titel: émeute-toi
fandom: la haine
charaktere: vinz, hubert, saïd
prompt: and he will tell you how the day after a triumph / feels as hollow as the day after a tragedy von
tears_into_wine anmerkung: cw für tod eines hauptcharakters, blut
1
Sie gehen nach Hause. Saïd lacht über seine eigenen Witze, Vinz hört nur halb zu. Baudelaire mustert sie. Als sie unter der Überdachung hervortreten, beginnt es, wie nachts bereits, leicht zu regnen.
2
Nicht auch Hubert, denkt Saïd, nicht auch Hubert nicht auch nicht.
3
Notre Dame ist zu langsam. Seine Hände zittern, als er die Pistole erneut hebt. Huberts Griff ist sicher, ruhig. Es nieselt. Er zielt zwischen seine Augen, direkt dazwischen.
4
Hubert geht zur Beerdigung. Er besucht den Friedhof. Wenn er darüber spricht, ist seine Stimme weich, schuldvoll. Saïd taucht nicht auf. Saïd wirft Steine auf Polizeiautos und zündet eine Mülltonne vor dem Revier an. Einen Tag sitzt er in Gewahrsam. Samir nimmt ihn beiseite und sagt, er solle aufpassen, was er tue (selbst weiße Jungs sterben dieser Tage), aber Saïd geht, ohne ihm die Hand zu schütteln. Er muss nicht aussprechen, dass er ihn für einen Verräter hält.
5
In seiner Jackentasche schließt Saïd die Finger um die Patronenhülse.
6
Die Kugel durchschlägt Vinz' Gesicht und bricht ihm den Kiefer. Er röchelt und grunzt und spuckt Blut. Aber er lebt. Er lebt er lebt er.
7
„Ich hab's jetzt verdient, dass sie mich beschützen, oder“, sagt Vinz. Er will es wie einen Scherz sagen, aber seine Augen sind weiß und seine Knöchel zu gespannt und er dreht den Kopf weg, als Hubert sich ihm zuwendet. Von der Seite sieht Hubert die braune, schief verwachsene Narbe, die sich über die Hälfte seines Hinterkopfes zieht.
„Hör zu“, sagt Hubert, ohne zu wissen, was er sagen soll.
Vinz zieht sein weißes T-Shirt über seinen Mund und wischt sich dann damit über die Augen. Hubert legt ihm eine Hand auf die Schulter, halb zwischen Schlüsselbein und Schulter im Niemandsland, und zieht ihn zu sich heran. „Ja“, sagt er, und Vinz atmet in sein T-Shirt, steif und plump, und lehnt dann seinen Kopf an Huberts Hals.
8
Hubert kann sich nicht wegdrehen. „Heilige Scheiße“, sagt Saïd. Alles ist noch gleich und die Welt ist nicht plötzlich gut zu ihnen.
9
Die Seine fließt grau. Sie gehen in Triel ans Wasser, klettern unter den Handläufen hindurch und steigen zum Fluss herunter. Es ist kühl, windig, und Saïd zieht den Reißverschluss seiner Lederjacke zu. Er tritt von einem Fuß auf den anderen. Hubert sagt: „Hör auf Steine zu werfen.“
10
Die Wahrheit ist: Saïd wirft keine Steine. Saïd liegt tagelang im Bett, ohne zu schlafen, ohne zu essen, zu reden. Er geht nicht auf die Beerdigung und er geht nicht auf den Friedhof. Die Wahrheit ist auch: Hubert stirbt schnell, ein sauberer Schuss. Vinz röchelt und würgt, und Notre Dame versucht mit seinen Händen das Loch in seinem Hals zu schließen. Es ist immer nur das eine Ende, die vollkommene Schwärze, nachdem man die Augen schließt.