The 21st of December

Dec 23, 2017 18:28


Adventskalendertürchen: 21/24

Fandom: original

Characters: Evander & Samuel

Genre: mystery, fantasy, drama

Rating: P-12

Warning: loneliness, mention of mental health issues

Die Weihnachtszeit war für viele Menschen eine schöne Tradition, die viel mit Familie, Liebe und Zusammensein zu tun hatte. Für den jungen Mann mit der fast weißen Haut und den noch helleren Haaren war sie das komplette Gegenteil. Die Einsamkeit fraß ihn innerlich auf, die vielen Lichter überall blendeten ihn und durch die langen Abende und Nächte fiel er mehr auf, als an den hellen, warmen Tagen des Sommers. Hätte er ein Zuhause, dann würde er sich verkriechen und erst im Frühling wieder einen Schritt vor die Tür setzen, doch leider … gab es einen solchen Ort für ihn nicht. Niemand wollte ihn. Nirgendwo konnte er lange bleiben. Es war ein ewiger Kreislauf, dem er sich nicht entziehen konnte, so sehr er es auch immer wieder versuchte.

Daran war nicht einmal er selbst schuld. Nicht direkt zumindest. Es war seine Abstammung, die ihn immer wieder einen Strich durch die Rechnung machte. Dieser Körper … er hasste ihn so sehr. Bevor sie ihn verstoßen hatten, hatten sie ihm beigebracht, dass er eines sehr reinsten und schönsten Wesen war, die auf dieser Welt existierten und dass er nicht leben konnte, wenn er diese Reinheit mit Boshaftigkeit und falschen Idealen verunreinigte. Nun … sie hatten gelogen, denn er lebte noch. Jetzt musste er ein Leben unter den Menschen fristen, zu denen er genauso wenig gehörte wie zu seinesgleichen. Sie mieden ihn wegen seiner weißen Haut und seinen weißen Haaren. Sie starrten auf das Mal an seiner Stirn, das von Elfenbein durchstoßen wurde, sobald er zu emotional wurde. Ob nun aus Angst, aus Wut oder weil er sich verliebte. Dieses … Horn … verjagte jeden - selbst jene, von denen er geglaubt hatte, er wäre ihnen wichtig gewesen. Irgendwann hatte er gelernt, niemandem mehr zu vertrauen und nur für sich allein zu bleiben. Doch in solch einer festlichen, romantisch angehauchten Zeit war es schwer, an diesem Glauben festzuhalten. Er fühlte sich allein, ihm war kalt und er wollte doch einfach nur geliebt werden - so wie er war, was er war. Leute eilten an ihm vorbei. Er war dem Ausweichen überdrüssig, doch es geschah von selbst. Elegant bewegte sich sein Körper hin und her. Nicht einmal die vielen Geschenktüten, die an ihm vorbei getragen wurden, streiften seine Beine. Hunger verspürte er keinen und doch waren diese Gerüche, die hier und da seine Nase umschmeichelten, so verführerisch, dass er sich wünschte, er würde so etwas wie Geld besitzen, um sich etwas zu kaufen - allein des Genusses wegen. Auch zu einem wärmenden Glühwein würde er nicht nein sagen. Aber das alles brauchte er nicht, deswegen machte er sich nie Gedanken über die Beschaffung. Die Sachen, die er am Leibe trug, hatte er in einem Altkleidercontainer gefunden, den jemand anders aufgebrochen hatte. Sie rochen nicht mehr allzu frisch, aber sie stanken nicht. Das war ihm am wichtigsten. Körpergeruch war im fremd. Wie so viele Dinge in dieser neuen Welt, auch wenn er nun schon einige Monate hier lebte. Er würde sich nie daran gewöhnen.

Er zog sich die dunkle Kapuze tiefer ins Gesicht, als es begann zu schneien. Er mochte Schnee. Da konnte er sich am besten verstecken. Allerdings nur nackt. Und dafür war es dann doch zu kalt. Sein Sichtfeld veränderte sich durch den tiefer gezogenen Kopf. Als er in eine Seitengasse abbog, um sich einen Treppenaufgang zum Sitzen zu suchen, traf er auf Widerstand.

»Entschuldigung«, murmelte er leise, ohne aufzusehen, denn offensichtlich war er in jemanden hineingelaufen.

»Du musst dich nicht entschuldigen. Ich habe auch nicht aufgepasst.«

Die Stimme war dunkel und brummig, trotzdem war es lange her, dass er so einen sanften und warmen Klang zu Ohren bekommen hatte. Schon gar nicht, wenn es an ihn gerichtete Worte gewesen waren. Scheu hob er seinen Blick und blickte in ein Gesicht, das so dunkel war wie der Hoodie drumherum. Auch die Augen waren nahezu schwarz und sie sahen ihn entschuldigend an. Er war so fasziniert, dass er kein Wort über die Lippen brachte. Der Andere sah ihn an, lächelte leicht und machte dann Anstalten, an ihm vorbei zu gehen. Dann blieb er jedoch stehen und drehte sich zu ihm herum.

»Wo … willst du denn hin? In der Gasse gibt es nichts und sie endet in einer Sackgasse. Da solltest du dich nicht herumtreiben. Ist nicht die sicherste Gegend.«

»Ich … ich wollte mich nur kurz etwas hinsetzen und mich ausruhen. Ich bin schon … nun ja … den ganzen Tag unterwegs. Dieser ganze Trubel ist sehr ermüdend.«

Gespräche zu führen, war eine schwierige Sache. Er war nie darauf vorbereitet und wusste auch selten, was er sagen sollte. Er fühlte sich überall so fehl am Platz. Doch der Fremde schien sich an seiner Unsicherheit nicht zu stören. »Oh … okay. Was dagegen, wenn ich dir Gesellschaft leiste?«

»Hm … nein. Nein, ich denke nicht.«

Sie ließen sich auf ein paar Stufen nieder. Es war ein seltsamer Moment, den er nicht zuordnen konnte. Jemand wollte freiwillig Zeit mit ihm verbringen. Er erklärte es sich damit, dass der Andere ihn nicht kannte. Es würde also nur einige Augenblicke so sein wie jetzt und dann … würde es wieder zu Ende gehen, so wie alles vorher.

»Ich mag Weihnachten nicht. Menschen werden zu regelrechten Furien, weil sie alle alles auf den letzten Drücker erledigen.«

»Hm … ja. Irgendwie schon. Ich weiß nicht viel von Weihnachten, außer dass es zu hell und so hektisch ist.«

»Du weißt nicht viel über Weihnachten? Warum nicht?«

Das brachte ihn in die Bredouille. »Ich … feiere es nicht. Also … meine Familie hat es auch nie gefeiert.«

»Das klingt traurig.«

»Warum sitzt du dann hier neben mir und feierst nicht?«

Der fremde Mann senkte den Blick und blickte auf seine dunklen Hände hinunter. Sie fielen in der Dunkelheit, die in der Gasse herrschte, kaum auf und auch das war ihm so neu. Dagegen leuchtete seine weiße Porzellanhaut regelrecht. Zum Glück versteckte er sie in den Ärmeln seines Oberteils. Nur leider konnte er sein Gesicht nicht gänzlich verstecken. Es schien den neben ihm Sitzenden jedoch nicht zu stören. Bis jetzt nicht. »Ich habe niemanden, mit dem ich es feiern kann und nun ja … mehr, als mich hier draußen unter einen der aufgestellten Tannenbäume zu setzen, bleibt mir nicht. Aber ich mag, wie es überall riecht. Aber dass es nachts so kalt ist, ist nicht so schön.«

»Du lebst auch auf der Straße?«

»Ja … schon einige Jahre. Ich finde wegen meiner bipolaren Störung keine Arbeit. Und um mich mit Ämtern herumzuschlagen, fehlt mir schlichtweg die Energie. Deswegen … bleibt mir kaum etwas anderes übrig. Aber ich komme über die Runden. Bisher zumindest.«

Dagegen wirkten seine eigenen Motive, auf der Straße zu leben, nahezu lächerlich. Er könnte sicher irgendwo arbeiten. Wenigstens zeitweise. Aber nach all den Erfahrungen, die er gemacht hatte, wagte er es nicht, zumal Geld für ihn keine Notwendigkeit war. Einer der wenigen Vorteile, so zu sein wie er. »Ich … ich heiße Evander. Wollen wir … ich meine … wir könnten Weihnachten zusammen verbringen. Dann … wären wir nicht allein. Okay. Es ist sicher seltsam, das von einem Unbekannten zu hören. Tut mir leid.«

»Du hast mir deinen Namen verraten, also sind wir uns gar nicht mehr so fremd.« Der junge Mann schenkte ihm ein Lächeln. »Ich heiße Samuel. Und es klingt nicht allzu abwegig. Ich kann dir nur leider nicht viel bieten.«

Er lächelte leicht, als er auf seine Ärmel hinuntersah. »Du redest mit mir. Das ist schon mehr, als ich erwartet habe. Und das nur, weil ich in dich hineingerannt bin.«

»Manche Begegnungen passieren so.«

»Ja, vermutlich.«

Die Einsamkeit hörte auf, an seinen Innereien zu nagen. Die Spannung in seiner Stirn ließ nach. Hoffentlich blieb sie weg. Nichts wäre ihm im Moment unangenehmer als das Horn, dass durch seine Schädeldecke brach und den Anderen verschreckte. Wenn er es schaffte, dass er sich nicht verliebte, dann sollte es gut gehen. Er durfte sich nicht von der Nettigkeit des Anderen einlullen lassen. Schon zu oft war ihm das zum Verhängnis geworden und letztlich hatte ihn das aus seiner Welt vertrieben. Das sollte ihm eine Lehre sein, nicht wahr?

original character: samuel, genre: drama, original character: evander, adventskalender 2017, format: oneshot, format: original, genre: mystery, genre: fantasy

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