Apr 17, 2007 23:09
nach der 2. stunde bin ich nach hause gegangen und habe geduscht. auf dem weg zur meiner alten schule war ich schon ziemlich nervös. ich will es zwar ungern zugeben, aber ich hatte angst auf meine alten klassenkameraden zu treffen. ich habe heute zwar nur wenige gesehen, und die waren auch meist sehr nett zu mir.
doch ich bin mir bewusst, wie unbeliebt und unverstanden ich bei denen bin. generell geht mir das ziemlich am arsch vorbei, aber leider kann ich nicht sagen, dass es mich nicht berührt. verletzt vielleicht nicht, aber ich mach mir schon gedanken. und allein diese gedanken sind eine last für mich. ich muss darüber nachdenken, wie ich mich am besten schützen kann und wie ich am besten reagieren kann, um andere mehr zu verletzen, als sie mich verletzen.
wer kommt denn schon gern in eine runde, in der man so oder so nicht gemocht wird.
heute war das unwesentlich und sonst ist es das auch. aber ich fühlte mich nicht gut, dass ich an einem tag wie diesem, daran denken musste.
letztendlich hatte ich ne unterhaltung mit andi und thomas hat mich dann mitgenommen.
angekommen, war alles schwarz, aber es war licht da. die trauer lag zwar in der luft, doch der wind trug sie mich sich fort.
erst als wir in der kirche standen und alle langsam zur ruhe kamen, war ich bedrückt, wie die trauer in der luft gefangen war. sie war nahezu greifbar, sie legte sich wie eine wolke über die ganze trauergemeinde. natürlich möchte man sagen, der dieses ereignis schon einmal betrachtet hat.
für mich war es das erste mal, es war nicht nur bemerkenswert, sondern auch viel mehr bedrückend.
ich stand ganz hinten, sah so wenig wie nur ging, hörte so wenig wie nur ging, fühlte so wenig wie nur ging. dachte ich. doch die position, die ich mir aussuchte, war genau richtig auch für meinen charakter, wie ich später feststellte. ich bin bestimmt keine traditionelle gafferin, aber ich beobachte gerne leute, dezent und unbemerkt. ich wunder mich nicht mit offenem mund, sondern beobachte die bewegungen dieser person in den kleinsten details.
vielleicht ist das ein fehler, vielleicht sollten menschen eine grobere beobachtungsgabe haben, damit sie nicht immer alles sehen, denn es könnte unangenehm, verärgernd und traurig sein. für sich selber und nie für die beobachteten.
ich hätte nicht gedacht, dass ich weine. sowieso wusste ich nicht, was mich erwartet.
meine erste beerdigung.
ich hätte wahrscheinlich auch ncht geweint, hätte ich nicht die ganzen kirchenlieder wiedererkannt, die wir auch damals in seinem reli unterricht vorberetet haben, wenn wir einen gottesdienst alle 3 monate leiten mussten.
die melancholie in den liedern, die töne, die durch die ganze kirche klangen, schienen wie boten der traurigkeit.
danach fühlte ich mich freier und lebhafter als zu irgendeinem anderen zeitpunkt an diesem tag.
die predigt. predigten halt. nicht nur, dass ich nicht christlich war, ich verabscheute dieses gelaber.
früher, als ich noch klein war, war gott und die religion nicht mehr als eine art von gemeinschaft und ein spiel, dass wir zusammen spielten. ohne über die bedeutung der worte und der wirkung der symbole nachzudenken, tat ich, was alle taten. ich betete, ich sagte: "wir bitten dich, erhöre uns", ich konnte das "vater unser". auch das kreuz.
welch eine veränderung in mir, die mit der zeitlichen veränderung gleichkommt, denn nichts dergleichen verspürte ich heute, als ich dort stand, in der letzten reihe, an der wand, hände ungefaltet, mund geschlossen, augen auf.
ich sagte nichts, ich brauchte nur zu denken.
erinnern war für mich alleine ein teil der messe, nichts was einer von denen sagte, berührte auch nur im geringsten mein herz. ich seh kein jesus und auch keinen gott.
im endeffekt war ich viel damit beschäftigt die lächerlichkeiten anderer menschen zu beobachten, sie für lächerlich abzustempeln und dann darüber nachzudenken, welcher prozentsatz der menschen so sind, wie die.
"nicht weinen. wir schaffen das schon." welche kraft solche worte voraussetzen.
er hinterließ 2 kleine kinder und eine frau. und seine familie und freunde, bekannte und kollegen und schüler/innen.
wir hart die realität sein kann. ich fühlte mich wie in einer geschlossenen welt voller trauer und anteilnahme. die zeit schien stillzustehen, nur für diesen mann, um ihn zu gedenken, ihm die letzte ehre zu erweisen. alles ab von dieser welt schien unwissend, war unwissend, für sie lief die zeit ohne hindernisse weiter. unsere zeit jedoch, blieb stehen, damit wir die gelegenheit hatten zu erfassen, was passiert, was passiert ist und was passieren wird.
dieser satz drückt wohl alles gleichzeitig aus. nicht weinen, wir schaffen das schon.
haben wir denn eine andere wahl?
ich belass es heute dabei.
friends & family,
me,
diary