Veränderungen [Romantik/Intimität: JOKER Inspiration - Für mich]

Jul 11, 2018 16:46

Titel: Veränderungen
Team: Sonne
Challenge: Romantik/Intimität: JOKER (Inspiration: "Momentaufnahme" von theskew) - Für mich
Fandom: Tatort Stuttgart
Rating: P16
Genre: Slash,
Warnungen: Leichte Spoiler für den Tatort "Das erste Opfer"
Zusammenfassung: Eigentlich hat sich gar nichts verändert...
Wörter: ~1700
Anmerkung: Tja, was soll ich sagen? Ich habe die Geschichte von theskew gelesen und die Idee war einfach da. Die Struktur, die zwei Perspektiven, das hat einfach "Thorsten & Sebastian" geschrien in meinem Kopf. Deshalb hier einmal die "Momentaufnahme" als Tatort-Suttgart-Remix...
Anmerkung2: YAY! Meine erste Weltherrschaft!


Eigentlich hat sich gar nicht viel verändert.

Sebastian sitzt an seinem Schreibtisch, studiert die Akten aus dem Zeitungsarchiv, sucht dieses eine Detail, den einen kleinen Hinweis, der dieses wirre Geflecht von Personen und Ereignissen zusammenhält, der aus den vielen kleinen Schnipseln ein Bild macht, doch er findet nichts. Der Stapel neben ihm wird immer nur größer, nicht kleiner, die Berichte, die er abzuarbeiten hat, immer mehr. Es wäre so viel einfacher, wenn er wenigstens wüsste, was er da eigentlich sucht - und wenn seine Gedanken nicht ständig abwandern würde. Zu Thorsten.

Thorsten steht vor der Schauwand, starrt die Bilder an, die Notizen, die Verbindungen, die sie aufgezeichnet haben, als könnte er Sinn in dieses ganze Chaos bringen, wenn er die einzelnen Teile nur lange genug anschaut. Er hat sein Jackett abgelegt und die eine Hand locker in die Hosentasche geschoben, doch die coole Fassade täuscht. Seine ganze Haltung verrät Verbissenheit, Anspannung. Die Schultern sind leicht nach von gekippt, das weiße Hemd spannt, deutlicher als sonst zeichnen sich die Muskeln darunter ab. Sebastian versucht seinen Blick von Thorsten loszureißen, versucht sich wieder zur Konzentration auf seine Zeitungsartikel zu zwingen, aber irgendwie hat er seine Konzentration wohl in dem ganzen Chaos heute früh neben Henris Mütze auf dem Frühstückstisch liegen lassen.

Wieder wandert sein Blick zu Thorsten, bleibt an der dunkelbraunen Anzughose hängen. Sie scheint enger als sonst, aber das kann natürlich auch ein Lichteffekt sein oder Einbildung. Dass er seit letzter Nacht genau weiß, was Thorsten unter dieser Hose verbirgt, hilft seiner Konzentration jedenfalls gar nicht. Dieser winzige Gedanke, nicht einmal wirklich gedacht, reicht aus, um die Schleusen zu öffnen, in jenem Damm der Professionalität, den er zu erreichten versucht hat, und wie eine Sturzflut prasseln die Bilder der letzten Nacht auf ihn ein.

Da ist wieder Thorsten in seiner Küche, die Bierflasche in der Hand, dieses leise Lächeln auf den Lippen. Da ist das Geräusch von Bierflaschen, die sich treffen, und dieses seltsame Schweigen, peinlich und zugleich auch nicht und da ist dieser Ausdruck in Thorstens Augen, der er schon so oft gesehen aber nie auf sich bezogen hat. Und dann ist Thorsten plötzlich ganz nah, viel zu nah, und dann hat Sebastian die Antwort auf die Frage, ob Thorstens Lippen wohl so weich sein, sie aussehen. Diese Frage die er nie gestellt hat, aber deren Antwort sich trotzdem großartig anfühlt.

Da ist Thorsten, der ihn langsam rückwärts dirigiert, ins Wohnzimmer, auf die Couch. Thorsten, der rittlings auf seinem Schoss sitzt, mit offenem Hemd und fahrigen Fingern, die an Sebastians Kragen nesteln. Sebastians eigene Hände, die langsam über die weiche Haut streichen, diesen Körper erkunden, vertraut, bekannt und neu zugleich. Faszinierend lebendig.

Da ist Thorstens heftiger Atem in seinem Ohr, auf seiner Haut. Nackte Körper so eng aneinandergeschmiegt, als wollten sie eins werden. Der feine Schweißfilm, die Gänsehaut, die jede Berührung begleitet, Küsse überall. Finger, Hände, die alles berühren, streicheln, festhalten, Körper, die sich gegeneinander reiben, hektisch, fahrig, unbeholfen, einfach perfekt. Keuchen. Stöhnen. Kommen.

Sebastian schüttelt den Kopf versucht seine Gedanken wieder zu sammeln, doch er kommt nicht los von letzter Nacht. Er weiß nicht mehr, wer da eigentlich wen überrumpelt hat, er Thorsten oder Thorsten ihn. Vielleicht sie beide einander oder keiner den anderen so wirklich. Es hat doch nie irgendwelche Anzeichen gegeben, dass es mehr war als nur ein ständiges Spiel zwischen ihnen und doch hat es sich so normal angefühlt, wie die logische Fortsetzung von etwas, dass schon vor so langer Zeit begonnen hat.

Obwohl, wenn man es recht bedenkt ist ja eigentlich gar nicht so viel passiert. Das war nur eine Nacht. Eine einzige Nacht, das ist nichts, worum man ein großes Aufheben machen müsste, nichts, was man nicht auch einfach vergessen könnte, ignorieren, bis es einem in ein paar Wochen schon gar nicht mehr real vorkommt, wie ein seltsamer Traum. Vielleicht ist es ganz gut gewesen, dass sie heute früh fast verschlafen hätten, dass sie erst wach geworden sind, als Maja und Henri die Treppe heruntergepoltert kamen, dann Thorsten sich heimlich still und leise aus dem Haus geschlichen hat, während Sebastian die Kinder in die Küche geschleust hat, dass sie nicht reden konnten, nicht reden mussten. Sonst wäre es womöglich peinlich geworden. Aber so ist doch eigentlich gar nichts passiert. Nur eine Nacht und einmal ist …

Eine Hand auf seiner Schulter reißt Sebastian aus seinen Gedanken. Thorsten steht plötzlich neben ihm und er hat nicht einmal mitbekommen, wie der überhaupt da hingekommen ist. Thorsten sagt irgendetwas, aber Sebastian registriert gar nicht so richtig was eigentlich. Die Hand auf seiner Schulter, die Wärme, die sie ausstrahlt, nehmen seinen ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Dieser beruhigende Druck, der ihm sagt, dass alles gut ist, dass sich alles klären wird, das tut gut. Das flaue Gefühl in seinem Bauch wandelt sich zu einer ruhigen Gewissheit. Er lächelt, legt seine Hand über Thorstens und drückt sie stumm.

Vielleicht hat sich doch mehr verändert, viel mehr, als er eigentlich wollte.

***

In den letzten vierundzwanzig Stunden hat sich alles verändert, viel mehr, als er je wollte.

Thorsten weiß, dass Sebastian ihn beobachtet. Das tut er den ganzen Morgen schon. Seitdem er viel zu spät in die Einsatzbesprechung der Soko gestürmt kam. Er versucht es zu verbergen, vergräbt sich tief in seinem Schreibtischstuhl, hält die Berichtsmappen hoch vor seinem Gesicht, aber Thorsten sieht es trotzdem, spürt es vor allem. Er weiß, was Sebastian beschäftigt, warum der ihn so anschaut, versucht, ihm Löcher in den Hinterkopf zu starren. Er spürt dieses Kribbeln in seinem Nacken, zwischen seinen Schulterblättern, das er immer spürt, wenn ihn jemand zu lange anschaut und er verflucht seine geschärften Instinkte in diesem Moment. Unwillkürlich zieht er die Schultern zusammen, ballt die Hand in seiner Tasche zur Faust. Es kostet ihn seine ganze Selbstbeherrschung, jetzt nicht einfach aus den Raum zu stürmen, zu flüchten vor diesem Blick.

Er versucht, sich auf die Bilder an der Schauwand zu konzentrieren, doch gegen die Bilder der letzten Nacht haben sie keine Chance. Die Bilder der Opfer, der Verdächtigen, das Portrait des unbekannten jungen Mädchens, die Notizen, die Verbindungen, die sie aufgezeichnet haben, alles verschwimmt vor seinen Augen, wird ersetzt durch ganz andere Bilder, unangemessene Bilder. Bilder die in dieser Situation gar nichts zu suchen haben. Bilder die ungleich mächtiger sind, als alles, hier im Raum. Bilder, die er den ganzen Morgen schon vergeblich zu verdrängen versucht.

Er sieht wieder Sebastian vor sich, da in der Küche, die Bierflasche in der Hand, die Wangen etwas gerötet. Sieht diesen leicht geöffneten Mund, als Sebastian die Bierflasche absetzt, vielleicht etwas sagen will, um diese komische Stille zwischen ihnen zu füllen. Sieht wieder diesen Moment, in dem er alle Zweifel, alle Vorsicht über Bord wirft und endlich der Frage auf den Grund geht, die er sich schon so oft gestellt hat: Ob Sebastian zurück küssen würde. Und er sieht die Antwort darauf. Zögernd zuerst, unsicher, dann immer leidenschaftlicher. Sieht Sebastian, wie der seinem Drängen nachgibt, sich rückwärts schieben lässt, ins Wohnzimmer, wie er schwer auf die Couch fällt, zu ihm hochschaut, mit diesen riesigen, dunklen Augen.

Gestern Abend war er sich sicher, dass Sebastian freiwillig mitgemacht hat, dass er es auch wollte, jetzt kommen die Zweifel. Vielleicht war er einfach nur überrumpelt, wusste gar nicht wie ihm geschah, wie er da rauskommen sollte. Vielleicht war er auch einfach nicht mehr so richtig klar im Kopf. Der Stress in den letzten Tagen, allein mit den Kindern, zu wenig Schlaf, dann der Alkohol. Obwohl, es sind nur zwei Flaschen Bier gewesen, das ist nun wirklich nicht zu viel, zu wenig auf jeden Fall, dass Sebastian nicht mehr gewusst hätte, was er tat. Und da ist wieder das Grinsen gewesen, der Ausdruck in den Augen, den Sebastian immer hat, wenn er dieses Spiel spielte, ihr Spiel. Dieser Ausdruck, der einzige Ausdruck, den Thorsten nicht lesen kann, den er deswegen immer ignoriert hat. Aber vielleicht bedeutet der doch mehr viel mehr, so viel wie Thorsten sich verzweifelt wünscht. Vielleicht bedeutet er doch nicht nichts, sondern alles.

Thorsten lässt die Bilder weiter fließen, er weiß sowieso, dass sie keine Macht dieser Welt im Zaum halten könnte. Er sieht sich und Sebastian, aneinandergeschmiegt auf dieser viel zu schmalen Couch, verschwitzt, völlig außer Atem. Sieht Sebastian, der sich seinen Rücken schmiegt, so eng, dass nichts mehr zwischen sie passte, der die Arme um Thorstens Brust schlingt, ihn zu sich zieht, seinen Nacken mit feinen Küssen bedeckt, spürt, wie der Atem, der seine Schultern streift langsam ruhiger wird. Sieht sich selbst, wie er sich in Sebastians Umarmung fallen lässt, seine Hand über Sebastians legt, ihre Finger verschränkt. Sieht, wie er den Kopf dreht, Sebastian anschaut, ihn küsste, sanft und vorsichtig, einfach weil ihm danach ist, weil er es kann. Und er spürt, wie sich sein Herzschlag beschleunigt, als Sebastian den Kuss erwidert, sanft, weich, voller Gefühl.

Eine Berührung am Ellbogen holt ihn zurück in die Realität. Überrascht schaut er sich um. Einer der Soko-Mitarbeiter steht neben ihm, sagt, dass Nika ihm etwas zeigen wolle, dass sie etwas herausgefunden hat. Er braucht einen Moment, bis er realisiert, was der Mann von ihm will, was er tun sollte. Dann nickt er wortlos und macht sich auf den Weg ins KTU-Labor.

Als er an Sebastian vorbei geht, hält er für einen Moment inne, legt ihm die Hand auf die Schulter, drückt sie leicht. Will ihm nur zeigen, dass schon alles gut wird, dass sie das Gespräch von heute morgen noch nachholen, später, wenn sie Ruhe dazu haben, dass sich schon alles klären wird. Aber vielleicht will er auch nur sich selbst beruhigen. Sebastian versteift sich für den Bruchteil einer Sekunde und Thorsten befürchtet schon, alles zerstört zu haben. Er fängt an zu reden, zusammenhanglos von Nika und den Erkenntnissen, aber Sebastian lächelt nur. Lächelt und legt sein Hand über Thorstens, drückt sie sanft - und sein goldener Ehering blitzt im Sonnenlicht.

Thorsten begreift, dass sich gar nichts klären wird, das nichts gut wird, dass er gar keine Ahnung hat, was das für Sebastian war, wie er dazu steht, ob es mehr war als nur eine Nacht. Und doch ist eigentlich alles wie immer. Er weiß, dass er Sebastian liebt, dass er ihm nah sein will, dass er alles von ihm will, aber er hat keine Ahnung, was Sebastian eigentlich will. Sebastian ist immer noch der verheiratete Familienvater, mit diesem hintergründigen Lächeln, das Thorsten hilflos im Dunkeln stehen lässt.

Vielleicht hat sich doch gar nichts verändert.

team: sonne, tatort stuttgart, thots tochter

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