Kiryuu (2/?)

Apr 25, 2011 20:15




„Chi“, krähte Madara und wedelte mit seinen Armen in der Luft herum. „Chi!“

Suno beugte sich zu ihrem Sohn und reichte ihm einen kleinen roten Ball, in der Hoffnung, dass dieser ihn ablenken würde, aber Madara griff nur danach, um ihn so weit wie möglich von sich wegzuwerfen. Der rote Ball prallte an der gegenüberliegenden Wand ab, um dann still und unbeachtet in eine Ecke zu rollen.

„Ku’chi“, verlangte Madara und ließ sich auf seinen sitzenden Position nach vorne fallen, um auf die Tür zu zu krabbeln, doch seine Mutter hinderte ihn mit einem Seufzen daran.

„Du willst heute wohl gar keine Ruhe geben, oder?“, fragte Madaras Mutter.

Allerdings bekam sie nur einen empörten Ausruf zur Antwort, weil es Madara nicht schaffte an ihr vorbei zu kommen. Es hinderte ihn dennoch nicht daran, fest zu strampeln, in der Hoffnung, dass man ihn loslassen und gewähren lassen würde, aber Suno wusste es besser. Sie hatten alle von Anfang an gewusst, dass Madara ein anstrengendes Kind werden würde, sobald er fähig war sich alleine fortzubewegen, aber er übertraf noch alle Erwartungen. Kaum, dass er begriffen hatte, dass man auch an das gewünschte Ziel kam, wenn man sich quer über den Boden rollte, musste sie Madara unter jedem Möbelstück suchen, denn mit der Zielgenauigkeit hatte es noch eine ganze Weile gehapert.

Das Resultat davon waren blaue Flecken gewesen, die aber ihren Sohn alles andere als störten. Mehr ärgerte es ihn wohl, dass er regelmäßig irgendwo stecken blieb und dann nicht weiterkam. Fast war sie froh gewesen, als Madara gelernt hatte zu krabbeln, doch das Gefühl der Erleichterung war schon sehr bald in Verzweiflung umgeschlagen, weil es jetzt nur noch schwerer war Madara an Ort und Stelle zu halten. Ganz zu schweigen davon, dass er für ein so kleines Kind sehr schnell war und noch schwerer wieder einzufangen.

Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was auf sie zukäme, wenn Madara lernte zu laufen.

Aber dann würde sie vielleicht jemanden finden, der Madara beschäftigten und ermüden konnte, denn ließ man ihn unbeaufsichtigt schaffte es ihr Sohn in kürzester Zeit einen mittelschweren Aufstand anzuzetteln, von dem keiner der Frauen wusste, wie er es hinbekam. Suno wünschte sich hin und wieder, dass sie mehr Einfluss auf ihren Sohn hätte, aber egal was sie tat, der Junge schien sie nicht ernst zu nehmen.

„Chi!“, begann mit einem erneuten Sturmangriff auf die Tür.

„Nein!“, sagte Suno streng und der Kampf begann von Neuem.

Es dauerte Minuten bis Madara schließlich von der Tür in die andere Ecke des Raumes verfrachtet hatte. Seufzend stellte sie das Gitter wieder auf, dass den Durchgang zu dem Flur blockierte. Am Anfang hatte sie nicht geglaubt, dass Kinder so anstrengend sein könnten, aber inzwischen sehnte sie den Tag heran, wo Madara alt genug sein würde, die Künste der Shinobi zu erlernen. Einige ihre Cousinen machten sich Gedanken, ob es nicht ein wenig zu früh wäre bereits Kleinkinder mit den Fertigkeiten eines Ninja vertraut zu machen, aber sie hatte ja nicht vor Madara ein scharfes Kunai in die Hand zu drücken. Sie wollte nur etwas finden, womit ihr Sohn ein wenig Energie loswerden konnte.

Ihr Mann wartete schon sehnsüchtig auf diesen Tag, denn im Moment hatte er nicht viel Zeit für seinen Erstgeborenen. Seit sein Knie verheilt war, half er wieder bei Missionen aus und bereitete die Reise zu ihrem Winterquartier vor. Dort, so erhoffte er es sich, würde er Madara die ersten Grundlagen beibringen können. Aber die Chancen dazu waren gering. Yashiro war häufig viel zu beschäftigt und der Gedanke er könnte der Lehrmeister seines Sohnes werden, hielt sie für eine Illusion. In dieser Hinsicht war sie zu sehr Tochter ihres Vaters.

Suno strich über den Stoff ihrer Kleidung und sah erleichtert, dass Madara für einen Moment Ruhe gab, weil er fasziniert davon war, dass die aufgebauten Holzklötze ineinander fielen, wenn man drauf haute. Madara entwich jedes Mal ein kurzes Gackern, sobald die Klötze mit einem lauten Geräusch zu Boden fielen und machte sich danach sofort wieder daran das Konstrukt wieder aufzubauen. Sie würde es nicht unbedingt Turm nennen, eher ein eigenartiges Gebilde, dass in die Höhe ragte, aber helfen lassen wollte sich ihr Sohn dabei nicht. Unter keinen Umständen wollte er, dass man ihm dazwischen funkte.

Die meisten Aufpasser fanden es einfach nur süß, doch Suno kam nicht darum herum, dass Madara ein wenig zu früh eigenständig agieren wollte. Außerdem hatte sie nicht das Gefühl, dass sie eine Bindung zu ihrem Kind hatte, immerhin beachtete er sie kaum. Er blieb nicht in ihren Armen, Muttermilch hatte er auch recht früh angefangen abzulehnen und hörte auch nicht auf sie. Vielleicht war es deswegen für sie so ein derartiger Alptraum auf ihren Sohn aufzupassen.

„Kuuuuurr“, hörte Suno Madaras Stimme, allerdings nicht so nahe wie sie es gerne hätte.

Erschrocken sah sie auf und stellte fest, dass ihr Sohn es fertig gebracht hatte ein Loch die dünne Wand des Reispapiers zu schlagen und hindurch zu krabbeln.

„Oh nein“, stöhnte Suno und raffte sich auf.

Das durch ihren angeschwollenen Bauch nicht ganz einfach, doch ihr blieb keine andere Wahl, wenn sie nicht wollte, dass Madara für die nächsten Stunden ein nie enden wollendes Versteckspiel mit ihnen trieb. Er würde sie solange meiden, bis man in einer komplett anderen Ecke suchte und ihn letztendlich nicht fand, weil es Madara für angemessen empfand seinen Mittagsschlaf in einer Ecke der Waffenkammer zu halten.

„Guu ... kuuurr ... hi!“

Zum Glück hatte ihr Sohn noch nicht realisiert, dass man ihn durch sein Gebrabbel stets sehr leicht finden konnte. Dennoch würde sie nicht schnell genug sein, um ihn einfangen zu können, dafür war ihre Schwangerschaft zu weit fortgeschritten. Diese war überraschend gekommen, einige Monate nach Madaras Geburt, sodass sein Geschwisterkind ein knappes Jahr jünger wäre. Derartig eng beieinander liegende Schwangerschaften waren nicht sonderlich üblich in ihrem Clan, weil man ernste Rivalitäten fürchtete. Waren die Kinder ein paar Jahre auseinander, verstanden sie sich meist besser, hatte die Erfahrung gezeigt.

„Madara...“, rief Suno und hielt sich ihren Rücken. „Madara, warte!“

„Cchiiii“, antwortete ihr Sohn und Suno fluchte, dass die Schwangerschaft ihre Mobilität derartig behinderte.

Für einen Moment sah sie Madara um die Ecke des Flures krabbeln und mit zwei großen Schritten versuchte sie, ihn einzuholen, um zu verhindern, dass er ihr entwischte, als das Baby dies als günstigen Zeitpunkt empfand sie kräftig zu treten. Stöhnend blieb Suno stehen, um sich an der Wand abzustützen. Das Baby war zwar nicht so lebhaft wie sein Bruder, doch wenn es zutrat, dann richtig.

Ausgerechnet heute müssen alle mit dem Packen der Wagen beschäftigt sein, dachte Suno.

Da im Moment die letzten Aufträge beendet wurden, wurde jetzt jede Hand gebraucht alles für die Reise ins Winterquartier fertig zu machen. Die Sommerresidenz hatten sie bereits vor ein paar Wochen hinter sich gelassen, doch der längste Teil der Strecke stand ihnen noch bevor. Als Frau mit einem Kind diese Reise zu machen, war etwas deutlich anderes als wenn man als Kunoichi unterwegs war. Im letzten Jahr war Madara noch ein Säugling gewesen, den sie ihrer Tante anvertraut hatte, weil sie wieder in Form kommen und nicht in einer Kutsche fahren wollte. Jetzt blieb ihre keine andere Wahl, weil das Baby niemals rechtzeitig geboren werden würde, als das sie den Weg in die Berge zu Fuß würde gehen können.

Es ist ein undenkbar schlechter Zeitpunkt, dachte Suno und kämpfte sich vorwärts, um Madara nicht aus den Augen zu verlieren. Wäre ich ein wenig später schwanger geworden, wäre es niemandem aufgefallen, wenn wir reisen. Doch so bin ich komplett auf den Schutz der Wachen angewiesen.

Sie kannte die Gefahren dieser Reise gut. Bevor sie mit Madara schwanger geworden war, hatte sie in diesem Teil des Clans ihre Aufgaben gehabt. Direkt auf Mission zu gehen, tat sie nur selten, wenn es sich nicht um Informationsbeschaffung oder Attentate von oder auf Fürsten handelte. Doch als Wache für den Clan zu dienen, hatte ihr schon immer gelegen, sodass sie nun wusste, dass sie es auf dem Weg mit Räubern, Dieben und hungrigen Landstreichern zu tun bekommen würden. Auch war dies der perfekte Zeitpunkt, um anzugreifen, wenn man dem ganzen Clan schaden wollte. Es wäre nicht das erste Mal, dass einer von ihnen Wanderung nicht schaffte, weil Entführungen versucht und Überfälle nicht sofort vereitelt wurden.

Bisher war sie stets diejenige mit dem Schwert in der Hand gewesen, nicht die in dem Wagen aus Holz mit dem Kind an dem Leib, um es so gut zu schützen wie es nur ging. Doch wie sollte sie das erfolgreich tun können, wenn Madara nicht hörte und ständig davon rannte? Er musste begreifen, dass er sich das nicht ständig leisten konnte, dass ein Befehl hin und wieder einfach ein Befehl war, dessen Nichtbefolgung mit dem Tod enden konnte.

„Madara!“, rief sie nun laut und energisch, doch diesmal antwortete ihr kein Babygebrabbel.

Es besorgte sie, denn Madara war ein sehr geräuschvolles Kind, das erfahrungsgemäß mehr zu hören als zu sehen war.

„Mada...ra?“, meinte Suno zögerlich, als sie um die Ecke bog und zwei Gestalten erkannte.

Die Eine war ihr kleiner Sohn, der gerade in die Höhe gehoben wurde und dabei freudige, gurgelnde Geräusche machte, die Andere ein Mann, der ihr halb den Rücken zugewendet hatte. Verwirrt stoppte Suno. Madara war kein sehr anhängliches Kind, das sich so gut wie nie durch die Gegend tragend ließ und der Uchiha Clan war groß genug, sodass ein Kind nicht sofort jeden als Verwandten erkannte, selbst wenn sie durch das Zuhause liefen.

„U-chi!“, krähte Madara und griff glücklich nach den langen Haarsträhnen des Uchiha, der in ihrem Haus stand, um sie sich in den Mund zu stopfen.

Leise lachend ließ der Besucher ihren Sohn gewähren.

„Go..ma...du ah“, beschwerte sich Madara nun bei der Person, die ihn auf die Arm hielt, lautstark. Natürlich mit dem Mund voller Haar, doch es schien, als wurde ihr Sohn verstanden.

„Natürlich, Madara“, sagte der Besucher in ihrem Haus und Suno erkannte Kurochi an seiner dunklen Stimme. „Ich war nur eine Weile weg, kein Grund sich gleich so aufzuregen.“

Suno wusste nicht, worüber da Kurochi redete, doch anscheinend war Madara nicht derselben Meinung wie er. Er strampelte mit den Füßen, allerdings nicht, um herunter gelassen zu werden, wie sie es zunächst glaubte, sondern um seinem Protest still Ausdruck zu verleihen, weil die Haare in seinem Mund jegliche Laute verhinderten. Kurochi schien das nicht im geringsten zu stören, sondern neigte bloß seinen Kopf damit Madara mit den Haaren spielen konnte, ohne sie gleich herauszureißen.

„Ba...mph...ne“, plapperte Madara jedoch weiter, mit den Haaren seinen Mund.

Kurochi rückte Madara auf seiner Hüfte zurecht und die Geste wirkte derartig natürlich, dass Suno das Gefühl hatte, dass etwas in ihrem Inneren in Säure verwandelte. Es sollte sie sein, die mit Leichtigkeit ihren Sohn handhaben und erziehen sollte, nicht ein Mitglied aus dem Clan, der nicht einmal zu der näheren Verwandtschaft gehörte. Jemandem, der mehr ein einsamer Gefährte des Rudels war, weil er keine lebende Familie mehr hatte.

Nun, das war im Clan kein Grund oder ein Hindernis, sie waren schließlich alle Uchiha, jedoch hatte sie sich in seiner Nähe nie ganz wohl gefühlt. Etwas an ihm, ließ sie Abstand halten und hätte ihr Vater ihr diesen Gedanken nicht vor langer Zeit ausgetrieben hatte, würde sie behaupten, es läge daran, dass Kurochi außerhalb des Clans geboren worden war. Außerhalb ... es passierte hin und wieder, bei Blutlinien wie der ihren, dass nach ein oder zwei Generationen das Sharingan wieder in einem Kind hervor brach, das nun einem anderen Clan angehörte. Sie wusste nicht viel über Kurochis Hintergrund, doch offensichtlich war er von seinen restlichen Blutsverwandten verstoßen worden, als sich seine Augen das erste Mal rot färbten.

Ein schrecklicher Gedanke, dachte Suno mit einem Schaudern. Wie kann man das einem Kind nur antun?

Gut, Kurochi war wohl ein wenig älter gewesen, kein ganzes Kind mehr, denn er hatte es bis zu ihrem Clan geschafft und war in den Verband aufgenommen worden, nachdem er den Schwur geleistet hatte, alle Bindungen zu seinem alten Leben zu zerschneiden. Etwas, das er auch getan hatte. Kaum einer dachte noch darüber nach, er war nicht der Erste, der zum Clan dazustieß. So alt wie die Uchiha waren, gab es mehrere Clans die ihre Verwandtschaft mit ihnen nachweisen konnten. Nur nicht alle wollten mit ihnen zu tun haben. Doch Kurochi war ein Sonderling, der häufig lieber für sich blieb und er hatte in der ganzen Zeit, in der er hier bei ihnen war, sich noch kein einziges Mal für eine Frau oder eine Familie interessiert.

Doch da sie von ihrer Schwester wusste, dass Kurochi hin und wieder durchaus ins Teehaus ging, nahm sie an, dass er einer der Shinobi war, die Bindungsängste hatten. Oder komplett lieber für sich bleiben wollten.

Deswegen hatte sie zugestimmt, dass er ihr Wächter sein sollte, solange sie während und nach der Schwangerschaft verletzlich sein würde. Sie würde ihn besser ignorieren können, wenn er meistens so tat, als wäre er gar nicht anwesend. Nichts war bei ihrer ersten Schwangerschaft schlimmer gewesen, als die merkwürdigen Tröstungsversuche und heimlichen mitleidigen Blicke einer Freundin, die nach ihrer Fehlgeburt alles andere als hilfreich gewesen war. Damals hatte sie Abstand gebraucht, der ihr von niemandem gewährt worden war.

Kurochi war aber eher immer schon der einsame, stille Kerl gewesen, weswegen es sie aufregte, dass er ausgerechnet bei Madara warm und offen wurde. So offen wie Madara selbst, der nun wirklich wie ein sorgloses Kind wirkte, etwas das sie zu Stande brachte, wenn sie sich um ihn kümmerte und das störte sie extrem.

Wieso ist Kurochi-san für Madara eine nähere Bezugsperson?, fragte Suno sich selbst.

Eifersucht pochte in ihren Adern und sie ballte die Fäuste. Madara war ihr Kind, ihres. Sie hatte ihn ausgetragen, geboren und gesäugt. Sie hatte ihr Kunoichi Ausrüstung für ihn in eine Kiste packen müssen, die sie selbst vielleicht nie wieder öffnen würde. Denn wenn ihr zweites Kind alt genug war, um von ihr nicht mehr gebraucht zu werden, würde sie komplett außer Form sein.

Sie würde vielleicht nie wieder auf Mission gehen und wirklich nur noch Suno-hime sein können, also wollte sie nicht, dass er ihr den Grund nahm, weswegen sie ihr Leben überhaupt geändert hatte.

Madara..., dachte sie, gehört mir. Er ist mein Kind. Meins. Und Kurochi-san, egal was für ein exzellenter Krieger er sein mag, hat nicht das Recht als ein Elternteil für meine Kinder zu fungieren.

Für keines von ihnen.

Suno wünschte sich gerade, sie könnte Madara aus den Armen dieses Mannes reißen und dafür sorgen, dass die beiden sich nie wieder begegnen würden. Doch Madara quietschte so glücklich, dass sie nicht wusste, ob er sich nicht vielleicht eher gegen seine Mutter als gegen einen einfach Verwandten wenden würde. Eigentlich war der Gedanke ja absurd, aber dennoch … wenn sie sah, wie natürlich es wirkte, dass Kurochi Madara mit nur einem hochheben und festhalten konnte, dann sie sich billig vor. Als wäre sie nur die zweite Wahl gewesen, bei den Möglichkeiten wer Madara groß ziehen würde.

Wieso hatte sie das Gefühl, wenn sie Madara und Kurochi so sah, dass Madara nicht komplett ihr Kind war?

Als wäre die Zeugung und die Schwangerschaft nur der eine Teil gewesen.

Als wenn die wahre Geburt Madaras noch bevorstand und sie absolut nichts damit zu tun haben würde.

Suno wusste, dass diese Gedanken Unsinn waren, aber ihr Bauchgefühl sagte ihr etwas anderes. Sie konnte das seltsame Unbehagen nicht verdrängen, dass sie erfasste, jedes Mal wenn sie Kurochi zu lange ansah. Als würde er sich jeden Moment umdrehen, sie ansehen und im nächsten Moment Raubtierzähne entblößen.

Kalt lief es ihr den Rücken herunter, als sie sich das vorstellte.

Doch es war nicht wahr, redete sie sich ein und legte eine Hand auf ihren geschwollenen Bauch. Sie war sicher, ebenso wie ihr neues Baby. Ihr wahres Baby. Das, was ihr gehören würde. Das ganz und gar ihr Kind sein würde.

„Suno-hime“, drang nun Kurochis klare Stimme durch den dicken Nebel ihrer Gedanken, „Geht es euch gut? Ihr seht blass aus.“

Eine Hand berührte sie vorsichtig an der Schulter und Suno zuckte zusammen. Kurochi stand nun direkt vor, sah sie besorgt an während er Madara immer noch auf dem Arm hielt.

„Ich...“, begann sie verunsichert und kam sich dumm vor.

Würde er ihren Sohn nicht im Arm haben, würde sie ihm sagen, dass er sich von ihr fernhalten und sie in Ruhe lassen sollte. Doch er hatte Madara nun mal in seinen Fängen. Sie kam sich vor wie das Opfer einer Erpressung, wo ihr Sohn die Geisel eines Monsters war.

Und es wird ihn nicht mehr hergeben, sondern ihn aufziehen bis er zu einem von ihnen geworden ist, erkannte Suno.

Zumindest dachte sie das, auch wenn es natürlich Unsinn war. Trotz ihrer Abneigung und ihrer Vorsicht gegenüber Kurochi, war dieser immer noch ein Mensch. Vielleicht kein guter Mensch, so wie ihn die Samurai mit ihrem Ehrenkodex definieren würden, aber für einen Shinobi war er in Ordnung.

„Suno-hime, ich denke es ist besser, wenn sie sich ein wenig hinlegen“, sprach nun Kurochi sanft auf sie ein. Für ihn musste sehr abwesend wirken, doch sie brachte es nicht fertig, sich von seiner Präsenz zu lösen. Fast, so war ihr, als stünde sie unter einer Genjutsu, doch es gab keine Anzeichen dafür.

„Vielleicht … ist es wirklich besser“, meinte sie und rieb ihren geschwollenen Bauch. „Das Baby tritt schwerer und kräftiger als sonst.“

„Soll ich sie in ihre Gemächer bringen, Suno-hime? Dann lasst mich nur rasch einen Bunshin zeugen, der auf Madara aufpasst“, bot ihr Kurochi an.

Suno sah ihn nun direkt an und ihr Blick fiel von den tiefen, schwarzen Augen, deren Ausdruck sie nicht zu deuten wusste, auf ihren Sohn, der sie zweifelnd ansah. Er hatte die ganze Zeit über während er auf Kurochis Arm war, nicht einen störenden Ton von sich gegeben. Sein Gebrabbel wurde dadurch gedämpft, dass er auf Stück Stoff herumkaute, das zu Kurochis Kleidung gehören musste.

„Nein“, sagte sie. „Kümmert euch um Madara, ich bringe den Weg schon noch alleine zu Stande.“

„Wie ihr wünscht, Suno-hime“, erwiderte Kurochi und drehte sich dann um, um mit Madara zu verschwinden.

Suno wusste nicht wohin er ihn brachte, aber nachdem sie in den Gängen des Hauses verschwunden waren, ließ sie sich erleichtert gegen die Wand sinken, an sie sich schon seit geraumer Zeit klammerte. Kurochi war ihr unheimlich, doch wenn ihr Sohn bei ihm war, wurde der Ausdruck in seinen Augen beängstigend. Vielleicht hatte er sich ein Herz gefasst und war lediglich ein wenig eifrig oder vorsichtig seinem Schützling gegenüber.

Allerdings sollte er nicht unbedingt sie als Bedrohung ansehen. Sie war seine Mutter und wollte Madara nur das Beste. Aber, so wusste Suno, mit erfahrenen Shinobi, die einen schwierigen Charakter und ein nur schwer zugängliches Herz hatten, war nicht zu diskutieren, wenn sie erst einmal begonnen etwas anstatt alles oder vieles des großen Ganzen zu lieben. Seltsamer beruhigte es sie, dass dieses etwas in Kurochis Fall Madara war. Zwar konnte sie sich nicht vorstellen, dass Kurochi sie je verraten würde, schließlich war er ein Uchiha, doch das hieß nicht, dass er still und gehorsam dem Weg folgen würde, den der Clan einschlug. Madaras Existenz jedoch würde ihnen weiterhin die Treue und Hingabe des Shinobi sichern. Dessen war sich Suno sicher.

Beruhigt und zufrieden machte sich auf, um sich ein wenig hinzulegen. Vielleicht würde die nächste Zeit doch besser werden, als sie zunächst geglaubt hatte. Dieser Gedanke hielt allerdings nur solange an bis sie das Baby erneut trat und Suno für eine Sekunde die Knie ein zu knicken drohten.

-

„Ah … nah“, rief Madara und spukte das Stück Stoff aus, auf dem er herumgekaut hatte.

Ein Teil von Kurochis Ärmel wies jetzt einen großen nassen Fleck auf, doch er sagte sich, dass Madaras Zähne immerhin noch nicht entwickelt genug waren, um die Kleidung zu durchstoßen. Die scharfen Zähne waren leidlich, doch sie waren einfach zu verstecken als die Krallen von denen Madara Gebrauch gemacht hatte, um seinem Kinderzimmergefängnis zu entkommen.

„Ich sagte doch, dass du auf mich warten sollst“, tadelte Kurochi, als er Madara zu Boden setzte, um sich das Loch in der Papierwand anzusehen.

Als Antwort bekam er einen leicht säuerlichen, teils aber auch entschuldigen Blick zu geworfen. Dennoch entging ihm die Spur Angst nicht, die im Madara dazu getrieben hatte ihn aufzusuchen, kaum das er nahe genug gewesen, um von Madaras Kiryuu Sinnen wahrgenommen zu werden. Fraglich war nur weswegen Madara vor seiner Mutter geflohen war.

„Hiiii...“, jammerte Madara nun Kurochi drehte seinen Kopf.

Madara saß immer noch da, wo er ihn abgesetzt hatte, streckte aber nun die Arme zu ihm aus. Er war zwar klug, aber noch zu klein, um wirklich zu begreifen, was er angestellt hatte, dass er Madara den Kontakt entzog. Mit einem Seufzen gab Kurochi nach und ließ wieder Teile seiner anderen, nicht menschlichen Natur hervorkommen. Der lange, geschuppte Schwanz erschien und streckte sich bis er locker Madara erreichte und dessen Hüfte umwickeln konnte.

Freudig kicherte sein Schützling und klammerte sich augenblicklich mit seinen Krallen daran fest. Es wirkte, als würde er eine riesige, lebendige Schlange umarmen, nur das einer Schlange die scharfen Krallen mehr ausmachen würden, als ihm. Denn trotz aller Versuche Madaras sich an ihm festzuhaken, war die Haut zu dick und die Schuppen zu widerspenstig.

Kurochi zog seinen Schwanz mitsamt dem Anhängsel daran wieder zurück zu ihm bis er Madara quer über seinen Oberschenkel ablegen konnte. Leise protestierte er, als der Schwanz sich wieder auflöste, doch Kurochi wusste es besser, als das er zu viel von Madaras anderer Natur schon jetzt hervorlockte. Während er das Loch in der Papierwand verschwinden ließ, damit sich niemand wundern würde, ob etwas anderes als Suno selbst Schuld an Madaras kleinen Ausflug gewesen war, überlegte Kurochi wann er Madara mit seiner anderen Form vertraut machen würde. Noch war es definitiv zu früh, doch er konnte nicht warten bis sprechen, laufen und die Künste der Shinobi erlernen würde. Es musste auf natürliche Weise geschehen und der erste Flug war auch wichtig.

Allerdings würde sich die perfekte Gelegenheit während ihrer Zeit im Winterquartier bieten und egal wie lange sie dort bleiben würde, es wäre definitiv zu früh. Doch der Frühling würde hart werden, Krieg stand bevor, weil sich die Feudalherren mal wieder in den Haaren lagen und seine Erfahrung sagte ihm, dass er heftiger werden würde, als es in den letzten Jahrzehnten der Fall gewesen war. Der letzte große Krieg lag schon Ewigkeiten zurück und einige Mächte hatten sich durch die Politik in schwierige Lagen gebracht. Es waren nicht nur die Feudalherren, die auf Handlungen und Maßnahmen pochten, sondern auch mehrere religiöse Gruppen und übernatürliche Wesen, die mit der Lage der Verhältnisse unzufrieden waren.

Auch wenn es zu früh sein wird, dachte Kurochi, während er abwesend durch Madaras Haar fuhr, so werde ich ihn Anfang des nächsten Jahres näher einweisen müssen. Ich kann nicht für eine regelmäßige Anwesenheit hier im Clan garantieren, wenn die Dinge hässlich werden und Krieg ausbricht.

Es würde Krieg geben, es gab immer irgendwo Krieg, aber Kurochi wusste, dass dieser hier umfassender sein würde. Veränderung lag in der Luft und er konnte Madara nicht ewig in den sicheren Höhlen des Clans halten können. Doch weniger machte er sich um blutigen Zeiten vor ihnen sorgen, als um die Vorahnung, dass er Madara vielleicht früher würde verlassen müssen, als gesund für ihn war.

„Da-da!“

Kurochi ließ Madara über seinen Schoß klettern, als wäre es eine Erkundungstour in den Bergen, doch in seinen Gedanken trauerte er bereits jetzt um die Zeit, die sie nicht miteinander verbringen würden können. Die Frage war nur, ob er selbst sterben oder den Clan verlassen und Madara zurücklassen würde.

Keines von beiden gefiel ihm sonderlich.

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