Winterluft

Aug 02, 2013 15:10

Fandom: Harry Potter
Pairing: Katie x Cho
Geschrieben für daswaisenhaus, Prompt #_0002: people seem to love you / they gravitade towards you / that’s why I startet to hate you so much / and I just completely ignored you

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Winterluft

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Katie ist sechs Jahre alt, als sie beginnt, das Mädchen von Nebenan zu hassen.

Ein entzückendes Kind!, heisst es ständig, so wohlerzogen und lieblich!, und natürlich versuchen alle, Katie daneben zu ignorieren, weil sie ja doch nur den Kopf schütteln und die Nase rümpfen könnten über ihre aufgeschlagenen, dreckverkrusteten Knie und ihr wild zersaustes Haar, und so unhöflich wollen sie sich dann doch nicht geben, nicht in Gegenwart von Cho, die bitte und danke und Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag! sagt, als wäre sie eine Aufziehpuppe.

Wollen wir spielen gehen?, fragt Cho jeden Tag, nachdem sie artig das Kleid von Katies Mutter bewundert und die noch warmen Kekse gelobt hat.

Nein, tausend Mal nein, denkt Katie und sagt: ja.

Das muss sie sagen, sonst reissen sich wieder alle darum, Cho zu trösten und Katie mit Blicken zu tadeln. Aber eigentlich ist es gar nicht so schlimm, die Nachmittage mit Cho zu verbringen, denn sie hat zu Weihnachten ihren eigenen Spielzeugbesen bekommen und will statt Familie und Teestunde nur noch Quidditch spielen.

Wenn sie fliegen, ist es einmal Katie, die den Schatten wirft.

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Katie hört auf, ja zu sagen, als sie eingeschult werden.

Kein Gryffindor guckt sie schräg an, wenn sie Cho abweist, keiner von ihnen steht auf und meint, sie solle statt dem kleinsten Mädchen der ganzen Schule verschwinden. Es ist leicht, Fuss zu fassen, sich einen Platz für sich allein zu sichern und in diesem eigenen Raum zu wachsen, grösser, mutiger, selbstsicherer zu werden. In Hogwarts ist sie nicht zu laut oder zu wild, sie ist Katie Bell, die von Oliver im Auge behalten wird, weil sie sich schon bald der Hausmannschaft als würdig erweisen könnte.

Natürlich dauert es nicht lange, bis Cho auch hier der Liebling so vieler ist, zuerst der der Lehrer (Was für eine strebsame, talentierte junge Dame!), und dann, als sie beginnt, mit jedem Tag hübscher zu werden, auch der der Schüler. Die Mädchen drängen sich um sie, um beschienen von ihrem Glanz selber heller zu scheinen, die Jungen tragen ihr die Büchertasche und haben zufällig immer Schokofrösche übrig, die sie gern mit ihr teilen möchten. Es ist keine Welt, die sich allein um sie dreht, aber sehr viel fehlt nicht.

Für Katie ist das okay, zumindest glaubt sie das.

Dass Cho nach einem heftigen Zusammenstoss während ihres ersten Spiels als Sucherin reif für die Krankenstation ist, hat Katie nicht beabsichtigt.

(Ihre Mundwinkel sind trotzdem nach oben gezuckt.)

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Katie ist sechzehn, als sie sich für ihren Hass auf Cho zu schämen beginnt.

Sie kauert in der Abenddämmerung am Ufer des Schwarzen Sees, winzig klein anzuschauen, ein paar ihrer langen, schwarzen Haare tanzen einsam mit der Brise. Ihre Schultern beben und ihr Schluchzen ist laut genug, dass es Katie oben auf dem kleinen Hügel deutlich hören kann.

Katie denkt gehässige Dinge wie: Morgen wirst du doch schon zehn neue Verehrer haben, morgen werden sie sich alle um dich scharen und dir die Wangen trocknen, und das ist schrecklich, ein wirklich entsetzlicher Einblick in ihren Charakter.

Das es tut mir leid liegt ihr auf der Zunge, aber ihr Mund will sich nicht öffnen, ihre Beine sich nicht in Bewegung setzen. Sie versucht sich daran zu erinnern, wann Cho es aufgegeben hat, den Kontakt zu ihr zu suchen, wann sie das letzte Mal miteinander gesprochen oder sich auch nur in die Augen geblickt haben. Es kommt ihr vor, als hätte sie Cho seit immer schon ignoriert, als hätten sie nicht zusammen laufen und fliegen gelernt, sich das erste Haustier geteilt und sich Stillschweigen geschworen über die verscharrten Scherben von Vasen, die während ihrer Spielstunden zu Bruch gegangen sind.

Als wäre vor dem Hass nie die warme Zuneigung und kindliche Liebe gewesen.

Wollen wir spielen gehen?, denkt Katie und weil es ihr viel zu leicht fällt, eine Freundin von damals in ihrem Schmerz allein zu lassen, flüchtet sie sich in den Schlafsaal, bevor auch ihr die Tränen kommen.

In ihrer Vorstellung sagt Cho: Nein, tausend Mal nein.

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Knapp dem Tod entronnen zu sein, bedeutet, dass alle sich überschlagen, ihr vergeben zu dürfen.

Alicia verliert kein Wort mehr darüber, dass Katie heimlich ihr Lieblingskleid getragen und dabei ruiniert hat; Oliver nimmt sich einen Tag frei und grinst nur noch über Katies tatkräftige Unterstützung der Weasley-Zwillinge, die Quidditchbesprechungen zu stören; Leanne entschuldigt sich sogar dafür, sich darüber aufgeregt zu haben, dass Katie ständig die Aufsätze von ihr abschreibt.

Und Cho kommt.

Es ist der Abend nach Katies Entlassung aus dem St. Mungo, der Abend, bevor sie ins Schloss zurückkehrt. Sie hat längst genug davon, wie ein rohes Ei behandelt zu werden, wie ein hilfloses Kleinkind, hat sich aber trotzdem nicht dagegen gewehrt, dass ihre Eltern sie ins Bett bringen und zudecken, sie auf die Stirn küssen und nachsehen, ob sich im Schrank ein Monster versteckt (früher hat Katie ohne dieses Ritual nicht einschlafen können). Katies Lider sind schon schwer geworden, als sich ihre Vorhänge von selbst aufziehen und sich das Fenster öffnet.

Chos Haar ist weiss gesprenkelt vom Schnee.

Hi!, sagt sie, als wäre nichts dabei, dass sie auf dem Besen ins Zimmer hereingeflogen kommt. Darf ich ein bisschen bleiben?

Träume ich?, fragt Katie, und fügt, weil das absolut dämlich klang, hastig hinzu: Ich bin noch ganz benommen von den ganzen Heiltränken.

Frische Luft hilft dagegen. Mit einem Lächeln so strahlend, dass der Nachthimmel vor dem Fenster mit dem Schnee verschmilzt, streckt Cho die Hand aus. In ihren dunklen Augen funkelt so viel auf einmal, dass Katie davon ganz schwindelig wird, und plötzlich ist es wieder so einfach, sich daran zu erinnern, wie es einst gewesen ist.

Du hast mir immer die Luft abgeschnürt, so fest hast du dich an mich geklammert, murmelt Katie und im Schrank rumpelt der alte Spielzeugbesen, als hätte sie ihn herbeigerufen. Ein ganzes Jahr lang hat er sie beide getragen, sich immer höher gewagt, je sicherer sie wurden. Sie sind nie hinunter aufs Gras gefallen, und Cho war sich sicher, das läge daran, dass Katie später einmal den Himmel auf einem Besen erobern würde. Du darfst mich aber nicht vergessen, wenn du berühmt bist, hat Cho gesagt und Katie hat nur erwidert: Sei nicht blöd, so unvorstellbar war ihr der Gedanke, sie könnten nicht für alle Zeit zusammen gehören.

Heute klammerst du dich zur Abwechslung mal an mich, ja?

Die Arme fest um Chos Taille geschlungen und Winterluft in den Lungen, vergiebt auch Katie sich schliesslich.

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fandom: harry potter, fanfics, femslash, pairing: cho c./katie b., oneshots, chara: cho chang, project: waisenhaus, chara: katie bell

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