# 28 - Kinder

Sep 12, 2006 22:51

Titel: Andy
Autor: cuan_dubh
Fandom: FAKE
Charaktere: J.J. Adams, Drake Parker
Thema: # 28 - Kinder
Word Count: ca. 3100
Rating: G
Anmerkung des Autoren: Weitere Kapitel dieses Mehrteilers: # 1, # 78, # 89, # 76.
Disclaimer: FAKE und alle seine Charaktere gehören Sanami Matoh. Mit dieser Fanfiction wird kein Geld verdient.

Andy

Nicht lange nachdem Drake das Revier so überstürzt verlassen hatte, trat J.J. aus dem Büro des Captains.

„Das hätte schlimmer kommen können“, sagte J.J. leise zu sich selbst; er war erleichtert, dass der sonst so launige Mann ruhig geblieben war. Noch hatten J.J. und Drake ja auch nichts angestellt, das einen Ausbruch des Chiefs verdient hätte. Während er zurück zu seinem eigenen Büro ging, löste J.J. seine Krawatte leicht und öffnete den Kragen seines Hemds; seine Schicht war für heute zuende, und wenn ihn jetzt nicht gerade noch die ausstehenden Berichte auf seinem Schreibtisch erwarteten, dann konnte er getrost Feierabend machen.

Er wollte nur noch die Ordner für Dee und Ryo von Drakes Schreibtisch zusammensuchen, als J.J.s Blick fast magisch von dem letzten am Computerbildschirm verbliebenen Notizzettel angezogen wurde.

Die Adresse.

J.J. schaute nachdenklich auf das kleine, gelbe Stück Papier und die wenigen handschriftlichen Zeilen, die sich darauf befanden. Es war noch recht früh am Abend. Seine Schicht war beendet. Warum schaute er nicht mal bei seinem Partner vorbei und vergewisserte sich, dass alles in Ordnung war? Und da Drakes Handy nicht funktionierte, würde er nicht anrufen können. Da er womöglich nicht zu Hause war - sondern bei der Adresse zu finden, die auf dem Zettel vermerkt war - zog J.J. gar nicht erst in Erwägung, Drake auf dem Festnetz anzurufen.

Schließlich siegte seine Neugierde, und J.J. gab es auf, nach einer Entschuldigung zu suchen, die ominöse Adresse aufzusuchen.

*

J.J. brauchte nicht lange, um zum Ziel seines Weges zu gelangen. Doch als er vor dem angegebenen Haus ankam, schaute er sich unschlüssig um. Das konnte unmöglich richtig sein! Die Wohngegend, in der er sich wiederfand, war sichtlich upper-class - definitiv nicht die Gegend, in der sich jemand mit dem Gehalt eines Ermittlers beim New Yorker Morddezernat eine Wohnung leisten könnte.

Plötzlich war sich J.J. nicht mehr ganz so sicher, ob er ein Recht hatte, seinem Partner und bestem Freund hinterher zu schnüffeln. Doch Drake - oder jemand, der ihm sehr nahe stand - schien in Schwierigkeiten zu sein, und JJ machte sich Sorgen. Er musste doch zumindest herausfinden, ob er nicht vielleicht helfen konnte.

Erneut in seinem Entschluss bestärkt, trat J.J. näher an die Klingeltafel heran. Natürlich fand er nicht den Namen Drake Parker - eine Feststellung, die ihn ein wenig enttäuschte, obwohl er von Anfang an damit gerechnet hatte; schließlich wohnte Drake ganz woanders. Und -

J.J. stutzte, als er ein Schild mit dem eingravierten Schriftzug A. & H. Parker fand. Nur für einen kurzen Moment überlegte er, ob er es wagen sollte, dort zu klingeln. Was konnte schon passieren? Wenn er Drake - oder einen Hinweis auf dessen Aufenthaltsort - dort nicht fand, dann brauchte er sich bloß zu entschuldigen und die Angelegenheit wäre erledigt. 'Und ich werde Drake morgen Früh als allererstes einer hochnotpeinlichen Befragung unterziehen, damit diese ganze Geheimnistuerei endlich ein Ende hat', beschloss J.J. mit Nachdruck.

Er nahm einen tiefen Atemzug und betätigte die Klingel. Dann hielt J.J. den Atem an.

„Ja?“, fragte eine Stimme, die J.J. augenblicklich als Drakes erkannte, über die Gegensprechanlage.

Nach kurzen Zögern antwortete J.J.: „Drake? Ich bin's, JJ. Lässt du mich rein?“

Stille.

J.J. konnte sich recht gut Drakes Staunen vorstellen. Und er konnte verstehen, wenn sein Partner ihn nicht sehen wollte. Als eine Reaktion auf seine Frage ausblieb, war J.J. schon drauf und dran, enttäuscht den Rückzug anzutreten. Doch dann erklang noch einmal das statische Rauschen der Gegensprechanlage und schließlich Drakes Stimme.

„In Ordnung, J.J. Du kannst rauf kommen. Nimm den Aufzug bis nach ganz oben, ich hol dich ab.“

Als das leise Surren des Türöffners erklang, schlug J.J. das Herz vor Anspannung und Nervosität bis zum Hals. 'Was habe ich nur angerichtet?' und 'Ob Drake meine Fragen beantwortet?' waren zwei der zusammenhängenderen Gedanken JJs, als dieser durch die Eingangshalle ging. Er grüßte den Wachmann und stieg in den Aufzug, drückte den obersten Knopf.

Keiner seiner Gedanken bereitete ihn darauf vor, was ihn erwartete, als sich die Aufzugtüren wieder öffneten.

„Mensch, J.J., wie hast du mich bloß hier gefunden?“, begrüßte ihn ein lächelnder und scheinbar gut gelaunter Drake. Ein wenig *zu* gut gelaunt für J.J.s Geschmack. Unwillkürlich unterzog J.J. seinen Partner einer eingehenden Musterung, die schnell seine Befürchtung bestätigte. Die Fröhlichkeit des anderen Mannes war nur vorgetäuscht - übergestreift wie eine Maske. Und leider hielt sie den kritischen Augen J.J.s nicht Stand.

Doch für den Moment beschloss J.J., gute Miene zum - vermeintlich - bösen Spiel zu machen. Auch er lächelte, als er sagte: „Na ja, es ist immerhin mein Job, Spuren zu folgen und Leute zu finden.“ Er folgte Drake über einen langen, mit dunklem Teppich ausgelegten Flur.

Drake lachte leise. „Ich hätte es wissen müssen. Wenn mich jemand hier aufspürt, dann du.“

J.J. konnte nicht verhindern, dass er sich staunend umsah. „Das hier ist - eine echte Überraschung. Geradezu herrschaftlich.“

„Warte, bis du das Apartment selbst siehst.“ J.J. bemerkte, wie Drake plötzlich das Blut in die Wangen stieg. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, erklärte Drake hastig: „Eigentlich gehört es ja nicht wirklich mir. Im Moment sind der Knirps und ich nur so was wie Houssitter.“

J.J. blieb abrupt stehen. Er vermutete, dass sein Partner so schnell gesprochen hatte, damit ihm die wichtigen Informationen dieses Satzes entgingen. Doch damit hatte er bei J.J. kein Glück. Sobald dieser sich ein wenig von seiner Überraschung erholt hatte, wiederholte er ungläubig ein Wort: „Knirps?“

Auch Drake war stehen geblieben und strich sich sichtlich verlegen durch die Haare. „J.J., vielleicht sollten wir das nicht hier auf dem Flur diskutieren. Ich kann - und werde - dir alles erklären. Und - es ist nicht so, wie du gerade denkst!“

J.J. hob fragend eine Braue. „Seit wann bist du unter die Gedankenleser gegangen, Drake? Aber - um der Wahrheit die Ehre zu geben - da ich hierher gekommen bin, weil ich tatsächlich einige Fragen an dich habe, kann ich dein *Angebot* jetzt ja schlecht ablehnen.“ Er trat neben Drake, der inzwischen vor einer halboffenen Tür stand - der einzigen Tür auf der gesamten Etage.

„Weil dich deine Neugierde sonst umbringt?“, vermutete Drake halbherzig scherzend und betrat das Apartment.

„So was Ähnliches, ja.“ J.J. folgte Drake langsam. Er kam jedoch nicht weit. „Wow!“, rief er überrascht aus, als er sich umsah.

Drake lachte leise. „Ja, so in etwa habe ich auch reagiert, als ich es das erste Mal gesehen habe. Nicht schlecht, oder?“

„Das kannst du laut sagen“, stimmte J.J. mit einem beeindrucktem Flüstern zu.

Das Apartment - das diese Bezeichnung nicht im Mindesten verdiente - war nicht nur einfach groß, wie J.J. bereits vermutet hatte. Ein einladender Flur führte direkt in ein geradezu weitläufiges Wohnzimmer mit hoher Decke. In einer der Ecken führte eine elegant geschwungene, unaufdringlich wirkende Wendeltreppe zu einer zweiten Etage. Wer auch immer das Wohnzimmer eingerichtet hatte, musste eine Vorliebe für Schwarz und Weiß gehabt haben: eine weiße Ledercouch (mit bequem aussehenden Kissen), ein schwarzer Tisch (auf dem weiße Dekorationen standen), schwarzweiße Schränke und Vitrinen; die Wände waren makellos weiß gestrichen (einzig die zwei grotesk bunten Beispiele moderner Kunst störten den Gesamteindruck erheblich, wie J.J. fand), der Boden war mit schwarzen und weißen Quadraten gefliest. Eine komplette Wand bestand aus Glas, eine Tür führte auf eine Art Dachgarten hinaus.

„Wow“, entfuhr es J.J. noch einmal.

Drake grinste breit, amüsiert über seinen Partner, der bedächtig das geräumige Zimmer erkundete. „Hast du schon was gegessen, JJ?“, wollte er schließlich wissen. Ohne eine Antwort abzuwarten, sagte er dann: „Wahrscheinlich nicht. Wie wär's mit Pizza? Ich lad dich ein.“ Erneut gab er J.J. keine Gelegenheit, auf seine Worte zu reagieren, sondern griff sogleich zum Telefon und gab seine Bestellung auf; von unzähligen Nachtschichten her wusste er um die kulinarischen Vorlieben seines Partners.

J.J. hatte inzwischen die Küche, das Badezimmer, ein Arbeitszimmer und einen weiteren - allerdings verschlossenen - Raum gefunden und einer kurzen Besichtigung unterzogen. Als er wieder ins Wohnzimmer und zu Drake zurückkehrte, war er noch immer baff vor Staunen. 'Noch mehr Fragen, auf die Drake mir Antworten geben muss', ging es ihm durch den Kopf.

„Fühl dich ganz wie zu Hause, J.J.“, bot Drake lächelnd an und ließ sich schwer auf die Couch fallen.

J.J. tat es ihm - wenn auch um einiges vorsichtiger und nachdem er seinen Mantel ausgezogen hatte.

Das Schweigen zwischen ihnen wurde schnell unangenehm. Und da J.J. nicht gerade für seine Zurückhaltung bekannt war, war er es auch jetzt, der mit der Tür ins Haus fiel und die brennendste seiner Fragen unverblümt stellte. „Ist Andy der Knirps, den du eben erwähnt hast?“

Drake wich J.J.s Blick aus, als er lediglich nickte.

„Deiner?“

„Meiner - was?“, fragte Drake perplex.

J.J. lachte auf. „Nun lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, Drake!“

Drake räusperte sich. „Also schön, J.J. Ganz ehrlich: ich hatte gehofft, dass du mir nicht hinterher spionierst und voreilige Schlüsse ziehst. Doch genau das hast du getan.“ Er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme ein wenig mehr als nur leicht vorwurfsvoll klang. Seine Finger spielten unbewusst mit dem Saum eines der Kissen.

„Du hättest gleich mit offenen Karten spielen können, Drake“, versuchte J.J., sein Verhalten zu rechtfertigen. „Ich hätte mich nicht eingemischt, wenn ich mir nicht solche Sorgen um dich gemacht hätte. Du hast dich wirklich eigenartig verhalten in der letzten Zeit.“

„Vielleicht hast du recht, J.J.“, gab Drake leise zu und schaute J.J. zum ersten Mal seit Beginn ihres Gesprächs wieder direkt an. „Aber es gab und gibt keinen Grund, sich wegen mir Sorgen zu machen. Ehrlich.“

„Das klingt nicht sehr überzeugend, Drake“, meinte J.J. zögerlich. „Aber vielleicht können wir ja jetzt einige Dinge klären, so dass wir uns ab morgen wieder ganz auf unsere Arbeit konzentrieren können, ohne dass du ständig nach Ausflüchten suchen musst oder ich mir Gedanken um dein Wohlergehen mache.“

„Das klingt vernünftig. Also, was willst du wissen, J.J.?“, fragte Drake mit einem leicht aufgesetzt wirkenden Lächeln.

J.J. zuckte kurz die Schultern. „Warum fängst du nicht mit Andy an?“ Als Drake J.J.s Worte hörte, verließ ihn ein Gutteil seiner Anspannung - eine Feststellung, über die sich J.J. eine mentale Notiz machte.

„Das ist einfach“, begann Drake. „Andy ist der Sohn einer guten Freundin. Die beiden hatten in der letzten Woche einen Autounfall, der noch einmal glimpflich ausgegangen ist. Allerdings muss Paula - Andys Mutter - noch einige Tage im Krankenhaus bleiben. Und da sie sonst keinen hat, der nachts auf Andy aufpassen könnte, habe ich mich bereit erklärt, das zu übernehmen.“

„Was ist mit dem Vater?“ Unausgesprochen blieb die noch immer im Raum stehende Frage: 'Bist du Andys Vater?'

Drake lachte hart auf und versetzte dem Kissen, das ihm am nächsten lag, einen Fausthieb. „Das wüsste Paula auch gerne. Der Kerl ist kurz nach Andys Geburt auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

Diese Antwort erleichterte und verärgerte J.J. gleichermaßen. „Ich werde solche Männer nie verstehen“, meinte J.J. und wusste, dass Drake genauso dachte - auch wenn die Gedanken seines Partners in Bezug darauf wohl etwas drastischer waren als die J.J.s. „Wie alt ist der Kleine denn? Und wer passt auf ihn auf, während du auf dem Revier bist? Warum hast du dir nicht freigenommen?“

„Immer langsam mit den jungen Pferden, J.J.!“ Drake lachte - diesmal war es ein ehrliches Lachen, für das J.J. fast schon dankbar war, dass er Drake so weit bekommen hatte. „Erstens - im Januar wird er fünf. Zweitens - unter der Woche ist er tagsüber bei Mrs Chandler, einer Tagesmutter, die ihn aber nicht auch noch nachts nehmen kann oder will. Da komme ich dann ins Spiel: ich hole ihn nachmittags ab, wir gehen seine Mutter besuchen, machen uns einen schönen Abend, und am nächsten Morgen vor Dienstbeginn bringe ich ihn wieder zu der Tagesmutter. Oh, und drittens - wollte ich ja, aber der Chief hat's nicht genehmigt, da ich meinen Urlaub für dieses Jahr mehr als ausgereizt habe.“ Nach einer kurzen Atempause fügte er hinzu: „Und? Zufrieden?“

J.J. wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als die Aufmerksamkeit der beiden Männer abgelenkt wurde.

„Ich kann nicht schlafen“, erklang es müde von der Tür her. Mitten im Türrahmen stand ein kleiner Junge, der einen großen, abgeliebten Teddy im Arm hatte und sich verschlafen die Augen rieb.

Drake war sofort auf den Beinen und kniete im nächsten Moment bei dem Jungen. „Was ist denn los, kleiner Mann?“ In einer sanften Geste strich er dem Jungen über das zerzauste weizenblonde Haar.

„Ich kann nicht schlafen“, wiederholte der Junge und gähnte. „Das Bett ist hart.“

„Oh, Andy. Es ist doch nur noch für heute Nacht“, erklärte Drake leise, bevor er den Jungen auf den Arm nahm und mit ihm zurück zur Couch ging. Andy legte den Arm, der nicht seinen Teddy hielt, um Drakes Hals und wurde etwas wacher, als Drake sich mit ihm hinsetzte.

„Wer bist du?“, fragte Andy und musterte J.J. von seinem sicheren Platz auf Drakes Schoß aus.

„Mein Name ist J.J. Und wer bist du?“, erwiderte J.J. die Frage lächelnd.

„Andy Marshall“, sagte der Junge und hielt J.J. den Teddy entgegen. „Das ist Watson.“

„Sehr erfreut“, begrüßte J.J. artig das Kuscheltier. Andys nächste Worte trafen ihn dann jedoch unerwartet.

„Deine Haare sehen genauso aus wie Grandpas.“

Das Lächeln glitt von J.J.s Zügen. Natürlich wusste er, dass seine Haare eine ungewöhnliche Farbe hatten - zumindest für sein Alter -, und er hatte sich auch schon die unterschiedlichsten Kommentare dazu anhören müssen. Aber das er mit einem Greis verglichen wurde, war neu. Drake, der sich bisher zurückgehalten und interessiert der Vorstellung zugesehen hatte, musste sehr an sich halten, um nicht vor Lachen loszuprusten. Dabei half ihm, dass es an der Tür klingelte, und er sich für einige Augenblicke entfernen konnte, um die bestellte Pizza in Empfang zu nehmen.

„Bist du auch Polizist?“, wollte Andy gähnend wissen, als er mit J.J. alleine war.

J.J. nickte. „Ja, bin ich.“

„Das ist gut.“ Andy schien darüber nachdenken zu müssen. Dann sagte er voller Überzeugung: „Aber bestimmt kein so guter wie Drake.“

„Nein“, stimmte J.J. leise lachend zu, „kein so guter wie Drake.“

„Habe ich da gerade meinen Namen gehört?“, fragte Drake amüsiert, als er zurück ins Wohnzimmer kam.

Andy gähnte und rieb sich erneut die Augen. „Ich habe J.J. gesagt, dass er nicht so gut ist wie du.“

Drake lachte. „Na dann ist ja gut. Also, J.J., in Zukunft weißt du dann ja, was du an mir hast. Du solltest dankbar sein, dass du mit mir zusammen arbeiten darfst.“

'Glaub mir, Drake, das weiß ich und bin ich längst.'

„Kannst du schon mal die Pizza aufteilen, J.J.?“, bat Drake und drückte seinem Partner den verführerisch duftenden Karton in die Hand. „Die Küche hast du vorhin ja sicherlich schon gefunden. Wenn du Teller haben willst, die sind in dem Schrank links über dem Herd, Besteck genau darunter in der Schublade.“ J.J. nickte und stand auf. Drake nahm Andy auf den Arm und ging voran.

Drake verschwand mit Andy in dem Zimmer, dessen Tür J.J. bei seiner ersten Inspektion geschlossen vorgefunden hatte. J.J. konnte nicht widerstehen und wagte nun einen Blick hinein.

Ein großes, geschmackvoll eingerichtetes Schlafzimmer. J.J. bekam mit, wie Drake Andy und seinen Teddy ins Bett brachte. Der kleine Junge und sein Kuscheltier wirkten verloren in dem geradezu riesigen Doppelbett.

„Gehen wir Mommy morgen wieder besuchen?“, fragte Andy schläfrig.

„Natürlich. J.J. ist nett - er lässt mich bestimmt ein bisschen früher gehen. Aber du musst mir versprechen, dass du nicht wieder von Mrs Chandler weg läufst, hörst du?“, forderte Drake leise, während er die zweite Bettdecke über dem Teil des Bettes ausbreitete, auf dem der Junge gelegen hatte.

„Versprochen“, kam es kaum hörbar unter der Decke hervor.

Drake lächelte. „Ist es so besser, Andy?“

„Hmhmmm. Weich.“

Drake streichelte Andy noch einmal sanft über den Kopf. „Schlaf gut, Andy. Träum was Schönes.“

Er erhielt keine Antwort.

J.J. beeilte sich, in die Küche zu kommen und so unauffällig wie möglich zu wirken, als Drake den Raum betrat.

„Du kannst gut mit Kindern umgehen, Drake“, trat J.J. die Flucht nach vorn an, während er ein Stück Pizza aus der Schachtel nahm, wobei er seinen Partner nicht aus den Augen ließ.

Drake nahm sich ebenfalls ein Stück Pizza und biss herzhaft hinein, bevor er antwortete. „Das ist wie Fahrrad fahren - wenn du es einmal kannst, verlernst du es nie wieder.“

J.J. wollte nachhaken, was er damit meinte, doch Drake kam ihm zuvor. „Was hat dich eigentlich dazu gebracht, hierher zu kommen, J.J.?“

„Ich dachte, das hätten wir inzwischen geklärt. Ich war neugierig, habe mir Sorgen gemacht und wollte mit dir reden. Das ist alles.“

„Du hast die Zettel gefunden“, stellte Drake zwischen zwei Bissen fest.

„Ja“, gab J.J. zu. „Und ich habe versucht, dich deswegen am Wochenende anzurufen. Weil ich dachte, dass du vielleicht in Schwierigkeiten sein könntest. Zusammen mit deinem etwas eigenartigen Verhalten machte das für mich durchaus Sinn. Aber du warst ja nicht zu Hause.“

Drake besaß den Anstand, zerknirscht drein zu schauen. „Nein, war ich nicht - denn in der letzten Woche hatte ich den Kammerjäger zu Besuch und ich wollte Andy nicht unnötig den Rückständen der Gifte aussetzen.“

J.J. lächelte um einen Bissen Pizza herum. Er wusste nicht recht warum, aber er hatte Drake nie für einen Familienmenschen gehalten - von einer fürsorglichen Vaterfigur ganz zu schweigen. Dabei hätte allein schon die Tatsache, dass Drake sich um ihn, J.J., *kümmerte*, ein untrüglicher Hinweis sein müssen.

Drakes nächste Frage riss ihn aus seinen Gedanken. „Hast du ernsthaft geglaubt, ich wäre in Schwierigkeiten?“

„Da ich nichts von dir gehört habe, ja.“ Nach einer Pause, die mit gefräßigem Schweigen gefüllt war, wollte J.J. wissen: „Und? Bist du?“

„Bin ich was?“

„In Schwierigkeiten.“

„Nein“, war Drakes kurz angebundene Antwort, und J.J. spürte, dass er - zumindest an diesem Abend - nicht mehr von seinem Partner erfahren würde. Seine Neugierde war zwar noch längst nicht gestillt, aber Drakes Langmut mit den Eskapaden seines Partners neigte sich gefährlich dem Ende zu, und J.J. wollte und würde nicht riskieren, dass er zu weit ging und damit ihre Freundschaft aufs Spiel setzte. Er hatte den ersten Schritt getan; jetzt war Drake an der Reihe, den nächsten zu tun und ihm entgegen zu kommen.

Ihr Gespräch wandte sich schnell anderen, angenehmeren Themen zu, und als die Pizza restlos aufgegessen war, schienen beide Männer mit dem Ausgang des Tages zufrieden zu sein. Da sie am nächsten Tag die erste Schicht hatten, verabschiedeten sie sich bald darauf.

„Wir sehen uns dann morgen. Schlaf gut, Drake“, sagte J.J. auf der Schwelle.

„Gute Nacht, J.J. - und danke.“ Drake schloss die Tür, bevor J.J. noch etwas darauf sagen konnte.

'Ob du mir am Ende immer noch dankbar sein wirst, wenn ich alle meine Fragen gestellt habe?', fragte sich J.J., als er in die kalte Nacht hinaustrat.

27/100

fanfic100_de, fake

Previous post Next post
Up