Dec 05, 2017 20:18
Adventskalendertürchen: 5/24
Fandom: One Piece
Characters: Ace & Sabo, Marco
Widmung: für Votani
Genre: hurt/comfort, AU
Rating: P-12
Prompt: Teleschnecke
Wenn es etwas gab, das Ace abgrundtief hasste, dann war es der Dienst an den Teleschnecken. Es war nicht so, dass er dafür schon oft eingeteilt worden war. Seine Zuverlässigkeit dahingehend ließ zu wünschen übrig. Der Grund, warum er diese Aufgabe so hasste, war die Langeweile, die ihn schon überkam, wenn er nur danach dachte. Und trotzdem hatte er dieses Mal niemanden gefunden, der seine Schicht übernehmen wollte. Selbst Marco, den er mit Herzaugen und halb auf Knien angefleht hatte, ihm diese öde Arbeit abzunehmen, hatte ihn abgewiesen, weil er gerade hochkonzentriert neue Karten zeichnete. Davon ließ er sich von niemandem abbringen. Thatch hatte ihn nur wissen lassen, dass niemand diesen Dienst gern machte und jeder der Kommandeure früher oder später dran war. Ace war sich dessen bewusst, was nichts an dem absoluten Mangel von Motivation änderte.
Es läutete auch einfach keine der zehn Teleschnecken, als er sich endlich aufraffen und seinen
Vorgänger ablösen konnte. Gefühlte Ewigkeiten vergingen und der Drang, einfach zu gehen, wurde immer stärker. Aber ihr alter Herr würde ihm das wohl sehr übel nehmen. Er war stolz auf die Einsatzbereitschaft seiner Mannschaft. Ace wollte da keine Kerbe hineinreißen. Er kippelte, der lümmelte, er überlegte, ob es Menschen gab, die er anrufen könnte, nur um sich zu beschäftigen, bis jemand etwas von Whitebeard wollte. Aber ihm fiel nur Luffy ein und wie er den erreichen sollte, wusste er nicht. Besaß sein kleiner Bruder überhaupt eine Teleschnecke und wenn ja, wusste er dann, wie man sie benutzte? Er hatte da so seine Zweifel.
»Man … das hält doch keiner aus«, ächzte er verloren in die Leere des Raumes, als er halb auf dem Tisch lag und die Finger in seine Haare gegraben hatte. Er starrte die Schnecken an und sie sahen gelangweilt zurück. Irgendwo auf dem Deck wurde es lauter. Wurde hier gerade Sake ausgeschenkt? Ace fluchte und setzte sich auf. Er lehnte sich weit zurück, um aus dem Bullauge sehen zu können und noch weiter, um auch tatsächlich ein paar Schemen wahrzunehmen.
Dass in diesem Moment eine der Schnecken ein »Bölle, Bölle, Bölle«, von sich gab, hatte er nicht erwartet. Der Stuhl unter seinem Po rutschte durch sein Zusammenzucken weg und Ace krachte der Länge nach auf den Boden. Er japste einen Fluch, weil ihm der Sturz alle Luft aus den Lungen gepresst hatte, ehe er seine Gliedmaßen sortierte und einen Moment brauchte, um die klingelnde Teleschnecke zu orten. Es war eine gelbe Schmecke mit dicken Augenbrauen und einem Hauch rot im Blick. Ein gruseliger Geselle, doch darüber konnte Ace jetzt nicht nachdenken. Er griff nach dem kleinen, quadratischen Hörer und hob ab.
»Hallo?«
»Hallo … wer spricht denn dort?«
»Portgas D. Ace - Whitebeards zweiter Kommandant.«
»Was für ein netter Zufall. Ich komme endlich durch und habe gleich dich in der Leitung.«
Ace runzelte die Stirn. Er hatte keine Ahnung, wem er diese Stimme zuordnen sollte. Aber offenbar wollte der Anrufer etwas von ihm.
»Wer … bist du?«
»Das tut nichts zur Sache, aber glaube mir … ich bin sehr glücklich, deine Stimme zu hören. Wirklich. Du hast mir so gefehlt, Ace.«
Langsam entfernte sich der Hörer etwas von seinen Lippen und er starrte ihn verwirrt an. Auch die Schnecke ließ nicht wirklich verlauten, wer da am anderen Ende saß und solche seltsamen Sachen sagte. Dieser Fremde hatte ihn vermisst? Woher kannten sie einander? Ein Verflossener konnte es nicht sein. Diese Liste war nicht sonderlich lang. Eigentlich stand da nur ein Name und den dazugehörigen Menschen würde er nicht unbedingt als verflossen bezeichnen. Kurz dachte er an Marco und dass er vermutlich gerade von Thatch oder Vista einen Krug Sake in seine Kajüte gebracht bekam, während er hier weiter auf dem Trockenen saß.
»Ich habe keine Ahnung, wer du bist. Ich kann also nicht wirklich behaupten, dass ich dich auch vermisst habe. Tut mir leid.«
»Das ist okay, Ace. Dass ich mit dir sprechen kann, ist alles, was ich brauche. Ich verlange nichts. Erzähl mir nur, wie es dir ergangen ist, wie es dir jetzt geht. Ich will alles wissen.«
»Wie kommst du darauf, dass ich dir meine Lebensgeschichte erzähle? Ich kenne dich nicht.«
»Glaub mir … das tust du. Du würdest es nur nicht glauben, wenn du es wüsstest.«
Langsam wurde die Feuerfaust neugierig. Das sollte nicht so laufen. Er sollte fragen, wie der Fremde diese Leitung entdeckt hatte und was er von ihm wollte, aber … er konnte nichts.
»Warum denkst du, dass ich es nicht glauben würde?«
»Weil …« Es rauschte leise in der Leitung. Die Schnecke schloss die Augen und verzog die kunstvoll angemalten Lippen. Als Ace gerade nachfragen wollte, ob sein Gesprächspartner noch in der Leitung war, kehrte die Stimme zurück. »Verzeih mir … wir müssen später weiter reden. Ich muss los.«
»Aber …« Der Andere hatte längst aufgelegt. Er hörte nur noch sein eigenes Echo im Hörer. »So ein Mist!«
Da passierte ein Mal etwas Interessantes und dann fand es so ein Ende. Der Fremde hatte gesagt, er würde sich später wieder melden. Wann war später? Ace raufte sich ein weiteres Mal die Haare und stand vom Stuhl auf, um zur Tür zu gehen. Das Warten ertrug er nicht nüchtern.
»Bringt mir jetzt mal einer einen Sake, oder was?«
Er brüllte es so laut er konnte. Irgendeiner würde das schon hören und Erbarmen mit ihm haben. Das hoffte er zumindest.
-
Es war schwer, sein plötzliches Interesse an den Teleschnecken zu rechtfertigen. Gegenüber Marco behauptete er, sich das alles viel schlimmer vorgestellt zu haben und es doch recht unterhaltsam zu finden, sich mit wildfremden Menschen zu unterhalten. Das zog seinen Entschluss, so gut wie jeden Dienst zu übernehmen, nach sich. Doch irgendwann reichte das dem Kommandanten der ersten Division nicht mehr aus. Er kam ihn immer öfter in der recht einsam gelegenen Kabine besuchen, brachte ihm Kaffee und Essen und fragte ihn über die bisherigen Anrufer aus. Ace konnte so einige Geschichten erzählen, doch je mehr er sich aus dem Ärmel schüttelte, desto skeptischer wurde Marco und es war schon immer schwer gewesen, dem Blonden irgendetwas vorzumachen. Der kannte ihn einfach zu gut. Deswegen knickte Ace irgendwann ein und gestand seinem Freund das Telefonat, das nun schon vier Tage zurücklag. Mittlerweile hatte der Winter auch diesen Bereich der Grandline erreicht und sie mussten alle paar Stunden den Schnee vom Deck fegen. Dass er sich mit der Ausrede die Schnecken zu überwachen, erfolgreich davor drückte, würde bald auch anderen Mitgliedern der Bande auffallen, was unweigerlich zu noch mehr Fragen führen würde. Ace konnte das nicht riskieren.
»Okay … ich sage dir ja schon, warum ich jeden Tag hier sitze«, brummte Ace mit verschränkten Armen, während Marco in einer ähnlichen Haltung neben der Tür an der Wand lehnte und ihn einfach nur ansah, weil er nichts sagen musste, um Ace unter Druck zu setzen. Das war ein gegebenes Ding und nicht selten fluchte der Schwarzhaarige noch im Schlaf darüber - mit dem Blonden an seiner Seite.
Marco schmunzelte nur. »Du kannst wirklich nichts für dich behalten, eh?«
»Hast du mal in den Spiegel gesehen? Du machst das doch mit voller Absicht!«
»Ich habe keine Ahnung, was du meinst.«
Ace öffnete den Mund zum Protest und entschied sich dann doch dagegen. Je länger das hier dauerte, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass die Teleschnecke mit dem geheimnisvollen Fremden klingelte, wenn Marco noch hier war. Also rückte er stattdessen mit der Sprache heraus, auch auf die Gefahr hin, seinen Freund damit zu verärgern, auch wenn er daran zweifelte, dass das überhaupt möglich war. Marco brachte nichts aus der Ruhe. »Ich … habe vor ein paar Tagen einen Anruf entgegen genommen, der für mich war und der, der da gesprochen hat, scheint mich zu kennen. Ich kenne ihn allerdings nicht und da er gesagt hat, dass er noch einmal anruft, warte ich darauf, dass er es tut. Ich möchte wissen, wer er ist. Vielleicht verrät er es mir bei unserem nächsten Gespräch. Er meinte, dass er mich vermisst hat … warum auch immer.«
»Und du hast keine Ahnung, wer es sein könnte?«
Kein Anflug von Eifersucht oder Zorn. Ace war beruhigt. Er hob die Schultern und sah zu der gelben Schnecke. »Nein … ich weiß es wirklich nicht. Ich hatte genug Zeit, um mir den Kopf darüber zu zerbrechen, aber ich komme einfach nicht drauf. So viele Leute kenne ich nicht.«
»Vielleicht jemand aus deiner frühen Vergangenheit?«
»Daran habe ich auch schon gedacht, aber die klingen alle anders und wenn, dann würden sie vermutlich auch nicht so Kontakt zu mir aufnehmen.« Ace seufzte leise, ehe er die Schultern sinken ließ. »Nun … ich kann nur warten. Das ist jedenfalls der Grund dafür, warum ich nur noch hier bin.«
»Nun … es ist ein guter Grund. Aber lasse dich nicht so gehen und vergiss nicht, dass es auch noch andere Menschen gibt, denen du schnell mal fehlst.« Marco kam auf den Jüngeren zu, setzte einen flüchtigen Kuss auf den schwarzen Scheitel und verließ die Kabine dann. Für einen kurzen Augenblick wollte Ace ihm nach, dann besann er sich eines Besseren und stopfte sich die Brote in den Mund, die Marco ihm mitgebracht hatte.
Wie lange wollte der Fremde ihn eigentlich noch warten lassen? Er hatte das letzte Gespräch so abrupt unterbrochen. Ob er okay war? Vielleicht war ihm etwas passiert und Ace kannte nicht einmal seinen Namen oder wusste, wo er sich aufhielt. Das war kein sonderlich gutes Gefühl und kein sonderlich rationales. Er wusste auch nicht, was mit ihm los war. Irgendetwas an dieser Stimme - selbst wenn sie ein wenig verfälscht worden war - war ihm so vertraut vorgekommen, aber auch bei seiner Analyse dahingehend war er noch nicht viel weiter gekommen. Das war anstrengend. Warum hatte ihm der Kerl nicht einfach seinen Namen genannt?
-
Er schlief, als eine der Teleschnecken wieder läutete. Es waren lautere Ringtöne nötig, um Ace aufzuwecken. Erst wusste er nicht, was passierte, dann … war er hellwach. Die gelbe Schnecke - sie wackelte hin und her. Ace griff fahrig nach dem Hörer, strich sich die Haare zurück und versuchte das Zittern aus seiner Stimme zu verdrängen, aber es gelang ihm nicht. »Hey … bist du es?«
»Ja … verzeih mir, dass ich so lange auf mich habe warten lassen. Ich hatte viele Dinge zu erledigen. Die hatten leider Vorrang.«
»Das … ist in Ordnung. Ich erwarte noch eine Antwort auf meine Frage. Dafür hat sich das Warten gelohnt.«
Am anderen Ende war ein leises Lachen zu hören. »Du bist nicht selbst drauf gekommen?«
»Nein. Ich kenne nicht so viele Leute. Das schränkt die Auswahl ein, aber … ich denke, du warst nicht dabei. Wer bist du?«
»Wir … kennen uns von früher«, fing der Fremde an und Ace stellte sich vor, wie der junge Mann da auf der anderen Seite dasaß und in die Sprechmuschel sprach. Denn er konnte nicht viel älter sein als er selbst. Vielleicht wollte Ace aber auch nur, dass dem so war. Er fühlte sich so seltsam und es wurde nicht besser, als der Andere weitersprach. »Wir haben zusammen getrunken und geschworen, wir würden gefürchtete Piraten werden. Wir haben nur Unsinn angestellt. Daran erinnerst du dich sicher.«
Ace schloss die Augen. Das war unmöglich. Die Explosion, das Feuer … er hatte es gesehen. Er legte sich die Hand auf den Bauch, versuchte so das Rumoren einzudämmen, das ihm heimsuchte. Es endete darin, dass er seine Finger in sein Shirt grub. »Das … ist nicht möglich. Du machst dich lustig über mich.«
Irgendjemand spielte ihm einen Streich und wollte ihn mit diesen schmerzlichen Erinnerungen fertig machen. Es war nicht schwer, an sie heran zu kommen.
Der Mann am anderen Ende seufzte leise und es klang viel zu verletzlich. »Das tue ich nicht, Ace … glaube mir. Ich habe so lange gebraucht, um mich wieder zu erinnern. An Luffy, an dich … ihr seid meine Brüder. Wir haben darauf getrunken, in der Nähe unseres Versteckes. Unser Schatz … weißt du noch?«
Das tat Ace.
Er wollte sich das Herz aus der Brust reißen, weil es gerade so schnell schlug, dass er kaum noch Luft bekam. »Sabo?«
Es war nicht mehr als ein Krächzen und die Tränen waren schneller als sein nächster, tiefer Atemzug. Eine Antwort bekam er nicht, aber er hörte ein Schluchzen auf der anderen Seite und gerade wünschte er sich nichts mehr, als sich zu dem Ort teleportieren zu können, an dem Sabo war. Im Moment war Ace wirklich froh, dass niemand sonst hier war und dass sich auch keine der anderen Teleschnecken zu Wort meldete. Er umarmte die gelbe Schnecke vor sich wie er Sabo gerade umarmen würde, auch wenn er sich durchaus darüber im Klaren war, dass sein Bruder es nicht spüren und auch nicht sehen konnte. Es war egal. Alles war gerade egal. Er wollte so viele Dinge sagen. Er wusste nicht, mit was er anfangen sollte und auch Sabo schien vollkommen überfordert zu sein, dabei hatte er es doch viel eher gewusst. Aber Ace war auch nicht bei einer Explosion zu Tode gekommen.
Nicht so wie sein totgeglaubter Bruder. Da waren so viele Emotionen. Aber leider geschah wieder das, was auch bei ihrem ersten Gespräch passiert war. Das Schluchzen stoppte, dann war es eine ganze Weile ruhig. Und schließlich … zerschmetternde Worte.
»Die Leitung ist nicht mehr sicher. Verflucht! Ich muss Schluss machen. Ich werde eine andere Möglichkeit finden, mit dir in Kontakt zu treten. Warte auf mich, Ace … bitte.«
»Sabo, nein … ich …!«
Rauschen. Die Schnecke in seinen Armen entspannte sich. Sabo war fort. Ace starrte in die leblosen Augen des Apparates und spürte schon wieder zu viele Tränen und zu viel Schmerz. Es fühlte sich fast so an wie damals. Dieses Gefühl hatte sich so sehr eingebrannt, dass er es nie vergessen würde.
Erst eine warme Hand brachte ihn ins Hier und Jetzt zurück. Erst strich sie über seinen Arm, dann über seine Haare und seinen Nacken. Er hörte leise seinen Namen und drehte sich nur halb herum, nur um sein Gesicht gegen eine nackte Brust zu drücken - an die weiße Tätowierung von Whitebeard. Er musste nichts erklären. Marco hielt ihn einfach nur fest und würde nicht damit aufhören, bis es Ace wieder besser ging.
genre: drama,
pairing: sabo/ace,
fandom: one piece,
warning: angst,
pairing: marco/ace,
genre: alternative universe,
adventskalender 2017,
format: fanfiction,
genre: hurt/comfort,
format: oneshot