Dec 24, 2017 17:13
Adventskalendertürchen: 22/24
Fandom: original, Nachts wenn alles schläft
Characters: Nash & Rory
Genre: fluff
Rating: P-16
Widmung: Lew, mein Herz, der einfach immer die besten Ideen hat und weil ich es liebe, dass er die beiden so liebt
Warning: alcohol and alcohol abuse
»Geht das heute Abend klar? Du hast dich gar nicht noch einmal gemeldet.«
Diese SMS stört mich bei meinem Hass auf Weihnachten und der süßen Melancholie, die einen erfasst, wenn man lieblos Weihnachtslieder aus dem Radio mitsingt, weil es einfach passiert, selbst wenn man es nicht will. Als ich sie lese, fällt mir alles aus dem Gesicht. Johnny. Ich blinzle zu dem Stapel von Rechnungen und anderer Post, wo eine Postkarte hervor lugt. Ich habe sie nur flüchtig gelesen und trotzdem erinnere ich mich ziemlich genau an die Worte, die auf ihr stehen.
Lieber Nash. Wir wünschen dir frohe Weihnachten und würden uns sehr freuen, wenn du uns am 25. zum Abendessen Gesellschaft leisten würdest. Liebe Grüße von John, Samantha, Frederik und Adam.
Meine Innereien beginnen sich wie Aale zu winden und mir wird übel. Ich starre die Flasche Whiskey an, die mich diese wichtige Einladung hat vergessen lassen, dabei bin ich mir darüber im Klaren, dass nicht sie Schuld daran ist. Ich habe es vergessen, weil ich es so wollte. Nichts ist schlimmer als die Vorstellung, am Tisch des Mannes zu sitzen, in den ich verliebt bin, während seine Frau mich deswegen hasserfüllt anstarrt. Die Einzigen, denen ich diese Freude gerne machen würde, wären die Jungs, aber Kinder sind zu feinfühlig für solche Psychospielchen und die werden folgen. Da gibt es keinerlei Zweifel.
Es kostet mich Überwindung, ihm eine Antwort zu schicken, weil ich es hasse, anderen Leuten absagen zu müssen, aber so ist es eben. Ich würde mich da nicht wohl fühlen und jeder würde das merken. Vor allem die Jungs und vermutlich auch Johnny. Ich will nicht wieder für eine Ehekrise sorgen. Davon gab es schon genug. Ich seufze leise und als ich mit tippen fertig bin, schicke ich die SMS weg.
Sorry, ich bin schon bei meinen Eltern eingeladen. Lass uns das irgendwann nachholen, okay?
Gott … ich darf nicht weiter hierbleiben. Wie ich Johnny kenne, wird er bei meinen Eltern anrufen, sich vergewissern, ob ich die Wahrheit sage und dann hier auftauchen, um mich abzuholen. Ja … er ist so ein Arschloch. Aber ich bin noch schlimmer, deswegen kann ich das sogar nachvollziehen. Mir fällt eigentlich nur ein Ort ein, an den ich flüchten kann und will. Ich hätte kein Problem gehabt, Weihnachten allein mit dem Alkohol und irgendwelchen alten Filmen zu verbringen, aber … nein. Jetzt ist mir die Idee gekommen, also werde ich sie auch umsetzen. Hastig stehe ich auf, halte mich kurz am Tresen fest und blinzle das kurze Schwindelgefühl weg, ehe ich in meinem Wohnzimmerschrank nach einer noch vollen Flasche Whiskey suche. Ich finde Scotch und nehme an, das wird reichen. Jacke, Schlüssel und raus.
Zu Fuß brauche ich gut 45 Minuten bis zu Maxwells Wohnung, doch als ich läute, macht mir niemand auf. Erst dann wird mir bewusst, dass er Weihnachten vielleicht mit seinen Kindern und seiner Ex-Frau verbringt. Ich bin ein Idiot. Der Himmel gibt mir auch keine Antwort, als ich ihn mit einem flehenden Blick frage, was ich jetzt machen soll. Der Drang, die Flasche selbst zu trinken, wächst, aber noch lasse ich sie zu. Es gibt noch eine Möglichkeit. Wenn ich Rory da auch nicht antreffe, dann kann ich mich immer noch in irgendeine Bar setzen und mich über die Weihnachtsdekoration aufregen. Und über den Schnee. Und die Kälte. Über die Einsamkeit und den Rest meines erbärmlichen Lebens.
Niemand will das. Nicht einmal das Schicksal.
Im Präsidium sitzen nur die, die Weihnachten noch mehr hassen als ich. Ich wünsche ihnen trotzdem schöne Festtage und bekomme die gleichen Wünsche zurück. Es hat nicht viel Bedeutung. Es gibt genug Leute, die auch an diesen Tagen arbeiten müssen und ich habe immer noch nicht verstanden, warum mir der Captain unbedingt freigeben musste, aber gut … ich habe aufgegeben, mich darüber aufzuregen. Er ist der Meinung, dass ich nicht 24 Stunden an sieben Tagen der Woche arbeiten kann und ja … vielleicht ist das wirklich so. Aber freie Zeit ist gefährlich für jemanden wie mich. Vor allem dann, wenn man keine Gesellschaft hat.
In der Medizinischen Abteilung finde ich sie. Und mein Herz macht einen Sprung, als ich die Tür öffne und höre, wie Rory mit irischem Akzent und unglaublich tiefer Stimme Jingle Bells aus seinem scheppernden Radio, das ständig nur schlechten Empfang hat, mitsingt. Gott … was liebe ich diesen Kerl! Ich stimme lauthals mit ein und grinse breit, als er von der Leiche, die er gerade seziert, aufblickt und mich mit einem breiten Strahlen Willkommen heißt.
»Nathan! Was für eine Überraschung! Komm näher, komm näher. Lass mich dir Dr. William Hemsworth vorstellen. Tot durch Sterben. Kennst du ja.«
Ich grinse breit und trete näher, während ich die Flasche Scotch in die Höhe halte. »Gestorben wird immer, nicht wahr? Hey, Rory.«
Ich falle ihm in die Arme, auch wenn er mich nicht direkt drücken kann. Handschuhe, Sterilität - das Übliche. Aber ich leugne nicht, dass ich froh bin, als er sich die Vinylhandschuhe abstreift, die Decke über der Leiche ausbreitet, sich die Hände desinfiziert und mich noch einmal an sich drückt - so richtig. »Was treibt dich denn hierher? Hatte Johnny dich nicht zum Abendessen bei sich daheim eingeladen?«
»Gott, woher weißt du das denn schon wieder?«
»Eine SMS von dir. Da war es gerade halb drei in der Nacht und nun ja … ich habe noch nicht geschlafen, habe aber aufgrund der Tippfehler nicht zurück geschrieben. Du hättest das eh nicht mehr gecheckt.«
»Du kennst mich eben viel zu gut.«
Wir lassen uns da nieder, wo wir immer sitzen, wenn wir zusammen sind und ich merke, dass es tatsächlich keinen besseren Ort gibt, um seine Sorgen zu vergessen. Das vertraute Rauschen im Radio, das nun White Christmas spielt, der Geruch nach Desinfektionsmittel und dem Tod, aber auch des starken Parfums, das Rory immer trägt. Seine Wärme. Er nimmt mir die Flasche ab, öffnet sie und schnuppert leicht. »Hm … ein guter Tropfen. Wo hast du den denn gefunden?«
»In meinem Schrank. Ich glaube, den hat mir mal irgendjemand geschenkt. Dean, glaube ich. Die steht da schon ein paar Jahre. Ich trink eher selten Scotch.«
Er schmunzelt und nimmt einen großzügigen Schluck. Ich lehne meinen Hinterkopf an den Schrank und sehe ihn an. Der üppige rote Bart, die buschigen Augenbrauen, die Sommersprossen unter seinen klaren, grünen Augen. Darüber … die wallende, rote Mähne. Wenn man sich einen Iren vorstellt, ohne jemals direkt einen gesehen zu haben, dann stellt man sich genau das vor. So ging es mir zumindest, als ich hier angefangen und ihn kennengelernt habe. Ein so schöner Mann und wenn ich betrunken bin, fällt mir das immer noch mehr auf. Vor allem auch, dass er einen schönen, geschwungenen Mund hat. Ich grinse dumm und nehme ihm die Flasche ab.
»Du siehst wieder man hervorragend aus, Rory.«
Er blinzelt in meine Richtung und lacht gröhlend. »Du hast schon zu Hause angefangen mit trinken, oder? Ich hoffe, du bist nicht mit dem Auto hier.«
»Nee … ich bin gelaufen. Bin schon froh, heil die Treppe runtergekommen zu sein.«
Mein Handy unterbricht uns und als ich auf das Display sehe, bekomme ich eine Gänsehaut und drücke den Anruf schnell weg, nur um das Gerät direkt auszuschalten. Ich kann vor meinen Problemen echt grandios davonlaufen. Das muss mir erst einmal jemand nachmachen. Ich lehne meinen Kopf an seine Schulter, ehe ich einen Schluck nehme und das Gesicht verziehe. »Gott … das Zeug kann man echt keinem anbieten.«
»Also mir schmeckt er. Wenn du ihn nicht willst, dann gib wieder her.«
»Na, na … nicht so hastig.«
Ich hebe die Flasche aus seiner Reichweite und kichere idiotisch, als er versucht, sie sich zu krallen und der Duft seines Parfums noch stärker wird und sein Bart meine Nasenspitze kitzelt. Ich überwinde die Distanz und drücke einen feuchten Schmatzer auf seine Wange. Er bekommt die Flasche und nimmt sie an sich, während er genauso seltsam vor sich hin grinst, wie ich es vermutlich die ganze Zeit tue.
»Ist immer wieder schön, nicht allein trinken zu müssen. Gerade heute.«
»Mhm … warum bist du nicht bei deiner Familie?«
Er verzieht das Gesicht und ich bereue die Frage schon. Er ist ein Einzelgänger, so wie ich und nach der Scheidung hat er seine Kinder und seine Ex auch nicht mehr allzu oft gesehen. Alle erwachsen, alle mit einem eigenen Leben. Das ist dann vermutlich nicht so einfach. Ich bin auch erst morgen bei meinen Eltern eingeladen, weil Natalie sich nicht eher freinehmen konnte. Vielleicht hätte ich mir das eher bewusstmachen sollen. So sitze ich abermals mit einem Kater am Tisch und will nichts essen. Ich bin wirklich ein Idiot.
»Wir feiern erst übermorgen und dann gibt es auch nur Kaffee und Kuchen. Wir haben nach der Scheidung keine große Sache mehr draus gemacht. Wir schenken uns irgendwelche Gutscheine, wünschen uns ein Frohes Fest und gehen wieder unserer Wege. Das ist nicht schön, aber nun einmal Tradition, wenn man es so nennen will.«
»Das ist furchtbar traurig, Rory. Zum Glück hast du mich.«
Er gluckst leise und lehnt seinen schweren Kopf an meinen, nachdem er einen weiteren Schluck genommen hat. »Ja, das stimmt. Du lässt mich nie im Stich. Deswegen hab ich dich so gern, Nathan.«
»Ich mag dich auch, Rory.«
Das hier ist so viel besser als ein Essen bei Johnny und Sam. Wäre die blonde Hexe nicht abwesend, wäre es auch noch in Ordnung gewesen, aber ich will einfach nicht mit jemanden an einem Tisch sitzen, der mich so sehr hasst. Da verbringe ich meine Zeit lieber mit meinem Lieblingsiren und dem Alkohol. Und einem toten Doktor auf dem Seziertisch. Wenn man einen Gerichtsmediziner kennt, muss man pragmatisch werden. Eine Leiche ist tot und bekommt nichts mehr mit. Man kann auch nichts mehr tun, um sie wieder lebendig zu machen, also … nehme ich die Flasche wieder zurück und trinke. Ein ständiger Wechsel - bis sie nichts mehr hergibt und wir mehr liegen als sitzen. Ich schnaube zufrieden und bin so schrecklich müde. Meine Gedanken ergeben keinen Sinn mehr, aber meine Finger sind mit denen von Rory verflochten und mehr brauche ich gerade nicht.
Was würde ich nur tun, wenn ich ihn nicht hätte?
warning: alkoholmissbrauch,
original character: nash,
adventskalender 2017,
format: oneshot,
warning: alkohol,
format: original,
genre: fluff,
original character: rory