by Yamato: Amicus Draconis : Episode 14 - Part A

Sep 30, 2005 15:22

Language: German
Title: Amicus Draconis: 2nd Cycle - Cycle of the Snake
Rating: R
Warnings: Het, Slash, Character Death

Hauptseite
Trailer zu Cycle of the Snake


January 1999, Gegenwart

Du hast alles zerstört, was ich einmal war...

Seit nachts dein Atem über meine Haut geweht,
und meine Hand dein Schoßgesträuch zerzaust,
Seit ich die Stirn an deinem schlanken Hals gekühlt,
und du mit deinem Haar ein Nest mir baust,

Mein Weg war so klar und deutlich wie ein Spiegel, der die Zukunft zeigt, doch du hast ihn in tausend Stücke zerbrochen. Von dem Tag an, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, gab es kein Zurück mehr zu meinem alten Leben. Du hast es mir zur Hölle gemacht!

Bin ich verloren ... verloren
Bin ich verloren an dich.
Für diese Welt verloren ... verloren
Ich bin verloren an dich.

Niemals zuvor hab’ ich mit solcher Leidenschaft gehasst, und niemals zuvor hat mich ein anderer so tief in meinem Inneren berührt.

Und es wird auch nie wieder geschehen...

Seit ich den Schierlingsbecher von dir nahm und trank
Seit ich den letzten Tropfen aufgeleckt.
Seit ich zuletzt noch zitternd deinen Namen rief
und mich die kalte Erde zugedeckt.

Ich wollte dich zerstören und dabei habe ich mich selbst zerstört. Ich wollte dich zu Boden werfen, dich zerschmettern, dich in Stücke reißen, dich leiden sehen, über dich herfallen, dich besitzen. Ich wollte, dass du ganz und gar mein bist!

Bin ich verloren ... verloren
Bin ich verloren an dich.
Für diese Welt verloren ... verloren
Ich bin verloren an dich.

Ich war von dir besessen und bin es noch! Von deinem Geruch, deinem Geschmack auf meinen Lippen, deinem heißen Atem auf meiner Haut. Von dem jadegrünen Funkeln deiner Augen... ein Licht, das ich zum Erlöschen bringen wollte mit meiner Finsternis.

Es ist mir nicht gelungen...

Ich bin verloren.
Ich bin verloren an dich.

Es hat sich tief in meine Seele gebrannt, ein alles verzehrendes, alles verschlingendes Feuer. Und es wird immer weiter brennen, solange bis nichts mehr von mir übrig ist.

Ich bin verloren ... verloren
Ich bin verloren an dich.
Für diese Welt verloren ... verloren
Ich bin verloren an dich

Du hast alles zerstört, was ich einmal war...

Für diese Welt verloren ... verloren
Ich bin verloren an dich.

Harry Potter...

Mein Feind ... mein Rivale ... meine Nemesis

Mein Schicksal ... mein Fluch

Meine einzige Liebe...

*

Opening Credits:

Disclaimer: Die Charaktere und ihre Welt gehören nicht mir, sondern der großen Jo Rowling, dem Bloomsbury Verlag, und Warner Brothers. Wir Fanfic Schreiber leben von Reviews, nicht von Profit. ^^ Der Opening Song von Cycle of the Snake ist das Sonett No 109 von William Shakespeare, der Ending Song ist Sleeping Sun von Nightwish. Draco’s erster Image Song ist Verloren von Subway to Sally. Der Titel für Folge 14 ist ein Zitat aus Shakespeare’s Romeo & Juliet. Weitere Disclaimer bei den Ending Credits.

Author: Yamato

Titel: Amicus Draconis - 2nd Cycle: Cycle of the Snake - Part 14: Sprung from my only Hate I
Amicus Draconis - 2. Zyklus: Zyklus der Schlange - Teil 14: Aus einz’gem Hass entbrannt I

Rating: PG-15 auf Britisch, FSK-16 auf Deutsch, R auf Amerikanisch. Sorry für’s höhere Rating, aber Yama will bei ...hm... gewissen Szenen nicht jedes Wort umdrehen müssen. Immerhin läuft die Story jetzt schon seit über drei Jahren und damit solltet ihr eigentlich alle alt genug sein, oder?

Spoiler: Ich hab’ lang überlegt, wie ich mit OotP umgehe, (dasselbe Problem werd’ ich im Juli mit HBP wieder haben *seufz*) und ich bin zu folgendem Ergebnis gekommen: Alle wichtigen Plots, die älter sind als OotP werd’ ich nicht umschreiben, sonst gibt’s nur Chaos. Kurz gesagt, Narcissa Lestrange wird nicht plötzlich Narcissa Black heißen, der Laden von Fred & George bleibt in Hogsmeade, und kommt nicht nach Diagon Alley, Sirius wird nicht plötzlich tot umfallen, und Umbridge wird nicht DADA Lehrerin im 5. Schuljahr etc. Im Prinzip verläuft das 5. Schuljahr bei mir bis auf wenige Ausnahmen komplett anders.

Diese Ausnahmen sind einige Storyplots, die zufällig mit Band 5 übereinstimmen. Zum Beispiel, dass Ron neuer Gryffindor Keeper wird, und Angelina Captain. Aber dass es so kommen könnte, haben wir eigentlich schon vor OotP vermutet und deshalb ist es nicht wirklich spektakulär.

Wisst ihr, was mich echt total überrascht hat? Dass Narcissa Malfoy und die geheimnisvolle Mrs. Lestrange tatsächlich Schwestern sind und sogar noch eine dritte Schwester haben, genau wie bei mir. Da ich leider nicht in Jo’s Kopf reingucken kann und sie es auch ned nötig hat, aus FFs zu klauen, können wir mal wieder sehen, dass Autoren total unabhängig voneinander dieselben Ideen haben. Vielleicht haben wir wirklich alle ein gemeinsames Unterbewusstsein, wer weiß?

Mit meiner Theorie über Neville und den Memory Charm lieg’ ich wohl falsch, jedenfalls gab’s in OotP nichts dazu. Aber die Sache mit Trelawny’s erster Prophezeiung ist bei Jo ganz ähnlich wie ich es auch geplant habe. Bisher hab’ ich’s nur in der Musicalfolge angedeutet, aber ihr werdet schon bald mehr darüber erfahren. (Ihr werdet über so einiges aus der Musicalfolge mehr erfahren *g*)

Die dritte Prophezeiung hab’ ich auch schon eingeplant, aber da wird mir Jo wahrscheinlich wieder zuvorkommen. *spekulier* (Band 7 erscheint garantiert noch vor dem Ende von AD)

Okay, jetzt das, was ich aus Band 5 übernehme: Alle neuen Charaktere (Luna, Tonks, Umbridge, Amelia Bones) können theoretisch auch bei mir auftauchen. Das Design von St. Mungo’s werd’ ich ebenfalls übernehmen, sollte es eine Rolle spielen. Das Ministerium wohl so halb/halb, je nachdem wie’s zusammenpasst. Die Gerichtsverhandlungen werden wohl auch ähnlich sein, aber wir haben ja schon in Band 4 erfahren, wie so eine Verhandlung ungefähr abläuft. Sollte ich im Laufe der Story sonst noch was übernehmen, dann schreib’ ich’s in die Credits zur jeweiligen Folge.

Warnings: An erster Stelle mal Shônen Ai, denn Harry und Draco sind alles andere als brav. *g* Het Pairings gibt’s natürlich auch, und vielleicht schaff ich es diesmal ein wenig von meinem Shôjo Ai Pairing rein zu bringen. Death - yep, leider werden sich wieder Charas von uns verabschieden. *seufz* Gewalt - nicht alles wird völlig harmlos sein, aber das kann man auch ned erwarten, wenn Tante Voldie und ihre Armeen Britannien erobern.

Summary: Was wollt ihr denn noch? Hab’ euch doch schon gnadenlos zugespoilert. *hüpf*

Fortsetzung: Episode 1 von 22 oder Episode 14 von 52. Sucht’s euch raus *g*

Feedback: Nehm’ ich immer gerne. Kommentare, Vorschläge, Lob und Kritik am besten in der Yahoo!Group oder an Draco4@gmx.de

Background: Alle Episodenguides und weiteren Backgroundinfos zur Story sowie Infos über Updates gibt’s in der Yahoo!Group zu Amicus Draconis

*

*

O, never say that I was false of heart,
Though absence seem’d my flame to qualify!
As easy might I from my self depart
As from my soul, which in thy breast doth lie:

Oh, nie sollst Du mich falsch von Herzen heißen,
Schien schwach auch, da ich fern war, meine Glut.
So leicht könnt ich vom eignen Selbst mich reißen,
Als von der Seele, die in deiner ruht.

That is my home of love: if I have rang’d,
Like him that travels; I return again,
Just to the time, not with the time exchang’d
So that myself bring water for my stain.

Dort ist der Liebe Heim. Irrt ich auch weit,
Getrieben hat mich’s doch, zurückzueilen
Zu rechter Zeit, nicht anders durch die Zeit;
Selbst bring ich Tropfen, die mein Arges heilen.

Never believe, though in my nature reign’d
All frailties that besiege all kinds of blood,
That it could so preposterously be stain’d
To leave for nothing all thy sum of good;

Beherrschen alle Fehler auch mein Ich,
In deren Bann jedwedes Menschenblut,
Doch für so urteilslos nicht halte mich,
Für Nichts zu opfern dich, das höchste Gut.

For nothing this wide universe I call,
Save thou, my rose; in it thou art my all.

Nichts ist dies weite Weltall meinem Sinn,
Du, meine Rose, bist mein Alles drin.

*

*

Amicus Draconis

*

Second Cycle: Cycle of the Snake

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Part 14: Sprung from my only Hate I

London, July 31st, 1991

Im Grunde genommen lief es alles auf eine äußerst simple Frage hinaus. Sollte er es tatsächlich wagen, einen Rennbesen mit nach Hogwarts zu schmuggeln?

Oder sollte er es lieber bleiben lassen?

Mit sehnsüchtigen Augen bestaunte er den brandneuen Nimbus 2000 im Schaufenster ... den frisch polierten Griff, das in einem satten warmen Rotbraun glänzende Holz des Stiels, die mit äußerster Präzision und Sorgfalt angeordneten Zweige. Natürlich war es Erstklässlern verboten, einen eigenen Rennbesen mitzunehmen und sicher hatte das auch seinen Sinn. Schließlich konnte man kleine Kinder, die keine Ahnung vom Besenfliegen hatten, ja die vielleicht noch nicht mal wussten wozu so ein Ding überhaupt gut war, nicht einfach so in der Gegend rumschwirren lassen.

Aber dass unter dieser Vorschrift auch diejenigen leiden mussten, die seit ihrem dritten Geburtstag auf einem Besen saßen, das war eine bodenlose Frechheit! Impertinenz, würde Vater dazu sagen.

Er schubste ein paar Kinder aus dem Weg, um einen besseren Blick zu bekommen und presste die Nase gegen die Fensterscheibe. Immer dasselbe! Man kriegt erst mit elf seinen Zauberstab, man darf sich in Hogwarts sein Haus nicht aussuchen, und jetzt darf man noch nicht mal einen eigenen Rennbesen haben. Und das alles nur wegen dieser blöden Mudblood Bälger! Die keine Ahnung von gar nichts haben und sich wahrscheinlich selbst in die Luft sprengen würden, wenn sie einen Zauberstab auch nur schief anguckten.

Na, sollen sie doch! Dann müsste sich ein reinblütiger Zauberer mit einem Stammbaum bis ins Mittelalter wenigstens nicht mit solchem Gesocks rumärgern!

Da er im Moment keine bessere Möglichkeit besaß, seinem Unmut Luft zu machen, musste er sich fürs erste damit begnügen, den zwei kleinen Mädchen neben ihm finstere Grimassen zu schneiden. Eingeschüchtert wichen die zwei kleinen Mädchen zurück und bedachten ihn mit ehrfürchtigen Blicken. Das wäre auch beinahe ein Grund gewesen, um wieder besserer Laune zu werden, wenn nicht...

“Spatz? Jetzt trödel’ doch nicht so, wir müssen noch deinen Zauberstab und deine Schulroben kaufen!“

Klasse! Vertrau auf Mutter, dass sie mir diesen glorreichen Augenblick ruiniert!

Wieso konnte sie sich eigentlich keine besseren Spitznamen für ihn ausdenken? ’Mein kleiner Drache’ zum Beispiel, das klang doch richtig angenehm. Aber auf solch originelle Ideen kam sie natürlich nicht.

Oh nein, bitte nicht auch noch an die Hand! Bloß das nicht! Diese Schande ist ja nicht zu ertragen....

Mit einem raschen Schritt zur Seite wich er der mütterlichen Bedrohung aus, reckte stolz die Nase in die Höhe, und bemühte sich verzweifelt, das Gekicher der zwei kleinen Mädchen hinter seinem Rücken zu ignorieren. Ein Malfoy stand schließlich über solchen Dingen. Ihm machte das gar nichts aus.

Blöde Ziegen! Na wartet, wenn ich erst meinen Zauberstab habe, dann...

Aber bevor es soweit war, würde er zuerst das wohl Schauderbarste und Grauenerregendste über sich ergehen lassen müssen, was man einem elfjährigen Jungen an einem schönen Sommertag in Diagon Alley antun konnte: Klamotten kaufen!

Stundenlanges Stillstehen, während irgendwelche Hexen aufgeregt schwatzend und raschelnd um einen herumwuselten, mit knubbeligen Fingern an einem herumzupften, und dabei mit allerlei seltsamen Messgeräten wedelten, die eher so aussahen, als könne man damit Hauselfen foltern. Einen Augenblick lang spielte er mit dem Gedanken einen richtig schönen Wutanfall zu bekommen, doch wenn Vater dabei war, wagte er es nicht, sich so aufzuführen. Außerdem, das mit dem neuen Rennbesen hätte er dann komplett vergessen können.

“Wir holen dich in einer halben Stunde wieder ab, Liebling. Sei schön brav!“

“Wieso kriegt der schon wieder neue Roben, und ich nicht! Das ist voll umpfair!“

“So benimmt sich eine Dame nicht, Lucy...“

Die Schritte seines Vaters, die vorwurfsvolle Stimme seiner Mutter und das Gequengel seiner kleinen Schwester verklangen hinter der Eingangstür, vermengten sich mit dem übrigen Lärm draußen auf der Straße. An ihre Stelle trat nun das Lachen und Schwatzen der alten Madam Malkin und ihrer Tochter, das Knattern von Messbändern, das Rascheln von Stoff, hektische Betriebsamkeit, die nur durch ein weiteres Klingeln der Türglocke unterbrochen wurde.

Ein zweiter Junge stand wie angewurzelt im Türeingang, beinahe so, als habe er nicht die geringste Ahnung, wo er hier überhaupt gelandet sei. Der Junge wirkte wie bestellt und nicht abgeholt mit seinen schlabberigen verwaschenen Muggle Klamotten, dem leicht dümmlichen Ausdruck auf seinem Gesicht, und einem Kopf, der nur aus Haaren zu bestehen schien.

“Hogwarts, mein Lieber?“ Madam Malkin führte ihn nach hinten und beförderte mit einem Wink ihres Zauberstabes einen zweiten Schemel herbei. “Haben alles hier wie du siehst, ein weiterer junger Mann wird gerade ausgestattet.“

Der fremde Junge erklomm den Schemel, und hob brav die Arme, damit Madam Malkin ihm eine Robe überstreifen konnte. Er war viel magerer, als die weiten Klamotten zunächst vermuten ließen, staksig wie ein Rehkitz auf langen dürren Beinen. Mit diesen Zahnstochern brauchte er sich jedenfalls keine Gedanken über eventuelle Rennbesen zu machen.

“Hallo. Auch Hogwarts?“

“Ja,“ sagte der Junge.

“Mein Vater ist nebenan und kauft mir meine Bücher und meine Mutter ist weiter die Straße hoch, um sich Zauberstäbe anzusehen.“ Nicht, dass er eine Ahnung hatte, was seine Eltern gerade taten, doch das brauchte dieses Wischmoppwesen ja nicht unbedingt zu wissen. “Danach werd’ ich sie zu den Rennbesen mitschleppen. Ich seh’ nicht ein, warum Erstklässler keine eigenen haben sollten. Ich glaub’, ich werd’ Vater so lang nerven, bis er mir einen kauft, und dann schmuggl’ ich ihn irgendwie rein.“

Er hatte Bewunderung erwartet, oder doch zumindest Erstaunen, immerhin war das ein äußerst kühner, um nicht zu sagen, verwegener Plan, den er da gerade vor dem Wischmopp ausbreitete. Doch dieser Einfaltspinsel schien die Genialität seines Gesprächspartners überhaupt nicht erfassen zu können.

“Hast du deinen eigenen Besen?“

“Nein.“

“Spielst du überhaupt Quidditch?“

“Nein.“

Aber dann, unter all diesen Haaren war vermutlich auch nicht besonders viel Platz für ein Hirn.

“Ich schon, Vater sagt, es wär’ ein Verbrechen, wenn ich nicht ins Team meines Hauses gewählt werde, und ich muss zugeben, ich bin seiner Meinung. Weißt du schon, in welches Haus du kommst?“

“Nein.“

Einen übermäßig großen Wortschatz schien das Wischmoppwesen wohl nicht zu besitzen.

Nicht, dass ihn das weiter störte, er hörte sich ohnehin am liebsten selbst reden.

“Nun, keiner weiß das wirklich bevor er hinkommt, aber ich weiß, dass ich in Slytherin sein werde, meine ganze Familie war dort - stell dir vor, du wärst in Hufflepuff gelandet, ich würd’ die Schule verlassen, du etwa nicht?“

“Mhm...“ Der Strubbelkopf verlagerte sein Gewicht von einem staksigen Stocherbein aufs andere, vielleicht weil Madam Malkin gerade mit einem ihrer bedrohlichen Messgeräte wedelte. Vielleicht aber auch nur, weil es so anstrengend gewesen war, ein neues Wort für die Unterhaltung zu finden.

Draußen vor dem Fenster stand ein riesiges Ungetüm und wedelte mit zwei Eistüten.

“Schau dir bloß diesen Kerl an.“

Das Ungetüm grinste und ließ dabei seine Wildschweinhauer sehen. Ein sicheres Zeichen für jeden, der sich in Reichweite dieses Atems befand, sofort Reißaus zu nehmen oder die Konsequenzen zu ertragen.

“Das ist Hagrid. Er arbeitet in Hogwarts.“

Die Wischmoppvisage konnte sprechen?

“Oh. Von dem hab’ ich gehört. Ist so ’ne Art Dienstbote, oder?“

“Er ist der Wildhüter.“

Wild traf es auf alle Fälle. Das ’...schwein’ musste man sich halt noch dazu denken.

“Ja, genau, ich hab’ gehört, er ist so ’ne Art Wilder - lebt in ’ner Hütte auf dem Schulgelände, und ab und an besäuft er sich, versucht zu zaubern, und fackelt stattdessen sein eigenes Bett ab.“

“Ich finde ihn brillant.“

“Ach ja?“




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Verwirrt wandte er sich dem anderen Jungen zu. Er war es nicht gewohnt, dass andere Jungen ihm widersprachen. Normalerweise, wenn sie nicht gerade aufmerksam und voller Hingabe seinen Worten lauschten, waren sie damit beschäftigt, Laute der Zustimmung von sich zu geben.

“Warum ist er mit dir hier? Wo sind deine Eltern?“

“Sie sind tot.“

Ihre Blicke trafen sich, und verwundert stellte er fest, dass er in funkelndgrüne Augen blickte. Nicht dieses Schmutziggrün wie der olle Hauself, der ihn morgens immer weckte, nein, ein klares tiefes Grün, schillernd wie die Schuppen einer Schlange. Er hätte nicht gedacht, dass Menschen überhaupt solche Augen haben konnten.

“Oh, tut mir leid.“ Leicht nervös wandte er den Blick ab. “Aber sie waren wie wir, oder?“

Ein furchtbarer Verdacht beschlich ihn. Vielleicht war der Typ ja eins von diesen Muggle Fratzen, wegen denen er keinen Rennbesen haben durfte. Zwar mussten die Klamotten noch lange nichts heißen, und dass er mit diesen Zahnstochern kein Quidditchspieler sein konnte, war ebenfalls ziemlich klar, aber...

“Sie waren eine Hexe und ein Zauberer, falls es das ist, was du meinst.“

Merlin sei Dank. Einer von uns.

“Meiner Meinung nach sollten sie die anderen gar nicht erst reinlassen. Sie gehören nicht zu uns, sind nicht mit unserer Art zu leben aufgewachsen. Stell dir vor, einige haben ja noch nicht mal von Hogwarts gehört, bevor sie den Brief gekriegt haben. Ich finde, es sollte alles in den alten Zaubererfamilien bleiben. Wie heißt du eigentlich mit Nachnamen?“

“Und fertig sind wir, mein Lieber.“ Mit breitem Lächeln trat Madam Malkin einen Schritt zurück und der Junge hopste auf seinen staksigen Rehkitzbeinen vom Stuhl.

“Nun, dann sehen wir uns wohl in Hogwarts.“

Gelassen sah er zu wie Wildschwein und Wischmoppvisage gemächlich Eis schlabbernd die Straße entlang trotteten, bis sie hinter der nächsten Ecke verschwunden waren.

Und verschwendete keinen Gedanken mehr an Rennbesen.

* * *

Kann es möglich sein? Ist die Zeit wirklich so schnell vergangen?

Nachdenklich folgten Narcissa’s Augen dem geschäftigen Treiben um sie herum, dem Stimmengewirr, den flatternden Umhängen und Roben, den fröhlichen, oft auch ein wenig gestressten Gesichtern. Jetzt, kurz vor Beginn des neuen Schuljahrs herrschte uneingeschränkter Hochbetrieb in Diagon Alley; fast die Hälfte der aufgeregt umherhastenden Menschen schienen Kinder im Schulalter zu sein. In weniger als einem Monat würden all diese Kinder in den Zug steigen, um für lange Zeit zu entschwinden.

Das Haus würde still sein, ohne Draco. Selbst wenn Lucy genügend Lärm für zwei machte. Sie würde ihren Jungen sehr vermissen...

Was soll ich eigentlich mit der ganzen übrig gebliebenen Zeit anfangen?

Mit großen Augen hing Lucy am Arm ihres Vaters; sie war zu weit weg, um zu verstehen, was ihre kleine Tochter auf ihn einplapperte, doch ihren Bettelblick kannte sie nur zu gut. Sie selbst war inzwischen immun dagegen, Lucius jedoch fiel immer wieder darauf herein. Es schien ihr seltsam, dass derselbe Mann, der stets so kühl und beherrscht schien, wenn es um seine eigenen Ziele und Pläne ging, so beharrlich darauf bedacht seine Gefühle vor anderen zu verbergen, um keinesfalls einem potentiellen Gegner eine Blöße zu geben, sich von den närrischen Wünschen eines Kindes würde leiten lassen. Aber dann, nach über zwölf Jahren Ehe war er ihr noch immer ein Rätsel geblieben.

Vor dem Schaufenster eines Modedesigners holte Narcissa die beiden schließlich ein, Lucius war stehen geblieben, um eine schwarze Seidenhose nebst dem dazugehörigen Hemd näher in Augenschein zu nehmen. Sie hätte ihm auch sicher gut gestanden, nur leider würden diesen Winter die geschlossenen Roben wieder in Mode kommen, nachdem die Pressesprecherin von Gladrags einen Schmähartikel für den Daily Prophet verfasst hatte, in welchem sie Hemden und Hosen als Muggle Kleidung verteufelte; ohne Zweifel ein Angriff auf ihren schärfsten Konkurrenten, den französischen Modekonzern Rêve. Der Artikel war noch nicht erschienen, aber wozu hatte man schließlich Beziehungen?

Konnte man Hosen wieder tragen, so war der Schnitt von dieser unter Garantie unmodern geworden. Lucius seufzte hörbar auf, und wandte sich dem nächsten Schaufenster zu, dem eines Uhrenladens.

Ob Draco’s Schulkleidung inzwischen fertig war? Sollten sie sich nicht langsam auf den Rückweg machen?

Gerade wollte Narcissa ihren Mann darauf ansprechen, als ihr ein unangenehm scharfer Geruch in die Nase stach. Es musste sich um etwas Schwefelartiges handeln, womöglich eine Mischung mit Salpeter wie beim Abbrennen eines Feuerwerkes. Doch so genau war das nicht auszumachen, mit dem nächsten Windhauch schon, schien der Geruch wie weggefegt. Verschwunden, um dem kitschig-süßlichen Vanillearoma eines Räucherstäbchens Platz zu machen.

Zu ihrer Linken lag der schmale Eingang in die Knockturn Alley, welcher sich zwischen den hohen Häuserfronten unter einem Torbogen hindurchschlängelte. Trotz des hellen Tageslichts lag die Gasse im Halbdunkel; die mächtigen Gemäuer hielten die Sonnenstrahlen weitgehend ab und ließen lediglich ein graues Dämmerlicht auf die trutzig in den Boden gehauenen Pflastersteine herabsickern.

Das vordere der beiden Häuser hatte nur ein verriegeltes Fenster zur Straße hin, doch in dem hinteren befand sich die Auslage eines Ladens. Etliche Male musste sie bereits daran vorbei gegangen sein ohne diesem auch nur einen Blick zu schenken und heute wäre es nicht anders gewesen, hätte sie nicht hinter der schweren Eichenholztür die Ursache des seltsamen Geruchs vermutet. Mit einem Nicken zu Ehemann und Tochter, welche sich noch immer den Uhren auf der anderen Straßenseite widmeten, drückte sie den kugelförmigen Messingknauf nach unten und trat ein.

Pompöse, leicht verblasste und an einigen Stellen verschlissene Wandteppiche schmückten den vor ihr liegenden Raum, welcher sich nach hinten in einer Reihe von Bücherregalen verlor. Wie bei magischen Häusern nicht anders zu erwarten, schien auch hier das Innere größer zu sein als das Äußere, niedrige voll gestopfte Tischchen, Pulte, und Schaukästen reihten sich aneinander und eine hölzerne Treppe führte hoch auf die Galerie, wo sich weitere Stücke zum Verkauf befanden. Unterhalb dieser Empore schwebte eine Weltkugel im leeren Raum, umgeben von zwölf Monden in ihren verschiedenen Phasen. Der dreizehnte Mond wurde soeben von einem gewaltigen Drachen verschlungen, den man für echt hätte halten können, wären nicht seine starren Edelsteinaugen und mechanischen Bewegungen gewesen.

Ihr Blick fiel auf die Wandteppiche zu ihren Seiten, ihre Darstellungen waren ihr durchaus nicht unbekannt. Einmal die sieben Stufen der Himmelsleiter mit ihren Entsprechungen in den sieben heiligen Planeten und den dazugehörigen Metallen, zum anderen eine altägyptische Veranschaulichung des Lebensbaumes Ezhachaim. Jede der zehn Sephiroth war durch die Illustration eines Gottes geschmückt: Horus, Isis, Ptah, Bastet, und schließlich Ammun Re, der von seinem Thron in der Sephira Kether aus alle anderen Wesenheiten überstrahlte. Verbunden durch die Pfade der Tarotkarten bildete der Baum nicht nur eine Einheit der Göttlichkeit, sondern auch des menschlichen Daseins.

Vorbei ging es an Büchern, an Schriftrollen und zerfledderten Manuskripten von Flamellus, Paracelsus, Agrippa, Maria Judaica, an kleinen Würfeln mit Zahlen- oder Buchstabenrätseln, an großen Schaubildern der Retortengenese. Ein Kupferstich des menschlichen Körpers und seiner Chakren. Ein Plan des Schicksalsrades von Lady Gwynhyfar, das noch niemals gebaut werden konnte, geschweige denn funktioniert hätte. Dann allerhand Schmuckstücke - ein sorgfältig gearbeitetes, vermutlich assyrisches Amulett zeigte ihr ein Bildnis des Sonnenwagens, welcher von sechs feurigen Löwen über die Himmelspfade gezogen wurde. Der Gott, welcher den Wagen lenkte, stand hoch aufgerichtet am Bug und hielt ihre Zügel, während die majestätischen Raubkatzen unbeirrt ihren Weg fortsetzen, das strahlende Licht der Sonnenscheibe blendend in ihren Mähnen.

Einmal blieb sie stehen und runzelte die Stirn, als sie in einer Auslage eine Schrift von Nicolas Rémy entdeckte. Kein anständiger Zauberladen sollte irgendetwas von diesem Schlächter führen, aber dann, war es nicht gut, wenn man sich zeitweise daran erinnerte, warum man die Muggles verachtete? Bei dieser lächerlichen Verunstaltung, die sich Geschichtsunterricht schimpfte, schien es ein wahres Wunder, dass all diese Dinge nicht schon längst in Vergessenheit geraten waren. Jegliches Interesse der Schüler an der Vergangenheit wurde ja schon im Keim erstickt.

Kein Zufall, wenn man Lucius’ Worten Glauben schenken durfte. Der alte Narr auf dem Direktorstuhl von Hogwarts wusste immer genau, was er tat...

Im hinteren Teil des Ladens, abgeschirmt durch diverse Sternenkarten und das Monddrachenmodell, glaubte sie schließlich die Ursache des Schwefelgeruches entdeckt zu haben. Von der Galerie aus konnte sie einen Verkäufer sehen, einen älteren Zauberer mit spiegelblanker Glatze und Ziegenbärtchen, der einem potentiellen Kunden eine bizarre Apparatur vorführte. Ein rauchiges Gebräu brodelte in einem Kessel vor sich hin, vermengte sich mit schillerndem Dampf, welcher ihm durch eine gläserne Röhre zugeführt wurde, und bildete schließlich eine rotsilberne Flüssigkeit, welche langsam, aber stetig in einen Kolben tropfte.

Bevor sie jedoch Gelegenheit bekam, sich darüber zu wundern, tat es einen lauten Knall und das Ding zerbarst vor ihren Augen. Glasssplitter, Metallteile und wütende Tropfen sprühten überall im Raum umher, als die beiden Magier sich erschrocken hinter einen der Monde duckten. Mit einem Wink seines Zauberstabes reparierte der Ladendiener den entstandenen Schaden, die Apparatur selbst jedoch wurde davon nicht wieder heil. Stattdessen sammelten sich die einzelnen Teile zusammen und türmten sich zu einem Trümmerhaufen auf.

Sie überließ den Unglücklichen seinem Missgeschick und wandte sich den Stücken auf der Galerie zu. In einer Vitrine vor ihr befand sich das Relief eines unförmigen menschenähnlichen Geschöpfes auf Klauenfüßen, eingeritzt in eine Holzplatte. Angeblich handelte es sich dabei um eine der Originaldruckplatten von Siphra di-zniutha, dem Buch der Geheimnisse, welches als verschollen galt. Nur drei Kopien sollte es davon geben, informierte die Tafel an der Vitrine, und allein der Besitz sollte einem Magier Reichtum, Unsterblichkeit und immerwährende Macht verleihen.

Sie hätte am liebsten laut aufgelacht, als ihr Blick über diese Worte glitt. Eine der drei Kopien stand seit ewigen Zeiten in der Bibliothek ihres Mannes, und außer etwas Kopfzerbrechen und ein paar schlaflosen Nächten hatte es ihm niemals etwas verliehen, ihm nicht und auch nicht seinem Meister. Man sollte eben nicht alles glauben, was über Zauberbücher gesagt wurde.

Das nächste Stück erschien ihr weitaus interessanter, ein silberner Ring in Form eines Ouroboros, der Schlange, die sich selbst in den Schwanz biss. Sowohl aus dem europäischen, asiatischen, wie auch dem arabischem Raum stammend, war sie ein Symbol für die Ewigkeit, die stetig wiederkehrenden Kreisläufe von Natur und Geist und den zyklischen Aufbau der Welt.

Der Tafel zufolge sollte der Ring angeblich Salazar Slytherin persönlich gehört haben. Wenn dies auf alle Gegenstände zutraf, die den vier Hogwartsgründern zugeschrieben wurden, so mussten diese allesamt leidenschaftliche Sammler von Tand und Trödel gewesen sein. Die Geschichtsbücher erzählten jedoch anderes.

In ihrer Mitte erweiterte sich die Galerie zu einem kreisförmigen Rondell in dessen Zentrum sich eine einzelne Statue erhob. Nein, zwei Statuen, so eng ineinander verflochten, dass es auf den ersten Blick schwierig zu sagen schien, wo die eine der beiden endete und die andere begann. Zwei machtvolle Kreaturen, umschlungen in tödlichem Kampf




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Der Löwe stand aufrecht auf seinen Hinterpfoten, den geschmeidigen Körper im Sprung erhoben. Seine Flanken bebten, die Sehnen spannten sich unter dem schimmernden Fell, Flammen loderten in der prächtigen Mähne. Trotz der vielen blutigen Wunden schien sein Kampfgeist ungebrochen; ein wildes Brüllen entrang sich seiner Kehle, als er Fänge und Klauen tief in den schuppigen Leib seines Todfeindes grub.

Doch der Drache gab sich nicht geschlagen. Die gewaltige Schlange wand sich noch enger um die sich aufbäumende Raubkatze, drückend, würgend, schlingend, ihrer Nemesis die Kraft und den Atem raubend. Schillernde Schuppen brachen das kalte Licht starrer Augen, ledrige Schwingen peitschten die stickige Luft, besudelt von Blutgeruch und giftigem Odem. Es war ein Ringen ohne Anfang und ohne Ende; die Zeit schien vollkommen still zu stehen.

Leo rubeus, Draco viridis. Roter Löwe, Grüner Drache. Tag und Nacht, Sonne und Mond, Gold und Silber, Licht und Dunkelheit. Zwei kosmische Prinzipien in ewigem, alles verschlingendem Kampf. Feuer und Wasser, Erde und Luft, das Feste und das Flüchtige, das Brennende und das sich Lösende, Schwefel und Quecksilber, Materie und Geist. Sie kämpften als riesige Konstellationen im Sternenhimmel und als winzige energetische Reaktionen im menschlichen Körper. Null und Eins, Yang und Yin, Sulphur und Mercurius - System der Dualitäten. System der Gegensätze, und doch - nur vereint konnten sie den Kosmos erschaffen. Verbindung, Verschmelzung, Fusion, Conjunctio, Chymische Hochzeit. Ein niemals endender Kreislauf, der aus sich selbst heraus entstand, in sich selbst verging, und dröhnend im Universum widerhallte, von den mächtigen Glockentönen der ewigen Galaxien bis hinunter ins kleinste, flüchtige Elektron.

Si ruber leo dracoque viridis conjuncti erunt, porta aeternitatis aperietur.

Sie hatte den Blick gesenkt, um den einzelnen lateinischen Satz zu entziffern, welcher in den steinernen Sockel des Monuments gehauen war. Ein Schatten war hinter sie getreten, die unangenehme Wärme einer menschlichen Präsenz, das Flüstern einer menschlichen Stimme: “Es bedeutet: ’Wenn der Rote Löwe und der Grüne Drache in Vollkommenheit miteinander vereint sind, ist das Tor zur Ewigkeit geöffnet.’“

“Ich weiß, was es bedeutet.“ Ein geheimnisvolles Lächeln huschte über Narcissa’s Gesicht, und ohne dem Verkäufer weitere Beachtung zu schenken, verließ sie den Laden.

* * *

September 1st, 1991

10.33

Echt gut, dass wir so früh da sind, jetzt haben wir ein Abteil ganz am Anfang vom Zug, wo sonst nur die Größeren sitzen. Crabbe darf meinen Koffer schleppen und Goyle den Uhu. Ich brauch’ schließlich beide Hände frei, damit ich meiner doofen Schwester die Zunge rausstrecken kann. Sie ist sooo eifersüchtig, weil ich nach Hogwarts darf und sie nicht!

10.45

Vater hat mich doch tatsächlich umarmt. Das hat er nicht mehr getan seit vorletztem Sylvester.

10.48

Warum muss Mutter nur ein solches Theater veranstalten? Ich steh’ absolut nicht drauf in aller Öffentlichkeit geschmust und abgeknutscht zu werden. Na ja, ich lass’ es über mich ergehen, damit sie zufrieden ist, und ich mehr Süßigkeiten kriege. Crabbe und Goyle, die blöden Trottel, hängen am Fenster rum und grinsen sich einen ab.

10.49

Werfe meinen Kaugummi nach Crabbe und Goyle (als Mutter grad nicht hinsieht). Er explodiert direkt vor Goyle’s Nase. Ha!

11.00

Wir fahren.

11.03

Wir fahren immer noch. Mir ist langweilig.

11.05

Hunger hab’ ich auch.

11.19

Das Praktische an Crabbe und Goyle ist, dass man ihnen alles dreimal erzählen kann und sie merken’s nicht. Wahrscheinlich sind sie so doof, dass sie’s immer gleich wieder vergessen haben. Oder sie sind so damit beschäftigt mir zuzustimmen, dass sie zum Zuhören gar keine Zeit haben.

11.23

Mir ist trotzdem langweilig. Ich ärgere den Uhu.

11.45

Endlich was zu Essen! Die Speisewagenhexe ist da. Wir futtern Pastete und versuchen den Uhu mit Schokofröschen voll zu stopfen. Aber er will sie nicht fressen, das Dummviech!

11.46

So ’n Hasenzahn taucht auf und sucht ihre Kröte. Wer hat denn heute noch Kröten? So was von out!

11.49

Warum will der blöde Uhu die blöden Schokofrösche nicht fressen?

11.51

Vielleicht sollt’ ich’s mal mit Zuckermäusen probieren.

11.52

Ich könnt’s aber auch lassen, nicht, dass er uns noch das ganze Abteil voll kotzt.

12.00

So, bin endlich satt. Zeit für einen kleinen Rundgang durch die Gemeinde. Größere - Größere - Noch mehr Größere - Kenn ich nicht - Kenn ich auch nicht, sind wahrscheinlich alles Mudblood Fratzen. Oh, Marcus Flint und seine Clique, denen sollte ich ’Hallo’ sagen, auch wenn es Größere sind - Noch mehr Größere - Weasleys, igitt! - ein Haufen kichernder Mädchen. Ich sollte ihnen meinen Uhu zeigen. Doofe Hufflepuffs. Wo sind die ganzen coolen Slytherins hin?

12.32

Beinah’ auf eine Kröte getreten. Ganz aus Versehen, natürlich. War leider schneller als mein Fuß, ist unter ein Rohr geschlüpft.

12.41

Endlich Slytherins gefunden. Waren damit beschäftigt, einen Erstklässler ins Klo zu tunken. Hab’ sie dann doch nicht angesprochen, weil ... mir eingefallen ist, dass ich was ganz Wichtiges zu erledigen hab’.

12.55

Wir hocken ein bisschen bei Theodore Nott und Blaise Zabini rum und gucken ihnen beim Go Spielen zu. Langweiliges Spiel. Im Abteil nebenan ist Pansy Parkinson soeben zum dritten Mal schlecht geworden. Sie liegt wie ein sterbender Schwan auf einem Haufen Kissen und seufzt theatralisch, während eine ganze Schar Mädels hektisch um sie rumwuselt, sie fächelt, und ihr was zu trinken bringt.

13.03

Ich überlege, ob mir auch schlecht werden soll. Schon merke ich, wie sich mein Magen verkrampft und mir ganz heiß wird.

13.07

Hören uns die neueste Gerüchteküche an. Zabini’s großer Bruder ist Slytherin Präfekt. Neville Longbottom hat auch eine Kröte verloren. Hosen sind Muggle und Bäh. Und Harry Potter ist hier irgendwo im Zug.

13.14

Hab’ beschlossen, dass mir nun doch nicht schlecht wird. Bei einem Jungen käme das vielleicht etwas peinlich. Außerdem, wenn ich will, dass Crabbe und Goyle mich fächeln und mir was zu trinken bringen, muss ich es ihnen einfach nur anschaffen.

13.58

Schauen wir mal weiter im Zug rum. Vielleicht sollte ich Harry Potter später noch einen Besuch abstatten? Wär’ doch passend, wenn wir Freunde werden.

Schließlich ist er fast ebenso berühmt wie ich...

* * *

Das Abteil, in welchem sich Harry Potter befinden sollte, war das Drittletzte des Zuges; Draco konnte nicht verstehen, warum. Jeder, der etwas auf sich hielt, versuchte doch so weit wie möglich nach vorn zu kommen. Wie es schien, brauchte Harry Potter ein wenig Image Beratung oder Benimm-Nachhilfe, und er war natürlich wie immer gern bereit, sein Wissen und seine Erfahrung an weniger Privilegierte weiterzugeben.

Draußen war die Sonne bereits untergegangen. Der Himmel glühte in einer gespenstischen Mischung aus Rot und Violett, und in den Gängen und Abteilen flackerten die magischen Öllampen auf. Eine seltsame Unruhe hatte den Zug ergriffen, überall rannten Schüler auf und ab, und traten sich gegenseitig auf die Roben. Draco beachtete sie nicht weiter, Crabbe und Goyle würden schon dafür sorgen, dass ihm niemand in die Quere kam.

Genau wie seine beiden Begleiter, welche in dem engen Korridor einen halben Schritt hinter ihm blieben, trug er bereits seine Hogwarts Schulkleidung. Er war lange, fließende Roben gewohnt und hatte keinerlei Probleme sich darin richtig zu bewegen. Ein Blick (oder auch zwei...) in den Spiegel der Fensterscheibe verrieten ihm, dass sein Umhang perfekt saß und im passenden Rhythmus seiner Schritte hinter ihm herflatterte. Noch zeigte das Emblem auf seiner Brust alle vier Wappentiere, doch das würde sich in wenigen Stunden ändern.

Er schob die Abteiltür auf und trat, gefolgt von Crabbe und Goyle, ein.

Dann blinzelte er verwirrt. Vor ihm auf dem beigefarbenen Sitzpolster hockte doch tatsächlich kein anderer als der Struwwelpeter aus Madam Malkin’s. Das Gestrüpp auf seinem Kopf stand wie gehabt in alle Richtungen ab und hinter den runden Brillengläsern funkelten die leuchtendgrünen Augen.

Schlangenaugen....

“Ist es tatsächlich wahr?“ Er trat einen Schritt näher. “Überall im Zug sagen sie, Harry Potter sitzt in diesem Abteil. Du also bist es, nicht?“

“Ja.“ Harry Potter’s Blick streifte ihn nur kurz, um dann an seinen Begleitern hängen zu bleiben. Ein misstrauisches Stirnrunzeln huschte über seine Gesichtszüge.

“Oh, das ist Crabbe und das ist Goyle,“ stellte Draco die beiden vor. “Und mein Name ist Malfoy, Draco Malfoy.“

Natürlich hatte er auf eine Reaktion gewartet, der Name Malfoy war in Zaubererkreisen schließlich nicht gerade unbekannt. Die Reaktion kam auch, allerdings nicht von Potter, welcher offensichtlich mehr als nur ein wenig Benimm-Nachhilfe nötig hatte. Sie kam von dem zweiten Insassen des Abteils, einem schlaksigen, sich mit Süßigkeiten voll stopfenden Rotschopf, dem Draco bisher keine Beachtung geschenkt hatte.

Der Rotschopf hustete. Man brauchte keinen Kennerblick, um hinter seiner vorgehaltenen Hand das schlecht verborgene Kichern zu erkennen. Draco musterte ihn verächtlich, sein Blick glitt über das sommersprossige Gesicht, die schmutzige Nase, die alte vom Waschen gebleichte Schuluniform. Secondhand, sogar ein geflickter Riss in der Robe. Und zu kurz obendrein. Jämmerlich.

“Du findest meinen Namen also witzig, hm? Wer du bist, brauch’ ich gar nicht erst zu fragen. Mein Vater sagt, die Weasleys haben allesamt rote Haare, Sommersprossen, und mehr Kinder, als sie sich leisten können.“

Das verschlug dem Rotschopf die Sprache. Beschämt schlug er die Augen nieder und Draco konnte sich endlich wieder seinem Gesprächspartner zuwenden.

“Du wirst schon bald merken, dass einige Zaubererfamilien sehr viel besser sind als andere, Potter. Du willst dich doch nicht mit den Falschen anfreunden.“

Er streckte ihm die Hand entgegen. “Ich kann dir dabei behilflich sein.“

Aber Harry Potter ergriff sie nicht. Irgendetwas passte hier nicht zusammen.

Einen kurzen Moment lang wandte Potter den Blick ab, sah zu dem rothaarigen Weasley hinüber, welcher immer noch in seiner abgetragenen Flickenrobe da hockte und schweigend in den Boden starrte. Als er seine Augen wieder auf Draco richtete, hatten sie sich verengt, und ein wütendes Funkeln erleuchtete das tiefe Grün. “Ich glaub’, ich weiß selbst, wer die Falschen sind, vielen Dank auch,“ entgegnete er kühl.

Draco stand wie erstarrt. Im ersten Augenblick glaubte er, sich verhört zu haben. Hatte dieser unverschämte Kerl soeben tatsächlich seine Freundschaft ausgeschlagen? Das hatte noch keiner gewagt! Diese ... Impertinenz würde Potter ihm büßen müssen. Die Wischmoppvisage würde noch vor ihm am Boden kriechen und um Gnade winseln. Davor würde er sorgen!

“Ich wär’ an deiner Stelle vorsichtig, Potter,“ zischte er. “Wenn du nicht etwas höflicher bist, endest du noch genauso wie deine Eltern. Die wussten nämlich auch nicht, was gut für sie war. Wenn du weiter mit solchem Gesocks wie den Weasleys und diesem Hagrid rumhängst, färbt das nämlich auch auf dich ab.“

“Sag’ das noch mal.“ Wischmopp und Flickenrobe waren gleichzeitig aufgesprungen, die Hände zu Fäusten geballt.

Es sah nicht besonders eindrucksvoll aus. Vielleicht hätte er sogar darüber lachen können, wäre er nicht so entsetzlich wütend gewesen.

“Oh, ihr wollt euch mit uns schlagen, hm?“ höhnte er. Im Hintergrund verzogen Crabbe und Goyle drohend die Mienen und knackten mit ihren Knöcheln.

“Es sei denn, ihr verschwindet sofort.“ Schützend stellte sich Potter vor sein Anhängsel. Für jemanden, der in wenigen Minuten ein neues Gesicht verpasst bekommen würde, nahm er den Mund reichlich voll.

Draco zog spöttisch die Mundwinkel nach oben. “Aber wir haben noch keine Lust zu gehen, stimmt’s, Jungs? Wir haben unser ganzes Essen schon aufgegessen und bei euch scheint’s noch was zu geben.“

Mit einem Kopfnicken deutete er auf die Süßigkeiten, die überall im Abteil verstreut herumlagen. Goyle fackelte auch nicht lange, sondern griff mit gierigem Gesichtsausdruck zwischen die bunten Papiere.

Und schrie vor Schmerzen auf. An seinem Finger baumelte ein Etwas, ein kleines Fellbündel. Was immer es sein mochte, Draco wollte es lieber nicht herausfinden. Die Zeit war reif für einen taktischen Rückzug. Die Stunde seiner Rache würde schon noch kommen und seine Rache würde fürchterlich sein.

Harry Potter hatte sich heute einen Feind geschaffen.

* * *

Monday, September 2nd

Potter ist doch tatsächlich in Gryffindoof gelandet. So ein Loser! Aber so wie der sich aufführt, war’s nicht anders zu erwarten. Jetzt kann er rumrennen und sich toll vorkommen. Unser Präfekt sagt, die Gryffindödel sind die schlimmsten Angeber, die man sich vorstellen kann. Und er hat Recht.

Der Unterricht hier ist ein Witz. Unser Verteidigung-gegen-die-Dunklen-Künste-Prof kriegt kaum zwei zusammenhängende Worte raus, der von Betörungsmagie ist eine Kreuzung zwischen einem Hauself und einem Wichtelmännchen, und in magischer Geschichte haben wir einen Geist. Einen Geist! Vater sagt, es ist ein wahres Wunder, dass an dieser heruntergekommen Anstalt überhaupt noch normale Zauberer unterrichten. Mein einziger Lichtblick an diesem ganzen ätzenden Tag war die Astronomiestunde.

Oh Mutter, warum hast du mich nicht nach Durmstrang gehen lassen?

Tuesday, September 3rd

Der Uhu bringt Kuchen. Weil ich schon so satt bin, dürfen Vince und Greg das meiste davon essen. Pansy kriegt nichts, weil sie mich gestern mit ihrem dummen Gekicher genervt hat.

McGonagall hat mir doch tatsächlich fünf Punkte für Slytherin gegeben, weil ich ihr den Unterschied zwischen einem Verwandlungszauber und einem Betörungszauber erklären konnte. Ganz schön dumm, wo sie doch Hausvorstand von Gryffindoof ist. Und ich hatte nicht mal ’ne Ahnung, wovon ich überhaupt rede.

Ich hasse Kräuterkunde. Man wird dabei dreckig.

Wednesday, September 4th

Hab’ einen Spitznamen für Potter und Weasley erfunden: Potty und das Weasel. Ganz schön clever, nicht?

Auch Nott und Zabini waren begeistert. Ich wollte ihnen erzählen, was ich mir sonst noch für tolle Spitznamen ausgedacht hab’, aber da fiel Blaise plötzlich ein, dass er seinen Essay für Sprout noch nicht fertig hat, und Theodore musste ganz dringend einen Brief losschicken.

Hab’ das Miano immer noch nicht ausgepackt. Hoffe, Mutter vergisst es einfach.

Thursday, September 5th

Endlich bringt der dumme Uhu mir wieder ein paar Süßigkeiten. Ich dachte schon, Mutter hätte mich vergessen. Der Uhu mag immer noch keine Schokofrösche, aber Porridge futtert er weg wie nix. Am Gryffindooftisch hocken Potty und das Weasel und stopfen sich mit Toast voll. Vielleicht kriegt Potty ja einen Potbelly, das würde zu seinem Namen passen.

Und zu seiner potthässlichen Visage. Hab’ ich schon erwähnt, dass meine Wortwitze brillant sind? Ja, ich liebe sie auch.

Leider immer noch kein Brief von Vater.

Morgen haben wir endlich Zaubertränke, das ist das Fach, worauf ich mich schon die ganze Woche freue.

Friday, September 6th

Er. Ist. So. Cool.

Er ist der Inbegriff aller Coolness. Er ist einfach nur Wahnsinn. Das wusste ich schon am ersten Abend, als ich ihn da oben an der Hohen Tafel sitzen sah. Diesen nachtschwarzen Augen entgeht nichts. Und wie er sich immer gedankenverloren übers Kinn streicht! Und wie schafft er es immer nur, dass sich seine Roben so perfekt auffächeln, wenn er sich auf dem Absatz herumdreht? Whoosh! Ich will das auch können!

Aber das Beste war, wie er heute Potter fertig gemacht hat! Harry Potter - unsere neue Berühmtheit. Niemand kann das mit soviel Sarkasmus sagen wie er. Tut - tut, wie es scheint, ist Ruhm eben doch nicht alles. Und das Potty ist knallrot geworden, hat in den Boden gestarrt, und für den Rest der Stunde keinen Piep mehr von sich gegeben. Yes!!!

Da lohnt es sich doch, ein Fach zusammen mit den Gryffindoofköpfen zu haben. Das wird so genial! Und ich bin auch noch auf dem besten Weg, sein Lieblingsschüler zu werden. Der ganzen Klasse hat er gezeigt, wie perfekt ich meine gehörnten Nacktschnecken geschmort habe! Ich bin ein Vorbild, hat er gesagt.

Besser hätte das alles gar nicht laufen können. Na ja, ich werd’ jetzt erstmal ein bisschen durch den Gemeinschaftsraum stiefeln und Robenfächeln üben. Whoosh!

Er hat mir übrigens Grüße an Vater aufgetragen. Wusste ja gar nicht, dass die beiden sich kennen.

* * *

Malfoy Manor, May 1991

Es mochte gut zehn Jahre her sein, dass er das Anwesen zum letzten Mal betreten hatte, aber alles war noch genauso wie in seiner Erinnerung. Das schmiedeeiserne Tor, die riesigen Parkanlagen, die Allee aus Magnolienbäumen, welche die Straße zum Haupthaus säumte. Um diese Jahreszeit blühten sie noch nicht, aber winzige schimmernde Knospen verbargen sich bereits zwischen ihren grünen Blättern.

“Master Snape, Sir, bitte einzutreten, Sir, Dobby wird Master Malfoy sogleich Bescheid geben...“

Lucius wartete in der Bibliothek auf ihn. Vertieft in einen ledergebundenen Wälzer saß er auf dem Canapé, entspannt ins Sitzpolster zurückgelehnt, die Beine übereinander geschlagen. Da es ziemlich warm war, hatte er die kreuzförmigen Schnürungen seines Hemdes gelöst, und fächelte sich mit einer Hand Luft zu, während sich seine Brust in tiefen entspannten Atemzügen hob und senkte.

“Ah, Severus. Ich freue mich, dass du meiner Einladung Folge leisten konntest. Möchtest du deinen Tee hier nehmen, oder lieber im Salon?“

“Wie es dir beliebt, Lucius.“

Seine Stimme - seine ganze Art, war immer noch diejenige eines Mannes, der sich nichts anmerken ließ. Die Aurori hätten ihn inmitten einer ganzen Stadt toter Muggles aufgreifen können, den rauchenden Zauberstab noch in den Händen, und er hätte nichts weiter getan, als seine Augenbrauen zu heben und ihnen zu versichern, er habe keine Ahnung, was er hier tue und wie er überhaupt hierher gekommen war.

Und sie hätten es ihm geglaubt. Ja, das hätten sie.

Es war die richtige Entscheidung gewesen, nicht gegen diesen Mann auszusagen. Seltsam, dass es ihm ausgerechnet in diesem Moment klar wurde, wo Lucius doch nichts weiter tat als ihn zu begrüßen wie einen alten Freund.

Und nur gut, dass es Dumbledore schon zehn Jahre früher klar gewesen war.

Lucius klatschte in die Hände und ein niedriges Tischchen erschien vor ihnen, bereits komplett gedeckt mit Keksen, Kuchenstücken, und einer Kanne dampfenden Tees. Einen Augenblick lang befiel Severus Panik, auch wenn er genau wusste, dass sein alter ’Freund’ niemals so dumm wäre, ihm hier etwas anzutun.

Nicht, dass Lucius dazu überhaupt einen Grund gehabt hätte. Offiziell waren sie beide Unschuldige, die vor langer Zeit in eine etwas missliche Lage geraten waren. Es war ihnen jedoch gelungen, sich aus dieser Lage zu befreien und in ein normales Leben zurückzukehren. Würde Lucius heute endlich das Schweigen brechen und auf die Geschehnisse der Vergangenheit zurückkommen?

“Ich hatte natürlich einen Grund, dich einzuladen,“ begann Lucius schließlich, nachdem der üblichen Höflichkeiten Genüge getan war. Genau genommen kam er sogar außergewöhnlich schnell auf den Punkt; Severus hatte mit weitaus längeren Gesprächen über Nichtigkeiten gerechnet. Es bestand immerhin die Möglichkeit, dass Lucius ihn für einen Verräter hielt. Aber dann, war er das nicht selbst? Keiner von beiden hätte wirklich sagen können, wo der andere stand, und keiner wäre unvorsichtig genug gewesen, zuviel über die eigene Position zu verraten. Zwar hatte Severus mit dem Gedanken gespielt, ein wenig über die guten alten Zeiten zu plaudern und Loyalität zu heucheln, aber er hatte diesen Gedanken schnell wieder verworfen. Solange der Dunkle Lord machtlos und möglicherweise tot war, würde Lucius sich nicht zu ihm bekennen, und für jemanden, der dies in einer solchen Situation tat, hätte er allenfalls ein müdes Lächeln übrig. Nein, es war besser darauf zu warten, ob Lucius von sich aus auf das Thema zu sprechen kam.

“Sieh nach draußen, Severus.“ Lucius deutete auf das große Flügelfenster zu seiner Rechten, welches den Blick in die Parkanlagen freigab. Hinter einer Gruppe von Bäumen lag das Malfoy’sche Quidditchfeld. Severus hatte sich oft gefragt, ob es jemals genutzt wurde, denn Lucius hegte nur ein sehr geringes Interesse an diesem Sport. Vermutlich war es eher eine Prestigesache, dass zu einem prächtigen Anwesen eben auch ein Quidditch Pitch gehörte.

Aber wie es schien, gab es tatsächlich einige Dinge, die sich inzwischen geändert hatten. Bälle sausten über die Wipfel, gefolgt von einer Schar Kindern auf Besen. Es mochten vier oder fünf Jungen sein - das Mädchen unter ihnen war nicht auszumachen - und sie jagten mit halsbrecherischer Geschwindigkeit in die wolkigen Höhen, nur um im nächsten Moment wieder unter dem Dach der Baumwipfel zu verschwinden.

“Du erlaubst doch?“ Mit Hilfe seines Zauberstabes zog Severus einen magischen Kreis vor sich in der Luft, welcher es ihm gestattete, die ganze Szenerie aus der Nähe zu betrachten. Einer der Jungen fiel ihm besonders auf; sein hellblonder Schopf hob sich deutlich gegen das tiefe Blau des Himmels ab, als er mit einem der Bälle unter dem Arm auf die drei Ringe zujagte. Er war ein sicherer Flieger; es bereitete ihm keinerlei Mühe, den Angriffen der anderen auszuweichen und den Ball an ihnen vorbei ins Ziel zu bringen.

Severus zoomte noch ein wenig näher heran, und sah sich unerwartet mit einer jüngeren Version von Lucius konfrontiert. Dieselben spitzen Gesichtszüge, dieselben kühlen grauen Augen, lediglich der Ausdruck darin schien ihm ein wenig ungewohnt. War Lucius jemals so ungezwungen einem Spiel nachgegangen? Damals in der Schule schon, hatte er wie ein kleiner Erwachsener gewirkt, und das obwohl der Altersunterschied zwischen ihnen gerade einmal zwei Jahre betrug.

“Es wäre schön, wenn Draco sich seinen Büchern mit demselben Eifer widmen würde,“ sagte Lucius mit einem Hauch von Missbilligung in seiner Stimme.

Draco. Bei der Nennung dieses Namens lief Severus ein leiser Schauer über den Rücken; wusste er doch nur allzu gut, zu wessen Ehren Lucius seinem Erstgeborenen den lateinischen Namen für Drache, beziehungsweise Schlange gegeben hatte. Lucius war ein Meister subtiler Andeutungen, er konnte die Dinge beim Namen nennen, ohne sie wirklich auszusprechen.

“Dein Sohn wird dieses Jahr eingeschult, nicht wahr?“ fragte Severus, obwohl er die Antwort bereits kannte. Deshalb hatte Lucius ihn also eingeladen, er wollte nicht über die Vergangenheit sprechen, sondern über die Zukunft. “Wirst du ihn nach Hogwarts schicken?“

“Narcissa besteht darauf.“ Diesmal war es mehr als nur eine Spur von Missfallen und Severus fragte sich, wie es Narcissa Lestrange gelungen sein mochte, Lucius in einer solch wichtigen Sache die Entscheidung abzunehmen. Vielleicht war er ihr etwas schuldig, immerhin hatte er sie gezwungen, sich öffentlich von ihrer Familie loszusagen.

Andererseits hatte es ihr nur Vorteile gebracht; sie lebte hier in Saus und Braus, während ihr Vater, ihre Schwester und deren Ehemann in Azkaban vor sich hinschmachteten.

“Nun, Severus, ich vermute, du weißt aus erster Hand, dass es mit Hogwarts ... nun, sagen wir mal nicht zum Besten steht. Zwar werde ich ab diesem September den Vorsitz des Elternbeirats übernehmen - die erforderlichen Schritte sind bereits in die Wege geleitet - aber auch ich kann keine Wunder bewirken. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird Draco in dieser Schule Einflüssen ausgesetzt sein, die sich für seine weitere Entwicklung als schädlich erweisen könnten. Meine Aufgabe als sein Vater ist es nun, diese Einflüsse möglichst gering zu halten.“

Severus’ Miene hatte sich nicht verändert, lediglich der Ansatz eines gequälten Lächelns war über seine Lippen gehuscht, als Lucius die Zustände in Hogwarts bemängelt hatte. “Natürlich kannst du auf meine Hilfe zählen,“ versicherte er und überlegte dabei wie lange es dauern würde, bis Dumbledore’s Name ins Spiel kam. Zu Anfang hatte Lucius es noch nicht gewagt, einen der ’Helden der magischen Welt’ öffentlich anzugreifen, doch in letzter Zeit war er kühner geworden. Nicht alles, was Dumbledore tat, stieß in der Öffentlichkeit auf Zustimmung, und genau dort konnte man einhaken.

“Ich denke, wir können mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass Draco in Hogwarts unter deiner Obhut sein wird, Severus.“

Lucius trat auf ihn zu und legte eine Hand auf seine Schulter. “Es wird also an dir liegen, mein alter Freund, weiterzuführen, was ich begonnen habe, und ihn sorgfältig in den Normen und Werten unseres Standes zu erziehen.“

Weiter zu Teil B

fanfic, amicus draconis

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