Jasper Fforde - Thursday Next Series: Absurde Abenteuer für Bücherliebhaber

Jul 19, 2009 10:53

Ebenfalls in Kanada habe ich die Bücherreihe von Jasper Fforde angefangen. (Unter welchen Umständen, werde ich dann im Reisetagebuch erläutern.)
Zurzeit besteht die Reihe aus fünf Büchern, in folgender Reihenfolge:
The Eyre Affair
Lost in a Good Book
The Well of Lost Plots
Something Rotten
First among Sequels

Darum geht's: 
in einer parallelen Welt, auf einem leicht veränderten Zeitstrang, ist est 1985. Grossbritannien ist seit über Hundert Jahren in den Krimkrieg mit dem russischen Zarenreich verwickelt - und auf der Insel herrscht eine Art kalter Krieg zwischen Grossbritannien (faktisch von der Mega-Firma Goliath beherrscht) und der sozialistischen Republik Wales. Die Menschen sind dermassen verrückt nach Büchern, dass sich sogar die Mafia dafür interessiert. Shakespeare ist so etwas wie ein Nationalheiliger.  Da immer mehr Aufgaben anfallen, die zu seltsam für die normale Polizei sind, gibt es eine mehr oder weniger geheime Polizei für Spezialaufgaben, SpecOps.

Die Hauptfigur Thursday Next (an die Namen muss man sich gewöhnen) ist Agentin in SpecOps 27, der Literaturdetektei. Sie befasst sich mit dem Bücher-Schwarzmarkt und angeblichen wie wirklichen Erstausgaben und unentdeckten Manuskripten von vergötterten Autoren (wie Shakespeare, Dickens, Austen, den Brontës). Sie ist aber auch eine Veteranin der Krimkriege mit einer verdrängten Vergangenheit. Und sie gerät unvermittelt ins Schussfeld des Oberkriminellen Acheron Hades, der bald zu ihrer Nemesis wird.

Und schliesslich ist da noch ihr Onkel Mycroft, der verrückte Professor, der ein Portal erfunden hat, mit dem man in Bücher springen kann, Mr. Rochester der aus einer Ausgabe von Jane Eyre erscheint und Thursday das Leben rettet und ein entwendetes Dickens-Manuskript. Niicht zu vergessen auch ihr Vater, der durch die Zeitströme reist und jeweils in passenden wie unpassenden Gelegenheiten die Zeit anzuhalten pflegt, um sich mit der Tochter zu unterhalten. Richtig brenzlig wird es aber, als Acheron Hades und Thursday Next in "Jane Eyre" eingeschlossen werden.

Das ist nur das erste Buch - die Sequels spinnen diese Situation weiter, aber etwas davon zu verraten wäre den Lesespass verderben.

Ich habe die ganze Serie innerhalb von kurzer Zeit verschlungen. Trotz der skurilen Welt, in der sich die Charaktere bewegen, nehmen sie schnell Gestalt an und es liest sich spannend und unterhaltsam. Ausserdem liefern die Bücher jede Menge Anspielungen für Fans der englischen Literatur - man kann sie aber auch gut lesen, ohne die Vorlagen zu kennen. (Die Liste der Bücher, die man danach noch lesen möchte, wird einfach länger und länger.)

Ja, ich empfehle sogar eigentlich, "The Eyre Affair" vor "Jane Eyre" zu lesen, falls man letzteres noch nicht gelesen hat. Denn das macht die Lektüre von "Jane Eyre" noch um einiges spannender. In "the Eyre Affair" kommen nämlich verschiedene Versionen von "Jane Eyre" vor - und wenn man nicht weiss, welche davon die richtige ist, kann man bei der Lektüre von Brontë's Roman die ganze Zeit rätseln.

Um die Jasper-Fforde-Bücher zu lieben, darf einem der britische Humor (oder ist das für einen Waliser eine Beleidigung?) sicher nicht fremd sein. Man muss sich auf absurde, zum Teil sehr abgedrehte Szenarien einlassen können. Dafür wird man aber mit liebenswerten Figuren, spannenden Geschichten, unerwarteten Wendungen und vielen, vielen Anspielungen belohnt - nicht nur auf Bücher, sondern auch auf historische Ereignisse und futuristische Zukunftsideen. Und die Book-World, in die man ab dem zweiten Band so richtig eintaucht, würde sich hervorragend für Fanfiction eignen. Allerdings wird man nach der Lektüre dieser Serie Fanfiction, besonders die etwas sehr gewöhnungsbedürftige Ausprägung davon, mit ganz anderen Augen sehen. Denn niemand ahnte bis dahin, wie das Leben eines Buch-Characters wirklich aussieht...

Bücher, rezensionen

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