Die Stimmen stritten sich nur leise, aber die Gänge trugen jedes Wort weiter, sodass es praktisch unmöglich war, ein Echo zu vermeiden. Orochimaru grinste, als er hörte, wer auf dem Weg zu ihm war. Kabuto und Sasuke, seine liebenswerten beiden Schüler, mal wieder in einen argen Disput vertieft. Er erkannte es an ihrer Tonlage, an ihren heraus gepressten Worten bei dem Versuch subtil zu sein und der mühseligen Beherrschung, die gerade soweit reichte, dass sie sich nicht gegenseitig mit ihren Zähnen die Luftröhre durchbissen.
Orochimaru lehnte sich zurück an die Steinwand, um weiterhin die Horde Kämpfer zu beobachten, die verzweifelt, um ihr Leben rangen. Nur einer von ihnen würde aus dem tiefen Loch heraus kommen. Wenn auch er gerade keinen neuen Körper mehr brauchte, es war immer wieder faszinierend diesen Überlebenskampf zu beobachten.
„… gibst du nicht endlich zu, dass Hinterhältigkeit einem Ninja sehr viele Vorteile im Kampf verschafft...“, drang jetzt Kabutos gezischter Satz an Orochimarus scharfes Gehör.
Gespannt verfolgte er die Unterhaltung, um heraus zu bekommen, weswegen er diesmal wieder Richter und Schlichter spielen sollte.
„...als deine merkwürdige Ansichten von Ehre?“, beendete Kabuto seinen Satz. „In einem Kampf gilt es hart und brutal zuzuschlagen, wenn man dazu in der Lage ist.“
Das Klatschen verriet Orochimaru, dass Kabuto aufgeregt genug sein musste, um wild mit den Händen zu gestikulieren. Offenbar war bei ihm ein Punkt erreicht, wo ihm die Sturheit Sasukes und seine eigene Unfähigkeit ihn zur Einsicht zu bewegen auf die Nerven gingen.
„Als ob du zu roher Gewalt fähig wärst“, höhnte Sasuke und Orochimaru musste nicht den Gang hinunter sehen, um zu wissen, dass er die Arme streng vor der Brust überkreuzt hatte. „Du könntest ja nicht einmal einen Trainingsposten zerschlagen, ohne dabei eine Axt zur Hilfe zu nehmen.“
Aha. Sasukes üblicher Spott, um Kabuto in den Wahnsinn zu treiben. Ähnlich wie Kabuto bereits das Thema Konoha andeutet hatte, war Sasuke gerade dabei darauf einzugehen, dass der Arzt im Feld unnütz war, sobald es zum direkten Kampf kam.
Kabuto tut alles, um die Siegeschancen des Gegners zu verringern und Sasuke nimmt alles auseinander, was sich ihm in den Weg stellte, sinnierte Orochimaru vor sich hin, wandte aber seinen Blick nicht von dem derzeitigen dominierenden Kämpfer in der Grube ab. Ich frage mich, ob sie je begreifen werden, dass als Team unschlagbar wären?
Gerade weil sie sich nicht mochten, kannten sie die Stärken und Schwächen des anderen am Besten. Sie ergänzten sich auf eine erschreckende, sehr ehrliche Art und Weise.
Allerdings hatten sie noch nie einen Grund zusammen zu arbeiten, überlegte Orochimaru weiter, als der dominierende Kämpfer von den übrigen mit vereinten Kräften niedergestreckt wurde bis das Blut spritzte.
Werden sie wahrscheinlich auch in Zukunft nicht, mutmaßte Orochimaru und erlaubte sich einen kurzen Blick seitwärts, als Kabuto und Sasuke in der Licht der Arena traten.
Sie waren noch zu jung. Sie hatten noch keinen Grund, um alte Feinde zu schätzen. Bisher war ihnen beiden Konoha verhasster als die Anwesenheit des jeweils Anderen - auch ihre Abneigung gegen das Dorf verschiedene Gründe hatte - aber sie wussten noch nicht, dass ihre Erfahrungen hier sie auf eine ganz besondere Art und Weise zusammen schweißen würden.
Oto mochte irgendwann untergehen, daran hatte Orochimaru keinen Zweifel. Er selbst würde eines Tages sterben, niemand lebte ewig, dessen war er sich auf seine Suche schnell bewusst geworden, aber Kabuto und Sasuke würden für immer seine Schüler sein.
Orochimaru grinste böse und siegessicher, als gerade der Kampf der beiden letzten Überlebenden in der Grube begann und selbst seine Schüler stehen blieben, um dabei zuzusehen.
„Habt ihr zwei Probleme?“, richtete er das Wort an sie. „Ich hörte euch streiten.“
Sasuke hörte er schnauben, während Kabuto seinen Rücken geradebog und sich stolz aufrichtete, während ihr aller Augen auf die beiden Männer gerichtet waren, die gerade versuchten mit bloßen Händen einander umzubringen.
„Es ist nur eine Meinungsverschiedenheit, Orochimaru-sama“, verkündete Kabuto fest und rückte seine Brille zurecht, um Sasuke nicht einen weiteren bösen Blick zuwerfen zu müssen. „Er will nicht einsehen, dass auf dem Schlachtfeld alles erlaubt ist, um den Gegner zu besiegen. Schmutzige Tricks sind ihm wohl zuwider, sodass er unnötige Wunden vorzieht.“
Das Grollen aus Sasukes Kehle ging unter dem Schmerzensschrei unter, als der eine Kämpfer aus der Grube dem Anderen den Arm brach.
„Hinterhalte sind mir keineswegs zuwider“, sprach er abweisend, während er seinen Standpunkt verteidigte. „Ich halte es lediglich für unnötig mich an sie zu gewöhnen, wenn Verwirrung vollkommen ausreicht.“
„Verwirrung...“, wiederholte Kabuto mit Unverständnis.
Sasukes fragwürdige Kampfstrategie störte ihn gerade mehr als das Röcheln des Sterbenden ein paar Meter weiter unter ihm.
Nun grinste allerdings nicht nur Sasuke, der sich an Kabutos irritiertem Gesichtsausdruck erfreute, sondern auch Orochimaru, da er wusste auf welchen Plan sein jüngerer Schüler hinaus wollte.
„Das ist eigentlich ganz einfach“, erklärte er und hob den Finger, als er mit seinem Vortrag begann. „Wenn man von einer Überzahl von Gegner konfrontiert ist und keine Zeit mehr bleibt, um sich eine Falle zu überlegen, ist das Einzige was man hin und wieder tun kann mit großen Getöse zum Gegenangriff überzugehen und dafür zu sorgen, dass die Feinde sich im Eifer des Gefechts sich gegenseitig umbringen.“
Kabuto schüttelte entsetzt den Kopf, als könnte er sich nicht vorstellen wie dies zu bewerkstelligen sei, ohne Selbstmord Tendenzen zu hegen.
„Nichts, etwas dass ich als Überlebenstaktik bezeichnen würde. Es bliebe schließlich doch an mir hängen Sasuke-kun wieder zusammen zu flicken.“, widersprach er und begutachtete die Blessuren, die Sasuke sich während des Trainings zugefügt hatte. „Weswegen ich jetzt wieder mehr Zeit als nötig dafür aufwenden muss, um deine Wunden zu behandeln. “
Mit diesen Worten schob Kabuto Sasuke an Orochimaru vorbei in den nächsten dunklen Gang hinein.
„Genau wie du niemals eine direkte Konfrontation überleben würdest“, behauptete Sasuke steif und fest, leistete aber keinen großen Widerstand als Kabuto ihm am Kragen mit zerrte. „Eher würdest du Tote beschwören.“
Die Antwort Kabutos verhallte dumpf, als sie um eine Ecke bogen und Zwielicht der Schatten verschwanden.
Ihr Meister hingegen wusste nicht, ob er lachen oder schreien sollte.
Sie streiten sich wie die kleinen Kinder …
Irgendwann, sollte er noch dazu kommen ansonsten mussten sie das alleine begreifen, würde er ihnen sagen, dass sie sich wie zwei kabbelnde Geschwister benahmen. Nur, um ihre empörten, entgeisterten und entsetzten Gesichter zu sehen.
Sasuke und Kabuto werden für immer meine Schüler sein, dachte Orochimaru zufrieden und einem weiten Blick in die Zukunft. Mein Erben.
Kabuto und Sasuke würden einander am Leben erhalten. Weniger weil sie es wollten, sondern weil der Andere ein Spiegel dessen war, was sie nicht zu werden gedachten.
Sie würden überleben und seinen Namen unsterblich machen.