Titel: Leben und Sterben
Autor: drea78
Beta: KonnyFan
Chapter: 19/ ?
Word Count this part: 1952
Series: Zwillings-Universum
Pairing: Dean/OC
Rating: p-16
Kapitel 19:
Entsetzen drohte seinen Kampfgeist vollkommen zu lähmen.
Er hatte das Gefühl, sich unter Wasser zu befinden. Er konnte zwar klar sehen, aber die Geräusche um ihn herum kamen nur dumpf bei ihm an, und er hatte nicht die geringste Kontrolle über seine Bewegungen.
Dean war sich ziemlich sicher, dass sein erstes, verzweifeltes ‚Nein’ bei Jensen angekommen sein musste, aber danach war die Verbindung abgebrochen. Es fühlte sich an, als hätte er einen Teil von sich verloren, und er konnte die Panik nur mit äußerster Kraftanstrengung unterdrücken. Aber er war nur eine Haaresbreite davon entfernt, die Kontrolle über seine Emotionen ebenso zu verlieren wie die über seinen Körper.
Er hätte nicht beschreiben können, was es für ein schreckliches Gefühl war, durch seine eigenen Augen zu sehen, aber seine Handlungen nicht steuern zu können.
Als ‚er’ sich Jenna näherte, schrie er verzweifelt auf und trommelte gedanklich mit den Fäusten auf den Geist ein, dessen wirre Gedanken dafür sorgten, dass sich sein eigenes Bewusstsein instinktiv weiter zurück ziehen wollte. Doch das durfte er auf keinen Fall zulassen. Er musste die Kontrolle zurückgewinnen, den Geist hinausdrängen.
Dean sah, wie sich seine Hände um Jennas Hals schlossen. Er wusste genau, in welcher Sekunde ihr klar wurde, was hier vor sich ging. Verzweiflung und Flehen standen in ihren Augen.
Er kämpfte.
Er versuchte sein Bewusstsein auszuweiten, so wie er es tat, wenn er Jensen über eine größere Distanz erreichen wollte.
Josef Connor hatte eine enorme Wut in sich, negative Emotionen, die ihn angreifbar machten.
Er durfte Jenna nicht verlieren.
Allein bei dem Gedanken daran zog sich sein Herz schmerzhaft zusammen.
Er würde nicht zulassen, dass ihr etwas passierte, das hatte er sich geschworen.
Dean spürte mit einem triumphierenden Aufschrei, wie seine Wahrnehmung sich erweiterte - dass er seinen Körper wieder spüren konnte.
Der Griff um Jennas Hals löste sich, sie fiel zu Boden.
„Flieh, Jenna!“, presste er mühsam hervor.
Während sie glücklicherweise sofort davon taumelte, kämpfte er um die Kontrolle über seinen Körper.
Er spürte jedoch, wie seine Kräfte wieder schwächer wurden.
Rasende Wut und ungezügelter Hass schlugen ihm entgegen, peitschten auf seinen Verstand ein, so dass er sich instinktiv duckte - und mit einem Mal war er wieder unter Wasser.
Wäre er Herr seines Körpers, würde er weinen.
Unendliche Schwäche machte ihn kleiner und kleiner.
Es hatte ihn enorme Kraft gekostet, den Geist für diese kurze Zeit zurückzudrängen.
Er wusste nicht, ob er es noch einmal schaffen konnte.
Er war in einem Alptraum gefangen, seinem größten, persönlichen Alptraum.
Josef Connor lachte laut auf, dann folgte er seinem Opfer.
Jenna starrte auf das Gewehr in ihren Händen.
Sie hatte damit geschossen, auf einen Menschen. Genauer gesagt auf Dean, ihren Freund, den Mann, den sie liebte.
Die Ladung Steinsalz hatte ihn zurückgeworfen, und er war hart auf dem Rücken aufgeschlagen.
Sie schluckte, ein Gefühl der Übelkeit machte sich in ihr breit.
„Jenna, nun komm schon!“
Sie hörte Sams Stimme wie durch einen dichten Nebel. Er zog an ihrem Arm, und endlich wachte sie aus ihrer Erstarrung auf.
Neben ihr war Jensen auf die Knie gesunken, die Augen geschlossen, das Gesicht angespannt vor Konzentration.
Er reagierte kaum, als Sam ihn auf die Beine und ins Haus zog, um gleich darauf die Terassentür hinter ihnen zu schließen.
Jenna wusste, Jensen war völlig damit beschäftigt Dean zu erreichen, und war somit nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen.
Das hieß, sie musste sich zusammen reißen, um Sam zu unterstützen. Er würde es nicht schaffen, wenn er sie beide durch die Gegend schleifen musste.
„Was machen wir jetzt?“, fragte sie, entschlossen sich nicht wie ein Feigling im nächsten Schrank zu verstecken, bis alles vorbei war.
„Wir müssen irgendwie die Zeit überbrücken, bis Dad, Bobby und Jared Connors Überreste gefunden und verbrannt haben“, antwortete Sam, während er aus einem der Schränke im Wohnzimmer ein weiteres Gewehr und Patronen nahm. „Ich habe keine Ahnung, ob wir das besser hier im Haus versuchen oder von hier abhauen.“
„Wir könnten einen Wagen nehmen und die anderen fahruntüchtig machen, dann kann er uns nicht folgen“, schlug sie vor.
Es erschien ihr als die beste Lösung, denn ansonsten war die Wahrscheinlichkeit groß, dass Dean einen von ihnen verletzte oder sogar tötete - oder sie ihn.
„Ich bin nicht sicher, ob der Geist nicht irgendwie eine Verbindung zu dir hat und uns trotzdem findet.“
„Aber es ist bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis er vernichtet ist, oder nicht?“
Sie hoffte jedenfalls, dass es so war, denn sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was sonst passieren würde. Sie mussten einfach ein bisschen Zeit gewinnen.
Sie warf einen erneuten Blick auf die Terrasse, um zu sehen, was mit Dean war und holte erschrocken Luft.
Dean stand mit einem dicken Stein bewaffnet da und holte gerade aus, um ihn mit voller Wucht gegen die Tür zu schlagen.
Es war Sicherheitsglas und gab unter der Wucht nicht direkt nach, aber es entstanden trotzdem deutliche Risse.
Während Sam Jensen erneut aufhalf, der sich völlig in sich selbst zurückgezogen hatte, beobachtete sie mit morbider Faszination, wie sich Deans Arm erneut hob und ein weiteres Mal mit unnatürlicher Kraft zuschlug.
Diesmal splitterte das Glas.
Jenna konnte ihren Blick nicht abwenden, als Dean - nein der Geist, sagte sie sich - mit der Hand durch das entstandene Loch griff, um die Tür zu öffnen, und dabei nicht die geringste Rücksicht auf die scharfen Glaskanten nahm.
Sie sah Blut an Deans Hand und Arm herunter laufen und unterdrückte nur mühsam den Impuls zu ihm zu laufen.
Mit einem Kopfschütteln löste sie sich von dem Anblick und nahm Jensens anderen Arm. Zusammen leiteten sie ihn durch die Tür in den Flur, Richtung Haustür.
Ein Klicken ließ sie jedoch wie erstarrt stehen bleiben.
Jenna wechselte einen Blick mit Sam, der leichenblass geworden war, und gemeinsam drehten sie sich ein Stück um.
Dean stand in der Tür und zielte mit einer halbautomatischen Waffe auf sie.
Sie hatte keine Ahnung, ob er sie die ganze Zeit bei sich gehabt oder sie sich aus dem Waffenschrank im Wohnzimmer genommen hatte, aber das war nun auch nicht wichtig.
Ihr Herz raste, und sie konnte nur mit großen Augen auf die Waffe starren. Nie zuvor war eine auf sie gerichtet worden.
Es war ein Erlebnis, auf das sie gut und gerne hätte verzichten können.
„Dean!“
Sams Stimme klang fest und angstfrei, aber ein kurzer Blick in sein Gesicht zeigte ihr, dass in seinen Augen die Emotionen tobten.
„Tut mir leid, Dean ist gerade verhindert“, antwortete der Geist mit der Stimme ihres Freundes, und ein Schaudern rann über ihren Rücken.
Das alles war ein einziger, riesengroßer Alptraum.
Neben sich spürte sie Jensen schaudern. Sie hatte keine Ahnung, ob ihm bewusst war, was hier gerade passierte. Unwillkürlich fragte sie sich, ob er sich selber verlieren konnte, bei dem Versuch, Dean zu erreichen.
„Lass ihn gehen!“, verlangte Sam nun. „Du hast verloren. Mein Dad schickt dich dahin, wo du hingehörst!“
Ein hässliches Lachen erklang aus dem Mund, der ihr so vertraut war.
„Tja, noch bin ich hier, Jäger“, antwortete Josef Connors Geist. „Und ich werde das zu Ende bringen, was ich angefangen habe. Und wenn sie erledigt ist, dann mache ich euch fertig, weil ihr alles zerstört habt.“
Er entsicherte die Waffe und zielte auf sie.
Jenna schluckte. Sie blickte in das geliebte Gesicht, das im Moment so ganz anders aussah als sonst. Sie wollte nicht, dass es so endete.
„Dean“, sagte sie leise, aber hörbar. „Du musst gegen ihn kämpfen, hörst du?! Ich weiß, dass du es kannst. Ich liebe dich…“
Jennas Stimme erstarb, als sie die Tränen bemerkte, die über ihre Wangen liefen. Sie hatte es ihm bisher noch nicht gesagt, diese drei Worte, die alles bedeuten. Weil sich sicher war, dass er dafür noch nicht bereit war, und sie ebenfalls noch nicht.
Aber nun waren sie heraus - und sie hatte keine Ahnung, ob Dean sie überhaupt gehört hatte.
Jensen bekam nur wage mit, was um ihn herum geschah. Er musste Dean finden und verhindern, dass sich dessen Bewusstsein immer weiter zurückzog.
Die Verbindung hing an einem seidenen Faden, an dem er mit Verzweiflung festhielt.
Dean wusste, was der Geist mit seinem Körper tat, und es schien, als könne er nicht mit dem umgehen, was geschah. Er blendete alles aus, und brachte sich damit dem Abgrund immer näher.
Jensen war sich sicher, dass es kein Zurück mehr geben würde, wenn sein Zwilling einmal von der Klippe gestürzt war. Er wäre dann für immer verloren. Unerreichbar. Sein Körper wäre eine leere Hülle, selbst wenn der Geist ihn wieder verließ.
Das durfte einfach nicht passieren. Er würde das auf keinen Fall zulassen.
‚Dean, komm schon!’, forderte er seinen jüngeren Zwilling verzweifelt auf. ‚Du musst kämpfen! Bleib bei uns! Ich brauche dich. Jenna braucht dich. Sam und Jared…’
Er spürte, wie ihm jemand aufhalf und ihn mit sich zog und versuchte ein Bein vor das andere zu setzten, ohne seine Konzentration von Dean abzulenken.
‚Du hast zu viel zu verlieren, Dean’, redete Jensen in Gedanken weiter. Er ließ Erinnerungsfetzen deutlicher werden, schickte sie zu seinem Bruder, um zu zeigen, woran er sich festhalten sollte: Bilder von ihm selber, ihren Brüdern, Bobby und ihrem Vater - und natürlich von Jenna, wie er sie an dem Abend vor ihrer Werkstatt in Erinnerung hatte, der scheinbar eine Ewigkeit her war.
Einen Moment lang wurde die Verbindung stärker, und er spürte mehr von seinem Bruder. Jenna war der Schlüssel. Dean würde alles tun, um sie zu beschützen.
Er konnte ihre Anwesenheit spüren, wenn er es zuließ, ihre Hand auf seinem Arm.
Jensen hatte keine Ahnung, wo sie sich zurzeit befanden, aber er wusste, Jenna und Sam waren neben ihm.
Er versuchte sich den Kontakt deutlicher zu machen und ihn seinem Bruder zu senden. Er wünschte, er könnte Jenna durch seine Verbindung ebenfalls einen Zugang zu Dean verschaffen, damit er sie hören konnte.
Irgendetwas sagte ihm, dass Eile geboten war. Sie hatten nicht mehr viel Zeit. Hier stand alles auf dem Spiel.
Sie durften einfach nicht verlieren.
Dann spürte er mit einem Mal eine Welle von Panik.
Deans Stimme war in seinem Kopf, verzweifelt, als stände er kurz davor seinen Verstand zu verlieren.
‚Nein, nein, nein, nein, nein…’, schrie sie unentwegt.
Er spürte einen Adrenalinschub, konnte für einen Moment seinen Zwillingsbruder wieder spüren, die Verbindung stark und sicher.
Sie zeigte ihm ein Bild, das ihm einen eisigen Schauer den Rücken hinunter schickte.
Er konnte aus Deans Augen sehen, wie Sam, Jenna und er selber in der Eingangshalle vor der Haustür standen. Sam und Jenna hielten ihn fest, damit er nicht stürzte. Er hatte die Augen geschlossen, war ganz konzentriert.
Sam und Jenna schauten Dean aus großen Augen an, ängstlich und verzweifelt.
Und dann sah er die Waffe in Deans ausgestreckter Hand, entsichert und schussbereit.
‚Oh, nein!’, schrieen seine Gedanken zusammen mit denen seines Zwillings.
Aber die Verbindung brach schon wieder ein - Connors Geist war stark und wild entschlossen. Er hatte fast zweihundert Jahre gehabt, um stärker zu werden und unzählige Male einen menschlichen Körper übernommen.
Jensen war Sekunden, bevor die Kontrolle erneut verlor, klar, was passieren würde.
Dean war zu geschwächt, um es aufzuhalten.
Er würde selber etwas unternehmen müssen.
Dabei hatte er nur den Bruchteil einer Sekunde, um eine Entscheidung zu treffen.
Aber er wusste, was Dean wichtig war, wusste genau, welche Entscheidung sein Bruder treffen würde.
Und so ließ er die Verbindung entgleiten und nutzte seine ganze Konzentration, um wieder seinen eigenen Körper wahrzunehmen.
Er warf sich gegen Jenna, schob sie zur Seite, gerade als der Schuss erklang.
Er spürte wie eine Kugel in ihn eindrang.
Einen Moment lang schien alles taub zu sein - dann explodierte heißer Schmerz irgendwo in seinem Körper.
Bevor die Dunkelheit ihn einholte, erklang ein weiterer Schuss, aber Bewusstlosigkeit verhinderte, dass er sich weitere Sorgen darüber machte.
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