Team: Novalis
Challenge: Angst/Hurt/Comfort - Joker - Von Katalysatoren und Inhibitoren (für mich)
Fandom: Original (Der Blaue Salon)
Wörter: ~700
Charaktere: Maron, Niél, Ian
Anmerkung:
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11 12 13 14 15 Ich bin nicht zufrieden. Ich weiß nicht, ob sich das erzählt, was ich erzählen will, oder ob sich überhaupt etwas in diesem Text erzählt. Aber - ich muss mir das restlos Löschen abgewöhnen....
Es fällt Maron schwer es sich einzugestehen. Ja, fast wäre so weit froh zu sein um den Umstand, dass Niél ihm, seit jener Nacht auf der Brücke, tunlichst aus dem Weg geht. Immerhin muss er ihr also nicht ausweichen, muss selbst keine Ausreden finden, keine Entschuldigung warum er ihr nicht erklärt wie aussichtslos ihre Lage ist.
Ireana hatte die Menge an Benzin genau berechnet, die sie brauchen würden für die Strecke. Sie hatte den Kurs notiert und sich in die Theorie der Navigation eingelesen. Sie hatte Maron Teilhaben lassen, an ihrem Wissen. Aber sie hatte es nie wirklich geteilt. Und während ihn zu Anfang ihrer Flucht noch die Notwendigkeit getrieben hatte, sein Halbwissen für ausreichend zu erachten hatten seine Zweifel inzwischen die Oberhand gewonnen.
Es käme einem Wunder gleich, würden sie die Freien Inseln erreichen ehe ihnen Treibstoff oder Vorräte ausgingen.
Es ist früher Nachmittag, als Maron in dem planlosen Versuch heraus zu finden, wo sie überhaupt sind, unterbrochen wird. Von unten hört er Schreie, hört Ian der verzweifelt nach seiner Mutter ruft.
Vielleicht hat er es endlich gemerkt, denkt Maron.
Aber als er hinunter in das Schlafzimmer kommt sieht er schnell ein, dass dem nicht so ist. Ian kniet auf Niéls Matratze, hockt auf ihr drauf und patscht mit seinen Kinderhändchen in ihrem Gesicht herum. Sie schläft, allem Rufen und Anfassen zum Trotz, träumt allem Anschein nach und unruhig. Sie wimmert, halb erstickt, ihre Finger zucken. Ian ruft noch immer nach seiner Mutter. Als Maron ihn aufheben will beginnt er zu zappeln, um sich zu treten, krallt sich an Niéls Schultern fest, dass kleine, rote Striemen zurück bleiben, aber er hat keine Chance. Immer noch zappelnd und schreiend wird er auf den Fußboden gesetzt. Für einen Augenblick bleibt er stehen, macht ein irritiert-verwirrtes Gesicht.
Niél windet sich immer noch im Schlaf, ihre Augen flackern unter verschlossenen Lidern. Sie ringt nach Luft, als wäre da etwas, das sie am Atmen hindert.
Ganz vorsichtig packt Maron sie an den Schultern, schüttelt sie ein wenig.
„Ni-“, er will ihren Namen sagen, aber kommt nicht dazu. Im selben Moment beißt Ian ihm in den Arm. So plötzlich ist das, dass Maron gar nicht nachdenkt, nur reagiert. Erst als er Ian auf dem Boden sieht, schreiend, weinend, sich das Gesicht haltend, wird ihm bewusst was er getan hat.
Dann erwacht Niél. Kerzengerade sitzt sie im Bett und schnappt nach Luft. Sie blickt von Maron zu Ian, zu Maron zurück, runzelt die Stirn, wischt sich die Augen, als wäre sie noch nicht so recht im Hier und Jetzt angekommen. Ian ist auf einmal ganz still. Er hebt sein Köpfchen, Blut läuft ihm aus der Nase. Vorsichtig, zögernd, als habe er Angst noch einmal geschlagen zu werden, tastet er sich zurück zu Niéls Bett, klettert auf die Matratze.
„Mama?“, fragt er - nicht sicher, ob sie es wirklich ist. Seine kleinen Hände betasten sie so gut sie nur können und Niél lässt sich betasten, sitzt regungslos da, atmet ein, atmet aus, scheint weder Ian noch Maron wirklich wahrzunehmen. Mechanisch hebt sie eine Hand, streicht Ian übers Haar, durch sein Gesicht. Sein Blut an ihren Fingern holt sie zurück, lässt ihre Augen funkelnd zu Maron aufblicken.
„Du hast ihn geschlagen“, stellt sie fest.
Marons Hals schnürt sich zu. Es gibt nichts, das er darauf antworten könnte. Keine Entschuldigung, keine Rechtfertigung. Er öffnet den Mund, aber kein Ton will kommen.
„Musst du nicht aufpassen, dass keinen Eisberg rammen?“, fragt ihn Niél. Ihre Stimme ist kältere als jeder Eisberg sein könnte. Genau wie Ireanas, wenn sie wütend war.
Zurück auf der Brücke versucht Maron zu rekonstruieren, was unter Deck vorgefallen war, aber jeder Gedanke wird unweigerlich durchkreuzt von Ians blutverschmiertem Gesicht. Etwas da unten hatte nicht gestimmt. Er könnte nicht sagen was. Eine leise Stimme in seinem Kopf schimpft und flucht die Mondkinder und ihre Geheimnisse, aber er verbietet sich diese Gedanken.
Er blickt hinaus aufs Meer. Eisberge... als ob sie überhaupt schon so weit gekommen wären, dass sie sich darum Gedanken machten müssten.