Ficathon:
write your darlingsFandom: among heavy skies, original
Characters: Nivaan & Nevid
Genre: fluff, light slash, romance
Rating: P-12 Slash
Prompt: here we are, tongue tied | before we collide | before dawn breaks | before we untie von
unpolar »Hey, Nevid ... komm mal her - ich habe hier etwas für dich.«
Du blickst von dem Buch auf, das auf deinem Schoß liegt. Du kannst nichts von dem verstehen, was dort steht, aber dir gefallen die Bilder, die alle paar Seiten auftauchen. Mit der sanften Stimme hast du nicht mehr gerechnet. Miraj schläft bereits und dein Gegenüber hat sich nach dem Abendessen direkt in den Cyberraum zurückgezogen (du hast ihn so genannt, weil er nichts anderes enthält als das Holodeck und den Arbeitsplatz von Nivaan, der vollgemüllt ist mit elektrischem Kleinkram, Datenpads und dergleichen). Du hast angenommen, er würde heute Nacht dort schlafen, aber du hast dich geirrt.
Irgendetwas hat er gemacht und nun will er das Ergebnis mit dir teilen. Du bist neugierig. Andererseits kann es sich nur um irgendetwas handeln, mit dem du eh nichts anzufangen weißt. Er hat dir schon so einige seiner selbstgebauten Gerätschaften gezeigt und bisher konntest du keine davon wirklich effektiv nutzen.
Du wirfst einen Blick zu Miraj, der ein leises Murmeln von sich gibt, ehe er sich auf die andere Seite wälzt und weiter schnarcht. Du klappst das Buch zu und stehst leise auf. Nivaan ist an dem schmalen Durchgang stehengeblieben und wartet auf dich. Da ist ein Leuchten in seinen Augen, dass dich ansteckt. Und deine Neugier wächst. Er geht in den diffus erhellten Raum zurück und du folgst ihm. Hinter dir schiebst du vorsichtig den Schrank wieder vor die Öffnung. Du willst nicht, dass Miraj wach wird. Du hast es einmal erlebt und es war nicht schön.
»Was ist es?«, fragst du, als du auf den ersten Blick hin nichts erkennen kannst, das irgendwie ins Auge sticht.
Nivaan geht zum Tisch zurück und hebt dort etwas auf, das genauso dunkel ist wie der Untergrund, deswegen hat es sich deiner flüchtigen Musterung entzogen.
Es ist ein Anzug. Du weißt nicht, womit du das, was du dort siehst, vergleichen sollst. Es ist kein Anzug im herkömmlichen Sinne, sondern eher eine Art Überzug. Etwas, das Taucher vielleicht verwenden würden, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen.
»Der ist für dich«, erklärt Nivaan dir und hält dir das Stück Stoff hin. Zögernd nimmst du es entgegen. Die Beschaffenheit fühlt sich befremdlich an. Nicht weich. Nicht gänzlich glatt. Es erinnert dich an das Gefühl des Bettlakens, das die Matratze einhüllt, auf der du manchmal so tust, als würdest du schlafen.
»Okay ... was soll ich damit machen?«, fragst du leise, weil du nicht recht weißt, was er gerade erwartet. Sicher, dass du dich darüber freust, aber das tust du nicht wirklich, weil da zu viele Fragen sind, die du dir stellst. Und leider bist du nicht sonderlich gut darin, dich zu verstellen.
Nivaan kennt dich mittlerweile gut. Er nimmt es dir nicht übel. »Nun ... vielleicht solltest du ihn erst einmal anprobieren. Ich bin mir nicht sicher, ob er dir passt. Also ich habe reingepasst und wir sind uns von der Statur her ja recht ähnlich.«
Du musterst ihn kurz, entdeckst da einen Hauch von Verlegenheit auf dem sonst so frohen, unbeirrbaren Gesicht und spürst selbst eine leichte Hitze, die dir in die Wangen steigt. Du legst den Anzug beiseite und beginnst, dich auszuziehen. Eine Hemmschwelle hast du nicht. Die Brüder haben dich schon so oft nackt gesehen, dass die verschiedenen Situationen keinen Unterschied mehr machen. Als du nackt bist, schlüpfst du vorsichtig in diese fast schon zweite Haut. Sie spannt hier und da, aber dir gelingt es, den Reißverschluss nach ein paar Augenblicken hochzuziehen. Auf seltsame Art und Weise fühlst du dich immer noch nackt. Der Anzug ist im Moment dunkler als deine Haut. Das Holodeck und eine kleine Lampe an Nivaans Schreibtisch erhellen den Raum genug, um dich hellgrau aussehen zu lassen. Vielleicht sogar etwas bunter als grau. Du achtest nicht wirklich darauf. Fragend schaust du zu Nivaan.
»Hast du den für mich gemacht?«
Nivaan lacht leise und schüttelt den Kopf. »Ich kann nicht nähen. Ich habe den Anzug als einen Gefallen eingefordert, dem mir jemand schuldig gewesen ist. Ich habe ihn nur ein bisschen modifiziert. Mehr habe ich nicht gemacht.«
»Modifiziert?«
Ja, jetzt bist du wirklich neugierig. Du bewegst dich und stellst fest, dass er dich in keiner Weise einschränkt. Aber es ist nicht wirklich nötig, dass du eine Art Kampfanzug trägst. Du vermeidest direkte Konfrontationen und meistens gelingt dir das ganz gut. Dieses Ding muss also eine andere Besonderheit haben.
Nivaan lässt sich viel zu lange zappeln. Er sieht aus, als würden seine Gedanken gerade in andere Richtungen abdriften. Du schaust dir das nur ein paar Sekunden an.
»Hey, willst du mir nicht erklären, was du mit dem Anzug gemacht hast?«
»Oh ... ja, klar.« Er war in Gedanken versunken und du ertappst dich bei der stummen Frage, woran er wohl gedacht hat. Du sprichst es nicht aus, sondern wartest nun wieder etwas geduldiger auf die Erklärung. Langsam nähert er sich dir, streckt die Hand aus und berührt den Stoff. »Bisher ist es immer nötig gewesen, dass du dich ausziehst, wenn eine Situation dort draußen etwas zu heikel geworden ist, damit du dich besser an deine Umgebung anpassen kannst. Diesen Anzug ... musst du nicht ausziehen.«
Eine deiner Augenbrauen wandert in die Höhe, dann folgt die Andere und mit großen Augen tastest du über deine Brust und musterst den Stoff noch genauer. »Wirklich? Wie das?«
»Warte kurz ...«
Nivaan wendet sich ab, greift nach der Lampe auf seinem Tisch und richtet den Strahl direkt auf dich. An einem Schalter an der Seite erhöht er die Helligkeit bis zum Maximum. Du blinzelst in das Licht. Du kannst das Prickeln auf deiner Haut spüren. Am Anfang hast du es kaum bemerkt, doch je öfter sich dieser Farbwechsel vollzogen hat, desto mehr hast du es gespürt und manchmal fragst du dich, ob du es wohl irgendwann zu steuern lernst, aber du hast keine Ahnung, wo du mit dem Training dafür ansetzen sollst und mit den Brüdern hast du darüber noch nicht gesprochen. Wie sollen sie dir dabei auch helfen können? Sie müssen sich mit dergleichen noch herumschlagen.
»Spürst du die kleine Erhebung an der Innenseite deines linken Handgelenks?«
Du bist dankbar dafür, dass er dich aus deinem inneren Dilemma reißt. Immer wieder verlierst du dich in Grübeleien. Du hoffst, dass es irgendwann aufhört. Doch die Wahrscheinlichkeit dafür ist nicht sonderlich hoch. Deine Finger tasten nach der Stelle, die Nivaan beschrieben hat, und du nickst.
»Ich kann sie spüren, ja.«
»Verschiebe sie jetzt in Richtung deines Handballens.«
Ein leises Klicken ertönt, als du es tust. Und dir klappt die Kinnlade nach unten, als der Stoff seine Farbe verliert und durchsichtig wird. Es dauert nur Sekunden.
»Was zum ...!«
Der Effekt hält nur etwa eine halbe Minute. In diesen Sekunden hat keiner von euch ein Wort verloren. Ihr beide habt erwartungsvoll darauf gewartet, was vielleicht noch geschieht. Du mehr als Nivaan. Schließlich hat er diesen Anzug gemacht.
Für dich.
Und du musst nicht fragen, was er sich dabei gedacht hat. Du kommst selbst darauf.
»Das ist genial.«
Nivaan lächelt stolz. »Ja, nicht wahr? Ich arbeite noch an den Feinheiten. Bisher funktioniert die Tarnung nur einmalig, danach muss das Modul wieder an der Konsole hier aufgeladen werden. Ich will, dass die Ladung für mehrere Male hält. Und ich möchte die Dauer noch erhöhen. Eine Minute wäre besser als die dreißig Sekunden. Sicher spielen da auch noch die Wetterbedingungen eine Rolle. Das habe ich noch nicht ganz erforscht. Ich möchte, dass du ihn in den nächsten Tagen regelmäßig trägst, damit wir beobachten können, wie er sich unter verschiedenen Bedingungen verhält.«
»Wie hast du das mit dem Verschwinden der Farbe hinbekommen?«
»Ich habe noch ein altes Tarnmodul von einem zerstörten Exoskelett in meinem Gerümpel gefunden und es auf den Anzug übertragen. Das war eine ziemliche Fitzelarbeit, aber für das Ergebnis hat sich der Aufwand wirklich gelohnt.«
Du fragst nicht, was ein Exoskelett ist.
Du hakst auch nicht weiter nach, was dieser Anzug vielleicht noch alles kann, denn in diesem Moment freust du dich einfach nur darüber, dass Nivaan versucht hat, dir deine Lage etwas erträglicher zu machen. Ihr funktioniert gut zusammen. Du hast dich an dieses Leben angepasst und durch dich haben die Brüder schon einige Informationen zusammengetragen, zu denen sie vorher keinen Zugang hatten. Und du bist stolz darauf, dass du ihnen helfen kannst, auch wenn du deinem eigenen Ziel noch nicht viel weiter gekommen bist. Aber sie haben es nicht vergessen. Immer wieder lassen sie dich wissen, dass sie versuchen, Hinweise zu finden. Und für den Moment reicht dir das. Irgendwie hast du es nicht mehr allzu eilig. In schwachen Momenten fürchtest du dich sogar davor, dass das, was ihr über deine Person und deine Vergangenheit erfahren könntet, alles kaputt macht, woran du dich hier gewöhnt hast. An die Gesellschaft, an dieses Gefühl, zu einer Familie gehören und ... Nivaan.
Einfach nur ... Nivaan.
Der junge Mann, der dich in diesem Moment wieder so seltsam abwesend mustert. Warum nur kannst du keine Gedanken lesen?
»Stimmt etwas nicht?«, fragst du leiser, als es vielleicht nötig wäre.
Er blickt dich an. Direkter als andere es tun. Sie finden in der tiefen Schwärze deiner Augen die Pupillen nicht. Er schon. Er hat keine Angst vor dieser Finsternis hinter ihnen.
»Denkst du nicht manchmal daran zurück?«
Das Woran liegt dir auf der Zunge. Du wagst es nicht, aber dein Gesicht verrät dich.
»Also nicht ...«
Er klingt seltsam und plötzlich fühlt sich der Anzug enger an als vorher. Und dein Herz schlägt ein bisschen schneller. Weil du zu spät erkennst, wovon er gesprochen hat. Und gerade als du den Mund öffnen und etwas sagen willst, löscht er das Licht und zurückbleiben bunte Lichtkreise, die vor deinen Augen tanzen. Du siehst ihn nicht mehr. Zu lange brauchen deine Iriden, um sich wieder an die blassblaue Helligkeit zu gewöhnen, die einzig von dem Holodeck stammt, das sich hinter euch befindet.
Als du spürst, wie er nach dir greift, musst du Nivaan auch nicht mehr sehen. Seine Hände auf deinen Wagen, ein Daumen, der Druck auf dein Kinn ausübt. Dein Mund öffnet sich, ohne dass du es bewusst steuerst, genau wie sich deine Lider senken, als er deine Lippen mit seinen verschließt und du seine Zunge spürst, die ein bisschen nach gerösteten Kaffeebohnen schmeckt. Und er schiebt dich weiter zurück, bis du an das Display stößt.
Du hast es nicht vergessen. Es fühlt sich nur anders an. Als du ihn das erste Mal geküsst hast, hast du geglaubt, ihr würdet sterben. Es waren andere Umstände. Das hier zeigt dir nur, dass es völlig sinnlos gewesen ist, dass er dich danach so lange gemieden hat. Und du fragst dich, warum, als du den Reißverschluss hören kannst und seine warmen Hände deine Haut direkt berühren. Diese Haut, die du so sehr verabscheust. Gerade in solchen Momenten, als sie nicht wirklich einen sinnvollen Zweck erfüllt, außer an den Stellen zu kribbeln, die er berührt.
»Ich erinnere mich«, hauchst du irgendwann, als eure Lippen sich trennen und seine an deinem Hals entlang wandern. Deine Knie werden weich. Dir wird warm. »Nivaan ...«
»Gut«, antwortet er. Sachte küsst er deine Wange. Eure Stirnen lehnen sich aneinander, als er vorsichtig die Arme um dich legt. »Ich hätte nicht gewollt, dass du es vergisst.«
»Warum hast du mich dann nach dem letzten Mal gemieden?«
»Ich ...« Er hält inne, überlegt und hebt etwas hilflos die Schultern. »Das hat mich verwirrt. Ich ... weiß nicht. Miraj war immer der, der irgendwelche Freundinnen hatte. Ich habe mich für solche Dinge nie interessiert, aber ... dann kamst du.«
Das ist etwas, worüber du nachdenken wirst, bis die Sonne aufgeht. Irgendwann wird Nivaan schlafen müssen, wo er doch scheinbar die halbe Nacht damit zugebracht hat, an diesem Anzug zu arbeiten. Und vielleicht lässt er dich heute wieder bei sich schlafen. Vielleicht wirst du aber auch wieder auf das Dach gehen und dich fragen, wohin das führen soll, wo ihr doch nun scheinbar einen gleichen Nenner gefunden habt.
Noch mehr, worüber du nachdenken kannst.
Das ist das Einzige, was du gut kannst.
Auch wenn es nie zu einem sinnvollen Ergebnis führt.
»Lass uns schlafen gehen«, schlägt er leise vor, als er dich noch einmal geküsst und die Gedanken damit vertrieben hat. »Und ich möchte nicht allein auf der Matratze liegen.«
Nun ... du nimmst an, das Dach kann warten.
Den Wunsch kannst du ihm einfach nicht abschlagen.