in truth you love the pain

Jun 10, 2014 18:29

Fandom: Twilight
Word Count: ~ 3'800
Charas/Pairings: Leah, Jake, Seth, Rosalie, Nessie, Jasper, Alice; Leah x Jasper, Leah x Nessie, Alice x Seth, Rosalie x Jake
A/N: Eigentlich für einen Waisenhaus Prompt geschrieben, aber ich bin schlichtweg zu faul, den rauszusuchen (ausserdem wurde er ohnehin schon adoptiert).

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in truth you love the pain

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Das Problem ist: sie können nicht aufhören zu überleben.

Blut an den Händen, Asche unter den Füssen, das in Schreien erstickte Lebwohl von Familie in den Ohren, und der Moment nichts als weitermachen weiterkämpfen weiter weiter weiter, immer noch und immer.

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Sie waren drei ganze Welten, Menschen, Vampire, Wölfe, und lebten in dem Fleck, wo sie miteinander verschmolzen.

Jetzt sind sie nur noch sieben.

Ich hasse dich, dröhnt es in Leahs Schädel, während sie an der Spitze der zerschundenen Überreste rennt, die sie jetzt sind, ihnen den sichersten Weg sucht, gezwungen durch Jacobs Befehl, ich hasse dich, ich hasse dich, ich hasse dich, sie denkt es so laut sie kann, muss unbedingt übertönen, was unter diesem Hass lauert und sie umbringen würde (Mom ... Emily ... oh Gott … ich kann nicht ... kann nicht kann nicht kann nicht ...), hält keine Sekunde damit inne.

Es tut mir so leid, flüstert Jake zwischen jedes ich hasse dich, aber in Wahrheit sagt er immer nur: Nessie.

Er hat jeden und alles zurück gelassen, verraten, um dieses Kind zu beschützen, und Leah und Seth bleibt keine andere Wahl, als ihrem Leitwolf Folge zu leisten.

Das wird von nun an alles sein, was sie noch haben, in jedem ihrer gezählten Momente, ein gebrochenes Rudel aus drei, ein Hybridenkind, drei Blutsauger.

(Und im dunkelsten, verstecktesten Teil von ihr lauert Leahs eigene Wahrheit: selbst wenn sie die Wahl gehabt hätte, sie hätte doch nicht sterben wollen.)

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Leben findet irgendwo im Süden statt, auf einer verlassenen, heruntergekommenen Farm, wo blass gewordene Vorhänge das Sonnenlicht aussperren und jede Himmelsrichtung ein Fluchtweg ist. Es ist hässlich und immer schmutzig, und es ist sehr viel mehr als alles, was sie erwarten durften, während sie rannten und rannten, weg vom Schlachtfeld.

Rosalie ist die Einzige, die es Zuhause nennt.

Sie wischt den Staub von den Dielen, vertreibt das Ungeziefer, richtet ein notdürftiges Schlafzimmer ein, summt dabei die ganze Zeit eine Melodie, die ein Junge einmal einem Mädchen komponiert hat, das den Grund auf die Welt brachte, für den es sich noch zu sein lohnt. Die Eifersucht ist fort, Bella ruht in Frieden und Frieden empfindet Rosalie, wenn sie Nessie an sich drückt und ihr verspricht, immer für sie da zu sein.

(meins meins meins)

Das Bild ist nicht komplett, purpurner Rauch ist dort, wo einmal Emmett neben ihr auf der Veranda sass, Ewigkeit nagt an den Rändern, Unsterblichkeit macht aus Träumen Asche und Staub, und doch, und doch, ein goldenes Licht unter all den Schichten aus Grau und Verderben, gleissendhell, blendend, mehr zählt nicht, für alles andere kann sie blind sein, was kümmert sie schon der Verfall um sie herum.

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Stirb, mein Schatz, stirb leise und laut, stirb mit einem Fluch auf den Lippen und Blut unter den Nägeln. Leah zieht an ihrer Zigarette, Qualm gegen die Leere in der Brust, steigert sich hinein in den Wahnsinn, den sie jeden Tag neu kreiert, alle tot, nicht wahr, abgeschlachtet, gewesen, vorbei, vorbei, vorbei, so leer, zu viel, Nichts ist da und Nichts ist ihr bester Freund, Nichts verbirgt ihre Wahrheit, Nichts flüstert ihr zu, dass sie an der nächsten Kreuzung links abbiegen sollte, hin zum Ausgang, die Tür einrennen und sie offen lassen für alle, die Nichts noch holen kommt.

Okay, in Ordnung, alles klar, sie biegt links ab und da steht Whitlock, starrt sie an aus Augen, die zu lange kein Rot gesehen haben, ein Raubtier, das verhungert, und sie geht auf ihn zu, willig der Schlachtbank entgegen, reisst sich die bunte, schmutzige Bekleidung runter, keine Zeit für Feinarbeit, einfach runter damit, nacktes Fleisch für den Appetit, die köstlichste Mahlzeit überhaupt in der Vorschau, rammt die Fäuste in seine  Brust, sein Gesicht, knurrt da nicht der Magen, steigert das nicht die Lust, willig, ja, aber ein Jäger will jagen, das gehört zum Spiel dazu, so steht es im Drehbuch, also schlägt sie auf ihn ein, während sie ihre Kehle der Klinge darlegt, schreit irgendetwas zwischen fick dich und fick mich und warum fühle ich mich trotzdem lebendig, wie kann das sein?

Sie sieht ihn an und wünscht und träumt und betet (hofft nicht, Hoffnung ist nichts), dass er das Ende ist, seine Hände ihre Knochen brechen, sein Monster ihr Monster vernichtet, dass sie als Opfer geht, nicht als Feigling, nicht als der Schwächling, der das Leben nicht mehr tragen mag, dass sie ihm den dumpfen Nachhall einistiger Gefühle für andere schenkt und er ihr den Frieden, die Erlösung.

Aber sein Kuss ist sanft, seine Hände zittern auf ihrem Körper, und sie weiss, er wünscht und träumt und betet das Selbe, ohne Hoffnung, sucht die letzte Ruhe, die Ewigkeit, will sie, wie sie ihn, zum leichten Weg machen, der oberflächlich täuschen kann, und doch nur der Abgang des Feiglings, des Schwächlings ist.

Stattdessen ist er in ihr, auf jede erdenkliche Art und Weise, und sie weint mit Bauchweh aus Kindertagen, weint bis das Nichts zu Nebel, zu Dunst, zu Scheinwerferlicht wird und ihr die Wahrheit in ganzer Pracht beleuchtet erzählt, dass sie immer überleben wird, solange da Schmerz ist, dass sie es nie anders wird haben wollen.

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Sie nennt Jacob Dad, denn dann wird er zu Dad, er muss ja, hat keine andere Wahl, fick dich, Universum, vielen Dank, und Rosalie immer nur Rosalie, weil sie sich doch nie wie die Mom fühlen könnte, die verloren gegangen ist, zu viel blondes Hale Blut als Erinnerung in den Adern.

Ausserdem tut das beiden weh, hält beide auf Abstand, ein Ziel für den Zorn und den Schmerz und all das bittersüssböse Durcheinander, fast als wäre sie wirklich bloss ein Teenager und die Welt bloss die Welt, geboren werden, verarscht werden, begraben werden, dazwischen die Ewigkeit, und ihre Eltern vor der zugeknallten Tür, verdrehen die Augen, Gott, diese jugendliche Überdramatik, wissen nicht mehr, wollen nicht, nichts ist so dramatisch wie alles das kommt, bevor man sich an das Drama gewöhnt.

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Haben wir einen Plan?, fragt Seth, und das meint er ernst, das ist kein Zynismus, er ist noch immer Seth, fast siebzehn jetzt und das letzte lebendige Gefäss für Erinnerungen, der grosse Bruder für jeden von ihnen, der glaubt, keinen zu brauchen, ein unerreichbares Land, in dem die Leute noch Pläne schmieden, optimistisch davon ausgehen, dass es immer noch etwas gibt, das man tun kann.

Keine Ahnung, erwidert Jake, weil er es nicht über sich bringt, sich zwischen Junge und Mann zu stellen, zwar zusieht, wie auch Seth eines Tages stecken bleiben wird, aber nicht selbst der Schlag ins Gesicht sein will, nicht derjenige, der in Träumen pfuscht, bis sie der Realität weichen.

Es ist an der Zeit, sich allmählich Gedanke zu machen, meint Seth, zu überlegen, welche Möglichkeiten wir haben, verstehst du? Für die ersten Jahre hat das hier, er beschreibt mit dem Arm träge einen Bogen, der die heruntergekommene Farm samt der trockenen Erde zu allen Seiten einschliesst, gereicht. Ehrlich gesagt habe ich gar nicht daran geglaubt, dass wir es so gut treffen könnten, dass wir tatsächlich einen Ort finden würden, an dem wir vorläufig sein können. Aber das ist nicht für die Ewigkeit, jedenfalls nicht so, wie es derzeit ist. Wir können bleiben, wir sollten bleiben, denke ich, denn hier waren wir bislang sicher, und falls sich das ändert, gibt es genug Wege, um zu entkommen. Aber wir müssen was aus dem Haus machen, Mann, mehr als nur Staub wischen. Uns hier anständig einrichten. Nessie braucht ein richtiges Zimmer, ein eigenes, in ihrem ... gefühlten Alter ist Privatsphäre wichtig. Ausserdem gehen Leah und sie sich bald an die Gurgel, wenn sie sich noch lange eine winzige Ecke teilen müssen.

So einfach ist es nicht.

Glaubst du etwa, die Volturi haben uns längst gefunden und warten, zwecks einer besonders bösen Überraschung nur noch darauf, dass wir uns häuslich einrichtigen? Du weisst doch, dass Alice das nicht entgangen wäre.

Ich denke da mehr an die Menschen, sagt Jake, und seine Stimme klingt viel zu vage, nicht ablehnend genug, und natürlich hellt sich Seths Miene sofort auf, natürlich flackert da Hoffnung in seinen Augen. Jetzt glaubt er, Jake wäre seiner Meinung, was nicht stimmt. Es ist dumm zu hoffen, dass Leben statt Überleben möglich ist, solange die Volturi exstieren, es wird ihnen nur weh tun, wird dazu führen, dass die Vampire aus Europa nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Seelen zerstören werden, denn sie würden sie ja für sie heil gehalten haben, sie ihnen für den besonderen Spass in annehmbaren Zustand präsentieren. Aber zu sehen, dass zumindest einer von ihnen ein Heute-Kind ist, nicht im Gestern verloren gegangen ist, tut ihm auf einmal so gut, und da weiss Jake, dass er Seth so viel geben wird, wie er kann. Nessie will nichts, und er selbst würde ohnehin nur daran ersticken, was er noch zu sein vorzugeben schafft. Die Menschen haben uns bislang nur in Ruhe gelassen, weil wir nie etwas getan haben, um sie auf uns Aufmerksam zu machen. Aber sobald sie wissen, dass wir hier sind ... ob die Farm verlassen ist oder nicht, sie gehört jemandem.

Dann kaufen wir sie.

Und womit?

Letzen Endes ist es gar nicht so schwierig.

Überlasst das mir, sagt Alice, die Seth gar nicht mehr aus den Augen zu lassen scheinen kann, als auch sie sieht, wie er der ewigen Nacht zum trotz nie aufhört, ein Licht zu sein, und schon einen Monat später haben sie jeder eine neue Identität, Strom, fliessend Wasser und ein offizielles Daheim. Jake fragt nie, wie sie zu so viel Geld gekommen ist - vielleicht ist die Lösung so simpel wie ein Streifzug durch ein paar Dutzend Spielcasinos -, aber als er bei der ersten anständigen Mahlzeit bei Tisch seit der Flucht sein Glas auf sie erhebt und sich bedankt, könnte er es ehrlicher nicht meinen.

Auf den Neuanfang!, schliesst er, und Seth stimmt so euphorisch mit ein, dass es leicht fällt, Nessies Stumm sein zu überhören.

(Das ist gelogen. Jedes positive Gefühl ist nur ein Trug, solange Nessie nichts dergleichen empfindet, und ob sie überhaupt noch etwas empfindet, ist nicht einmal sicher. Sie blickt ihm geradewegs in die Augen, wenn sie sagt: Dad, provozierend, herausfordernd, so als wäre das Einzige, das sie noch will, dass er aufhört, sie zu lieben. Und Jake weiss, er würde sich sofort von dieser Finsternis lösen, sich sein eigenes Glück schaffen, hätte er die Wahl.)

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Ich habe heute keine Lust auf die Schule, verkündet Nessie, und Leah zuckt nicht einmal mit den Schultern, nimmt bloss einen grosszügigen Schluck aus ihrer Wodkaflasche und fragt dann: Auch etwas?

Nessie weiss, dass sie den Umgang mit Leah als kompliziert und nervenaufreibend empfinden müsste, dass Leah mehr oder weniger der Inbegriff eines Miststücks ist, entweder schon immer gewesen oder durch die Umstände zu einem solchen geworden; sie weiss, dass sie Leah von allen am wenigsten bedeutet, wohl gar nichts bedeutet, und sich lieber zusammenreissen und sich aus Splittern etwas zusammenschustern sollte, das funktioniert und gesund ist. Das würde jeder tun, der nomal ist. Aber wer, der sich im Alter von drei Monaten heimlich den Schmudelroman der Tante und jetzigen Möchtegern-Mutter durchgelesen und dabei Dinge empfunden hat, ist schon normal? Sie war schon nicht normal, als dieser ganze Scheiss noch gar nicht passiert war, hat sich mit Hilfe von Carlisles Anatomiebüchern zusammengereimt, welche Körperteile beim Blasen zusammenfinden, hat ihre Eltern nachts dabei gehört, wie sie es im Häuschen im Wald miteinander treiben, hat ausgerechnet, wie viele Tage es dauern mag, bis Jake sie so ansieht. Und auf verquere Art und Weise hat das alles ihr gefallen, hat sie sich deswegen überlegen gefühlt, kleine, erwachsene Renesmee, ihren Altersgenossen so weit voraus, so besonders und nahezu einzigartig.

Aber kein Wort davon zu niemandem, Dad, denkt Nessie bitter, wie krank meine Gedanken sind, bleibt unser Geheimnis, nicht wahr?

(Mommy würde mich sonst nicht mehr lieb haben.)

Rutsch rüber, sagt Nessie, nimmt Leah die Flasche ab und setzt sich dicht neben sie auf die rissige Erde hinter dem Haus.

Leah verdreht die Augen. Nur weil du heute schwänzt, musst du noch lange nicht mir auf die Nerven gehen. Hast du keine Barbies, mit denen du spielen kannst?

Ich stehe nicht auf Barbies.

Lass das nicht Rosalie hören.

Rosalie ist mir egal, und das ist die Wahrheit. Vielleicht behandelt sie Nessie nur wie ein Kind, wie ihr Kind, weil sie ansonsten zusammenbrechen würde, es ansonsten nicht ertragen könnte, vielleicht ist es aber auch einfach nur Bellas Schuld, Bella, für die die Liebe, für die man die Beine spreizt, wichtiger wahr als die Bindung zur eigenen Tochter, nicht offen zwar, nein, das auf keinen Fall, solcherlei gibt man nicht zu, wenn man von sich selber glaubt, gut zu sein, aber innendrin auf jeden Fall. Ein paar Gedichte, die sie zusammen gelesen haben, ein, zwei Mal gemeinsam jagen, ein dämliches, wertloses Medaillon - mehr hat sie Nessie nicht gegeben. Sie ist nicht mit Nessie mitgegangen, als sie die Chance dazu hatte, nein, sie ist zu Edward geeilt, als ihr Schild explodierte und nur noch sie allein beschützte, hat Jane attackiert, die ihn folterte, hat dafür ihr Leben gelassen, hat sich wohl gedacht: Hey, Jake und Rosalie haben doch eh die ganze Zeit mehr für Nessie getan als ich, sollen sie sich doch mit ihr abplagen. Ich mach hier lieber einen auf beschissene Julia und nehme das Gift des ersten Feindes, der in meine Nähe kommt.

Schön für dich, Mom, ich brauche dich ohnehin nicht. Und sie braucht Rosalie nicht. Sie braucht niemanden. Nicht, wenn sie die Maske absetzt, die sie trägt, aus Feigheit und vielleicht Scham, die sich als beständiger erwiesen hat als die Hoffnung, doch noch Diejenige zu werden, die sie sein soll, das gute Kind, das einen freien Wolf in einen Knecht verwandelt und aus Kriegern Deserteure gemacht hat.

Hasst du mich?, fragt Nessie, und Leah, wundervolle, kaputte Leah, antwortet: Nah, bei dieser Hitze kann ich nur trinken und so vor mich hin leben.

Gefällt mir.

Und so leben sie vor sich hin, liegen bald betrunken aufeinander, und Nessie kümmert sich einen Dreck darum, in wie vielen Farben ihre Abnormalität ohne die Maske schimmert, fragt nicht, ob es in Ordnung ist, Leahs übergrosses, als Kleid getragenes Shirt hochzuschieben, Wodka aus ihrem Bauchnabel zu trinken und mit der Zunge über Haut zu lecken, die noch nach Jaspers Küssen schmeckt. Ihre Finger wandern dahin, wo sie wollen, ihre Nägel und  Zähne hinterlassen Spuren, und als sie auf Leahs dunklen Haarschopf hinabblickt, im Sonnenlicht glänzend wie schwarze Seide, und sich zwischen ihren Schenkeln so gut aufgehoben fühlt, weint sie ein bisschen. Sie kann Rosalie, die wirklich alles für sie tun würde, genauso wenig zu ihrer Nummer eins machen, wie sie selbst die oberste Priorität für ihre wahre Mutter war.

Müsste sie wählen, würde sie sich immer für Leah und das hier entscheiden, Rosalie brennen lassen, während sie unter der Sonne zur Hitze selbst wird und sich einzig für den Moment interessiert, es liebt, nicht geliebt zu werden.

Wo nichts ist, kann ihr nichts genommen werden, und wo nichts ist, kann sie sich alles nehmen.

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Als sie das erste Mal vor Jake hinkniet, glaubt sie, es tun zu müssen.

Sie haben ein Kind zusammen, ist es nicht so, eine Tochter, deren Hausaufgaben nicht gemacht werden, wenn sie nicht beide hinter ihr stehen und streng auf sie herabblicken, eine Jugendliche, für die alles die Schuld von ihnen beiden ist, die sie hasst und sie gern mit Schweigen straft. Jacob Black müsste eigentlich so etwas wie ihr Schwiegersohn sein, aber nein, Nessie will ihn nicht, sie will nur die Gewissheit, dass er immer für sie da sein wird, wie ein Vater eben, und er fügt sich ihrem Willen, verbietet ihr zu kurze Röcke, zwingt sie, ihr Gemüse aufzuessen, liest vor dem Schlafengehen Erziehungsratgeber, die ihn kein Stück weiterhelfen. Und sie, Rosalie, macht er zu seiner Komplizin, zu seiner Ehefrau. Er beratschlagt sich mit ihr, diskutiert mit ihr seine Entscheidungen, bevor er sie endgültig fällt, kommt immer als Erstes zu ihr, wenn er mit Nessie nicht weiter weiss.

Trotzdem, als sie seine Hose öffnen will, sagt er: Nicht.

Warum?

Eine einfache Frage, und die Antwort ein hilfloses Stammeln. Nessie hier, Nessie da, das ist ihrer beider Lebensinhalt, und: Das ist kein Grund. Keiner, der zählt.

Ich liebe dich nicht, sagt Jake, ist dir das Grund genug?

Das, denkt Rosalie, ist kein Grund, sondern eine Lüge. Nessie und er, das ist Hingabe, für die er nichts kann, die ihm auferzwungen wurde, Rosalie und Jake dagegen, das ist eine Geschichte, die auf freiem Willen beruht, eine verdammt beschissene Geschichte zwar, die es nie zum Broadway schaffen wird, aber nichts desto trotz echt. Er begehrt sie, aber nicht, weil er sie liebt, und er liebt sie, aber nicht, weil er sie begehrt. Diese zwei Dinge gehen in ihrem Fall nicht Hand in Hand, doch sie sind da, das eine aus Vertrauen geschaffen, das andere körperlich bedingt, und dass er es abstreitet, bedeutet nur, dass er ihr nicht weh tun will, ihr unter keinen Umständen je würde weh tun wollen.

Oh Gott, denkt Rosalie, oh Gott, sie muss nicht, sie will, und als sich ihre Hände jetzt wieder an seiner Jeans zu schaffen machen, hält er sie nicht davon ab. Sie vermisst es, ihren Körper zu mehr zu gebrauchen, als einfach nur da zu sein, ihr Körper braucht Nähe und Intensität und Erschütterung, die ihren Kopf leer fegt, und sie will sich von niemand anderem als Jake berühren lassen, will nur ihn, für den sie nie die erste Wahl wird sein können, spüren, einzig ihm geben, was andere, die behaupteten, sie zu lieben, jetzt und für immer, sich gegen ihren Willen genommen haben.

Danach ist ihr Bett das seine, sie sind zwei, die eins sind, ein für immer junges und schönes Paar, das sich mit einer pubertierenden Tochter abplagt und mit dem Tod tanzt, der sich Rache nennt.

Dass Schmerz keine Bilder malen kann, die gefallen, ist schlichtweg nicht wahr.

Man muss sich nur trauen, richtig hinzusehen.

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Du warst doch in einem Irrenhaus. Weil du so dämlich warst, deine Visionen an die grosse Glocke zu hängen.

Mehr oder weniger.

Für das, was du gerade tust, mit deiner Hand auf meinem Bein, deinen Augen auf meinem Mund, hätten sie deine Elektroschocks direkt verdoppelt, mindestens. Das ist KRANK, Alice, oder, Alice, ja, Alice, nicht wahr, Alice?

Alice will nicht, dass ihre Hand Leahs Bein streichelt, ihre Augen Leahs Mund betrachten, aber sie ist schliesslich die Wahnsinnige, die Verrückte, sie muss Dinge tun, die nicht rational sind, das ist ihre Rolle, fröhlich und überdreht gibt es nicht mehr, dafür ist kein Platz, und was ist leichter, als den Teenager mit unstabiler Persönlichkeit zu mimen, auf der Grenze zu tanzen, zu kopieren und zu imitieren, zu tun, was unzählige andere tun, und sich dabei miserabel zu fühlen, ohne es zu zeigen?

Es schien dich nicht anzuwidern, als Nessie dich berührte.

Wenn ich es tue, ist es okay. Wenn sie es tut, ist es okay. Wir entstammen keiner Zeit, in der es allgemein befürwortet wird, für solche Perversitäten mit dem Verstand zu büssen. Ausserdem ist es ja doch  nur Whitlocks Schwanz woran du denkst. Spar dir die Mühe. Leah schlägt ihre Hand weg, sorgt für Abstand. Hör mal, dass dein Mann ein kaputtes Arschloch ist, ist nicht deine Schuld, kapiert? Ich bin kaputt und du bist es auch, aber die Sache ist die: So, wie wir alle nicht aufhören können zu überleben, kann er nicht aufhören, dich zu lieben, sich um dich zu sorgen. Er kann dich nicht noch mehr runterziehen, Arschloch hin oder her, das hat er einfach nicht in sich. Also vögelt er diese Gestaltwandlerin, die ihm scheissegal ist, vögelt sie und betet, dass es ihr irgendwann reicht und sie ihn umbringt. Er ist dir doch eh nur noch eine Bürde, nicht wahr? Du willst keinen Trost und keine Sicherheit von ihm, im Grunde willst du gar nicht mehr mit und von ihm belästigt werden. Du weißt nur nicht, was du stattdessen tun, womit du dich stattdessen beschäftigen sollst. Jeder merkt, dass du am liebsten sterben willst, wenn du ihn ansiehst, wie viel Mühe es dich kostet, ihn anzulächeln und so zu tun, als ob es dich kümmert, ob deine Ewigkeit auch die seine ist.

Hast dir wohl was von Jasper abgeguckt, was? Ein Empath reicht mir, vielen Dank.

Wovor, zur Hölle, hast du solche Angst, Alice? Dass dir weh getan wird? Du am Ende gar nichts hast? Überraschung: Wir sind so oder so im Arsch. Wir haben nur noch Jetzt, wirklich nur Jetzt, alles andere ist bloss Seths naives Wunschdenken. Du kannst es so handhaben wie der Rest von uns und dir einfach nehmen, was du willst, oder auch das letzte bisschen vergeuden, das dir noch bleibt. Was können wir vor dem Sterben schon anderes tun als leben und daran verzweifeln?

Spüre. Empfinde. Fühle.

Es ist nicht einmal halbwegs weise, aber wozu auch wachsen, wenn man sein kann?

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In Nessies Königreich war Rosalie einmal die Prinzessinnen, nicht eine sondern alle, aber niemand hat sie wachgeküsst, niemand hat sie aus dem Turm befreit, niemand hat ihr mit Rumpelstilzchen geholfen, und jetzt ist sie die böse Stiefmutter, eine Tote die Tochter, die sie beneidet, und Nessie der Jäger, der das Herz herbeischaffen soll, die Liebe und den Thron und Hingabe, die kein Ende kennt.

Eines Tages wird Nessie morgens aufwachen und zum Schluss kommen, dass es reicht. Sie wird diese plötzliche Gewissheit nicht anzweifeln, nicht in Frage stellen, sie wird sie einfach hinnehmen und damit leben.

Rosalie wird sie immer auffangen und Nessie wird sich deshalb immer trauen zu fallen, und irgendwo dort unten auf dem Grund von allem Sein wird da immer das Sicherheitsnetz aus Schmerz sein, das sie alle daran erinnert, dass ihr Nichts etwas bedeutet.

Ich liebe dich, sagt Nessie zu Rosalie, und danach ist sie wieder die Jugendliche, die die ganze Welt hasst.

Und wenn schon. Unzählige Eltern stehen diesen Scheiss die ganze Zeit durch, ohne dass sie sich deswegen aus dem Staub machen. Gelogen ist nur das Rosarote. Echt ist es erst, wenn es nach Sonnentagen gewittert.

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Die Kaputten, Verrückten, Verdrehten, die Bessenen, Verzweifelten, Verlorenen, als ob das Zufall wäre, alles Tote, Seth, schon irgendwann damals gestorben, das eigene Grab in der Brust, davongekommen, weil wir schon längst geholt worden sind, uns längst haben holen lassen, mit eigenen Händen geholfen haben, Herz und Seele und Hoffnung aus uns herauszureissen.

So bin ich nicht, ich bin nicht kaputt oder verloren oder ein Echo, und trotzde stehe ich hier, noch ganz nah am Anfang, ich habe überlebt und ich lebe.

Natürlich lebst du, sagt Alice, natürlich bist du ein Überlebender, der letzte Schimmer in der Finsternis. Der Letzte, der noch steht, der Einzige, der fallen wird. Ohne dich würde es dem Tragischen im Dunkel an Glanz fehlen.

Was sie eigentlich sagen will: Ich war einmal wie du, weisst du, auch schon, bevor sie mich gezwungen haben, so zu sein, indem sie mir alles Schwarz genommen haben, das war einfach ich, stets der Nase lang dem Morgen entgegen, ich war einmal wie du, und wenn ich dich ansehe und denke, du bist nur ein Kind, das es noch nicht besser weiss, habe ich in Wahrheit Hoffnung. Das ist verrückt, oder? Hoffnung.

Alice, sagt Seth, sonst nichts, nur Alice.

Der Nase lang dem Morgen entgegen.

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Es ist ein kurzes Leben und ein unschönes Ende.

Aber es war es trotzdem wert.

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fanfics, fandom: twilight saga, chara: leah clearwater, chara: jasper whitlock, chara: alice cullen, chara: jacob black, pairing: leah c./jasper w., chara: seth clearwater, chara: nessie cullen, pairing: alice c./seth c., oneshots, 2014, pairing: leah c./nessie c., pairing: rosalie h./jacob b., chara: rosalie hale

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