Ursprünglich wollte ich diese kleine Reihe mit einem neuen Hörspiel weiterführen, aber dann kam mir der deutsche Gratis Comic Tag dazwischen - einer der diesjährigen Gratiscomics vom Splitter-Verlag war nämlich der erste Band von „Sherlock Holmes & das Necronomicon“... stolze 44 Seiten lang und damit tatsächlich ein vollständiger Comic statt nur einer Leseprobe!
Eigentlich bin ich kein Freund von Holmes-Geschichten mit Fantasy- und SciFi-Elementen, aber der lovecraft'sche Mythos bildet da noch einmal eine Ausnahme: je nachdem, wie man die Story aufzieht, kann es nämlich am Ende ziemlich offen bleiben, ob das alles wirklich passiert ist oder ob die Helden nur gehörig einen an der Waffel haben! ;)
(Beim Computerspiel
„Sherlock Holmes: The Awakened“ hat das jedenfalls hervorragend geklappt...)
Aber was möchte es einem sagen, dass der Comic auf dem Cover groß mit den Worten „Ein Muss für alle Lovecraft Fans“ beworben wird? Was ist mit den Holmes-Fans?! ^^
Es ist eigentlich keine Überraschung, dass auch dieser Comic wieder aus dem schönen Frankreich kommt - dort haben sie aktuell diverse Reihen, die sich mit Sherlock Holmes beschäftigen.
Geschrieben und gezeichnet wurde „Sherlock Holmes & das Necronomicon“ von Sylvain Cordurié und Vladimir Krstić-Laci, die zusammen auch schon „Sherlock Holmes & die Vampire von London“ verbrochen haben (au weia!). Letzteren habe ich zwar nicht gelesen, aber er scheint zweifelsohne vor dem „Necronimicon“ angesiedelt zu sein.
Worum geht’s nun aber?
Im Jahr 1891 segelt Sherlock Holmes unter dem Namen Sigerson in die Antarktis. Zuvor hatte er an den Reichenbachfällen seinen Tod vorgetäuscht und seinen besten Freund Watson in tiefer Bestürzung und Trauer zurück gelassen. An ihn adressiert er die Einträge seines Tagebuches, das er während seiner Expedition führt und erwähnt darin auch einen mysteriösen Vorfall im Eis, für den er keine logische Erklärung finden kann.
Als er im Folgejahr zurück nach London kommt, stellt er fest, dass eine Reihe seiner früheren Informanten unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen sind - bezüglich ihrer Ermordung hatte die Polizei keinerlei Ermittlungen angestellt.
Holmes macht die Bekanntschaft der mutmaßlichen Schwester eines der Opfer und folgt den Hinweisen am Tatort bis zum Friedhof von Overday.
Dort wird er Opfer eines Schwindelanfalls und fällt in Ohnmacht. Er erwacht auf einem Tisch in einer Art Krypta in Gesellschaft eines alten Gegners, den er eigentlich tot geglaubt hatte... und wenn man die ungesunde Gesichtsfarbe seines Gegenübers genauer betrachtet, war diese Annahme wahrscheinlich nicht einmal falsch! ;)
Von der anfangs angesprochenen Subtilität in Sachen „übersinnliche Vorkommnisse“ ist in diesem Comic nichts zu sehen - stattdessen bekommt der Leser die volle Bandbreite Beschwörungen, Untote, mysteriöses Massensterben und... Seelenwanderungen?!
Der Holmes dieser Geschichte hat sich mit der Existenz des Übersinnlichen abgefunden, wie sein analytischer Verstand dies aber verkraften kann, das findet der Leser nicht wirklich heraus.
Wie auch dem berühmten Detektiv bleibt einem nichts Anderes übrig, als sich mit den Fakten zu arrangieren und sich auf die mysteriösen Ereignisse innerhalb der Geschichte einzulassen - aber mir zumindest hat es in diesem Fall fast sowas wie Spaß gemacht! So oder so ist aber meine Neugierde betreffend den Fortlauf der Geschichte geweckt...
Der Zeichenstil ist handwerklich einwandfrei, für meinen Geschmack aber nicht ganz so ästhetisch wie bei
„Holmes“. Das liegt aber in erster Linie auch an der voll ausgereizten Farbpalette, denn an der Detailgenauigkeit - gerade bei den Hintergründen - gibt es wirklich nichts auszusetzen.
Was mich allerdings ein wenig irritiert: obwohl „Holmes“ und das „Necronomicon“ ungefähr zeitgleich spielen (nämlich 1891/92), wirkt die weibliche Hauptrolle im „Necronomicon“ mit ihrem langen, geraden Mantel und ihrem turbanähnlichen Hut auf den ersten Blick so, als hätte sie sich auf der falschen Seite der Jahrhundertwende eingekleidet. Mich erinnert das Ensemble jedenfalls unglaublich an die frühen Staffeln von „Downtown Abbey“. ;)
Der Gratiscomic enthält den kompletten ersten Band der Reihe, der den Titel „Der Feind im Innern“ („L'Ennemi Intérieur“) trägt. Er endet mit der Entdeckung des Necronomicons, aufbewahrt in einem geheimen Raum einer großen Londoner Bibliothek.
Bereits nächsten Monat soll die vollständige Geschichte als 112-seitiger Sammelband erscheinen, garniert mit diversem, nicht näher benanntem Bonusmaterial.
Ich für meinen Teil bin fast versucht, besagten Sammelband zu kaufen...
Ps.: Wikipedia hat mich bei meiner Recherche bezüglich des Computerspiels (der Titel war mir entfallen) noch auf die Reihe „Shadows Over Baker Street“ gestoßen, die ebenfalls eine Holmes/Chtulhu-Thematik behandelt... vielleicht sollte ich mir die auch irgendwann mal vornehmen... Neil Gaiman hat da mitgeschrieben! ^^