Der Cellist - Teil 23

Aug 15, 2012 16:04

Weil belare für euch geschummelt hat.

Teil 1 - Teil 22



Jane fühlt sich bedeutend besser, seit sie einen halben Liter Kaffee konsumiert hat - aber besser ist nicht gleichbedeutend mit gut, und die Tatsache, dass Thor sie so einfach mit seiner Mutter allein gelassen hat, hilft nicht.

Sie sitzen auf einem der Sofas im Wohnzimmer, und während Frigga in dieser für sie so völlig ungewohnten Umgebung so entspannt wirkt wie nur was, vibriert es Jane vor Nervosität und Koffeinüberdosierung beinahe von der Couch.

Wenigstens ist Darcy da, um ihr als menschlicher Schild gegen mögliche schwiegermütterliche Antipathie zu dienen. Jane schämt sich kein bisschen, sie als solchen zu missbrauchen. Jeder liebt Darcy. Darcy hat ein unglaubliches Talent dafür, sich bei Menschen von Rang und Ansehen beliebt zu machen.

Jane würde sie zumindest ein wenig dafür hassen, stünde sie nicht genau so unter Darcys unerklärlichem Einfluss wie alle anderen auch. Aber Frigga ist eine Göttin, die Mutter aller Götter sogar, und so sehr sie Darcys Charme auch zu schätzen scheint - Darcy versagt dennoch als menschlicher Schild.

„Du machst einen bedrückten Eindruck auf mich, Tochter Midgards“, sagt Frigga also zu Jane, und Jane macht sich mit einem Ruck gerade. „Ich … ich hab bloß schlecht geschlafen!“

Sie ist einigermaßen entsetzt, als Frigga ihre Hand nimmt. „Du machst dir Sorgen, wie man dich in Asgard empfangen wird?“

Jane kann nicht anders, als nicken. Friggas Gesicht überzieht ein Lächeln. „Dann lass mich versuchen, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Wenn ich mich nicht irre, dann hast du Thors engste Freunde bereits kennen gelernt?“

Jane nickt ein weiteres Mal, und Frigga fährt fort. „Beginnen wir also mit der Lady Sif. Sie ist eine mutige junge Kriegerin, voller Herz und innerer Kraft. Da du Thors Auserwählte bist, wird sie dir mit der entsprechenden Ehrerbietung begegnen und ihr Möglichstes tun, deine Unsicherheit und Zurückhaltung zu überwinden. Du tätest gut daran, ihre freundschaftlichen Avancen zu akzeptieren. Sie ist eine treue Verbündete.“

Jane presst flüchtig die Lippen zusammen. Allein die Erinnerung daran, wie Sif sich dem Zerstörer entgegen gestellt hat, lässt eine Gänsehaut über ihren kompletten Rücken laufen.

„Volstagg ist der gutmütigste von Thors Gefährten. An seiner Seite wirst du erfahren, was es bedeutet, das Leben aus vollen Zügen zu genießen. Er wird dir Geschichten über seine zahlreichen Nachkommen erzählen, über seine Heldentaten und die Köstlichkeiten, die er an zahlreichen Tafeln des Triumphs genossen hat. Glaub nicht alle seiner Geschichten. Aber sprich ihm deine Bewunderung für seine Kinder aus, und er wird auf ewig dein treuer Sklave sein.“

„Ich schätze, Volstagg war der mit dem unglaublich großartigen Vollbart?“ unterbricht Darcy sie grinsend, und Frigga neigt zustimmend den Kopf. „In der Tat. Dieser Bart ist sein ganzer Stolz - er liebt ihn beinahe so sehr wie seine Kinder. Einmal hat einer seiner Söhne ihn in Brand gesteckt, während er schlief. Es war ein Desaster unglaublicher Ausmaße. Kurz bestand Gefahr, das arme Kind müsse für immer aus Asgard verbannt werden.“

Jane kann sich nicht helfen - sie fängt an zu lachen. Die Geschichte klingt erleichternd … menschlich.

„Fandral zieht ihn noch heute damit auf - erkundigt sich regelmäßig danach, ob der Junge inzwischen wieder mit den anderen am Tisch essen darf“, fügt Frigga mit einem Schmunzeln hinzu. „Volstagg rächt sich damit, dass er sich über seinen Schnurrbart lustig macht. Seiner Meinung nach ist Fandrals Versuch, sich einen Bart stehen zu lassen, eines wahren Kriegers nicht würdig.“

„Ich erinnere mich an Fandral und seinen Bart“, sagt Jane mit einem angedeuteten Grinsen. „Er … Er sieht aus, wie ich mir Robin Hood vorstelle - das ist ein legendärer Held aus der Geschichte Midgards.“

Frigga nickt. „Ein derartiger Vergleich wird ihm sehr zusagen. Fandral ist stets darauf bedacht, den bestmöglichen Eindruck zu hinterlassen … besonders bei attraktiven Damen. Er wird dir ein charmanter Gefährte sein. Zögere nicht, ihn in seine Schranken zu verweisen, sollten seine Gunstbeteuerungen dir zu viel werden. Er ist ein guter Mann - er wird es dir nicht übel nehmen.“

Jane nickt. Sie kann nicht in Worte fassen, wie dankbar sie Frigga für diese Bedienungsanleitung für Thors Freunde ist.

„Hogun hingegen - er wird dir abweisend und mürrisch vorkommen“, sagt Frigga dann, und ihre Augen beginnen zu funkeln. „Und das ist er auch. Ganz schrecklich abweisend und mürrisch. Fürchterlich schweigsam. Aber es gibt niemanden, den du lieber an deiner Seite wissen möchtest, wenn du dich in einer gefahrvollen Situation befindest.“

Jane blinzelt sie an. „Aber wie gewinne ich seine Freundschaft? Wie überzeuge ich davon, dass ich seine … seine Treue verdiene?“

Einen Moment lang wirkt Frigga tatsächlich überrascht. „Jane … Du warst für meinen Sohn da, als er am meisten jemanden gebraucht hat. Ohne dich und deine Freunde wäre er in dieser Welt völlig allein gewesen. Ich glaube, dir ist nicht bewusst, wie dankbar wir dafür sind - ganz Asgard ist euch in ewiger Anerkennung zugetan. Du musst nichts weiter tun, als diese Anerkennung zu akzeptieren.“

Jane starrt auf ihren Schoß hinab. „Ich hab … hab nicht wirklich etwas getan. Ich meine …“

„Du hast meinen Sohn gekleidet, ihm zu essen und ihm einen Platz zum Schlafen gegeben“, sagt Frigga fest und drückt Janes Hand. Jane spürt, wie ihre Wangen rot werden, und dann zwinkert Frigga ihr zu. „Und ich weiß, wie groß der Appetit meines Sohnes sein kann. Also scheu dich nicht, die dir zustehende Anerkennung zuzulassen.“

„Beste Schwiegermutter aller Zeiten“, hört Jane Darcy im Hintergrund murmeln. Sie kann nicht anders, als ihr aus vollem Herzen zustimmen.

Der Abend, und damit der Zeitpunkt für Thors und Janes Abschied, naht viel zu schnell.

Darcy ist nicht großartig überrascht, dass sich nach und nach alle im Wohnzimmer einfinden - noch weniger überrascht es sie, als das Gespräch sich der Alieninvasion zuwendet, und den Heldentaten, die gemeinsam vollbracht worden sind.

Tony und Thor überbieten sich gegenseitig damit, ihre jeweiligen Taten zu rühmen, werden jedoch recht bald von Clint in Natashas Namen übertrumpft. „Keiner von euch hat sich um die Wurzel des Problems gekümmert“, sagt er energisch. „Und es ist erst recht keiner von euch einem unserer Gegner auf den Rücken gesprungen und hat ihn als Taxi missbraucht.“

„Korrekt“, stimmt Tony ihm zu und grinst Natasha unverschämt an. „Weil ich sowas schlicht nicht nötig habe! Und wenn sich jemand um die Wurzel des Problems gekümmert hat, dann war das jawohl ich.“

„Wie ich sehe, hat dein Ego auch diesen Tag schadlos überstanden“, bemerkt Pepper trocken und kommt zur Tür herein. Tony steht sofort auf und geht ihr entgegen. „Aber nur ganz knapp“, sagt er mit einem Grinsen und schließt sie in die Arme. „Du hast mir und meinem Ego ganz schrecklich gefehlt.“

Pepper schnaubt, gibt ihm aber trotzdem einen Kuss.

„Es ist die Wahrheit“, mischt Bruce sich unerwartet ein. „Er hat mich in meinem Labor besucht. Es war ein außergewöhnlich langer Besuch. Und er hat mir Kaffee mitgebracht. Dabei wollte er nicht mal Theorien diskutieren.“

„Brutus!“ sagt Tony, ohne sich die Mühe zu machen, sich zu ihm umzudrehen, und Pepper streicht ihm das Haar aus der Stirn. „So schlimm, hm?“

Statt eine Antwort abzugeben, küsst er sie auf den Mund.

Die Gesellschaft auf den Sofas wendet ganz selbstverständlich den Blick ab und gönnt ihnen ihre Privatsphäre. Nach einer Weile kommen Tony und Pepper Hand in Hand an den Tisch heran.

„Wie lange noch?“ erkundigt Pepper sich bei Frigga und Thor. Frigga schließt einen Moment lang die Augen. „Noch etwa eine Erdenstunde“, erwidert sie dann ruhig. „Ich möchte sicher gehen, das die Kräfte meines Gemahls und meine eigenen sich völlig erholt haben, ehe ich die Rückreise antrete - besonders, da ich einen solch wertvollen Gast mitnehmen werde.“

Jane grinst und beißt sich schüchtern auf die Unterlippe, und Pepper nickt. „Äußerst vernünftig. Ich finde es sehr wichtig, dass man seine eigenen Grenzen kennt, und nicht losstürmt, ehe man auch völlig sicher ist, dass keinerlei Komplikationen auftreten werden.“

Tony dreht den Kopf und starrt sie schweigend von der Seite an.

„Was?“ erkundigt Pepper sich leichthin, ohne seinen Blick zu erwidern.

„Falls du dich für subtil halten solltest -“, beginnt er mit sarkastischem Unterton.

„Ich habe keine Ahnung, wovon du redest“, behauptet sie knapp und bringt ihn damit unerwartet effektiv zum Schweigen.

Der Abschied, als es dann endlich so weit ist, ist ein tränenreicher. Sie stehen auf dem Dach der Villa, ziemlich genau an der Stelle, wo Frigga am vergangenen Abend gelandet ist.

Darcy schnieft etwa fünf Minuten lang in Thors Brust und dann noch einmal sieben in Janes Schulter. Beide lassen sie geduldig gewähren, halten sie fest und streicheln ihren Rücken - und Darcy macht sich schließlich mit einem Ruck gerade und fährt zu Phil herum. „Das kommt nicht in meine Akte! Ich will nicht, dass einer meiner ersten Einträge ‚heult beim kleinsten Anlass’ lautet!“

Phil nickt. „Ich werde es in ‚beweist emotionale Elastizität im Ernstfall’ umformulieren.“

„Hey!“ macht Clint an seiner Seite. „Das steht in meiner Akte!“

„Du weinst bei Disney Filmen“, sagt Natasha trocken. Clint streckt ihr die Zunge heraus.

„Meine Freunde“, sagt Thor ernst, „ich werde euch schmerzlich vermissen.“

Er umarmt noch einmal jeden einzelnen von ihnen, hält einen Moment bei Steve inne und bittet ihn darum, ein besonderes Auge auf ihre Findelkinder zu haben, streicht Natasha durchs Haar und verspricht ihr eine asgardische Klinge bei seiner Rückkehr. Tony bekommt eine extra feste Umarmung, Clint die leise Versicherung, dass er niemals allein und ohne Freunde sein wird. Bei Bruce zögert er einen Moment, aber Bruce lächelt zu ihm auf, also schließt Thor auch ihn in seine Arme - und dann steht er vor Pepper.

„Es war mir ein ganz besonderes Vergnügen, dich kennen zu lernen, Tochter Midgards“, sagt er zu ihr und führt ihre Hand an seine Lippen. „Dein Mitgefühl gab mir Kraft in schweren Stunden.“

Pepper nimmt ihn in die Arme. „Versuch, mit deinem Vater zu reden“, flüstert sie ihm ins Ohr. „Sag ihm, was dich bedrückt. Lass nicht zu, dass es irgendwann zu spät dafür ist.“

„Ich werde deinen Rat beherzigen“, erwidert er ernst, entlässt sie aus seinen Armen und legt seine Hände auf ihre Schultern. „Viel Glück mit Loki“, sagt sie leise. Er küsst ihre Stirn.

„Wir sind bereit, mein Sohn“, sagt Frigga ruhig. Thor geht zu ihr und Jane hinüber, nimmt jeweils eine ihrer Hände.

„Ihr solltet ein wenig zurücktreten“, sagt Frigga zu den Umstehenden. „Ich bin mir nicht sicher, welche Auswirkungen die Magie meines Gemahls bei direktem Kontakt auf euch haben wird.“

„Oh, das ist beruhigend“, entfährt es Jane unwillkürlich, und Thor neigt sich zu ihr vor und blickt sie eindringlich an. „Du befindest dich unter meinem Schutz, und dem meiner Mutter. Nichts wird dir auf dieser Reise auch nur das Geringste anhaben können - nicht einmal die Macht des Allvaters.“

Wie aufs Stichwort entsteht ein Lichtkegel unter ihren Füßen, wird heller, breitet sich aus.

„Gebt auf euch Acht, meine Freunde“, ruft Thor ihnen zu, dann schießt eine Lichtsäule zum Himmel hinauf, und er ist verschwunden, und mit ihm Jane und Frigga.

Einen Moment lang stehen die Zurückgebliebenen still da und blicken in den Himmel auf, dann tritt Clint ruhelos von einem Fuß auf den anderen. „Tasha?“

„Ja?“

„Komm und trainier mit mir?“

Sie nickt. „Nichts lieber als das.“

„Das“, sagt Tony ernst, „ist eine fabelhafte Idee. Wie sieht’s mit dir aus, Steve - eine kleine Extrarunde dürfte dir doch keine Schwierigkeiten bereiten?“

„Nicht die Geringsten, Tony.“

„Wunderbar. Darcy, du kommst doch auch mit?“

„Ich wollte mich gerade ausgeschlossen fühlen.“

„Ob wir uns ausgeschlossen fühlen, interessiert hier offenbar niemanden“, bemerkt Pepper leichthin und setzt sich zu Bruce aufs Sofa, nachdem sie Phil, der auf dem Sofa zu ihrer Linken sitzt, sein Stark Pad aus der Hand genommen, und durch ein Glas Wein ersetzt hat. „Hör auf zu arbeiten, Phil - es ist nach Sechs Uhr abends.“

Phil schnauft und wirft ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. „Wie du sehr gut weißt, habe ich eine Menge aufzuholen.“

Sie nickt. „Ich weiß das in der Tat sehr gut - ich habe außerdem Erfahrung mit Männern, die einfach nicht wissen, wann es genug ist.“

Phil mustert sie mit einem Hauch von Entsetzen. „Ich kann nicht behaupten, dass es mir sonderlich gefällt, mit Tony Stark in einen Topf geworfen zu werden.“

„Gib mir keinen Anlass, und ich werde in Zukunft davon absehen“, erwidert sie vernünftig, und Phil sieht, wie Bruce ein Schmunzeln hinter seiner Hand zu verbergen sucht.

Er trinkt einen Schluck Wein.

Pepper lässt ein leises Seufzen hören. „Ich fasse es nicht, dass Tony freiwillig trainiert. Für gewöhnlich versteckt er sich in seiner Werkstatt, wenn er sich ablenken will.“

„Ich halte das für eine gesunde Entwicklung“, sagt Bruce leise. „Steve wird darauf aufpassen, dass er sich nicht überanstrengt.“

Sie nickt. „Darum mache ich mir keine Sorgen. Ich hoffe nur, er findet sich bald damit ab, dass Thors Gründe, uns zu verlassen, einigermaßen gerechtfertigt waren.“

Phil stellt sein Weinglas beiseite. „Tony ist nach wie vor nicht einverstanden damit, dass er geht, um unserem Erzfeind beizustehen, nehme ich an?“

„Ganz und gar nicht einverstanden“, schnauft Pepper und rollt ein bisschen mit den Augen. Phil nickt. „Clint auch nicht.“

Sie beißt sich flüchtig auf die Unterlippe und sieht ihm in die Augen. „Und du?“

Phil hebt leicht die Schultern. „Es steht mir nicht zu, Thors Entschluss in Frage zu stellen.“

„Loki hat dich praktisch umgebracht, Phil“, erwidert Pepper leise, und in ihren Augen liegt so viel behutsames Mitgefühl, dass Phil sich einen Moment lang sammeln muss.

„Wir alle haben unsere Gründe, Loki mit … Abscheu zu begegnen“, sagt er schließlich fest. „Thor ist der Einzige, der über positive Erfahrungen mit ihm verfügt. Er weiß folglich am Besten, was er tut - Zumindest hoffe ich das.“

Bruce atmet tief durch. „Ihr wisst, dass er ihn mit hierher zurück bringen wird, wenn sich ihm auch nur die kleinste Möglichkeit dazu bietet, oder?“

Peppers Kopf ruckt zu ihm herum. „Was? Hat er das etwa gesagt?“

Bruce wischt sich mit der Hand übers Gesicht. „Nein. Er hat nichts gesagt. Aber es ist Thor. Und Thor gefällt es auf der Erde. Er hält sie für eine glückliche Welt. Er hat versprochen, zurück zu kommen - er muss Jane zurückbringen. Ich habe genügend Zeit in seiner Gesellschaft verbracht, um zu begreifen, dass er -“

„Ein unverwüstlicher Optimist ist“, beendet Pepper seinen Satz für ihn, und Bruce nickt. „Genau das.“

Phil blinzelt fassungslos von Einem zum Anderen. „Wie kommt ihr auf die Idee, dass Thor so … unvernünftig sein könnte -“ Er bremst sich.

Pepper und Bruce beehren ihn mit identischen Blicken des Unglaubens. Phil beißt die Zähne zusammen. Sie haben Recht. Thor ist … er hat Loki vergeben. Und er könnte zur Erde zurückkehren und sich damit zufrieden geben, sollte es ihm gelingen, sich mit seinem Bruder zu versöhnen. Aber das wird er nicht. Sollte er tatsächlich zu ihm durchdringen und Frieden mit Loki schließen … Dann wird er es sich zur Aufgabe machen, auch seine Freunde mit ihm zu versöhnen.

„Clint wird nicht einverstanden sein“, sagt er leise.

Bruce nickt zustimmend. „Niemand wird einverstanden sein. Ich bin nicht einverstanden.“

„Ist es nicht ein bisschen unvernünftig, sich über ungelegte Eier aufzuregen?“ fragt Pepper ihn sanft, und er erwidert ihren Blick unter besorgt gerunzelten Brauen heraus. „Wenn es sich um ein Kuckucksei wie Loki handelt, kann man nicht früh genug damit anfangen, fürchte ich.“

Phil betrachtet ihn mit einem gewissen Maß an Vorsicht. „Wirst du … dich beherrschen können, sollte Thor ihn tatsächlich mit hierher bringen?“

Bruce reibt sich erneut mit der Hand übers Gesicht. „Ich weiß es nicht. Ich denke, ich könnte mich beherrschen, so lange er nicht … solange er mich nicht herausfordert.“

Phil zieht eine kleine Grimasse. „Es ist Loki“, erinnert er Bruce sanft. Bruce nickt. „Ja, ich weiß.“

Pepper blinzelt von Einem zum Anderen. „Was genau soll das bedeuten?“

Bruce fährt sich mit der Hand durchs Haar. „Loki ist …“

„Er ist stolz“, sagt Phil leise. „Fühlt sich primitiven Menschen überlegen. Zurecht, zugegeben. Er ist intelligent, berechnend, verfügt über eine spitze Zunge und magische Fähigkeiten. Er ist …“

„Die schlimmstmögliche Kombination aus Tony, Thor und Natasha, die man sich nur vorstellen kann“, sagt Bruce trocken, und Pepper sieht angemessen alarmiert aus.

„Wenn wir Glück haben, verfügt er außerdem über die gleiche Menge an Charme wie Tony, Thor und Natasha“, brummt Bruce nach einem Moment der Stille, und Phil starrt ihn an. „Glück? Ich würde das nicht als Glück bezeichnen.“

Pepper erhebt sich ruckartig von ihrem Platz auf dem Sofa. „Ich brauche mehr Wein.“

Clint hat mit Natasha trainiert, bis er damit angefangen hat, über seine eigenen Füße anstatt ihre zu fallen - und selbst das hätte ihn nicht dazu inspiriert, aufzuhören.

Aber heute war es nicht Steve, der ihn dazu angehalten hat, es gut sein zu lassen, es war Darcy.

Und als Clint Anstalten gemacht hat, ihren Rat zu ignorieren, hat sie einen Blick mit Natasha getauscht, ist auf ihn zu gestapft und hat ihn mit einem perfekt ausgeführten Schulterwurf auf die Matte befördert.

Tony hat spontan applaudiert. Wäre Clint nicht so perplex gewesen, er hätte vermutlich dasselbe getan. So aber lag er auf dem Rücken, atem- und fassungslos, und konnte nur zu Darcy aufstarren, die ihn darüber in Kenntnis setzte, dass er in keiner Verfassung sei, mit ihr zu diskutieren, wenn er sich nicht mal gegen ihren Tollpatschigen Tölpel zur Wehr setzen könne.

Clint lag auf der Matte, blickte von ihr zu Tasha und wieder zurück, und hatte plötzlich einen immensen Frosch im Hals, als beide Frauen gleichzeitig ihre Hände nach ihm ausgestreckt haben, um ihm auf die Beine zu helfen.

Jetzt liegt er im Bett, wartet darauf, dass Phil aus dem Bad kommt, und er kann nicht behaupten, dass er an Thor denken kann, ohne ein gewisses Maß an Bedauern zu empfinden … aber das ist normal. Phil hat gesagt, dass es normal ist.

Thor hat ihn nicht im Stich gelassen. Thor wird zurückkommen. Das hofft Clint zumindest.

Ein Teil von ihm will Thors Worten bedingungsloses Vertrauen schenken, aber das kann er schlicht nicht. Versprechen sind empfindliche Gebilde. Sie brechen viel zu leicht.

Phil kommt aus dem Bad, trägt sein Schlafanzugoberteil offen über den dazugehörigen Hosen, und Clint verfolgt seinen Weg ans Bett heran mit halb geschlossenen, aufmerksamen Augen.

Er hat halb und halb geplant, sich über Phil herzumachen, sobald dieser neben ihm im Bett liegt, aber Phil bringt ihn mit fünf einfachen Worten völlig aus dem Konzept. „Ich muss mit dir reden.“

Clint setzt sich ruckartig auf. „Ich hätte mich nicht überanstrengt! Darcy hat völlig überreagiert! Ich hätte auch von allein aufgehört!“

Phil mustert ihn ruhig. „Hättest du das?“

Clint weicht seinem Blick aus, beginnt herumzudrucksen. „Naja … vielleicht nicht unbedingt. Aber Tasha war heute regelrecht sanft zu mir! Sie hat mich nichtmal gebissen!“

„Es geschehen noch Zeichen und Wunder“, gibt Phil trocken zurück. „Darüber wollte ich nicht mit dir sprechen.“

„Worüber dann?“ erkundigt Clint sich vorsichtig. Soweit er weiß, hat er sich nichts zuschulden kommen lassen.

Phil neigt sich zu ihm vor und drückt ihm einen Kuss auf, schmeckt nach Zahnpasta und Minze, und Clint schließt die Augen und seufzt.

„Es geht um Thor“, sagt Phil leise. „Und um Loki.“

Clint schlägt die Augen wieder auf. „Ich dachte, mit dem Thema wären wir durch?“

Phil blickt ihn schweigend an. Clint räuspert sich unwillkürlich. „Ja, gut ok, wir sind nicht durch mit dem Thema. Sehe ich ein. Ist ein viel zu schönes Thema, um es einfach so aufzugeben.“

Phils Blick wird unerklärlich ernst, und Clint runzelt die Stirn. „Ist was passiert? Es kann doch unmöglich schon was passiert sein! Thor ist doch gerade erst los!“

„Es ist nichts passiert“, sagt Phil mit beruhigender Stimme. „Noch nicht.“

Er erzählt Clint von seinem Gespräch mit Pepper und Bruce, und Clint wird augenblicklich schlecht.

„Ich werde ihn umbringen“, sagt er mit Nachdruck. „Ein zweites Mal werde ich ihn nicht einfach so davon kommen lassen. Wenn Thor glaubt, dass er diesen Mistkerl einfach so mit her bringen kann, dann hat er sich verdammt nochmal geirrt!“

„Es steht keinesfalls fest, dass er das tatsächlich tun wird“, gibt Phil leise zu bedenken, und Clint klettert ihm auf den Schoß, legt ihm beide Hände auf die Schultern und sieht ihn aus wilden Augen an. „Aber du hältst es für möglich - und Bruce und Pepper auch. Es ist schon so gut wie passiert!“

Phil neigt leicht den Kopf im stummen Eingeständnis. Clint flucht leise, und Phil beginnt höchst unerwartet damit, ihm sein Schlafanzugoberteil aufzuknöpfen. „Was machst du?“

Phil hebt eine Augenbraue. „Ich möchte meinen, das ist einigermaßen offensichtlich.“

„Aber wir unterhalten uns gerade!“

„Ach? Ich möchte behaupten, es ist alles gesagt. Ich habe dir meine Hypothese dargelegt, du hast Morddrohungen ausgestoßen.“

Phil streicht Clints offenes Pyjamaoberteil zur Seite, lässt beide Hände ausgebreitet über seine nackte Brust streichen, und Clint muss sich auf die Unterlippe beißen, um ein Stöhnen zu unterdrücken.

Phils Hände haben ihn schon immer halb wahnsinnig gemacht.

„Ab-aber … willst du es mir denn gar nicht ausreden?“

Phils Daumen streichen wir zur Antwort über seine Brustwarzen, und Clints Hüften zucken ganz automatisch nach vorn.

„Ich könnte dich darauf aufmerksam machen, dass Thor seinen Bruder liebt, dass du Thor gern hast, dass Thor Loki nicht mitbringen wird, wenn er um unsere Sicherheit fürchten muss“, sagt Phil leise, seine Stimme kaum mehr als ein wohliges Grollen. „Aber erstens ist Lokis Rückkehr nach wie vor pure Theorie, und zweitens würde ich mich nie dazu herablassen, dich derartig zu manipulieren.“

Clint beißt sich auf die Unterlippe, lässt seine Hüften über Phils Schoß kreisen. „Natürlich würdest du das nicht.“

Er spürt Phil hart werden, spürt Phils Atem auf seinem Gesicht, spürt ihn heiß und lebendig unter sich - und sein Hass auf Loki steigt gleichzeitig ins Unermessliche und löst sich in Wohlgefallen auf.

„Ich muss ihn nicht sofort ganz umbringen“, murmelt er heiser, und Phil stößt ein zustimmendes Brummen aus und lässt seine Hände auf Clints Hintern gleiten.

„Vielleicht reicht es, wenn ich ihn nur ein bisschen umbringe“, keucht Clint begeistert, und Phils Hände gleiten unter den Stoff der Schlafanzughosen und in seine Shorts hinein.

„Ein bisschen umbringen klingt vernünftig“, sagt Phil, umfasst Clints Hintern und drückt zu. „Dagegen kann Thor unmöglich etwas einzuwenden haben.“

Und damit ihr gleich doppelt was zu schreien habt, verkünde ich an dieser Stelle, dass ihr zwei Wochen aufs nächste Kapitel warten müsst. Dann hab ich auch wieder genug in der Hinterhand.

TEIL 24

fandom: avengers, autor: uena

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