Alan Moore, David Lloyd - V for Vendetta: Anarchy in the UK

Jul 15, 2009 21:45

In der Folge von Watchmen hatte ich mir vorgenommen, weitere Graphic Novels von Alan Moore zu lesen. V for Vendetta habe ich in Kelowna in einer kleinen lokalen Buchhandlung erstanden und ist eines der Bücher, die ich unterwegs gelesen habe. Graphic Novels eignen sich besonders gut, um immer wieder unterbrochen zu werden.

V for Vendetta ist eines der Frühwerke von Alan Moore, was gemäss seines eigenen Vorworts auch zur Folge hatte, dass nicht immer alles optimal funktionieren würde. Sie hätten aber davon abgesehen, frühere Folgen zu korrigieren. Das merkt man als Leserin durchaus.

Das Buch erzählt eine Geschichte aus einem Post-apokalyptischen Grossbritannien. Ein Atomkrieg hat weite Teile von Kontinentaleuropa verwüstet, in Grossbritannien herrscht nun ein faschistisches, nationalistisches Regime, das jede Bewegung seiner Bürger kontrolliert und unliebsame "Elemente" in Konzentrationslager interniert hat. Einsam dagegen kämpft ein mysteriöser "Terrorist" namens "V", der unter den Führern des Unrechtsstaates bald Angst und Schrecken verbreitet. Nachdem er das Mädchen Evey auf der Strasse vor den gefürchteten "Fingermen" rettet, bildet er sie aus, um seinen Kampf weiterzuführen.

Wie man vielleicht schon an meiner holprigen Zusammenfassung merkt, ist das Buch nicht ganz leicht auf einen Nenner zu bringen. Neben der Story um V gibt es sehr viele Nebengeschichten, die nicht immer alle direkt mit der Hauptgeschichte verbunden sind. Ich mochte "V for Vendetta" trotzdem - einfach nur für den düsteren, apokalyptischen Ton, den es anschlägt. Alan Moore's Geschichten sind immer dann am Besten, wenn er die Abgründe der menschlichen Natur und der menschlichen Gesellschaft erkunden kann, wenn er mit Hoffnung und Verzweiflung spielt. Während des Lesens habe ich oft zustimmend genickt, angewidert den Kopf geschüttelt (aber im Positiven Sinn - weil die Story so atmosphärisch erzählt ist) und hätte am liebsten ganze Seiten für ihren philosophischen Wert markiert. Alan Moore ist definitiv jemand, der einiges über die Welt verstanden hat - auch wenn er oft genug ein Schwarzmaler ist. Und gleichzeitig eine Art von Anarchismus propagiert, die wohl in der Realität nie funktionieren würde. Keine Gesellschaft funktioniert gänzlich ohne formelle und informelle Organisation.

Das Rahmenszenario mit der atomaren Apokalypse muss man vor dem Hintergrund der 80er Jahre sehen, in denen die Serie entstanden ist. Es ist aber - mit veränderten Umständen, auch heute noch sehr aktuell. Und es zeigt auch, dass Terroristen nicht in jedem Fall "die Bösen" sind - vor allem, wenn sie gegen einen Unrechtsstaat kämpfen. Das schien im "War on Terror" oft genug unterzugehen, wenn man tolerierte, dass z.B. China tibetische oder uigurische Aktivisten mit dem Hinweis auf den Terrorismus verfolgt hat. Heute vergisst man allzu oft, dass auch der Staat selbst terroristisch sein kann. Ja, der Ursprung des Wortes "Terrorismus" geht auf die Schreckensherrschaften einiger Staatsoberhäupter zurück, die ihr eigenes Volk tyrannisiert haben.

Allerdings liess mich das Buch am Ende etwas ratlos zurück. Es endet irgendwie einfach plötzlich und ich sass davor und fragte mich: "und nun?" Ich werde es auf jeden Fall noch einmal lesen müssen, um es dann wirklich zu verstehen - und V for Vendetta hat für mich einmal mehr unterstrichen, dass Alan Moore zu den brilliantesten Autoren gehört, die es im Moment gibt. Aber im Vergleich zu Watchmen ist V for Vendetta leider noch etwas unausgereift. Ich möchte trotzdem noch weitere Bücher von ihm lesen - aber sie sind hier in der Schweiz leider nicht so leicht aufzutreiben.

Bücher, rezensionen

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