The 3rd of December

Dec 03, 2017 12:08


Adventskalendertürchen: 3/24

Fandom: Original, PhobiaAU

Characters: Dominik & Mischa

Widmung: für Isaac

Genre: hurt/comfort. fluff

Rating: P-12

Warning: social phobia, stress

Eine vorsichtige Berührung schreckte Dominik aus seinem unruhigen Schlaf. Sein Körper reagierte viel schneller als sein Verstand. So war es immer. Deswegen tat es ihm sofort leid, als er in die grau-grünen Augen blickte und nur am Rande wahrnahm, dass Mischas Hand, die er im Affekt weggeschlagen hatte, noch etwas verloren in der Luft schwebte.

»Oh … tut mir leid«, murmelte er leise und wollte sein Gesicht sofort wieder ins Kissen graben, doch die Finger kamen zurück und schoben sich sanft in seine dunklen Haare. Momente, in denen ihm auffiel, dass er sie dringend wieder abrasieren sollte, aber hey … draußen war es mittlerweile eigentlich zu kalt für einen radikalen Kurzhaarschnitt.

»Schon gut. Entschuldige dich nicht. Wie fühlst du dich?«

Dominik ließ sich durch den sanften Druck der Streicheleinheiten beruhigen und drehte den Kopf so, dass er seinen Freund ansehen konnte. »Ich habe nicht gut geschlafen.«

»Das habe ich gemerkt. Und wie ist es jetzt?«

Solche Fragen zogen meist nach sich, dass Mischa ihn fragen würde, ob er mit nach draußen kommen wollte. Ein seichtes Gefühl der Panik kroch in seinen Eingeweiden nach oben und saugte sich kratzend in seiner Kehle fest. Aber es war … nicht so schlimm wie sonst. War heute ein guter Tag? Dominik schloss die Augen. Schon allein diese Gedankenflut, die sofort über ihn hereinbrach, ließ den Impuls wachsen, sich die Decke einfach wieder über den Kopf zu ziehen, während eine leise Stimme im Hinterkopf ihn daran erinnerte, dass er den Tschechen nicht jedes Mal aufs Neue enttäuschen wollte. Ein ständiger Kampf darum, überhaupt erst einmal aus dem Bett zu kommen.

»Was hast du denn vor?«, fragte er deshalb leise und ihre Blicke fanden einander wieder. Mischa sah schön aus. Frisch geduscht. Die Haare hingen ihm ein wenig wirr in die Stirn und er roch nach Pfefferminz. Zu den Langschläfern zählte Mischa definitiv nicht.

Der rückte auch sofort mit der Sprache raus. »Sieh mal nach draußen!«

Die Neugier reichte aus, um sich aufzusetzen. Dominik strich sich über die müden Augen und ließ seinen Blick zum Fenster wandern. Draußen … war alles weiß. Es hatte zum ersten Mal geschneit und das nicht gerade wenig. Das Fenster war nur noch teilweise zu sehen. Eine etwa dreißig Zentimeter hohe Schicht hatte sich draußen auf dem Brett aufgeschichtet. An dieser Seite der kleinen Wohnung lag immer das Wetter an.

»Es hat geschneit …«

Das erklärte auch die Kälte, die ihn erfasste, jetzt da sein Oberkörper nicht mehr von der Decke geschützt wurde. Er erschauderte und wollte sich wieder einkuscheln, als Mischa nach dem noch warmen Stoff griff und ihn festhielt. »Vergiss es! Komm … gönn dir eine heiße Dusche! Ich mache derweil Kaffee und dann schauen wir mal, ja?«

Dominik verzog das Gesicht. »Aber es ist so kalt. Bis ich im Bad bin, bin ich erfroren.«

»Ich habe es auch überlebt und an mir ist viel weniger dran als an dir, also los, hopp!«

Widerrede waren zwecklos, das sah Dominik ein, als er selbst den Kampf um die Decke, der nur kurze Zeit später ausbrach, nicht für sich entscheiden konnte. Dabei war er doch der Größere und Stärkere …

-

Sie tranken Kaffee, hörten Radio und plauderten ein wenig. Doch je mehr Zeit verging, desto gestresster fühlte sich Dominik. Er wusste, dass er Mischa aufhielt und tat gleichzeitig nichts, um daran etwas zu ändern, weil sich alles in ihm dagegen sträubte. Aber eigentlich … mochte er Schnee und er würde schon gern nach draußen gehen. Es war nur schwer, sich so viel Freude einzureden, um es tatsächlich in die Tat umsetzen zu wollen.

Irgendwann griff Mischa nach seiner Hand und streichelte mit dem Daumen über seine Haut. »Ich möchte ein paar Sachen einkaufen. Ich brauche neue Leinwände. Kommst du mit? Wir könnten eine Runde durch den Schnee laufen. Vielleicht haben sie irgendwo eine Eisbahn gebaut. Das wäre doch cool, oder?«

Dominik wünschte sich, Mischa müsste nicht alles hinterfragen, aber es war gut, dass er das tat und so auf ihn einging. Er wollte ihm so gern etwas zurückgeben und deshalb … nickte er langsam und drehte die Hand, um seine Finger mit denen von Mischa verflechten zu können. »Ja … das klingt wirklich gut. Ich hätte Lust auf warmen Met.«

»Den kannst du bekommen. Ich habe noch etwas Geld vom letzten Bildverkauf beiseite gelegt. Das ist doch eine gute Gelegenheit, um es auszugeben.« Und diese Worte wurden von einem Schmunzeln untermalt. Mischa war wie ein Licht in der Dunkelheit, wenn er so freudig lächelte und wie immer wünschte sich Dominik, dieses Lächeln öfter sehen zu können.

-

Draußen rannte eine Frau mit Kinderwagen fast in sie hinein, kaum dass sie auf den Bordstein traten. Das ließ den gesammelten Mut schon wieder verfliegen. Trotzdem wurde Dominiks gehetzter Blick auf seinen eigenen Atem gelenkt, der deutlich sichtbar vor seinem Mund auftauchte. Ihm war nicht bewusst gewesen, dass es draußen schon so kalt war. Nun … der Himmel war wieder klar, anders als in der Nacht. Das zog eine beißende Kälte nach sich. Ein Räumfahrzeug bahnte sich seinen Weg durch die verschneite Straße und das wahrscheinlich nicht zum ersten Mal an diesem Vormittag. Am Rand erhoben sich schon regelrechte Schneebergketten.

»Ich schätze, der Winter ist da«, murmelte Mischa neben ihm, als er sich bei ihm einhakte. »Ich hoffe, es schneit jede Nacht so stark. Dann sieht man all den Dreck nicht mehr.«

»Hm …«

Dominik ließ seinen Blick wandern. Es waren sonst kaum Leute unterwegs, aber die eifrige Dame von eben saß ihm noch heftig in den Knochen. Aber als sie losgingen und die stark bewohnte Straße hinter sich ließen, konnte er wieder freier atmen. Das war gut so. Er liebte den Winter. Als er noch ein Kind gewesen war, hatte er sich meistens damit beschäftigt, die Eisblumen am Fenster zu beobachten und sie nachzuzeichnen. Das war nie einfach gewesen, aber eben eine Beschäftigung. Auch jetzt noch war er fasziniert davon, aber leider schneite es gerade nicht mehr. Er konnte also nicht die Flocken mit seinem Ärmel einfangen, um sie ansehen zu können.

-

»Sieh mal da«, murmelte Mischa leise und deutete auf ein Szenario, das Dominik schon längst entdeckt hatte. Eine Gruppe Kinder hatte sich auf einer Wiese zusammengefunden und versuchte wohl einen Schneemann zu bauen. Die erste Kugel - die Größte - stand bereits, denn die hatten sie nur rollen müssen. Doch eine zweite lag nicht weit von ihr entfernt. Sie war annähernd so groß wie die andere und sollte wohl auf dieser platziert werden. Nur leider hatte keiner der Knirpse die nötige Kraft dazu und deren Eltern saßen wohl zu Hause vor dem Fernseher und kümmerten sich nicht weiter um den Nachwuchs. Der Gedanke schmeckte bitter.

»Hm … die Kugel scheint denen zu schwer zu sein.« Mischa lächelte leicht. »Wollen wir ihnen helfen?«

»Ähm … nein? Ich meine …« Dominik schüttelte den Kopf. Mit Kindern konnte er nicht. Überhaupt nicht. Er war doch selbst so ein komisches Kind gewesen. Das steckte doch an … und die schienen so viel Spaß zu haben. Er wollte … konnte nicht …

Aber Mischa zog ihn schon in die Richtung und ihnen kam auch sofort eines der Mädchen entgegen. Ihre Wangen waren ganz rot von der Kälte und ihre blonden Locken quollen unter ihrer grünen Mütze hervor. »Hallo … könnt ihr uns vielleicht helfen? Mein Bruder und seine Freunde bekommen die Kugel nicht hoch.«

»Ja, wir sehen schon - da habt ihr euch ein bisschen überschätzt, hm? Das wird ein Monsterschneemann.«

Mischa lachte vergnügt und Dominik mochte den Klang. Er sah trotzdem ein wenig scheu zu den Kindern, die ihn alle so erwartungsvoll ansahen, als stünde schon fest, dass er den starken Mann spielen würde und sie aus ihrer Misere rettete. Dann sah auch sein Freund zu ihm hoch und lächelte ihn aufmunternd an. Dominiks Herz sackte ein paar Etagen tiefer, doch dann holte er einmal tief Luft und schätzte das Gewicht der Kugel. Nun … das würde er schaffen. Dann würde er sich nicht lächerlich machen. Jubel begleitete ihn, als er Mischa hinter sich ließ und sich der Kugel näherte.

»Sie muss genau mittig sitzen!«

»Ja … den Kopf haben wir auch noch gemacht! Und wir haben eine alte Dose, die wir als Hut nehmen wollen.«

»Und ein paar Zweige für die Arme!«

Wie aufgeregt die Kleinen waren. Und wie sehr ihn das überforderte. Dominik presste die Lippen zusammen und versuchte, sich mit ihnen zu freuen. Es dauerte, aber als er die schwere Kugel umfasste und anhob, da grinste auch er ein wenig. Wie kalt sie war und wie groß und schwer. Da hatten die Kinder ganze Arbeit geleistet. Ihm bereitete es jedoch keine Mühe, die Kugel auf die andere zu setzen. Als das erledigt war, kamen zwei Jungen schon mit dem Kopf an, den sie gemeinsam trugen. Der Schneemann war schon jetzt zu groß für sie. Also nahm Dominik ihnen lächelnd die kleinere Kugel ab und setzte sie oben drauf - samt der Dose, die ihm kurz darauf hingehalten wurde. Ja … das sah gut aus und schmerzlich erinnerte sich Dom daran, dass er selbst nie einen Schneemann gebaut hatte. Sein Lächeln erstarb, aber Mischa war schon wieder bei ihm.

»Schau, wie sie sich freuen. Das hast du gut gemacht.«

»Können wir gehen?«

»Klar.«

Mischa hatte noch Einkäufe zu erledigen und er wollte Dominik nicht mehr zumuten als nötig. Er konnte die Anspannung spüren, als er seine Hand in die des Größeren legte. Flüchtig war da der Gedanke, Dominik lieber wieder nach Hause zu bringen, doch da er es nicht von selbst ansprach, zog Mischa ihn einfach weiter in Richtung des Schreibwarenladens. Vielleicht hatte sein Freund einen besseren Tag als er selbst glaubte. Der entspannte sich auch wieder, als sie sich von den Kindern entfernten. Mischa war stolz auf ihn und nachdem sie auch gemeinsam ein paar Leinwände und neue Farben gekauft hatten, ohne dass Dominik fahrig und panisch geworden war, sprach Mischa es auch aus.

»Weißt du was? Ich bin stolz auf dich. Das ist ein guter Tag. Du hast einen Schneemann gebaut, hast mir im Laden Farben ausgesucht - das ist toll.«

»Das mit den Kindern war schon … grenzwertig.«

»Das habe ich gemerkt, aber du hast das gut gemacht. Jetzt können sich die Kleinen so lange an ihrem großen, kalten Freund erfreuen, bis der nächste Schneefall ihn wieder unter sich begräbt.«

»Aber ich schaufle ihn dann nicht für sie frei.«

Mischa lachte und schmiegte sich an den Arm, den er umfasst hielt. »Nein … morgen bleiben wir den ganzen Tag im Bett.«

»Das klingt nach einer guten Idee.«

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