Das kann nicht gesund sein...

Mar 15, 2007 20:48

Fandom: Original
Challenge: "Blut ist obligatorisch."
Warnungen: gesteigerte Geisteskrankheit
Wörter: 1.238
Charaktere: Eine... Autorin und ihr Ehemann. Sehr strange. ...Und fast hetero.
A/N: Das… sollte mir Angst machen. Besonders, weil ich hier einmal unbeabsichtigt (?) reale Vorlagen missbraucht habe... und genau weiß, wer wer ist. Und ich weiß nicht, ob das gut sein sollte... Aber, oh well, ich hab’s geschrieben, tut was dagegen.


Sie hatte nie an etwas geglaubt, außer an sich selbst und die Mathematik, und die meiste Zeit ihres Lebens war das schon weit mehr als genug gewesen. Oh, und da gab es noch ein anderes Credo: Blut. So simpel wie man es sich nur wünschen konnte. Blut war... wichtig. Quasi unumgänglich.

Ein Film, in dem kein Blut floss? - Langweilig.

Eine Liebeserklärung, bei der einem nicht das Blut in den Kopf schoss? - Lächerlich.

Ein IKEA-Regal aufbauen, ohne sich mehrere Quetschungen, Schnittwunden und Blutergüsse zu holen? - Unmöglich.

Manchmal freute sie sich über die Ironie darin, dass offensichtlich das einzige, was in ihrem Leben von gesteigerter Wichtigkeit war, ausgerechnet auch etwas war, ohne das sie ohnehin schon vom rein biologischen Standpunkt aus nicht leben konnte. - Manchmal halt. Die restliche Zeit, wenn sie sich darüber Gedanken machte, fragte sie sich, ob das eine Tendenz zum Vampirismus vermuten ließ.

Na ja... ehr nicht. Sie hatte schließlich nie das Bedürfnis verspürt, es zu trinken. Eigentlich widerte sie dieser Gedanke sogar an. - Aber so ganz normal war das alles nicht. ...Immerhin war sie die einzige gewesen, die sich damals bei dem Unfall angesichts dieses verschwenderischen Umgangs mit dem Lebenssaft nicht übergeben hatte. Was unglaublich praktisch gewesen war, zugegeben.

Das alles waren allerdings Dinge, die nur eine untergeordnete Rolle spielten, wenn sie in ihrem verknitterten Lieblingshemd auf ihrem Schreibtisch saß, Zigaretten auseinander pflückte - sie hatte es nie geschafft, mit dem Rauchen anzufangen - und versuchte, ihr Blut durch Jamaika-Rum zu ersetzen.

„Es funktioniert nicht“, stellte sie irgendwann fest, in der vagen Hoffnung, dass er immer noch auf dem Stuhl hinter ihr saß und ihr zuhörte, damit sie sich nicht selbst als verrückt klassifizieren musste.

Er war wirklich noch da. Und seufzte. „Was genau funktioniert denn nicht?“

„Das alles. Ich kann ihn nicht so umbringen. Das passt nicht.“

„Dann bring ihn anders um. Oder - Gott bewahre - lass ihn am Leben.“

Beinahe entsetzt drehte sie sich zu ihm um. Er saß immer noch auf dem Küchenstuhl, der mitten im Zimmer stand und blätterte sich durch einen Brecht-Band, ohne auch nur ein Wort zu lesen. „Das wäre lächerlich.“

Er zog eine Augenbraue hinter den blonden Ponysträhnen, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten, hoch. „Du brauchst dringend mal ein Happy End.“

„Ich will kein verschissenes Happy End.“ Selbst ihr war klar, dass sie dabei klang wie ein bockiges Kind. Aber mit Mitte Dreißig durfte man so etwas.

Wieder seufzte er, tatsächlich, als unterhielte er sich mit einem Kind. „Wieso kannst du deinen Charakteren nicht einmal etwas gönnen, was du selbst noch nicht erlebt hast?“

Sie trank einen Schluck, ganz entgegen ihrer Gewohnheit direkt aus der Flasche. „Was meinst du?“

„Das Happy End.“

„Ich habe genug Happy Ends. Ich habe Rum. Und ich werde wahrscheinlich nicht an Lungenkrebs sterben. ...Auch wenn das schade ist. Und ich habe dich. Und ich verdiene Geld mit etwas, das ich gerne tue. Und...“

Er schüttelte den Kopf. „Gib auf. Weißt du, ich liebe dich dafür, dass du ein herrlich unemotionaler Mensch bist, aber nicht einmal solche sind davor gefeit, die Liebe ihres Lebens zu treffen. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung. - Nur du hast sie nicht gekriegt. Und deshalb gönnst du sie deinen Charakteren auch nicht.“

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Was wird das jetzt? Seit wann analysierst du fröhlich an meinen Motiven rum?“

„Seit mehr Alkohol als Blut in deinen Adern fließt.“

„Das hätte ich bemerkt.“

Sie starrten einander an. - Zack, waren sie wieder auf Blut gekommen. Aber ihres interessierte sie wirklich kein bisschen. Sie zerlegte fachmännisch eine Zigarette in ihre Bestandteile und streute den Tabak auf dem Fußboden vor dem Schreibtisch aus.

„Aber ich habe Recht.“

„Ich weiß, Schatz, du hast immer recht. Außer mit dieser Sache. Ich habe sie gekriegt.“

„Und an eine clevere Mischung aus zuviel Alkohol, zuwenig Antidepressiva und eine unübersichtliche Kreuzung verloren.“

„Gut, ja, das auch.“

Wieder starrten sie einander an.

Das brachte doch alles nichts. Die Erinnerungen an dieses gottverdammte Mädel halfen ihr kein bisschen. An die ‚große Liebe’ erinnert zu werden, auch nicht. Sie glaubte nicht an Liebe. Das war das eigentliche Problem. Nein, halt, war es nicht. Das eigentliche Problem war, dass das Ende in seiner aktuellen Form nicht funktionierte.

Er war aufgestanden und ging von Brecht zu Shaw über. „Du musst ihnen doch wirklich mal ein glückliches Ende gönnen.“

„Muss ich? - Ich gönne es ja nicht einmal dir.“ Das war wahr. Klar, irgendwie waren sie verheiratet, irgendwie mochte sie ihn sogar, aber sie stellte es sich einfach nicht sonderlich angenehm vor, mit der Frau, die man liebte, zusammenzuleben und zu wissen, dass sie es nie schaffen würde, seine Gefühle zu erwidern.

Er zuckte mit den Achseln. „Das ist wahr. Aber es ist ja auch nicht so, als könntest du daran irgendwas ändern. Der Punkt ist doch: Den beiden kannst du diesen Gefallen tun. - Du schreibst doch nur, weil du so Dinge beherrschen kannst. Also sorg wenigstens da einmal dafür, dass die Liebe siegt.“

„Schatz, ich glaube nicht an Liebe.“

„Ich weiß.“

Sie legte den Kopf schief und Stapelte die ausgerollten Zigarettenpapiere sorgfältig. „Also, warum verlangst du das von mir?“

„Weil mir die beiden ans Herz gewachsen sind.“

Das glaubte sie ihm nicht... oder nur bedingt. Und das wusste er.

Irgendwann gab er sich ihrem amüsierten Grinsen geschlagen. „Okay. Weil ich genau weiß, dass du dich selbst da verewigst. Vielleicht ist es also therapeutisch, wenn du die beiden zusammenkommen lässt.“

„Aber ich will ihn umbringen.“ Schon wieder bockiges Kind. Toll.

„Nur weil sie auch gestorben ist?“

Es schien, als würde er verstehen. Das hieß, wahrscheinlich verstand er generell weitaus mehr als sie das tot, aber jetzt näherte er sich ihrem Level. Was eine Gelegenheit war, die sie nicht verstreichen lassen würde.

„Genau.“

Er schlug das Buch zu und grinste. „Meinst du nicht, dass es dir dann gut tun würde, die beiden glücklich werden zu lassen?“

Sie goss sich ein neues Glas Rum ein. „Du verstehst nicht, Schatz. Ich bin glücklich. Zumindest, wenn ich nicht grade daran scheitere, etwas zu schreiben. Ich bin beinahe froh darüber, wie die Geschichte mit ihr ausgegangen ist. - Nicht, dass ich gewollt hätte, dass sie vor ein Auto rennt, aber... so habe ich sie nicht verlassen. Und das hätte ich. Es war nur eine Frage der Zeit. ...Und wie hätte ich mit dem Wissen, dass ich ihr das Herz gebrochen habe, glücklich werden sollen?“ Sie nippte an dem Getränk. „Das hätte nicht funktioniert, nicht wahr? - Weißt du, eine Komödie, die damit endet, dass die beiden einander kriegen, ist lediglich der Anfang einer Tragödie. - Also beende ich das ganze vorher und bleibe immerhin bei einer Tragikomödie.“

Er schüttelte bloß den Kopf.

„Wirklich, du bist verrückt.“

„Daran hat doch nie einer von uns beiden gezweifelt, oder?“

Sie lächelte. Irgendwann lächelte er zurück.

„Von mir aus. Was ist also genau das Problem mit dem Ende?“

Sie drehte eine Zigarette zwischen ihren Fingern. Das war nicht so leicht zu formulieren... „Er soll ja an einem Herzinfarkt sterben...“

Er nickte. „Klar, das ist ein ziemlich gutes Bild. Und ein bitterböses.“

Ein zufriedenes Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit. Das war ihre Absicht gewesen. Und wenn so etwas funktionierte, dann war das fast besser als jamaikanischer Rum. „Danke. Aber leider ist das auch das Problem. Er muss so sterben. Aber es funktioniert nicht.“

Er hielt auf seinem Weg zum Regal inne und sah sie erstaunt an. „Und was genau funktioniert daran nicht?“

„Es ist zu unblutig.“

„Wie bitte?!“

„Hey, sieh mich nicht so an, Blut ist wichtig!“

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...Der letzte Satz sollte eigentlich der Challenge entsprechen, aber das... klang doof. Soviel dazu.

original, aku

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