Hurt/Comfort - Die Hoffnung stirbt zuletzt (fürs Team)

Aug 20, 2024 21:04

Team: Juliet
Challenge: Hurt/Comfort - Die Hoffnung stirbt zuletzt (fürs Team)
Rating: teen
Fandom: Tatort Wien
Charaktere/Pairings: Moritz Eisner, Bibi Fellner
Notes: [Tatort aber es gibt Magie AU, Teil 4] Moritz macht sich Vorwürfe.

Teil 1, Teil 2, Teil 3


***

Eine Ewigkeit saßen sie schweigend so da, Bibi im Krankenbett, er auf dem schrecklich unbequemen Besucherstuhl.

Bibi konnte sich nicht daran erinnern, wie sie auf dem Weg zum Theater die Meldung über den vermeintlichen Aufenthaltsort ihres Verdächtigen bekommen hatten, wie sie entschieden hatten, kurzerhand selbst die alte Fabrikhalle zu durchsuchen, wie sie begriffen, dass er möglicherweise eine Waffe besaß.

Sie konnte sich nicht daran erinnern, wie sie erschossen wurde.

Und Moritz konnte es nicht vergessen.

Geweint hatte sie, nachdem er ihr von Ernstl erzählte. Moritz hatte sie gehalten und sich gewünscht, jemand würde ihn halten.

Er hatte sich gefühlt, als würde er ebenfalls gleich wieder in Tränen ausbrechen, doch seine Augen blieben trocken. Ein seltsames Gefühl der Leere ergriff ihn und ließ ihn alles von sich wegschieben. Seine Wut, seine Trauer, seine Hoffnung.

Bibi lebte. Es ging ihr gut. Das war alles, woran er sich klammern konnte.

Ein Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. Einen Moment später ging die Tür auf und eine junge Frau schaute vorsichtig in das Zimmer.

"Frau Fellner? Herr Eisner?"

Sie nickten.

Die Frau betrat ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

"Ah, guten Abend." Sie zupfte am Ärmel ihres Businessanzugs. Irgendwie wirkte sie hier fehl am Platz.

Bibi drückte seine Hand etwas fester, als sie leise auf ihre Begrüßung antworteten.

"Sie sind die… Freunde von Ernst?" Einen seltsamen Akzent hatte sie, Moritz konnte ihn nicht einordnen.

"Ja." Bibi nickte. "Kollegen und Freunde. Und sie sind…?"

Das wüsste Moritz auch sehr gern. Offenbar kannte sie Ernstl, sonst würde sie wohl nicht seinen Vornamen verwenden. Und genauso wie bei Major Bergmann hatte er wiederum nicht die leiseste Ahnung, wer sie war.

"Man hat mich gerufen, weil ich gerade in der Nähe war. Erm. In Toulouse für eine - wie sagen Sie? - eine research?"

Bibi runzelte die Stirn. "Für Forschung? Aber was hat das mit-"

"Ja, eine Forschung. Aber das ist nicht wichtig. Ich bin so schnell geflogen, wie es konnte. Das ist Glück, Ihr Kollege könnte die Stasis nicht mehr viel länger aufrecht erhalten."

Es war nicht ihr Kollege, der Ernstl in Stasis versetzt hatte, genaugenommen hatte Moritz keine Ahnung, wer das getan hatte. Aber jemanden mehrere Stunden in Stasis zu halten, musste eine Tortur sein.

Die Frau - jetzt, wo sie einen Stuhl heranzog und sich zu ihnen setzte, sah Moritz, wie verdammt jung sie war - musste eine Blutmagierin sein. Er tauschte einen Blick mit Bibi, sie war zu dem gleichen Schluss gekommen. Dieses Mädel war die Expertin, die Ernstl helfen sollte?

"Es war sehr gefährlich, was Ernst getan hat," begann sie und Moritz reichte es.

"Gefährlich? Er hat sich ein Messer ins Herz gerammt! Er ist tot!"

"Moritz…" versuchte Bibi ihn zu beschwichtigen. Sie drückte seine Hand, aber auch Bibi konnte nicht wissen…

"Ich habe heute meine beiden besten Freunde sterben sehen. Verstehen Sie das?"

Das namenlose Mädel schaute einen Moment lang ziemlich überrumpelt, doch dann schüttelte sie den Kopf. "Nein. Ich kann es nicht verstehen. So etwas ist mir nie passiert. Ich… ich könnte so ein Ritual niemals tun." Sie nickte Bibi zu. "Es ist eine Wunder, dass es Sie aus dem Tod zurück geholt hat."

"Das war nicht Ernstl."

"Wie bitte?"

"Das war nicht Ernstl," wiederholte Moritz. "Hören Sie, ich hab keine Ahnung von Blutmagie, aber es ist ziemlich offensichtlich, dass er das getan hat, um Bibis Wunde irgendwie… ungeschehen zu machen. Sonst hätt er nicht- sein Herz…"

Er schluckte, konnte die Worte nicht noch einmal aussprechen.

"Aber das ist alles, was passiert ist. Die Schusswunde war auf einmal einfach weg. Als hätt's sie nie gegeben. Alles andere…"

Ihre Augen weiteten sich. "Oh. Sie haben… CPR?"

"Ja. CPR."

Seine Hand schmerzte, so fest drückte Bibi sie inzwischen. Verdammt. Als er ihr eben erzählte, was passiert war, hatte er sich deutlich vorsichtiger ausgedrückt.

"Und was… was ist jetzt mit Ernstl?" stellte Bibi endlich die Frage, um die sie die ganze Zeit herum redeten.

Die junge Frau straffte ihre Schultern. "Ich habe bestätigt, dass sein Ritual complete ist. Die Ärzte mussten es wissen, bevor sie anfangen. Sie bereiten jetzt vor für eine Operation. Ich kann leider nicht anderes tun, um ihm zu helfen."

***

Nachdem die namenlose Blutmagierin gegangen war, blieben sie eine Weile lang still und hingen ihren Gedanken nach. Moritz starrte auf ihre noch immer verschränkten Hände. Er traute sich nicht, Bibi in die Augen zu sehen.

"Wenn ich bloß ned-" entfuhr es ihm irgendwann leise, aber Bibi unterbrach ihn sofort.

"Fang gar ned erst damit an! Moritz. Du kannst- Das is ned deine Schuld!"

"Bibi, wenn ich-"

"Nein!" unterbrach sie ihn wieder und krallte sich regelrecht an seiner Hand fest. "Nein, hör auf! Du kannst dich ned selber fertigmachen. Du hast doch… Moritz, du hast mir das Leben gerettet. Du und der Ernstl. Ihr-"

"Ohne mich wärt ihr überhaupt nie in der Situation gewesen!"

"Na und?! Jetzt is es aber so!"

"Mann, Bibi! Der Ernstl- Du hast ihn ned gesehen…"

"Ich weiß. Ich war ja tot."

Bibis deutliche Worte rissen ihn aus seinem Gedankenkarussell. "Gott, du bist so- Du bist so blöd!"

Er wusste inzwischen nicht mehr, ob er lachen oder weinen sollte. Oder beides gleichzeitig. Bibi war vorhin erschossen worden. Ernstl und er hatten ihr Leben gerettet und Ernstl hatte für sie sein Leben gegeben. Und jetzt stritten sie. Natürlich stritten sie. Wenn der Ernstl da wär…

"Der Ernstl würd uns beide abwatschen, wenn er uns jetzt sehen könnt."

Bibi nickte lächelnd. "Und er würd die Augen verdrehen, dass man glaubt, sie fallen gleich raus."

Er seufzte. "Und wir sitzen da wie die Lästerschwestern, obwohl wir ned mal wissen, ob wir ihn je wiedersehen."

"Moritz. Wir können jetzt nix tun."

"Ja. Nur hoffen."

"Und die Hoffnung stir-"

"Hör auf, ich will den depperten Spruch ned hören! Ich hab für heut genug vom Sterben."

Bibi strich beruhigend über seine Hand. "Gut, ich sag's ned."

Er atmete tief durch. Einmal, zweimal, dreimal. "Entschuldige, Bibi. Du kannst ja nix dafür."

"Du aber auch ned," sagte sie und zog an seiner Hand, um ihn in eine Umarmung zu ziehen.

Moritz ließ sich von ihr nach vorn ziehen, bis er auf der Kante des harten Besucherstuhls saß. In ihrem Krankenbett lehnte Bibi sich zur Seite, bis sie ihre Arme ganz um ihn legen konnte. Sein Gesicht vergrub er in ihrer Schulter, spürte, wie ihn ihre Haare kitzelten, während ihre Hände über seinen Rücken strichen. Er rührte sich nicht, hielt sich nur an ihr fest.

Bibi war da, Bibi lebte.

Er nahm einen zitternden Atemzug.

"Du kannst nix dafür," wiederholte sie leise.

khalaris, team: juliet, tatort wien

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