So go on and let the rain pour
Madara starrte in den Regen hinaus, der sich aus dem Himmel ergoss und vor ihm die Fensterscheibe herunter lief. Es war unglaublich, dass es einfach nicht aufhören wollte. Unaufhörlich prasselte der Regen seit Tagen auf die Dächer herunter und schwemmte alles fort. Ein Seufzen entglitt ihm und lustlos ließ Madara seine Stirn gegen die kühle Scheibe fallen.
„Wann hört das endlich auf?“, fragte Madara in die Stille hinein, doch niemand antwortete ihm.
Er war alleine und es tat ganz gut so, doch der Regen trieb ihn in den Wahnsinn.
Vor sechs Tagen hatte es begonnen und seitdem hatte es nicht wieder aufgehört. Der Schnee wurde als Folge dessen von den Dächern gewaschen und verwandelte jede Straße in eine Schlammkuhle. Pfützen wurden zu kleinen Seen und ertränkten das Gras, das unter den Schneeresten hervorlugte. Anstatt des Grün auf das man wartete, bekam man nur braun. Braunen Matsch, der hoch spritzte und die Kleidung besudelte, wenn man durch lief. Dagegen konnte man einfach nichts tun, sodass jeden Morgen sich dieselbe Frage stellte, ob man die dreckige Hose vom Vortag anziehen sollte oder eine neue, aber innerhalb von einer halben Stunde genauso verdreckt wäre, wie die Alte.
Madara schüttelte den Kopf und strich sich geistesabwesend über seine Hose, um sich die Hände abzuwischen. Sie waren nass von Schweiß, da es hier drinnen zu warm war. Jemand hatte erst vor kurzem wieder Holz in den Kamin gelegt, um den Raum und die umliegenden Zimmer warm zu halten. Am liebsten hätte Madara die Fenster aufgerissen, doch dann würde es hinein regnen.
„Ich sollte mich wieder an die Arbeit machen“, murmelte Madara und riss sich von dem kühlen Fenster los.
Er setzte sich an den Schreibtisch, der vor dem Fenster stand und griff nach dem ersten Papier, dass auf einem großen Stapel lag. Einem sehr großen Stapel. Alles musste durchgesehen und unterzeichnet werden. Keine sehr freudvolle Aufgabe, doch es muss gemacht werden. Madara tunkte die Feder in das Tintenfass und begann zu arbeiten. Es waren insgesamt so unwichtige Daten, dass er sich fragte, warum man sie überhaupt fest hielt. In zehn Jahren würde man die Akten aus dem Gebäude tragen und verbrennen, ohne das jemand noch einmal rein gesehen hatte.
Unterlage für Unterlage ging Madara durch. Es wurde ein Rhythmus daraus: die Akte nehmen, aufschlagen, durchlesen und wenn sie in Ordnung war, die Unterschrift darunter setzten, um sie auf den 'Erledigt' Stapel zu legen. Alles was an Geräuschen zu hören war, war das Prasseln des Regens. Es wurde zu einem ständigen Geräusch im Hintergrund, wie das Knacken in einem alten Radio, an das man sich gewöhnte. Die Hitze in dem Raum schien immer weiter zu steigen, doch Madara tat sein Bestes, um sie zu ignorieren. Aus irgendeinem Grund ließ sie sich nicht verdrängen so wie der Regen, also fluchte Madara leise vor sich hin, dass die Fenster sich nicht öffnen ließen.
„Es ist wirklich zu warm hier drin“, murmelte der Uchiha und strich sich seine Haare aus dem Nacken.
Es wäre jetzt angenehmer gewesen, wenn er seine Haare zusammen gebunden hätte, doch das Band, das er normalerweise immer dabei hatte, war gestern in den Matsch gefallen und nun konnte er es nicht verwenden. Alles andere, was er vielleicht hätte verwenden können, war einfach zu kurz, um seine wilden Haare zusammen zu halten.
„Du kannst doch auch ganz einfach kurz vor die Tür treten“, murrte nun eine Stimme von der anderen Ecke des Raumes.
„Das Öffnen der Tür hätte dich aufgeweckt“, antwortete Madara ohne aufzusehen. „Die Scharniere knarzen.“
Es folgte keine Antwort, doch Madara konnte sich den müden, leicht verwirrten Blick gut vorstellen.
Schließlich sah er doch auf.
Hashirama lag ausgestreckt auf dem kleinen Sofa, das an der anderen Wand stand und kämpfte sich gerade hoch. Es sah mühselig aus, wie bei jedem der sich zusammen gefaltet auf ein viel zu kleines Sofa gelegt und gute zwei Stunden durch gepennt hatte. Madara beobachtete, wie Hashirama den Nacken bewegte, um die Steifheit loszuwerden. Das Sofa war nicht gerade bequem, auch wenn Hashirama seine Hokage Roben zusammengeknüllt als Kopfkissen benutzt hatte.
„Wach?“, fragte Madara und tunkte die Feder wieder ein, als er sich eine neue Akte griff.
Er ignorierte den Tintenfleck, den er auf der Letzten verursacht hatte.
„Nein“, brummte Hashirama als Antwort und strich sich seine knittrige Kleidung glatt, als er aufstand.
„Was machst du eigentlich hier?“, fügte er hinzu, als er herüber ging, um frisches Teewasser aufzusetzen.
Wie Hashirama brühend heißen Tee bei diesen Temperaturen trinken konnte, wunderte sich Madara und klappte die Akte zu, nachdem mit einem Schwung den Namen in das untere Feld gesetzt hatte.
„Arbeiten“, sagte Madara bereit willig und vergrub seine Finger in seinem Haar, um ein wenig Luft an seinen Nacken zu lassen.
Zwar mochte er es nicht durchgenässt zu werden, aber frische kühle Luft wäre jetzt etwas schönes. Madara bemerkte Hashiramas merkwürdigen Blick, begutachtete aber lieber das zerzauste Haar des Hokagen. Eigentlich waren Hashiramas Haare sehr dünn, sie trockneten zum Beispiel viel schneller als seine eigenen und verknoteten auch nicht so leicht, aber dennoch konnten auch sie nach mehreren Stunden Schlaf auf einem kleinen Sofa nicht perfekt liegen.
Madara fand das gut so.
Es machte Hashirama menschlicher.
Jener kam gerade herüber gelaufen und schlug skeptisch die Akte auf, die zuoberst auf dem fertigen Stapel lag.
Für einen Moment war nur das Kratzen der Feder zu hören, ehe er sagte: „Das ist meine Unterschrift.“
„Ich bin zur Hälfte fertig“, meinte Madara locker zurück. „Du hast nicht mehr viel zu tun.“
Er hob den Kopf und blickte Hashirama an, der nun neben dem Hokage Sessel stand, den Madara die ganze Zeit Anspruch genommen hatte.
„Du solltest keine Unterschriften fälschen, Madara“, informierte ihn der Hokage. Es lag leichter Tadel in der Stimme, der am weniger nach 'du hast die Regeln gebrochen' klang, sondern eher nach 'man hätte dich erwischen können'. Madara zuckte nur die Schultern.
Er schob den Stuhl zurück und stand auf, sodass sie für einen Moment sehr nahe beieinander waren.
„Ich bin ein Uchiha“, sagte Madara ohne zu blinzeln. „Deine Handschrift zu kopieren ist kein Ding.“
Hashirama zuckte innerlich bei der Erwähnung. Eine Erinnerung an den Krieg kämpfte sich an die Oberfläche. Sein Clan hatte sich so viel wie möglich auf mündliche Nachrichten verlassen, weil schriftliche Botschaften von dem Uchiha Clan zu leicht zu kopieren waren.
„Es könnte trotzdem jemandem auffallen“, sagte Hashirama, während er auf Madaras Rücken blickte, weil der Uchiha sich zur Tür bewegte.
„Hashirama“, sagte Madara trocken und griff nach dem Türgriff. „Ich könnte dich töten und deine Selbstmordnachricht verfassen. Niemand würde es merken.“
Damit trat er durch die Tür und verschwand in dem dunklen Gang.
Ein paar Momente später hörte Hashirama, wie jemand durch die vermatschten finsteren Straßen lief, hinein in den Regen und die in die verschluckende Dunkelheit. Hashirama lehnte am Fensterbrett und bemerkte, dass es wirklich zu heiß in seinem Büro war.
Er ging zum Kamin, um mit dem Schürhaken ein paar Holzscheite aus dem Feuer zu ziehen.