Amicus Draconis (German Version) Episode 15 Part D

Sep 20, 2010 19:38

Language: German
Title: Amicus Draconis: 2nd Cycle - Cycle of the Snake
Rating: R
Warnings: Het, Slash, Character Death
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14. Sprung From My Only Hate I:
/Part A/ /Part B/ /Part C/ /Part D /Part E/
15. Sprung From My Only Hate II - Prodigius Birth of Love it is to me: /Part A/ /Part B/ /Part C/



“Obliviate!“

Schmerz, rasender Schmerz riss ihn aus dem Schlaf und auch wenn im ersten Moment seine Erinnerung noch etwas vernebelt war, so kehrte sie doch mit erstaunlicher Klarheit zurück. Er wusste nicht genau, was geschehen und warum er ausgerechnet auf dem Ball der Lestranges eingeschlafen war, doch ihm blieb jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Sein Meister verlangte nach ihm und war, dem Grad der entsetzlichen Schmerzen nach zu urteilen, nicht gerade bester Laune. Er musste sich auf Schwierigkeiten gefasst machen.

“Ihr habt mich gerufen, mein Lord.“ Ein kurzer Blick auf seine Umgebung, bevor er in die Knie sank, zu mehr reichte es nicht, denn er wollte seine Situation nicht noch verschlimmern, indem er es am nötigen Respekt fehlen ließ.

Zu seiner Verblüffung befand sich der Salon, in den der Dunkle Lord ihn gerufen hatte, ebenfalls in Lestrange Manor und als ob es nicht noch schlimmer kommen könnte, stand Istave Lestrange höchstpersönlich im Raum. Eigentlich überraschte es Lucius nicht besonders, dass Lestrange ebenfalls zu den Gefolgsleuten des Meisters zählte. Andererseits hatte er sich manchmal gefragt, ob dieser mächtige Schwarzmagier wirklich vor einem anderen das Knie beugen würde.

“Lucius, ich bin nicht zufrieden mit dir.“

Eine weitere Welle des Schmerzes zuckte durch seinen Arm und er konnte nur mit Mühe an sich halten, um nicht laut aufzuschreien. Offenbar hatte sein heimliches Eindringen in dieses Haus mehr Schwierigkeiten verursacht, als einer von ihnen erwartet hätte. Und das für nichts und wieder nichts, denn er war dem Absender des Briefes nicht einmal begegnet.

Aber was war geschehen? Wenn Lestrange ihn im Haus entdeckt hätte, dann hätte er ihn doch sicher angegriffen, oder nicht? Und wo war Onkel Dorian?

“Falls ich Euch enttäuscht habe, Meister, bitte ich untertänigst um Vergebung.“ Trotz der Schmerzen blieb seine Stimme aalglatt und obwohl er die Worte zwischen zusammengebissen Zähnen hervorstoßen musste, so waren sie doch für jedermann im Raum verständlich. Der Meister schwieg noch, doch Lestrange quittierte die Aussage mit einem wütenden Schnauben. “Verzeiht, Meister, doch ich bitte Euch inständig, gewährt mir Satisfaktion. Diese beiden Männer haben meinen Grundsitz ohne meine Erlaubnis betreten und den Tod meines Bruders verursacht. Soll diese Tat etwa ungerächt bleiben?“

“Istave, deine Bitte wurde bereits zur Kenntnis genommen und abgelehnt, also strapaziere nicht meine Geduld. Ich habe heute Nacht schon einen herausragenden Diener verloren und ich habe kein Interesse daran, weitere zu verlieren. Diese Familienfehde endet. Hier und jetzt.“

“Ja, Meister.“ Lestrange senkte demütig den Kopf, auch wenn es ihm nicht ganz gelang, den Ärger zu verbergen, der sich deutlich in seinen Gesichtszügen abzeichnete. Lucius Gedanken rasten - was war in den letzten Stunden geschehen, während er offenbar geschlafen hatte? Onkel Dorian und Lestrange’s jüngerer Bruder mussten aufeinander getroffen sein, soweit konnte er die Bruchstücke mittlerweile zusammensetzen. Und Lestrange’s Bruder war tot. Hatten sie sich duelliert? Was war mit Onkel Dorian geschehen? Hatte er ihm vielleicht den Schlaf verpasst, um ihn aus der Sache herauszuhalten?

“Sowohl deine Familie, Istave, als auch die Malfoys haben einen Toten zu beklagen. Damit ist die Blutschuld beglichen. Du wirst deinen Bruder begraben müssen und Abraxas Malfoy den seinen. Und ebenso begrabt ihr die Fehde zwischen euch. Der Machtwechsel ist nahe und die Mitglieder unserer Gemeinschaft müssen sich jetzt mit wichtigeren Aufgaben befassen, als einander zu dezimieren.“

“Abraxas Malfoy ist nicht Teil unserer Gemeinschaft,“ begehrte Lestrange ein letztes Mal auf, während Lucius das dringende Bedürfnis bekämpfte, seinen Zauberstab zu ziehen und den Alten zum Schweigen zu bringen. Gleichzeitig durchfuhr ihn ein heftiges Schuldgefühl, denn er selbst hatte Dorian in diese Lage gebracht. Er war es gewesen, der unbedingt hierher kommen und dieser geheimnisvollen Einladung nachgehen wollte. Und Dorian hatte ihn begleitet, um ihn zu schützen. Sein Onkel und Vertrauter hatte diese Waghalsigkeit mit dem Leben bezahlt, während er, Lucius, ungeschoren davon kommen würde.

Oder beinahe ungeschoren, denn das letzte Wort in dieser Angelegenheit war noch nicht gesprochen.

“Aber sein Sohn ist es und darum wird es in Zukunft keine weiteren offenen Feindseligkeiten zwischen seiner und deiner Familie geben. Gerade jetzt in der entscheidenden Phase unserer Pläne brauchen wir eine starke Gemeinschaft und nicht eine, die sich selbst bekämpft.“

“Ich werde tun, was Ihr verlangt, Herr.“ Lucius hob den Kopf und blickte dem Dunklen Lord direkt in die Augen, um ihn erkennen zu lassen, dass er diese Worte ehrlich meinte. Auch wenn es ihn große Mühe kostete, da alles in ihm nach Rache schrie, so war es doch ein kleiner Triumph, als erster auf den Befehl reagiert zu haben. Lestrange mochte weitaus mächtiger sein und zudem das engere Vertrauen des Meisters besitzen, doch Lucius war derjenige, der sich besser unter Kontrolle hatte und das trotz seiner jungen Jahre. Und er wollte dafür sorgen, dass Lestrange dies nicht vergessen würde.

“Wie ihr wünscht, Meister.“ Auch Lestrange’s Gesicht war jetzt eine steinerne Maske, nichts deutete mehr auf den Aufruhr hin, der noch vor wenigen Augenblicken in diesen Zügen sichtbar gewesen war. “Ich werde Euch nicht enttäuschen. Nun aber bitte ich demütig um die Erlaubnis, mich zurückziehen zu dürfen. Ich habe eine Beerdigung vorzubereiten.“

Lucius verschlug es beinahe den Atem. Jeden anderen hätte der Dunkle Lord mit Sicherheit für diese Unverschämtheit bitter büßen lassen, aber Lestrange konnte sie sich offenbar erlauben. Der Dunkle Lord hielt den Schwarzmagier nicht auf, als dieser sich nach einer tiefen Verbeugung rückwärts in Richtung Tür bewegte.

Erst als er sie schon beinahe erreicht hatte, spielte ein überlegenes Lächeln um die Lippen des Lords und er rief seinen Diener zurück: “Istave? Da wäre noch eine Kleinigkeit.“

“Meister?“ Lestrange verbeugte sich ein weiteres Mal und Lucius wurde klar, dass der Dunkle Lord keineswegs bereit war, die Unverschämtheit hinzunehmen. Was immer er im Begriff war zu sagen oder zu tun, es würde eine schlimmere Strafe sein, als ein einfacher Fluch oder ein paar Schmerzen im linken Arm. Lestrange selbst schien es offenbar auch zu wissen, denn einen winzigen Augenblick lang zeigte sich Sorge auf seinen Zügen. Doch es dauerte nur Bruchteile von Sekunden und dann hatte er sich wieder in der Gewalt.

Lucius beging jedoch nicht den Fehler, seinen Triumph offen zu zeigen. Der Meister war auch mit ihm noch nicht fertig und es mochte durchaus sein, dass seine eigene Bestrafung nicht weniger unangenehm ausfiel.

“Nun, um dafür Sorge zu tragen, dass der Waffenstillstand zwischen euren Familien auch tatsächlich eingehalten wird, braucht es einen stärken Bund als ein einfaches Wort.“

“Ich bin bereit, einen Unbrechbaren Schwur zu leisten, falls dies euer Wunsch ist, mein Lord.“ Lucius merkte, dass ihm dieses Zugeständnis schon weitaus weniger schwerfiel, als das erste. Inzwischen hatte er eingesehen, dass es ohnehin eine schlechte Idee wäre, diese Familienfehde weiterzuführen. Es würde nur für Zwist unter den Todessern sorgen und den armen Dorian machte es auch nicht wieder lebendig. Außerdem hatte Dorian’s Mörder ebenfalls sein Leben verloren, dies würde zumindest ein Trost für seine Cousine sein. Falls sie sich damit nicht zufrieden gab - nun gut, dann sollte sie sich bei ihrem Ehemann ausheulen und dann konnten seinetwegen die Blacks die Fehde weiterführen. Damit hatte er dann nichts mehr zu tun.

“Nein Lucius, ich dachte an eine ganz andere Art der Verbindung. Istave, du wirst ihm eine deiner Töchter zur Frau geben. Wird es für deine Erstgeborene ohnehin nicht langsam Zeit?“

“Meister, ich bitte Euch... Camille ist bereits verlobt, es würde unsere Familie große Schwierigkeiten bereiten...“ Blankes Entsetzen stand Lestrange ins Gesicht geschrieben. Auch Lucius musste schlucken; mit einem solchen Befehl hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Natürlich war ihm klar gewesen, dass er einen Pakt fürs Leben eingegangen war, als er in die Dienste des Dunklen Lords getreten war, aber nun wurde ihm bewusst, dass sein Meister in jeden, noch so privaten Bereich seines Lebens eingreifen konnte. Eine Frau zu heiraten, die er nicht einmal kannte, das war ein Befehl, den er nicht leichten Herzens befolgen konnte. Aber dass er ihn befolgen musste, stand außer Frage.

Er senkte den Blick und starrte mit regloser Miene auf den Marmorboden, der schwarz und kalt unter dem Saum seiner Todesserrobe glänzte. Alles um ihn herum wirkte dunkel und unheilverkündend.

Alles, bis auf eine Schwanenfeder, die einsam, zart und schneeweiß zu seinen Füßen lag.

* * *

Sunday, January 3rd1994

Nummer neun, Professor Vector, weil sie uns Hausaufgaben aufgegeben hat. Nummer zehn, der rollige Kneazle, der gestern die halbe Nacht vor meinem Fenster herumgeblökt hat. Nummer elf, der blöde Crup, der den Kneazle erwischt und die Treppe vor der Tür eingesaut hat. Nummer zwölf, der Hauself, der meine Schuhe so blank geputzt hat, dass ich ums Haar auf der Sauerei ausgerutscht wäre, als ich morgens zur Kutsche gewetzt bin.

Nummer dreizehn: Sirius Black. Einfach nur deshalb, weil er es nicht geschafft hat, Potter endlich aus dem Weg zu räumen. Alles muss man selber machen!

Aber neues Jahr, neues Glück. 1994 wird alles anders. Ganz sicher.

Saturday, January 9th

Isschon…hicks…alles anders. Dreht sisch irgendwie. So im Kreisch.

Sunday, January 10th

Bei Merlin, hatte ich gestern einen hängen. Mein erster Vollrausch und das mit zarten vierzehn Lenzen. Wenn das Professor Snape wüsste. Oder meine Eltern. Ich mag gar nicht dran denken.

Gestern haben wir die Rabenklöße vom Platz gefegt. Das erste Quidditch Spiel des Jahres und wir haben es natürlich gewonnen. Außerdem hab’ ich deren Sucherin Cho Chang vom Besen geschubst. Sie liegt immer noch im Krankenflügel, das arme Ding. Eine Runde Mitleid.

Schade, dass es nicht Potter war.

Saturday, February 6th

Dieser Mistkerl! Dieser verdammte Mistkerl! Von wo hat dieser blöde Idiot einen Firebolt her? Soviel Geld kann der doch gar nicht haben! Und Verwandte hat er auch nicht, die ihm den schenken können. Seine ollen Muggle-Verwandten werden ihm doch wohl kaum einen Firebolt schenken, nachdem sie ihn zehn Jahre lang in einen Schrank gesperrt haben.

Ich kann es mir nur so erklären, dass der alte Sack Dumbledoof da wieder was gedreht hat. Damals, im ersten Schuljahr, als Potter ungerechterweise ins Team kam und keinen Besen hatte, da hat er ihm auf Schulkosten einen Nimbus besorgt. Vater hat es erst viel später herausgefunden, weil er als Vorsitzender des Elternbeirats einen gewissen Einblick in die Finanzen hatte. Aber Dumbledore hat sich wie immer rausreden können.

Das ist alles so was von ungerecht, dass es schon zum Himmel stinkt! Potter, der arme kleine Potter mit seiner Narbe und seinen toten Eltern! Kaufen wir ihm doch mal einen Besen. Und wenn der kaputtgeht, dann kaufen wir ihm halt noch einen. Am besten gleich einen Firebolt, weil er sonst wieder seine Tobsuchtsanfälle kriegt und mit Zaubertränken ruhiggestellt werden muss.

Na warte, Potter, an dem Ding wirst du nicht viel Freude haben. Wird mal wieder Zeit, dass der Drache von Slytherin, (gefällt mir jetzt doch besser, obwohl Prinz auch nicht schlecht klingt) einen seiner Meisterpläne auspackt.

Hooh! Vorsicht, Potter, die Dementoren kommen!

Sunday, February 7th

Nachsitzen. Ich hasse die McGonagall.

Fünfzig Punkte Abzug. Hab’ ich schon erwähnt, dass ich die McGonagall hasse?

Platz vier auf der schwarzen Liste. Mindestens.

Monday, February 8th

Endlich ist der Unterricht rum. Hocke mit Pansy, Daphne, Tracey und Millicent im Gemeinschaftsraum herum und lass’ mich anschwärmen und ankichern. Wir sind grad mal wieder bei unserem Lieblingsthema, das da lautet: Die unglaubliche Dummheit der Gryffindeppen.

Nehmen wir zum Beispiel unsere allseits geliebte Dumpfbacke, Neville Longbottom. Der Typ hat sich sämtliche Gryffindor Passwörter auf einen Zettel geschrieben und ihn anschließend rumliegen lassen. Warum habe ich den eigentlich nicht gefunden? Dein Glück, Potter!

Oder unser allseits geliebter wahnsinniger Killer, Sirius Black. Der hat nämlich besagten Zettel gefunden und ist damit bis in Potter’s Schlafzimmer vorgedrungen. Mit einem langen langen Messer, das all seine (und meine) Probleme auf einen Schlag gelöst hätte. Oder besser gesagt: auf einen Stich.

Nicht zu vergessen unser allseits geliebtes Wildschwein. Der ist jetzt wahrscheinlich am Heulen und Blubbern wegen seines Hippogreifs. Vater’s Anzeige hat nämlich endlich Früchte getragen und diesen Freitag ist die Anhörung. Tod dem Buckbeak!

Hach, ist doch schön, solche Dinge mit einer Horde Mädels zu bequatschen, die bei jedem meiner Kommentare kichernd und seufzend zu meinen Füßen sitzen, als wäre ich der Held einer Wireless Liebesschnulze.

Ich glaub’ ich sollte mir demnächst eine Freundin zulegen. Potter hat bestimmt keine.

Saturday, February 13th

Nein, ich denke, ich lass’ es lieber. Ich hab’ mir zwar überlegt, Pansy zu fragen, ob sie mit mir ausgeht, aber wenn ich mir vorstelle, dass ich dann jetzt mit ihr Klamotten und Lippenstifte kaufen gehen müsste, anstatt mit Vince und Greg abzuhängen ... nein, das muss nicht sein. Da gehen wir doch lieber Weasley ärgern. Der steht grad so allein vor der Heulenden Hütte rum.

Hey, was soll das? Schlamm? Schlamm in MEINEN Haaren. Weasley, du bist tot!

Nein, hier spukt es. Nichts wie weg hier.

Potter? Potter in Hogsmeade? Nein, Potter’s Kopf in Hogsmeade. Wär ja zu schön, wenn den endlich mal einer abgehackt hätte.

Sunday, February 14th

Valentinstag. Genau der richtige Zeitpunkt, um sich mit ein paar Flaschen Butterbier, einer mitfühlenden Pansy und tonnenweise Schokolade in eine Ecke zu verziehen und sich darüber auszulassen, dass Potter es irgendwie geschafft hat, sich seiner gerechten Strafe zu entziehen. Aber noch viel mehr interessiert es mich, wie das mit dem abgehackten Kopf funktioniert hat. Ich meine, nicht dass ich grundsätzlich etwas dagegen hätte, wenn jemand Potter’s Kopf abhackt, aber dann soll der Kopf doch gefälligst ab bleiben und nicht später wieder drangehen.

Monday, March, 29th

Yes! Das Wildschwein hat verloren, verloren, verloren!

Hang down your head, old Buckbeak!
Hang down your head and cry!
Poor Hippogriff, tomorrow you’re bound to die!

Autsch! Granger, wie kannst du es wagen! Dafür wirst du mir büßen, das schwöre ich!

Nichts wie weg hier!

Friday, April, 16th

Morgen ist es endlich soweit. Das große Finale Slytherin gegen Gryffindor. Diesmal geht’s um alles!

Die letzten Tage und Wochen war die Spannung kaum mehr auszuhalten. Man hätte denken können, wir befinden uns nicht in einer Schule, sondern mitten im Krieg. Schimpfwörter, Flüche, Pöbeleien, und das war alles noch die harmlose Variante.

Leider wurde Potter ständig von irgendwelchen Leuten belagert. Wann immer ich Crabbe und Goyle losgeschickt hab’, um ihm ’ne Abreibung zu verpassen, kehrten sie unverrichteter Dinge wieder zurück. Offenbar gibt es für die Gryffintrantüten nichts Schöneres, als Leibwache für ihren kleinen Liebling zu spielen und ihn artgerecht zu betüteln. Aber morgen auf dem Feld kann ihn keiner mehr beschützen.

Morgen gehörst du mir, Potter!

* * *

Saturday, April, 17th

“Okay, Leute, nun hört gut zu. Gryffindoof mag vielleicht ein paar Mal den Hauspokal gewonnen haben, weil Dumbledore seinen kleinen Lieblingen die Punkte hintenrein schiebt. Aber beim Quidditch wird ihnen das nicht viel nutzen. Seit sechs Jahren in Folge gehört der Quidditch Pokal uns und wir werden den Teufel tun, ihn an diese Knallköpfe zu verlieren!“

Enthusiastischer Applaus folgte Flint’s Rede, es wurde laut gejubelt, Fäuste in die Luft gestoßen und eifrig auf Schultern geklopft. Die Stimmung war bestens, die letzten Trainings super gelaufen und zweifellos würden sie dieses Spiel haushoch gewinnen und die Gryffintrottel vom Platz fegen.

Das Beste an der Sache war, sie mussten das Spiel nicht einmal gewinnen. Mit ihren zweihundert Punkten Vorsprung konnten sie theoretisch großzügig sein und dem Gegner sogar den Snitch überlassen.

Nicht dass Draco vorgehabt hätte, Potter auch nur einen Zahnstocher zu überlassen. Mit grimmiger Miene flog er Schleifen durchs Stadion, ein Auge auf seine Umgebung, das andere auf seinen Gegner gerichtet. Vom Spiel selbst bekam er kaum etwas mit, außer dass es die zwischen Slytherin und Gryffindor übliche Woge an Fouls und Strafstößen gab. Schon Wochen und Monate zuvor war die Stimmung zum Zerreißen gespannt gewesen; jetzt tat es gut, das alles abzustreifen und sich nur auf die Suche nach dem kleinen goldenen Ball zu konzentrieren.

Hatte Potter diesen etwa schon gesehen? Urplötzlich riss der Gryffindor seinen Firebolt herum und jagte in Richtung der Slytherin-Torbögen. Sofort nahm Draco die Verfolgung auf, legte sich flach auf den Besen, um den beiden Bludgern auszuweichen, die knapp an Potter vorbei auf ihn zuschossen. Die Neuen, Derrick und Bole, mochten zwar einen kraftvollen Schlag besitzen, aber Zielen war noch nie ihre Stärke gewesen.

Potter wetzte zwischen ihnen hindurch und sie schafften es doch tatsächlich, sich gegenseitig zu treffen.

Draco’s Weg war blockiert. Mit einem Fluch zischte er um die beiden herum auf Potter zu, doch es war lediglich falscher Alarm gewesen. Der Snitch war wieder verschwunden, wenn er denn überhaupt jemals dagewesen war. Schließlich war es allgemein bekannt, dass Potter des Öfteren Dinge sah und Stimmen hörte.

Oder sollte das ein Täuschungsmanöver gewesen sein? Nein, dafür fehlte diesem Idioten der nötige Weitblick!

Ein weiteres Tor fiel; er hörte den Jubel der Menge und die enttäuschten Aufschreie seiner Teamkameraden. Diesmal zielten Derrick und Bole richtig und setzten Wood außer Gefecht. Natürlich bedeutete das einen Strafstoß, aber der brachte Gryffindor den verlorenen Torhüter nicht wieder zurück. Slytherins verstanden eben etwas von Taktik, im Gegensatz zu...

Unterschätze niemals deinen Gegner! Die Worte brannten in seinem Gedächtnis wie verschüttete Säure. Oft genug hatte Vater sie ihm eingetrichtert, hatte ihn wieder und wieder seine Grundsätze wiederholen lassen. Was dich nicht tötet, macht dich stärker. Kenne deinen Feind wie dich selbst. Eine Verteidigung ist nur dann gut, sicher und von Dauer, wenn sie nur auf dir selbst und deinen eigenen Fähigkeiten beruht.

Egal! Vater war es nicht, der dieses Spiel spielte; es war sein eigenes und er würde den Sieg erringen, selbst wenn Potter hundertmal den besseren Besen besaß.

In diesem Moment schoss Potter auch schon los, aber Draco fragte nicht lange nach Taktiken oder Täuschungsmaneuvern. Blindlings warf er sich nach vorne, jagte dem Firebolt hinterher und bekam schon nach wenigen Augenblicken dessen Reisigzweige zu fassen. Keuchend krallte er sich darin fest, vom Jagdfieber ergriffen wie ein Raubtier, das sich ohne Skrupel und Gnade auf seine Beute stürzt. Potter schrie ihn an, schlug nach ihm, doch Draco befand sich außer Reichweite der wütenden Fäuste und selbst wenn - er würde um keinen Preis loslassen! Für diesen einen Moment war Potter sein und wenn es auch nur ein Augenblick war, so sollte er sich seinem Feind ins Gedächtnis brennen und ihn nicht mehr zur Ruhe kommen lassen. Dafür würde er sorgen.

Die Menge unter ihnen tobte. “Du hundsgemeiner Betrüger!“ brüllte Lee Jordan in sein Megaphon, übertönt nur noch von der kreischenden Stimme Madam Hooch’s: “Strafstoß, Strafstoß für Gryffindor!“ Als sie auf ihn zugeflogen kam, war Draco schließlich gezwungen, Potter loszulassen, doch er tat dies mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht und unter den Anfeuerungsrufen seiner Teamkameraden. Die Slytherins jubelten und verdoppelten ihre Anstrengungen, während die Gryffintrottel, hoffnungslos aus dem Konzept gebracht, einen Ball nach dem anderen vermasselten.

Einer der Gegner aber ließ sich von dem allgemeinen Stimmungstief nicht anstecken. Mochte die Wut seine Mannschaft zu schwachsinnigen Eskapaden hinreißen, so hatte sie in Potter selbst nur den Kampfgeist geweckt. Als wolle er sich für die erlittene Schmach rächen, stürzte er sich auf Draco und ließ ihm keinen Fußbreit Freiraum mehr. Wohin Draco seinen Nimbus auch wendete, immer blockierte Potter seinen Weg, zwang ihn, die Geschwindigkeit zu drosseln oder die Richtung zu ändern.

Jetzt war sein Feind das Raubtier, das ihn erbarmungslos jagte, dessen gierigen Atem er im Nacken zu spüren glaubte. Ihre Körper berührten sich, ihre Knie schlugen gegeneinander, wieder und immer wieder; er stieß nach Potter, versuchte ihm den Ellbogen in die Seite zu rammen, aber ohne Erfolg, er war noch zu weit weg, er musste näher an ihn heran... nein, nicht näher, er musste ihn fortstoßen, ihn aus dem Weg drängen. Dieses verdammte Spiel ging nicht um Potter, sondern um den Snitch! Schon einmal hatte er vergessen, dass... oh, diese Niederlage war so schmählich gewesen. Direkt neben seinem linken Ohr, verdammt, und er hatte nicht hingesehen. Hatte sich ablenken lassen. Von diesem verfluchten...

“Hör mit diesem Mist auf, Potter!“ Er schrie vor lauter Wut und Frustration, fühlte aber gleichzeitig, wie sein Kopf wieder klarer wurde. Die Niederlage würde sich nicht wiederholen; er würde kein zweites Mal den Snitch verpassen, nur weil er zu sehr damit beschäftigt war, auf Potter zu achten. Hier ging es nicht um die Befriedung seiner persönlichen Gefühle, hier ging es darum, ein Spiel zu gewinnen. Flint hatte es ihm lange und eindringlich eingeschärft und Pucey hatte keine Gelegenheit ausgelassen, ihm die Katastrophe von damals unter die Nase zu reiben.

Urplötzlich fuhr Potter herum und ließ von ihm ab. Einen schrecklichen Augenblick lang glaubte Draco, er habe den Snitch gesehen, doch dann sah er, dass Potter Johnson zu Hilfe eilte, die mit dem Quaffle unter dem Arm auf das Tor der Slytherins zuflog. Natürlich, Potter’s alte Schwäche. Er konnte nicht umhin, einer Teamkameradin zu helfen, obwohl das als Sucher gar nicht seine Aufgabe war.

Draco steuerte den Nimbus höher, um einen besseren Blick über das Stadion zu gewinnen. Die Rauferei mit Potter hatte ihn ziemlich in die Gryffindor Ecke gedrängt, nur dass dort jetzt keiner mehr war. Lediglich der inzwischen wieder eingesetzte Wood hockte mit griesgrämiger Miene vor dem Tor und hielt sich immer noch den Magen. Alle anderen Spieler waren mit den Geschehnissen beschäftigt, die sich vor dem Slytherin Tor abspielten.

War das ein Glitzern unten auf dem Gras? Er kniff die Augen zusammen und versuchte, Genaueres zu erkennen.

Da, da war es wieder! Er hatte sich nicht getäuscht.

Los, nichts wie hin! Er lehnte sich nach vorne, drückte den Besen fast senkrecht nach unten und beschleunigte ihn in Sekundenbruchteilen auf die Maximalgeschwindigkeit.

Alle seine misslungenen Versuche zur Wronski Finte fielen ihm ein. Wie die tanzenden Bilder einer Photographie zogen sie vor seinem geistigen Auge vorbei, während der Wind an seinen Haaren und Kleidern zerrte und seine Augen zum Tränen brachte. Nicht einmal, nicht ein einziges Mal war es ihm gelungen, bei dieser Geschwindigkeit rechtzeitig abzudrehen und seinen Sturz aufzuhalten. Entweder war er ziemlich unsanft auf dem Boden gelandet oder aber er hatte die Kontrolle über seinen Besen verloren. Und aus einer solchen Höhe hatte er es noch nie versucht.

Ich muss langsamer werden! Nein, ich darf nicht langsamer werden. Dies ist meine Chance und, verdammt noch mal, ich werde sie nutzen!

Gequält verzog er das Gesicht bei dem Gedanken an ein paar Aufschürfungen oder geknackste Knochen, aber dieses eine Mal wollte er über sich hinauswachsen und keine Angst vor den Schmerzen haben. Er war so nah dran, so verdammt nah dran! Alle seine Pläne waren gescheitert; Potter war nicht von der Schule geflogen, nicht vom Basilisken gefressen, nicht von diesem Irren Sirius Black in Stücke gehext worden. Aber jetzt, jetzt war er fällig. Jetzt würde er ihn besiegen und sei es nur dadurch, dass er ihm diesen kleinen goldenen Ball vor der Nase wegschnappte! Ein Sieg, wie er süßer nicht sein konnte.

Er drückte sich noch enger auf seinen Besen und versuchte, die Geschwindigkeit noch weiter zu steigern, auch wenn er genau wusste, dass es nicht möglich war. Mehr gab der Nimbus einfach nicht her. Er war schließlich kein...

... Firebolt? Ist das ein Zischen in der Luft hinter mir?

Unmöglich, das kann nicht sein. Potter ist doch noch auf der anderen Seite des Stadions.

Es blieb ihm keine Zeit, darüber nachzudenken, denn der kleine goldene Punkt über der Grasdecke rückte rasend schnell näher. Er war das Einzige, was Draco noch erkennen konnte, ansonsten hatte sich die Welt um ihn herum in ein flirrendes Farbenspiel aufgelöst. Irgendwo darin hallten die Rufe und Schreie der Zuschauer von den Tribünen, seltsam verzerrt, als befänden sie sich unter Wasser oder inmitten eines Sturms. Die Luft rauschte schmerzhaft in seinen Ohren.

Gleich, gleich hab ich’s geschafft! Nur noch Sekunden, nur noch wenige Meter! Er streckte den Arm aus und -

... stieß auf Widerstand. Ein Blitz schoss in sein Sichtfeld, eine flammend rote Robe, eine Fülle schwarzen Haares, der Geruch frischen Schweißes, die Hitze eines anderen Leibes, der sich gegen den seinen warf, ihn mit aller Gewalt beiseite drängte. Draco versuchte, ihn fortzustoßen, versuchte, nach dem kleinen goldenen Ball zu greifen, doch seine Hand umfasste nur Luft und im nächsten Augenblick sah er den Boden vor sich, riss den Nimbus herum und fing sich im letzten Moment vor dem Sturz. Das Unerreichbare war gelungen, er hatte die Kontrolle über den Besen behalten, doch nichts davon spielte jetzt noch irgendeine Rolle mehr. Es war zu Ende. Potter zog an ihm vorbei, die begehrte Trophäe in der Hand und das Stadion erbebte im Jubelrausch.

Draco schrie, spürte wie Wut und Frustration, die wildgewordenen Kreaturen gleich in seinen Eingeweiden tobten, sich durch den Schrei einen Weg nach draußen bahnten. Seine Hände, die noch immer krampfhaft den Stiel seines Besens umklammert hielten, lösten sich zitternd, als habe alle Kraft seinen Körper verlassen. Er glitt zu Boden, krallte sich ins Gras, um zumindest noch irgendeinen Halt zu verspüren und spürte stattdessen ein trockenes Schluchzen, das fiebergleich in seiner Kehle aufstieg und seinen Körper schüttelte.

Es war zu Ende.

Er wusste nicht, wie er es geschafft hatte, sich zurück in den Umkleideraum zu schleppen. Nach Wut und Verzweiflung war die Leere gekommen, eine dumpfe, ausdruckslose Leere, die jeden klaren Gedanken in seinem Kopf zunichte machte. Alles in ihm war so taub, dass er noch nicht einmal mehr Schmerz empfinden konnte. Am liebsten hätte er sich einfach fallen lassen, wo er gerade stand und wäre nie wieder aufgestanden.

Es war zu Ende. Potter hatte gewonnen, hatte auf ganzer Linie triumphiert. Das Spiel war verloren, der Krieg war verloren und es gab nichts mehr, das er seinem Feind noch entgegenzusetzen hätte. Drei Jahre lang umsonst gekämpft, drei Jahre lang nur Rückschläge, Enttäuschungen und Niederlagen hingenommen. Jetzt musste es genug sein. Es musste genug sein, sonst würde er noch vollkommen wahnsinnig werden und irgendwann selbst als irrer Killer durch die Gegend rennen und Leute in Stücke hexen.

“Malfoy?“ Er zuckte zusammen, als er eine bekannte Stimme hinter sich hörte; er hatte angenommen, Flint hätte die Umkleide bereits verlassen. Aber er war noch da, ebenso wie der Rest der Mannschaft. Sie alle hockten missmutig in einer Ecke und unterhielten sich im Flüsterton.

“Ja, was?“ Er hob den Kopf und blickte in das niedergeschlagene Gesicht seines Captains, der aufstand und einige langsame Schritte auf ihn zukam. Auch Flint sah so aus, als sei er soeben von einer Herde Hippogreife überrannt worden.

“Das ging echt daneben, heute. Aber verdammt daneben.“

Wie überaus treffend. Glaubte Flint etwa, er habe das nicht bemerkt? Oder aber wollte er ihm Vorwürfe machen, weil Potter den schnelleren Besen besaß? Wollte er am Ende, dass Draco ihn aufmunterte und irgendetwas Geistreiches sagte, wie: ’Beim nächsten Mal schaffen wir es!’?

“Beim nächsten Mal schaffen wir es.“ Eigentlich war es Aufgabe des Captains die Mannschaft aufzumuntern und nicht umgekehrt, aber im Moment war sowieso alles egal.

Er wollte sich schon abwenden, als ihm auffiel, dass Flint neben seiner Enttäuschung noch etwas anderes ausstrahlte. Allerdings dauerte es noch ein paar Momente, bis er darauf kam, was es war: Nervosität. Flint trat unruhig von einem Bein aufs andere und spielte mit der Zunge an seinen übergroßen Vorderzähnen.

Offenbar wartete er darauf, dass Draco von sich aus das Wort ergriff, aber den Gefallen tat Draco ihm nicht. Er sah lieber weiter schweigend zu, wie Flint herumdruckste.

“Nun... wie gesagt, das ging echt daneben. Die Moral unseres Teams ist total im Keller und wir müssen uns was einfallen lassen, wie wir das wieder hinbekommen.“

“Härter trainieren vielleicht?“ Erwartete Flint jetzt auch noch, dass er ihm irgendwelche strategischen Tipps gab?

“Ja, schon, aber ich glaub’ nicht, dass das allein ausreichen wird.“ Flint lehnte sich nach vorne und fügte im Flüsterton hinzu: “Die Leute.. die Mannschaft ... sie sind alle fertig wegen der Niederlage. Sie erwarten, dass ich etwas unternehme.“

Noch während Flint sprach, fiel Draco auf, wie still es um sie herum geworden war. Alle Gespräche zwischen seinen Teamkameraden waren so plötzlich verstummt, als habe jemand einen Schweigezauber auf den gesamten Raum gelegt. Mehr noch, als Draco zu ihnen hinübersah, wichen sie seinen Blicken aus. Taschen, offene Schnürsenkel und Fliegen an den Wänden schienen mit einem Mal viel interessanter zu sein.

“Und was gedenkst du, zu unternehmen?“ Draco’s Ton war eiskalt, obwohl er innerlich zu brodeln begann. Mittlerweile war er sich sicher zu wissen, worauf dieses Gespräch hinauslief und die schiere Ungerechtigkeit der Sache trieb ihm Tränen der Wut in die Augen. Wollte die Mannschaft jetzt ihn allein für die Niederlage verantwortlich machen? Wenn sie mehr Tore geworfen, oder wenigstens die Tore der Gryffindors nicht durchgelassen hätten, dann hätten sie den Pokal trotzdem gewonnen, ganz egal, was mit dem Snitch passiert wäre. Und außerdem, er war gut geflogen. Verdammt gut. Er hatte wirklich alles gegeben und dieses Mal war er Potter definitiv ebenbürtig gewesen, ja hatte ihn vielleicht sogar übertroffen. Wenn der blöde Mistkerl nicht den besseren Besen gehabt hätte...

Wieder hallte Vater’s Stimme in seinem Geist: “An den Handlungen der Menschen (und ganz besonders der Fürsten) zählt ausschließlich das Ergebnis.“

Das Ergebnis, ja. Und das Ergebnis war, dass Potter den Snitch gefangen hatte. Genau wie beim letzten Mal.

“Er gedenkt, einen besseren Sucher anzuheuern, einen, der sein Handwerk versteht.“ Die Worte kamen nicht von Flint selbst, sondern von Pucey, der das Spiel diesmal von der Reservebank aus verfolgt hatte. Schadenfroh grinste er Draco entgegen und wartete begierig auf dessen Reaktion.

Draco tat ihm den Gefallen nicht, ihm seine Bestürzung oder gar seine Tränen zu zeigen. Wortlos zog er sich fertig um und packte seine Sachen zusammen, ohne dabei Flint und die anderen noch eines Blickes zu würdigen. “Alles halb so wild,“ murmelte Flint, “war doch sowieso das letzte Spiel der Saison. Nächstes Jahr nimmst du einfach wieder an den Tryouts teil und wenn du gut fliegst, kommst du wieder in die Mannschaft.“

“Nicht, wenn ich nächstes Jahr Captain bin,“ spöttelte Pucey.

“Falls du nächstes Jahr Captain bist,“ verbesserte Draco ihn kühl und marschierte zum Ausgang. “Ich hab’ jedenfalls noch nicht viele Kapitäne auf der Reservebank gesehen.“

Scheppernd fiel die Tür hinter ihm zu. Sein letzter Kommentar hatte getroffen, aber er nahm sich nicht die Zeit, sich über Pucey’s erstarrten Gesichtssaudruck zu freuen. Seltsam, so sehr er es auch genoss einem Gegner einen wirksamen Schlag zu versetzen, so bereitete es ihm doch bei keinem anderen eine solche Befriedigung wie bei Potter. Pucey konnte da nicht mithalten. Es gab niemanden auf der Welt den Draco Malfoy so sehr hasste wie Harry Potter.

Nein, ich hab’ gesagt, ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr.

Er lenkte seine Schritte in Richtung See - zurück zum Schloss wollte er nicht und das Quidditchfeld war immer noch voller singender und tanzender Gryffindeppen. Wahrscheinlich waren die gerade dabei, ihren Helden zu feiern, den blöden Mistkerl!

Warum kann ich ihn nicht einfach ignorieren? Warum kann ich mich nicht einfach wegdrehen, mich um meinen eigenen Krempel kümmern und ihn vergessen? Wieso nicht? Diese ganze verdammte Schule ist voller Typen, die mich nerven und trotzdem lass’ ich mir von ihnen nicht das Leben zur Hölle machen. Warum also schafft er das? Was ist an ihm anders?

Im Vorbeigehen schlug Draco mit der Faust gegen einen Baumstamm, spürte wie der Schmerz das Leben in seinen erstarrten Geist zurückbrachte. Es war noch lange nicht vorbei! Gut, er hatte das Spiel verloren, er war aus dem Team geflogen, er war von Weasley beschimpft, von Granger geohrfeigt und von Potter mit Schlamm beworfen worden, aber er war nicht besiegt. Er war nicht besiegt! Der Drache würde sich in seine Höhle zurückziehen, seine Wunden lecken und in aller Ruhe einen neuen Schlachtplan ausbrüten.

So, wie er es immer tat. Es gab immer einen nächsten Kampf.

Er schloss die Augen und spürte mit einem Mal den Geruch von Potter’s Haaren in der Nase. Hätte es etwas gebracht, dieses Spiel zu gewinnen? Hätte es ihm Genugtuung verschafft? Und falls ja, wie lange hätte sie angehalten? Eine Woche? Einen Monat? Und dann, wäre dann dieses brennende, dieses verlangende Gefühl, für das er keinen anderen Namen finden konnte als Hass, erneut in ihm ausgebrochen?

Oder was wäre, wenn sein Plan mit Sirius Black geglückt wäre? War Potter’s Tod die Möglichkeit, die er suchte, um das Inferno in sich endlich zum Verstummen zu bringen?

Sicher, in seiner Phantasie hatte er es unzählige Male getan. Hatte Potter verflucht, erwürgt, erschlagen, erstickt, ertränkt, ihm das Genick gebrochen und ihn in Abgründe gestoßen. Aber selbst, wenn diese Gedankenspielchen ihm eine gewisse Befriedigung verschafft hatten, so war diese doch unvollständig und immer nur von kurzer Dauer gewesen. Schon bald flammte das Verlangen wieder in ihm auf und dann kam diese grässliche Stimme, die in seinem Geist flüsterte: Du willst es wieder tun.

Was, wenn er es eines Tages wirklich tat? War das die Antwort? Würde es ihm Frieden bringen, oder wieder nur eine vorübergehende Befriedigung? Und dann, dann gab es keine Möglichkeit mehr, die Sache rückgängig zu machen. Potter wäre für immer aus seinem Leben verschwunden.

Er versuchte, sich das vorzustellen: ein Leben ohne Potter. Ein Leben ohne die täglichen Kabbeleien, die Lästersessions im Kreis seiner Freunde, die Quidditch-Duelle, die Wortgefechte, die Meisterpläne, ohne den Hass, die Schadenfreude, wenn er ihm eins reingewürgt hatte, ohne das Verlangen, ihn zu suchen, sich mit ihm zu streiten, ihn zu verletzen, die Wut in diesen funkelndgrünen Augen zu sehen... Was wäre dann noch übrig von seinem Leben? Was denn?

Bei Merlin, das ist doch völliger Wahnsinn? Wieso richte ich mein ganzes Leben so sehr auf diesen einen Menschen aus?

Niemand hat mich dazu gezwungen, ihm tagtäglich durch halbe Schule hinterher zu rennen. Niemand hat mich dazu gezwungen, Sucher im Quidditch Team zu werden, nur um gegen ihn anzutreten. Niemand hat mich dazu gezwungen, ein Wahlfach zu nehmen, das ich gar nicht will, nur um in seiner Nähe sein zu können. Niemand hat mich...

Was, verdammt noch mal, will ich eigentlich von dem Kerl? Was will ich erreichen?

Wie soll ich ihn denn besiegen, wenn ich gar nicht weiß, was ich überhaupt will?

* * *

Amicus Draconis - 2nd Cycle: Cycle of the Snake - Part 15: Sprung from my only Hate II - Prodigious Birth of Love it is to me

XII. Der Magier

Der Magier stellt die erste Stufe auf der Reise des Narren dar. Unter dem Schutz des Merkurs steht er für zu erwerbende Künste und Wissenschaften, allesamt nützliche Lehren, die sich der Narr auf seiner Reise aneignen kann. Doch Vorsicht ist geboten - er tritt auch zu gerne als Gaukler oder Scharlatan in Erscheinung.

Meistens unterhält er seine Zuschauer mit Taschenspielertricks; bunten Tüchern und Würfelspiel, doch zuweilen werden seine harmlosen Gegenstände zu Kelch, Schwert, Amulett und Zauberstab. Leider ist der Narr aber noch zu unerfahren, um das Geheimnis dieser Artefakte verstehen und für sich nutzen zu können.

Die Karte entspricht dem zweiten Buchstaben des Alphabets, Beth, welcher übersetzt ’Haus’ bedeutet. Um eine Reise zu beginnen, muss das Haus zunächst einmal verlassen werden. Der Schritt vor die Tür ist der erste und vermutlich auch der schwerste von allen.

Beth, der erste Schritt. Der erste Buchstabe der jüdisch-christlichen heiligen Schrift. Der Beginn der Schöpfung. Die Geburt. Die Straße zwischen Kether und Binah, dem heiligen Geist, dem göttlich-weiblichen Prinzip.

War es denn nicht immer so, dass die Frauen das Leben schufen, damit wir Männer es anschließend vernichten können?

Nun, vielleicht könnte man dies unter dem Begriff Arbeitsteilung verstehen.

Die Geheimnisse des Universums, verborgen im Spiel des Jongleurs. Was für eine Ironie!

Die Wahl für den Magier fiel mir dementsprechend schwer. Ein äußerst passender Kandidat wäre Albus Dumbledore gewesen, doch ich kann es beim besten Willen nicht riskieren, ihn auf diese Weise in meine Pläne mit einzubeziehen.

Also musste ich mich wieder einmal mit einem Ausweichkandidaten zufrieden geben. Aberforth Dumbledore mag vielleicht nicht das Wissen und die Weisheit seines Bruders besitzen, doch verfügt er über einen untrüglichen Sinn, wenn es darum geht, die winzigen Bruchteile wichtiger Informationen zu kombinieren und daraus seine Schlüsse zu ziehen.

Kein Wunder, dass er seinem Bruder in der Rolle des Kneipenwirts so überaus nützlich war.

Amicus Draconis - 2. Zyklus: Zyklus der Schlange - Teil 15: Aus einz’gem Hass entbrannt II - Daß es die Lieb so übel mit mir meint

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