danny entschlossen, „ist diesen Tatort untersuchen. Und wenn wir damit fertig sind, riegeln wir ihn ab, und dann fahren wir nach Hause. Widersprich mir nicht.“
Steve, der den Mund geöffnet hat, um genau das zu tun, schließt ihn gehorsam wieder.
Danny lächelt unwillkürlich. „Denn wir haben uns einen mehr oder weniger entspannten Nachmittag verdient, und Max ist sowieso nicht vor morgen mit seinen ganzen Analysen fertig. Also komm.“
Steve nickt gehorsam.
Sie finden eine weggeworfene Spritze, eine leere Plastiktüte, eine Handtasche, und eine tote Möwe, die vermutlich nichts mit der ganzen Sache zu tun hat, aber sie nehmen sie trotzdem mit und bringen sie Max in der Pathologie vorbei.
Chin und Kono versprechen, pünktlich um sechs Uhr bei Steve aufzutauchen, Max sagt, dass er auf keinen Fall vor halb sieben mit seiner Arbeit fertig sein wird, und dann trennen sich ihre Wege.
Danny hat Steve praktisch keine Sekunde aus den Augen gelassen, und fragt sich, ob es wohl helfen würde, wenn er Steve mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf haut.
Steve sieht aus wie ein Zombie.
„Der Junge sieht aus wie ein Zombie.“ Robert wendet geduldig die überdimensionalen Steaks auf dem Grill, damit seine Frau sie frisch mit Marinade einpinseln kann, dann legt er die Grillzange beiseite.
Elanor wirft ihm einen flüchtigen Blick aus dem Augenwinkel zu. „Du musst es ja wissen.“
„Man könnte meinen, er würde sich … freuen.“
„Steve ist ein komplizierter Mann und hat offenbar nicht die richtigen Schlüsse gezogen, als Daniel ihm gesagt hat, dass sie beide bisexuell sind.“
„Was braucht er noch, eine Dia-Vorführung?“
„Du bist so wunderbar altmodisch.“
„Von mir aus kann ich ihm auch eine Powerpoint-Präsentation machen. Hast du die Fotos von meinem Geburtstag dabei?“
Elanor seufzt. „Leider nein.“
„Wie unpraktisch.“
Sie schweigen sich einen Moment lang an, dann legt Robert den Arm um seine Frau. „Ich mag Dannys Kollegen.“
Sie nickt. „Ich auch.“
Robert lässt seinen Kopf auf ihre Schulter fallen. „Diese Sache macht mich wahnsinnig.“
„Hab Geduld, Schatz. Ich weigere mich, zu akzeptieren, dass wir einen Idioten großgezogen haben. Danny kriegt das hin. Und jetzt reiß dich zusammen, Steve guckt schon wieder so komisch.“
Robert macht sich ganz automatisch gerade, drückt ihr einen Kuss auf die Wange und nimmt den Teller mit Fleisch entgegen, den sie ihm in die Hand gibt.
Er trägt ihn zur Veranda, zieht seiner Frau den Stuhl zurecht, dann setzt er sich und lässt sich von seinem Sohn ein Bier reichen.
Der Abend ist überraschend entspannt - zumindest, nachdem Danny sich damit abgefunden hat, dass Kono und seine Mutter offenbar seelenverwandt sind und ihn von nun an gemeinsam terrorisieren werden.
Es gibt sicherlich Schlimmeres, selbst wenn ihm gerade nichts einfällt.
Sein Vater unterhält sich mit Chin, und auch das ist schön, das passt, und verschafft Danny die Freiheit, eingehend über seine nächsten Schritte in Richtung des großen Geständnisses nachzudenken.
Steve scheint nicht wirklich begriffen zu haben, was es bedeutet, wenn Danny ihm sagt, dass er bisexuell ist, dass er auf große dunkelhaarige Idioten steht, und gerne mit ihm kuschelt.
Manchmal fragt Danny sich, ob Steve tatsächlich so dämlich ist, oder ob der arme Mann über derartig wenig Selbstachtung verfügt, dass er sich einfach nicht vorstellen kann, gewollt zu werden.
Steve kann unerträglich selbstsicher sein, richtiggehend anmaßend, mit einem Vertrauen in seine Fähigkeiten und seine Anziehungskraft auf Frauen, dass Danny ihn erschlagen könnte, aber er ist gleichzeitig …
… Es ist nur der Sex, über den Steve sich sicher ist. Niemals darüber, dass er geliebt wird. Dass er es verdient, geliebt zu werden.
Und das macht Danny krank, das darf nicht sein, macht ihn irrational wütend auf Steves Vater, der seine Kinder so sehr geliebt hat, dass er sie weggeschickt hat, so sehr, dass er lieber getrennt von ihnen gelebt hat, anstatt sie zu verlieren - und es ihnen nie gesagt hat.
Danny seufzt leise, und er spürt Steves Blick auf sich ruhen, wendet den Kopf - und steht auf, als Max an der Tür klingelt.
Er bewirtet den verspäteten Gast, setzt ihm Steak und Salat und Bier vor, macht ihn mit seinen Eltern bekannt, und weil Max unerwartet charmant sein kann, wenn er nicht gerade über Leichen oder Star Trek fachsimpelt, ist er bald das Zentrum der Aufmerksamkeit.
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