Feb 05, 2006 18:43
Zumm.
Ich werde dieses Journal zukünftig erst einmal als Ablageplatz für selbstgeschriebenen Kram benutzen. Rechte liegen bei mir. ;-)
26.10.05: Alter Ego.
Im Zug
Nebel. Regen. Kopfschmerzen. Ich sitze im Zug von A nach B. Das Abteil ist leer, dunkel, die Luft schlecht. Die Fenster lassen sich nicht öffnen, Aspirin ist keins mehr da. Kopfschmerzen. Nicht nur wegen der Luft. Vom gestrigen Abschiedsfest stammender Restalkohol scheint mir wahrscheinlicher. Draußen hat es inzwischen angefangen zu dämmern. Durch einen dunkelgrauen Schleier sehe ich kantige, verkrüppelte Gestalten. Bäume, blätterlos. Natürlich, es ist ja auch Herbst. Beschissener Oktober. Alles beschissen. Und jetzt setzt sich auch noch dieser komische Typ mir gegenüber. Zündet sich eine Zigarette an. Steigt somit eine Stufe auf der Sympathieskala. Sieht seltsam aus, mit zerfetzter Hose und Jackett.
„B ist das absolute Drecksloch. Abgesehen vom Donnerstag ist dort nicht viel los. Es sei denn, man kennt die richtigen Leute.“
21 Worte. 21 Worte, die in der scheinbaren Stille des Abteils wie 21 Schläge eines Presslufthammers klingen. Und das, wo die Stimme meines Gegenübers eher leise und schwächer als die der meisten Leute ist. Kopfschmerzen. Stelle ich mich schlafend? Der Typ scheint eh fies zu sein, nimmt mir den letzten Hauch von Vorfreude.
„Ich gehe nach B, um endlich mal vom Großstadtgetümmel loszukommen. Außerdem ziehe ich für 10 Monate ins Haus X. Probleme damit, Bekanntschaften zu schließen werde ich also nicht haben. Ach ja, haben Sie zufällig ein Aspirin?“
Wahnsinn, eine kleine Rede. Von mir. Und das zu dieser Uhrzeit.
„Oder vielleicht eine Zigarette?“
Wortlos hält mir mein Gegenüber eine Schachtel Camel Lights entgegen. Camel Lights. Meine Marke. Er hat sich noch nicht vorgestellt, deswegen nenne ich ihn jetzt Herr S. Herr S. schaut eine Weile aus dem Fenster, dann auf den Boden, an die Decke, überall hin. Fast überall.
„Haus X? Grüßen Sie mir M.B. Ich war selbst vor sieben Jahren dort. Anstrengend, aber sehr schön. Mit eine der besten Erfahrungen meines Lebens. Wenn Sie gerne Alkohol trinken, kann es allerdings kritisch werden.“
Scheiße, er will mich aufmuntern. Außerdem war er selbst dort. Ich starre Herrn S. irritiert an, sage dann, dass mit dem Alkohol sei kein Problem und dass ich von M.B. einen sehr komischen Eindruck gewonnen hätte. Erzähle ein bisschen über mich. Über das Zurücklassen von Freunden. Ich glaube, er versteht mich. Irgendwann steigt dann einer von uns beiden aus. Und ich denke daran, mit dem Rauchen aufzuhören.