Ficathon:
dark ficathon Fandom: original, Anarchist
Characters: Bartolomej & Bullseye
Genre: thriller, gore
Rating: P-18
Warning: violence, blood, knife play, gore, explizit, psychological
Prompt: Nichts überzeugt mehr als fünf Zentimeter beißender Stahl im Körper von
tears_into_wine Ein irrationaler Teil seines Gehirns sucht in seinen Erinnerungen nach einem Vergleich zu dem Schmerz, der sich wie Feuer in seinem ganzen Körper ausbreitet, als die Klinge des Fremden sein Gesicht aufschlitzt. Er sucht so verzweifelt, dass die Ohnmacht keine Chance hat, um ihn von dieser Qual zu befreien. Seine Sicht wird zu einem Meer aus Blut. Keine klaren Konturen mehr, dafür ein intensiver, metallischer Geruch, der sich sofort auf seine Zunge legt.
Weil er schreit.
Und weil er sich diesem Schmerz nicht entziehen kann, egal in welche Richtung er sich zu bewegen versucht.
Der rationalere Teil seiner Gedanken schreit etwas von Gefahr, von Flucht, von Du wirst verdammt noch einmal sterben. Jetzt. Hier. Und du hast nicht einmal gesehen, wer es gewesen ist. Der Schmerz lässt sich mit nichts vergleichen. Trotz des ganzen Blutes versucht er etwas zu sehen, denjenigen zu erkennen, der ihn auf den Boden presst und lacht. Ist es ein Lachen? Bullseye ist an einem Punkt, an dem nur noch weißes Rauschen in seinen Ohren dröhnt. Die Erkenntnis, dass sein Leben zu Ende ist, kommt überraschend nüchtern.
»Du wirst gar nicht ohnmächtig. Beeindruckend.«
Das Rauschen wird lauter, bildet Silben, Worte. Auch der Trotz scheint zu den irrationalen Bereichen seines Kopfes zu gehören, denn Gott … wie sehr sich Kyrill wünscht, endlich das Bewusstsein zu verlieren. Er blinzelt das Blut weg, aber nur eines seiner Augen bewegt sich. Das Andere … ist einfach nicht mehr da. Wo ist es? Warum bewegt es sich nicht mehr?
»Man fühlt sich regelrecht beobachtet …«
Die Stimme ist verwaschen und dringt trotzdem unter seine Haut. Seine Fingerspitzen kribbeln. Der Schmerz verlagert sich an den Punkt, von dem er ausstrahlt und Bullseye nimmt all seine Kraft zusammen, um sich gegen den festen Griff zu stemmen. Es ist nur eine Hand, die seine Handgelenke über ihm auf dem Boden fixiert, während die andere mit dem Messer zugange ist. Der beißende Druck verschwindet, zieht eine brennende Spur an seinem Hals entlang, als er sich zur Seite wälzt, den linken Fuß auf den Grund unter sich stemmt und das Gewicht von sich hebelt. Der Stich, der folgt, ist nur ein weiteres Feuer. Es streut Adrenalin. Er wirft sein eigenes Messer blind. Es schlittert klirrend über den Asphalt. Sein Körper will sein Gleichgewicht nicht finden. Er schwankt nach links, dreht sich halb um sich selbst, ehe er sich ins Gesicht greift und tastet. Er spürt das Blut, das an seinem Arm hinunter läuft. Er fixiert seine eigenen Füße, deren Ränder verschwommen bleiben.
Und dann … entdeckt er einen blutunterlaufenen Augapfel, dessen blau umrahmte Pupille ihn anklagend anstarrt. Er liegt im Dreck, als er zurück auf die Knie sinkt.
Seine tastenden Finger finden nur eine leere Augenhöhle.
Dann wird alles schwarz.
-
Als er wieder wach wird, ist seine Umgebung kaum anders als zuvor. Nur nicht ganz so kalt. Nicht ganz so dreckig. Trotzdem zirkuliert Staub in seinen Lungen mit dem nächsten, bewussten Atemzug und er hustet. Das erinnert seinen Körper an den Schmerz. Er ist noch da und brennt schlimmer als vorher. Bullseye keucht gequält und schließt das Auge, nur um es gleich wieder aufzureißen.
Sein Auge.
Sein … linkes Auge … es lag auf dem dreckigen Asphalt, ehe alles dunkel wurde.
Da ist Widerstand an seinen Händen, als er sich ein weiteres Mal ins Gesicht greifen will. Wieder über seinem Kopf, nur liegt er dieses Mal nicht. Grobes Material schneidet ihm ins Fleisch, aber als er nach oben sieht, entdeckt er in der Dunkelheit nicht viel. Sein Gesicht fühlt sich an, als hätte ihm jemand die Haut abgezogen und würde die frei gewordene Stelle nun in Salz wälzen. Ein weiteres Ächzen zieht ein anderes Geräusch nach sich. Schritte. Bullseye zuckt zusammen und starrt in die finstere Leere vor sich. Da ist noch immer angetrocknetes Blut an seinem verbliebenen Auge, das sich selbst durch permanentes Blinzeln nicht löst.
»Sei still … er darf nicht wissen, dass wir hier sind.«
Es ist der Fremde, der ihn angegriffen hat. Bullseye erkennt die verwaschene Stimme sofort. Er tritt zu, aber trifft nichts. Dennoch ist die Gewissheit, dass wenigstens seine Beine frei beweglich sind, fast beruhigend. Das schafft etwas mehr Ordnung in seinem Kopf, dessen Gedanken lange nicht mehr so chaotisch gewesen sind wie in diesem Augenblick. Der Andere scheint angespannt zu sein. Er darf nicht wissen, dass wir hier sind. Wer ist er? Juuri? Die Schritte entfernen sich wieder und auch wenn es sehr viel Anstrengung kostet, gewöhnt sich sein Auge langsam an die Finsternis und er kann die Kontur eines Mannes erkennen, der an einem Fenster zu stehen scheint. Es ist zugenagelt. Nur durch ein paar Lücken dringt das Licht der Straße ins Innere, doch der Staub, der hier schwebt, bricht es vielfach, sodass es nicht wirklich für Helligkeit sorgt. Aber es reicht aus. Es muss reichen.
»… warum?«, presst er hervor, weil er will, dass der Fremde näher kommt, damit er ihn treten kann. Ihm weh tun kann. Oft hat er dieses Bedürfnis nicht, denn trotz seines Metiers ist er ein Mensch, der ein friedliches Dasein bevorzugt. Er würde einen Menschen nie töten, nur weil ihm danach ist, aber der Mann dort am Fenster … der bildet eine Ausnahme. Den würde er gerade mit Freuden umbringen. Der hat ihm sein Auge genommen. Wie soll er jetzt weiter mit Martha arbeiten? Welcher Einäugige bezeichnet sich selbst noch als Scharfschützen?
Die Schritte kommen zurück, doch wieder verharren sie außerhalb seiner Reichweite. »Er wollte dich mitnehmen. Das kann ich nicht zulassen. Du bist ein starker Mann, Kyrill.«
Juuri benutzt immer seinen richtigen Namen, deswegen ergibt es Sinn, dass sein Gegenüber den Decknamen nicht kennt, den er mittlerweile sehr viel öfter benutzt als den Namen auf seinem Ausweis. Bullseye spürt, wie sehr er zittert und hofft gleichzeitig, dass man davon nicht viel sieht. Er ist noch nie in einer solchen Situation gewesen. Sie überfordert ihn. Es gibt wahrlich nicht viele, die ihm überlegen sind und diesen Mistkerl … hat er nicht einmal gesehen.
»Du … hättest es zu Ende bringen sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest. Ich werde dich umbringen, du Arschloch!«
Das Lachen hat er auch schon einmal gehört. Es dringt genauso mühelos unter seine Haut wie der Unterton, der in den Worten mitschwingt. Wie das Schlaflied eines Verrückten, eines Psychopathen und doch … anders. Bullseye hatte schon oft Kontakt mit weniger kompetenten Persönlichkeiten. Trotzdem hat er keinen Vergleich und kann sich auch an keine Situation erinnern, die der hier ähnlich gewesen wäre. Er ist schwer verletzt, festgebunden und sein Peiniger redet etwas von Stärke und klingt dabei fast schon bewundernd. Reiß dich zusammen, ermahnt er sich selbst und schließt das Auge. Er ist verrückt. Das macht ihn berechenbar. Aber Irrtümer sind menschlich. Auch das weiß er.
»Ja, das wirst du, da bin ich mir sicher. Deswegen habe ich dich festgebunden.«
Bullseye sieht in die Richtung der Stimme. »Und was hast du jetzt mit mir vor?«
Die Gestalt dreht sich herum. »Das weiß ich noch nicht. Ich musste erst sicher gehen, dass Juuri weg ist. Dass ich abgehauen bin, wird ihm nicht gefallen. Er wird mich dafür eine ganze Weile eingesperrt lassen, aber das ist es mir wert. Du bist zu interessant. Ich will noch ein wenig Zeit mit dir verbringen.«
So viele Worte, die keinen Sinn ergeben. Eingesperrt? Dieser Typ ist sonst weggeschlossen? Nachvollziehbar, aber das macht seine Situation keinesfalls besser. Ein Kloß bildet sich in seiner Kehle und Bullseye kriegt ihn einfach nicht hinuntergeschluckt. Diese Informationen verraten ihm einiges von dem Angreifer und nichts davon hilft ihm weiter. Wo hat Juuri diesen Kerl gefunden? Russe ist er jedenfalls nicht. Der Akzent ist seltsam. Die ganze Sprache klingt, als würde der Andere sonst nicht so viel reden. Vielleicht stimmt auch irgendetwas mit seinen Lippen oder Zähnen nicht. Wenn er nur mehr sehen könnte …
»Ich habe kein Interesse daran, mich mit dir zu beschäftigen«, knurrt er deswegen leise und zerrt abermals an den Fesseln. Seine Schultern sind müde von der Haltung und auch seine Finger verlieren mehr und mehr an Gefühl. Wie lange war er ohnmächtig?
»Das ist mir egal«, erklärte der Fremde und im gebrochenen, diffusen Licht blitzt eine Klinge auf. »Ich will es so. Dein Blut hat eine nette Farbe, auch wenn ich zugeben muss, dass ich eine Gänsehaut bekommen habe, als mich dein Auge da vom Gehweg aus angestarrt hat. Ich wollte es nur zerschneiden, aber es ist einfach herausgeplatzt. Ich habe wohl zu tief geschnitten. Aber so eine Klinge kann schon sehr überzeugend sein, nicht wahr? Du hast mit einem Mal ganz still gehalten.«
Bullseye weiß davon nicht mehr viel. Nur der Schmerz ist realer denn je. Die Worte verursachen eine Übelkeit, die er kaum ignorieren kann. »Du bist krank.«
»Nein«, schmunzelt der Fremde und kommt tatsächlich näher, ganz ungeachtet der Gefahr zu seinen Füßen.
Bullseye schaltet schnell. Sein rechtes Bein saust nach oben, trifft und der Kerl gibt ein leises Ächzen von sich, aber trotz der Stahlkappen in Kyrills Boots weicht er nicht zurück, sondern packt stattdessen seine Wade und verdreht das Bein nach außen. Ein scharfer Schmerz zuckt durch seine Hüfte, doch er kann Schlimmeres verhindern, indem er der Bewegung schnell genug folgt, aber das kostet ihn seinen Vorteil. Der andere Mann steht zwischen seinen Beinen und ist so nahe, dass Bullseye der scharfe Geruch nach Schweiß in die Nase steigt. In einer anderen Situation, mit einem sympathischeren Menschen vor sich hätte er das vielleicht gar nicht so schlecht gefunden, doch in diesem Kontext intensiviert das die Übelkeit. Sein Magen gurgelt qualvoll. Doch das ist nicht alles. Die Klinge … viel zu fest presst sich die Schneide gegen seine Kehle, dringt bereits durch seine Haut. Wenn er jetzt etwas sagt oder schluckt, dann kann er atmen vergessen …
»Das war nicht schlecht«, kommentiert der Andere diesen kläglichen Versuch. Bullseye blinzelt in die Dunkelheit und bereut es sofort. Das Lid des fehlenden Auges bewegt sich auch, reißt ein, lässt frisches Blut über die Öffnung rinnen und in sie hinein. Er sieht nur ein Kinn. Der Rest ist unter einer schwarzen Kapuze verborgen. Der Mann ist deutlich größer als er, aber schlanker. Im Grunde hätte er ihn viel einfacher überwältigen sollen, aber das beweist nur wieder, dass man sich nicht auf Äußerlichkeiten verlassen darf. Der Kerl ist schnell und stark. Mehr braucht es für den Job nicht. Und Bullseye gibt es nicht gern zu, doch den scheint der Kerl gut zu machen. Schließlich ist er von ihm fertig gemacht worden.
»Wer … bist du?«, zischt er leise, sehr bedacht darauf, dass sich sein Kehlkopf nicht bewegt dabei. Er will den Namen des Menschen wissen, den er gleich umbringen wird … sobald er es schafft, irgendwie frei zu kommen. Die Chancen stehen schlecht. Der Druck des Messers wächst.
»Bartolomej.«
Bartolomej. Der Atem des Anderen streift seine Kinnlinie, so nahe ist das unbekannte Gesicht unter der Kapuze ihm. Dann raschelt es leise und der Stoff verschwindet. Darunter … ein nahezu kahl geschorener Kopf, dunkle Augen und dann … ein Geflecht aus schlecht miteinander verwachsenen Hauptpartien, das sich bis zum Hals fortsetzt. Ein Großteil der Unterlippe ist einfach … nicht da. Dahinter funkeln helle Zähne. Das Grinsen macht das ganze Gesicht zu einer einzigen Fratze und unwillkürlich wendet Bullseye den Blick ab. Das … erklärt die undeutliche Sprache.
»Was? Macht dir Angst, was du siehst? Schau mich an, verdammt!« Bartolomej schiebt die Klinge höher und presst sie von unten gegen seine Zunge. Bullseye muss dem Anderen das Gesicht wieder zuwenden, um dem Druck nach hinten ausweichen zu können. Millimeter nur. Widerwillig blinzelt er den Verunstalteten an. Ihm drängt sich die Frage auf, was diesem Mann passiert ist, aber eigentlich kann er es sich denken. Die Narben sehen nach einer Verbrennung aus. Vielleicht wurde Bartolomej von seiner Mutter mit kochendem Wasser überschüttet. Er hat nicht die leiseste Ahnung, wie nahe er mit seiner Vermutung liegt. »Sieh hin! Sieh dir an, zu was Menschen fähig sind und dann sag mir noch einmal, dass ich krank bin!«
In dem Tonfall ändert sich nichts, dabei sollte so etwas doch Wut oder Trauer hervorrufen, einfach aufgrund der Erinnerungen, die einen da übermannen. Doch die Gleichgültigkeit bleibt. Ebenso wie die Tatsache, dass nichts diese Sache hier entschuldigt - nicht einmal eine grausame Kindheit.
»Du bist krank. Daran ändert auch deine Visage nichts … oder wie du zu ihr gekommen bist. Du hast nichts anderes getan. Du hast mich ebenfalls entstellt und wir hatten nie etwas miteinander zu tun.«
»Das spielt keine Rolle. Alle Menschen sind gleich. Sie treten in dein Leben, sie erwarten Dinge von dir und wenn du sie nicht erfüllst, tun sie dir schreckliche Dinge an. Aber das kannst du nicht verstehen. Für dich wird sich die Welt weiter drehen, ob nun mit einem Auge oder mit beiden. Außer ich setze dir hier und jetzt ein Ende.«
»Warum hast du das dann nicht schon längst getan?«
Das scheint Bartolomej nachdenklich zu stimmen, denn er antwortet nicht sofort. Dann heben sich die breiten Schultern. »Ist lange her, dass ich jemanden interessant genug fand, um ihn nicht umbringen zu wollen, aber so wie es aussieht, bist du auch nur einer von den vielen, die verschwinden können.«
Das Messer zieht seine Spur. Bullseye kann sich nicht noch mehr strecken. Die verzogenen Lippen berühren fast sein Kinn. »Hast du Angst vor dem Tod?«
»Ja …«
»Hm …«
Das Messer entfernt sich und Bullseye holt hastig Luft. Er versteht es nicht, aber das ist nicht wichtig. Er starrt in die leeren Augen. Die Fratze verzerrt sich weiter, neigt sich ein wenig. Alles an dem Anderen ist abstoßend. Und Bartolomej scheint das zu wissen. Das macht ihn alles andere als berechenbar. Bullseye hat sich geirrt und er kann spüren, dass dieser Mann nicht nur auf seiner Haut Spuren hinterlässt. Er glaubt nicht, dass er dieses Gesicht jemals wieder vergessen wird. Nur am Rande nimmt er wahr, dass sich etwas an Bartolomejs Haltung verändert. Und plötzlich ruckt der Kopf in Richtung des Fensters. Die Kapuze wird wieder über den kahlen Kopf gezogen, der Schweißgeruch schwindet. Bartolomej starrt abermals durch die Lücken des zugenagelten Fensters, ehe er verhalten flucht.
»Ich schätze, wir müssen unsere kleine Unterhaltung auf ein anderes Mal verschieben.« In der Finsternis wird eine Tür aufgerissen und das flüchtig eintretende Licht von den Straßenlaternen draußen offenbart einen alten Lagerraum. Bartolomejs Silhouette unterbricht den blassen Schein. In der Tür dreht sich der große Körper noch einmal um. »Bis bald, Kyrill. Es war fast eine Freude, dich kennenzulernen, aber ich kann dir versprechen - das nächste Mal kommst du mir nicht davon.«
Dann verschwindet er und lässt Bullseye zurück, der nicht weiß, was gerade passiert. Doch die Bedrohung ist weg und so ruft er, schreit, so laut er kann, auch wenn es den Blutfluss an seinem Hals und hinter seinem Kinn noch verstärkt. Er tritt gegen einen leeren Kanister zu seiner Rechten. Noch mehr Krach. Er kann draußen Stimmen hören und schneller werdende Schritte. Jelenas Gesicht taucht in der Tür auf, wenig später das seiner Mutter.
»Kyrill …«
Die kurzen Haare fallen ihr ins Gesicht, als sie vor ihm auf die Knie sinkt und er zum ersten Ml das blanke Entsetzen in ihrem Blick erkennen kann. Er wollte nie der Grund dafür sein und doch …
»Es … tut mir leid. Ich … ich habe versagt«, presst er hervor, während er im Hintergrund das Keuchen von Swjeta und Jelena hören kann.
»Was redest du denn da? Kyrill … wir müssen dich sofort ins Krankenhaus bringen.«
Das klingt so gut, dass Bullseye nur lächeln kann. Sie werden ihm sein Auge nicht wiedergeben können, aber wenigstens … wird sich nicht entzünden und ihm wird nicht das halbe Gesicht wegfaulen, so wie bei dem Mann, der ihn in diese Situation gebracht hat.
»Juuri … er … er hat einen neuen Mann an seiner Seite«, beginnt er, doch Olga schüttelt den Kopf, steht hastig auf und schneidet mit seinem Messer die Seile über seinem Kopf durch. Sie muss es draußen auf der Straße gefunden haben. Er hat es einst von ihr geschenkt bekommen.
»Du kannst mir später davon erzählen. Swjeta! Notruf!«
»Jelena telefoniert schon.«
»Gut.«
Bullseye schließt das Auge und sinkt gegen seine Mutter, als seine Arme frei sind und seine Schultergelenke unheilvoll knirschen. Die Übelkeit kehrt zurück. Und die Dunkelheit. Er will ihre schmale Schulter nicht mit seinem Gewicht belasten, aber er kann nicht anders. Jede Kraft weicht aus seinem Körper, als ihm bewusst wird, dass er jetzt tot wäre, wäre sein Team nicht zurückgekommen, um ihn zu befreien. Dieser ganze Deal, den er gemeinsam mit den beiden Frauen im Hintergrund über die Bühne bringen sollte, hat er vollkommen versaut. Er fragt sich nicht einmal, wo Jelena und Swjeta gewesen sind. Er weiß noch, dass er ihnen zugebrüllt hat, dass sie fliehen sollen, aber was war dann passiert? Das Chaos ist zurück und immer wieder blitzt Bartolomejs Fratze vor seinem inneren Auge auf. Sie macht ihn schwach und er zeigt diese Schwäche, auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubt. Er hofft einfach, dass Olga nicht fragen wird. Er wird ihr kurz erzählen, wer Juuris neuer Mann ist, aber nichts von dem, was geschehen ist.
Er will nicht, dass sie ihn für schwach hält.
Er ist alles, was sie hat.
Und beinahe … hätte sie alles verloren. Die Dunkelheit intensiviert sich. Er kann noch ihr Fluchen hören, ehe alles ganz still wird. Jemand lacht in der Ferne.
Es ist Bartolomej.