Ficathon:
write your darlingsFandom: among heavy skies, original
Characters: Nevid, Nivaan & Miraj
Genre: drama, hurt/comfort, science fiction
Rating: P-16
Warning: blood (a bit)
Prompt: a kiss with a fist is better than none von
unpolar Alles, was er noch hörte, war das Brüllen von Miraj direkt in seinem Ohr.
Irgendetwas war explodiert - in diesem viel zu kleinen Raum.
Das Funkgerät hatte was abbekommen. Genau wie er selbst. Etwas Feuchtes rann an seinem Arm hinunter. Nevid brauchte nicht hinsehen, um zu wissen, dass es Blut war. Und diese Erkenntnis mischte sich mit den Rufen von Miraj, die immer wieder von verzerrtem Rauschen unterbrochen wurden.
Das Signal starb.
Sie saßen in einer Sackgasse.
Vor Minuten noch hatte Nivaan am Rande festgestellt, dass diese ganze Sache hier viel zu gut lief. Es gab Dinge, die man unerwähnt lassen sollte, damit das Karma nicht zuschlug. Das zuvor ... war so ein Moment gewesen.
Nevid drehte sich ächzend auf den Bauch. Sein ganzer Brustkorb fühlte sich an, als wäre er viel zu eng, um atmen zu können. Er war gegen die Wand gekracht. Aber im Moment machte er sich nicht um sich selbst die meisten Sorgen.
»Nivaan?«, krächzte er. Er konnte nichts sehen. So gut seine Tarnung in jeder Umgebung funktionierte - seine schwarzen Augen waren alles andere als hilfreich. Es war dunkel und Rauch füllte den kompletten Raum. Solange er direkt am Boden blieb, schien das Atmen bis auf die paar geprellten Rippen kein Ding der Unmöglichkeit zu sein, aber kriechend kam er nicht schnell genug voran. »Nivaan!«
Irgendwo von rechts erklang ein Ächzen.
Miraj brüllte immer noch in das Funkgerät. Seine Worte waren völlig unverständlich. Das war keine Hilfe.
»Miraj ... hör auf so zu schreien ...«
Da der Ältere der Brüder nicht aufhörte, nahm Nevid an, dass die Verbindung nicht mehr stabil genug war, um seine eigenen Worte in ihre Zentrale zu übermitteln. Er wusste, dass Miraj alles, was hier geschehen war, auf den Scannern hatte sehen können. Nur als Schemen, aber es reichte vermutlich aus, um ihn nun das Schlimmste befürchten zu lassen.
So einen Röntgenblick wünschte Nevid sich gerade auch. Er kroch in die Richtung, aus der das Ächzen gekommen war, aber er konnte Nivaan in der Dunkelheit einfach nicht finden. Miraj musste das doch sehen. Warum sagte er dem Schemen, der sich bewegte nicht, wo der zweite Schemen war, der regungslos herumlag? Da schien sich jedes rationale Denken ausgeschaltet zu haben.
Natürlich.
Es ging hier um Mirajs Bruder. Der Einzige, den er aus seiner Familie noch hatte. Die Verbindung der beiden war so eng und teilweise so intim, dass Nevid sich manchmal sehr fehl am Platz fühlte - vor allem, wenn beide beteten und dabei vor einem Bild knieten, dass ein älteres Ehepaar zeigte.
Nevid hatte nie nachgefragt, aber er war sich sicher, dass es sich um die Eltern der beiden handelte. Ihr Schicksal war ihm noch unbekannt. Vielleicht würde er es irgendwann in Erfahrung bringen, indem er einfach das Thema darauf lenkte. Vielleicht erzählten die beiden aber auch selbst davon, wenn sie es für richtig hielten.
»Nivaan, hörst du mich? Lebst du noch?«
Ein Glucksen. So nahe, dass er - als er die Hand ausstreckte - tatsächlich einen Körper fühlen konnte.
»Nivaan!«
»Als ... als ob ich einfach so ... drauf gehen würde ... ach ... fuck ...«
Seinen schwarzen Humor schien der leicht verpeilte Mikromechaniker noch nicht verloren zu haben. Trotzdem verlautete der schmerzerfüllte Klang der Stimme nichts Gutes. Nevid richtete sich etwas auf, hustete, als sich Rauch in seine Lunge drängte und blieb trotzdem so sitzen. Er tastete den Körper vor sich ab und fand zu viele feuchte Stellen.
Er konnte das Blut riechen.
»Wir ... wir hätten nicht weitermachen sollen, als wir niemanden hier drinnen gesehen haben«, merkte Nevid an - viel zu spät, weil die Dinge längst ihren Lauf genommen hatten, aber er musste es Nivaan einfach noch einmal vorhalten. Er selbst hatte den Impulsiven wissen lassen, was für eine schlechte Idee es war und auch Miraj hatte sie gewarnt, auch wenn er nicht konkret hatte sagen können, wovor eigentlich.
Doch Nivaan war weiter gegangen, weil er diese Datenpads, die sie hier finden sollten, unbedingt haben wollte. Sie waren auch hier gewesen - versehen mit einem Sicherheitsmechanismus, der sie und alle auf ihnen gespeicherten Inhalte mit dem Betreten dieses Raumes unwiderruflich zerstört hatte.
Sie hatten nichts erreicht.
Und es war noch nicht vorbei.
Diese Explosion würde nicht unbemerkt bleiben. Jemand musste die Mechanismen angebracht und aktiviert haben. In diesem Zustand, indem sie sich befanden, wollte sich Nevid nicht mit dem Feind konfrontiert sehen, egal, ob es nur einer war oder viele.
Doch zahlreiche Schritte waren schneller als diese Erkenntnis.
Nevid schluckte den Fluch, der ihm auf der Zunge lag, hinunter und er griff Nivaan unter den Achseln.
»Kannst du stehen?«
»Bestimmt. Aber ... ich kann nichts ...«
»Du musst«, unterbrach Nevid die gestammelten Worte und er begann, sich auszuziehen. Als Nivaan das Rascheln der Kleidung hörte, wusste er vor lauter Verwirrung nicht, was er denken sollte. Und er wollte etwas sagen. Irgendetwas Anzügliches oder dergleichen, aber alles, was folgte, war zu einnehmend, um sich noch auf Worte konzentrieren zu können.
Nevid stand auf, zerrte den Anderen mit sich auf die Füße und drückte ihn gegen die nächste Wand. Hände fanden sich und wurden zwischen ihre Körper geführt.
Nivaan spürte Hitze in seinem Gesicht, während Nevid ... nicht genauer darüber nachdenken wollte. Er musste dafür sorgen, dass er den Gleichgroßen völlig verdeckte. Da durfte kein bisschen dunkles Haar oder Kleidung sichtbar sein.
Als er die letzten Korrekturen vornahm und sich mit Fußsohlen auf die Schuhe des Anderen stellte, so dass nur noch seine Fersen Kontakt zum Boden hatten, wurden die Schritte außerhalb des Raumes lauter.
»Stellt das Gebläse an! Der Rauch muss weg! Wir müssen uns vergewissern, dass wir sie erwischt haben!«
In diesem Moment war sich Nevid trotz seiner Vorkehrungen sicher, dass sie gesehen werden würden. Egal, ob das Licht aus blieb oder angemacht wurde, nachdem sich der Rauch verzogen hatte. Sein Blut konnte er nicht verstecken. Auch nicht das, was von Nivaan stammte und sich unter ihren Füßen zu einer kleinen Pfütze entwickelte. Er blickte dem anderen Mann in die Augen. Er konnte sie nicht genau sehen, aber das war nicht wichtig. Nur den hektischen Atem konnte er ganz deutlich spüren, die Wärme, die Nivaan verströmte, und das leichte Zittern.
Das Gebläse, das wenig später einsetzte, war so laut, dass er ein paar Worte riskierte.
»Hat mich echt gefreut, dich kennengelernt zu haben.«
»Sag ... sowas nicht ...«
Nevid schüttelte leicht lächelnd den Kopf und dann tat er etwas, das er unter normalen Umständen nie getan hätte. Er überwand die letzte Distanz, die noch zwischen ihren Gesichtern bestand, um einen sanften Kuss auf die bebenden Lippen vor sich zu drücken.
Das Gebläse verstummte. Der Rauch hatte sich verzogen.
Die lauten Schritte von zuvor waren nun leiser, vorsichtiger.
Sie machten sich nicht die Mühe, das große Licht anzumachen. Kleinere Lampen glitten durch den Raum. Nevid schloss die Augen, hielt die Luft an und wartete.
Wartete eine kleine Ewigkeit.
Aber es handelte sich nur um wenige Minuten. Die Banditen entdeckten die Blutflecken, die sie beide auf dem kalten Beton hinterlassen hatten. Dann die zerfetzten Sachen.
»Wow, die wurden regelrecht pulverisiert! Hätte nicht gedacht, dass Jacque solche kleinen Monster bauen kann!«
»Bomben hat er echt drauf.«
»Diese Datenpads als Lockvögel zu benutzen, war wirklich eine klasse Idee. Jetzt pfuschen uns diese Idioten nicht mehr ins Handwerk.«
»Drago werden die Nachrichten gefallen. Ihm sind diese Hacker schon lange ein Dorn im Auge.«
»Dafür springen sicher ein paar Extrarationen für uns raus.«
»Mit Sicherheit. Das wird ne geile Nacht!«
Lachen.
Die Schritte entfernten sich wieder. Die Dunkelheit kehrte zurück.
Und Nevid wartete immer noch. Genau wie Nivaan, weil er keine andere Wahl hatte und weil diese Situation hier seine Adern mit Adrenalin vollgepumpt hatte und er einfach nicht wusste, was er gerade mehr tun wollte. Die Beine in die Hand nehmen und weglaufen oder diesen Mann da vor sich zu Boden ringen und ...
»Ich glaube, wir sind sicher.«
Nevid zog sich langsam von Nivaans angespanntem Körper zurück und sah verlegen zu Boden. Wo waren seine Sachen? Er hatte das dringende Bedürfnis, sich wieder anzuziehen, aber es dauerte eine Weile, bis er sie in der Finsternis wiederfand.
Nivaan rührte sich die ganze Zeit nicht. Er war froh, dass er nichts sah, war froh über den Abstand, der wieder zwischen ihnen herrschte, aber ... er war nicht froh darüber, dass er den Kuss von Nevid noch immer auf seinen Lippen spüren konnte.
Das Prickeln ließ erst nach, als er von Miraj direkt nach ihrer Ankunft zu Hause eine Ohrfeige bekam, die noch lange nachwirkte, kurz bevor er in eine feste Umarmung gezogen wurde.
»Kannst du nicht ein Mal das tun, was man dir sagt?«
Sie beide wussten die Antwort darauf und auch Nevid brauchte nicht viel Fantasie, um zu wissen, dass Nivaan sich nicht ändern würde. Er war eben einfach ein temperamentvoller Mensch, der Dinge durchzog, die er sich in den Kopf gesetzt hatte. Nevid selbst beobachtete die beiden still und fühlte sich verantwortlich dafür, dass Miraj beinahe seinen Bruder verloren hatte.
Und ihn.
Denn der Blick, der schließlich auf ihm ruhte, war warm und voller Sorge. Dann löste Miraj einen Arm von seinem Bruder und streckte ihn in seine Richtung, bat ihn so, näherzukommen. Nevid presste die Lippen aufeinander, senkte den Blick und tappte wie ein geprügelter Hund zu den beiden hin.
»Ich schicke euch nicht mehr zusammen fort. Das geht einfach nicht gut«, hörte er dicht an seinem Ohr, während der starke Arm ihn umfasste und ein flüchtiger Kuss seine Schläfe traf.
Nevid nickte nur. Genau wie Nivaan.
In dieser Nacht holte der jüngere Bruder Nevid nicht in sein Bett, als er oben auf dem Dach saß und auf den Sonnenaufgang wartete. Und er bereute diesen Kuss so sehr. Aber in diesem Moment - dem Tode so nahe - war es ihm so richtig erschienen.
Vielleicht hätte er es wie Miraj machen sollen.
Nivaan für seine vorschnellen Handlungen eine verpassen und ihn dann in seine Arme ziehen.
Das hätte sicher weniger durcheinandergebracht.