Titel: Teufelskreis
Teil: 3/7 plus Prolog & Epilog
Fandom: Elisabeth - Das Musical
Charaktere: Luigi Luccheni, Kaiserin Elisabeth
Sünde: Invidia - Neid
Word Count: 899
Rating/Warnings: PG - unbetaed
Summary: Es ist Nacht für Nacht dieselbe Geschichte. Immer und immer wieder, jede Nacht aufs Neue. Und obwohl sie jede Nacht endet, währt sie ewig.
Anmerkung: Diesmal basiert es auf "Nichts, nichts gar nichts" und es setzt direkt nach dem Lied an.
Disclaimer: "Elisabeth" und seine Figuren gehören nicht mir, sondern zum künstlerischen Teil Michael Kunze und Silvester Levay; ebenso die verwendeten Liedzeilen. Die Figuren in dieser Story erheben keinen Anspruch auf authentische Charaktereigenschaften der realen Vorbilder. Zusätzlich ziehe ich keinerlei kommerziellen Nutzen aus dieser Geschichte.
Vorherige Teile:
Prolog: Ruhmsucht -
Trägheit -
Völlerei Teufelskreis: Invidia - Neid
Ich wollt ich wäre wirklich du,
in der Zwangsjacke statt im Korsett.
Dir schnürt man nur den Körper ein,
mir fesselt man die Seele.
Elisabeth sah Fräulein Windisch mit leerem Blick nach, als diese von den Pflegern fortgebracht wurde. Der Erzbischof musste sie zweimal ansprechen, bevor sie reagierte. Sie klappte den Fächer auf und hielt ihn sich vor das Gesicht.
„Wenn Majestät nun beliebt, dann-“, begann der Anstaltsleiter, doch Elisabeth unterbrach ihn mit kalter Stimme.
„Ich bin noch nicht fertig! Führen Sie mich weiter!“
„Aber Majestät“, wollte der Erzbischof widersprechen, aber Elisabeth brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen.
„Wenn Sie nicht wollen, schaue ich mich selbst um!“ Sie raffte ihr Kleid und schritt davon, den Fächer weiterhin ins Gesicht haltend. Sowohl der Anstaltsleiter wie auch der Erzbischof waren zu perplex, um ihr zu folgen.
Elisabeth schritt zielsicher durch die Gänge der Irrenanstalt. An manchen Durchgangstüren standen Wachen und sie begriff, dass sie dort nicht ohne Begleitung hineinkommen würde. Also ging sie durch einer der unbewachten Türen, in der alle Wahrscheinlichkeit nach die weniger gefährlichen Kranken untergebracht wurden.
Was sie erblickte war eine Sammlung trauriger Gestalten, die nichts außer ihren eigenen Welten kannten. Da war ein Mann, der mit Bauklötzchen spielte. Sie immer höher aufeinander schichtete, bis sie umfielen um dann von vorne zu beginnen. Eine Frau strickte an einem Schal, der bereits über zwei Meter lang war und sie schien auch nicht in absehbarer Zeit damit aufhören zu wollen.
Elisabeth betrachtete sie in ihrem trostlosen Tun, setzte sich zu manchen der Kranken einige Minuten hinzu, um so vielleicht hinter ihr Geheimnis zu kommen, weshalb sie sich in ihre eigene Welt zurückgezogen hatten. Ihr Blick war so leer wie zuvor bei Fräulein Windisch und sie seufzte, als sie nun aufstand, um den Raum durch die gegenüberliegende Tür zu verlassen.
Ein leises Lachen hielt sie jedoch zurück. Es klang so deplatziert in dieser Stille, dass sie unwillkürlich stehen blieb und sich umdrehte, um herauszufinden, woher es gekommen war. Doch all die Kranken gingen weiterhin ihren sinnlosen Beschäftigungen nach und beachteten sie genauso wenig wie zuvor. Dann fiel Elisabeths Blick auf einen Mann, der in einem Sessel saß und sie mit einem Grinsen anblickte. Sie verengte die Augen, hatte sie ihn zuvor nicht bemerkt.
Einige Sekunden starrten sie sich in die Augen, doch Elisabeth wurde es bald zu viel und sie wandte den Blick ab, erneut den Ausgang anstrebend, doch ein weiteres Mal erklang das Lachen, diesmal lauter und sichtlich belustigt.
„Ist das nicht lächerlich?!“
Elisabeth erstarrte einen Moment, dann drehte sie sich schwungvoll um und blickte den Mann vernichtend an. Doch diesen interessierte das nicht im Geringsten. Stattdessen grinste er nur noch ein wenig breiter und lümmelte sich mehr in den Sessel.
„Wissen Sie eigentlich, wer ich bin?!“, brauste Elisabeth auf. Sie trat ein paar Schritte auf den Mann zu und baute sich vor ihm auf, doch obwohl sie verachtend auf ihn hinab starrte, bekam man als Außenstehender nicht den Eindruck, dass Elisabeth die Stärkere war. Etwas am Verhalten des Mannes ließ sie ganz klein wirken.
Luccheni gefiel die Situation. Er wusste, dass sein Grinsen Elisabeth verrückt machte, weil etwas Wissendes in ihm lag. Von etwas, das ihrer Ansicht nach niemand wissen dürfte. Im Gegensatz zu seinem Gegenüber sagte er schließlich ganz ruhig:
„Oh ja, ich weiß ganz genau, wer Ihr seid, Majestät!“
Elisabeth zuckte unwillkürlich zusammen und presste den Fächer näher an ihr Gesicht. Die eigentlich respektvolle Anrede hatte aus dem Mund des Mannes wie Hohn geklungen. Aber sie brauchte nur einen Moment um sich wieder zu fangen und sagte in perfekter Arroganz:
„Und wieso erlauben Sie sich dann, mich, die Kaiserin, lächerlich zu nennen?!“
Luccheni grinste.
„Ist es denn nicht lächerlich, wenn die Kaiserin von Österreich neidisch auf eine Wahnsinnige ist?!“
Elisabeth versteifte sich und zog scharf die Luft ein.
„Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen!“
Luccheni lachte wieder, das leise bösartige Lachen. „Oh bitte, Majestät, ich habe doch gesehen, wie ihr die Wahnsinnige angeschaut habt! Ich weiß, was Ihr dachtet, was Ihr Euch in diesem Augenblick gewünscht habt. Ihr wärt gerne genauso wahnsinnig, wie alle anderen hier!“
Luccheni machte eine ausholende Geste, die die ganze Anstalt einschließen sollte. Elisabeth beherrschte sich sichtlich nur mit Mühe.
„Wieso sollte ich das tun? Das ist doch-“ Sie brach ab, als sie merkte, dass sie 'lächerlich' sagen wollte, und damit dasselbe Wort wie Luccheni zuvor benutzen würde. Luccheni grinste wieder wissend.
„Weshalb? Das wisst Ihr doch! Wirklich frei macht nur der Wahnsinn!“
Elisabeth verlor unwillkürlich ihre Gesichtsfarbe, als Luccheni die Worte benutzte, die sie zuvor bei Fräulein Windischs Anblick gedacht hatte. Als sie sich gewünscht hatte, sie wäre diese geistesgestörte Person, die zwar ihrer körperlichen, aber nicht ihrer seelischen Freiheit beraubt war. Sie trat einen Schritt nach hinten und kämpfte einen Moment um ihr Gleichgewicht, als ihr schwindelig wurde. Sie nahm sogar den Fächer herunter und starrte den Mann vor sich an.
„Wer sind Sie?“
Luccheni stand auf und stellte sich direkt vor sie. Er grinste wieder. Dann packte er sie an den Armen, beugte sich zu ihr hinab und flüsterte in ihr Ohr, bevor er durch die Tür verschwand:
„Das was Ihr gerne wärt. Nur ein armer Wahnsinniger!“
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn,
doch zum Wahnsinn fehlt mir der Mut.
So spiel ich die Starke und tu was ich tu,
als wär dieses Leben mehr als Täuschung, Irrtum, Betrug.
Als wär nichts, nichts, gar nichts genug.
4/9