Feb 17, 2011 20:44
Disclaimer: Alle Rechte an der Serie seaQuest DSV und ihren Charakteren gehören nicht mir. Mit dem Schreiben dieser Geschichte verdiene ich kein Geld!!!
Author: YuryJulian
Genre: General
Rating: P12
Season: I
Characters: all
„Herzlich willkommen zum ersten außerdienstlichen Ereignis des alten Jahres und dem Beginn einer
neuen Tradition“, begann der Versorgungsoffizier der seaQuest Ben Krieg feierlich seine Rede und
hielt in einer Hand einen Becher mit heißem Punsch. Hinter ihm prasselte ein heißes Feuer im Kamin,
die Holzscheite knisterten in der Stille, die auf den Gruß Bens folgte. Vor ihm in einer Sitzrunde,
bestehend aus zwei Sofas und einem breiten Sessel, saßen seine Kollegen von der seaQuest und
sahen ihn weniger feierlich an.
„Vielleicht würde es den hier Anwesenden helfen zu verstehen, was du meinst, wenn du dich ein
wenig mehr erklären würdest, was genau wir hier alle machen“, schlug Captain Bridger vor, als
weiterhin niemand etwas sagte und nur vor sich hin starrte oder die Augen durch den Raum kreisen
ließ, der einzig durch das Feuer erleuchtet wurde. Ben Krieg hatte darauf bestanden die richtige
Stimmung erzeugen zu wollen und dazu benötigte es einzig das Kaminfeuer und sonst nichts. Die
dazu noch dämlich schräg aufgesetzte Weihnachtsmütze gab dem ganzen noch den Rest und hielt
nicht mal mehr genug Stoff für Spott bereit, dem er eigentlich ausgesetzt sein müsste. Stattdessen
hatten ihm seine Kollegen geholfen für jeden eine Socke an den Kamin zu hängen, auf die mit
goldenem Edding die Namen der Anwesenden wenig schön gepinselt worden waren. Selbst sticken
wäre von dem Versorgungsoffizier wahrscheinlich noch zuviel verlangt gewesen.
Augenrollend nahm Ben die zuvor für ausladende Gesten erhobenen Arme herunter und stellte seinen
Becher mit dem Punsch auf den Tisch. „Also Leute, ihr seid hier, weil man uns dieses Jahr den
Betriebsausflug, wie es in normalen Betrieben heißen würde, gestrichen hat, da man das in der Army
so ja nicht macht. Als ich dem Captain vorschlug, man könnte doch kurz vor Weihnachten ein wenig
feierliche Stimmung aufkommen lassen, indem man in die Berge auf eine Hütte fährt, war er sofort
von meiner fantastischen Idee begeistert und hat die nötigen Genehmigungen eingeholt, dass die hier
Anwesenden, die Interesse bekundet haben, auch frei bekommen um her zu fahren. Ende.“
Captain Bridger schlug die Beine übereinander und sah schon, wenn er wollte, dass hier nichts
ausuferte musste er sofort nachschießen und genauer erklären. „Anstatt einer Weihnachtsfeier haben
wir dieses Wochenende hier auf der Hütte um gemeinsam ein paar Stunden zu verbringen, Spiele zu
spielen und uns auch einmal privat auszutauschen, was im Dienst meistens nicht möglich ist. Auf die
Weise kann man neue Freundschaften schließen oder vertiefen und gleichzeitig schon eine
weihnachtliche Grundstimmung aufbauen. Zudem soll es für alle hier eine Möglichkeit sein ein wenig
von dem Trubel des Dienstes zu entspannen. Die eigentlichen Feiertage im Kreise unserer Familien
werden sicherlich schon stressig genug und bei vielen liegen meistens genau dann die Nerven blank.
Nachdem wir hier keinen Empfang weder für Handy noch für Computer haben, ist das der ideale Ort
um abzuschalten.“ Er sah zu Lucas. „Wir haben lediglich eine Standleitung für’s Telefon, die allerdings
sehr häufig ausfällt, also kannst du nachher deinen Computer samt der Kabel wieder in der Tasche
verschwinden lassen.“
Der Teenager, der sich blind für diesen Ausflug gemeldet hatte ohne genau in die Details eingewiesen
worden zu sein, zog weiterhin einen Schmollmund. Es sollte eine Riesenüberraschung werden, hatte
Ben ihm vorgeschwärmt. Das Erlebnis seines Lebens und voller Spaß. Tage, die er sein Lebtag nicht
mehr vergessen würde. Lucas verschränkte die Arme vor der Brust. Richtig, er würde es sein Lebtag
nicht mehr vergessen, dass er ganze 48 Stunden ohne seine Technik auskommen musste. Aber noch
war nicht aller Tage Abend und mit etwas Glück bekam er die Telefonleitung doch noch zum laufen
und wenn es nur darum ging in seinem Blog eine Nachricht zu hinterlassen, dass er gerade nicht
erreichbar war.
Dr. Kristin Westphalen, die neben Lucas saß, legte Lucas ermunternd den Arm um die Schultern.
„Mach dir keine Sorgen, die zwei Tage vergehen schneller als du denkst und auf einmal findest du
dich an Bord wieder“, sprach sie ihm Mut zu.
„Hey Ben“, sprach nun Manilow Crocker, „ich hoffe du hast dir schon ein Programm überlegt oder
möchtest du hier den ganzen Tag über nur Poker spielen?“
Ben Krieg rollte zum wiederholten Mal in der kurzen Zeit die Augen. „Nur nicht so ungeduldig Chief.“
Er holte sich einen großen roten Sack, der sehr zur Neugierde der Anwesenden beigetragen hatte und
wühlte darin herum. „Poker wird schon mal nicht gespielt, das fand ich passt nicht so ganz zu
Weihnachten, dafür habe ich aber das hier.“ Er holte eine Packung Stifte und Notizblöcke hervor.
Fragend musterten die um den Tisch sitzenden Hüttengäste die Gegenstände. „Ja, Ben?“, fragte Katie
Hitchcock kritisch.
„Wir basteln uns unsere eigene Weihnachtsgeschichte!“, verkündete der Versorgungsoffizier ganz
stolz. „Jeder bekommt einen Notizblock und einen Stift und muss sich dann eine Geschichte
ausdenken die er niederschreibt und dann den anderen vorträgt. Am Ende wählen wir den aus, der
die beste Geschichte geschrieben hat und belohnen ihn mit einem Extrageschenk, das von mir
persönlich ausgesucht wurde.“ Ben legte stolz die Hand auf die Brust, die zweifelnden Blicke und
kritischen Gesichter, die ihn musterten, schien er nicht zu bemerken.
„Ganz toll“, murmelte Commander Ford bereits in der ersten halben Stunde genervt vor sich hin. Er
verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich finde die Idee ganz toll“, pflichtete endlich einmal jemanden Ben bei und sorgte für Erstaunen bei
den Zweifeln. Dr. Westphalen blickte ernst in die Runde. „Nein, wirklich! Wir können das doch
verändern, wie es uns gerade passt. Entweder tauschen wir untereinander die Notizblöcke aus, wenn
jeder einen Satz oder eine Seite geschrieben hat, ohne das die anderen sehen was die Person zuvor
geschrieben hat oder wir legen ein Zeitlimit fest oder aber eine bestimmte Längenanzahl, die die
Geschichte haben soll. Auf die Weise können wir uns kreativ betätigen und uns dann an den
Geschichten erfreuen. Bei so etwas kommt immer etwas Witziges heraus. Es geht hier ja nicht darum
wer jetzt den nächsten Literaturnobelpreis für eine Weihnachtsgeschichte bekommt, sondern um den
Spaß und das Miteinander!“
„Dem kann ich nur zustimmen“, pflichtete Captain Bridger der Schiffsärztin bei, die sich damit bestätigt
fühlte und bereits ein zustimmendes Lächeln von Hitchcock erhielt. „Ich bin dabei!“
„Äh ja, oder so“, sagte Ben und kramte wieder in seinem Nikolaussack. „Bevor wir kreativ werden,
kann es sicherlich nicht schaden sich einzustimmen, weshalb ich mehrere Kurzgeschichtenbände mit
Weihnachtsgeschichten besorgt habe.“ Auf den Tisch legte er vier dicke Bücher. „Dabei können wir
uns ja mit lesen abwechseln.“
„Ben! Das dort ist keine Kurzgeschichte, das ist Oliver Twist!“, fuhr ihn Chief Crocker an.
„Oh, tatsächlich“, sagte Ben, der erst jetzt die Buchtitel genauer betrachtete. „Ich hielt es auch für eine
Kurzgeschichtensammlung. Na, ist ja auch egal, vielleicht hat jemand Lust auf ein längeres Buch.“
Seufzend lehnte sich Crocker zurück. Er sah sich schon das ganze Wochenende ausschließlich
gelangweilt auf der Couch sitzen.
Als nächstes kam ein Karton hervor, der die Größe eines Schuhkartons hatte. „Hier habe ich etwas
dabei, bei dem sich sicherlich alle von euch beteiligen werden.“ Über das ganze Gesicht lächelnd
öffnete er den Deckel. „Genügend Material zum selber basteln von Weihnachtskarten für unsere
Lieben zu Hause!“
„Okay, nachdem wir hier sowieso eine ganze Menge Zeit haben, geht das durch“, bestätigte Tim
O’Neill, der niemals absichtlich im Kreise seiner Kollegen und Freunde zugeben würde, dass er seit
Jahren seine Weihnachtskarten für die Familie mit Passion selbst bastelte. Auch andere pflichteten
dem bei und hielten es für einen netten Zeitvertreib.
„Hier haben wir noch CD’s mit Weihnachtsliedern“, verkündete Ben, als er einen Stapel heraus holte
und neben den ganzen anderen Sachen auf dem Tisch ausbreitete.
„Und wie sollen wir uns das anhören, wenn kein Player vorhanden ist?“, fragte Lucas genervt.
„Natürlich gibt es einen Player, mach mal deine hübschen kleinen Augen auf“, sagte Ben und zeigte
auf etwas im Dunkel des Raumes hinter Lucas. Der Teenager drehte sich herum. „Meine Augen sind
auf, Ben. Das dort hinten ist lediglich ein Radio, das keinen CD-Player besitzt. In den vier
Schlafräumen im oberen Stockwerk gibt es auch keinen, ich habe das bereits durchgesehen.“
„Ach, papperlapapp!“, sagte Ben, ließ seinen Nikolaussack fallen und ging um die Sitzecke herum zu
dem Regal mit dem Radioapparat. „Hm…“ Er nahm das Gerät in die Hand und drehte und wendete es
in alle Richtungen. „Es gibt sicherlich noch eines“, sagte dieser. „Ich werde später nachsehen.“ Er
kehrte zurück und ließ das Thema Weihnachtslieder vorerst ruhen. Schon war er bis zu den Ellbogen
erneut in seinem Sack versunken und holte nun noch etwas hervor, das Crocker gefreut hätte, wenn
es denn Pokerkarten gewesen wären. „Für die Momente, da uns gar nichts mehr einfällt, habe ich hier
noch UNO! Monopoly fand ich nicht sonderlich passend.“
„Sind das alle Spiele, die du mit hast?“, fragte Ortiz und nahm die UNO Packung an sich. Die darin
befindlichen Karten waren noch in einer Folie eingeschweißt. Er reichte ein Päckchen davon Lucas.
„Die müssen wir erst einmal richtig einspielen.“ Lucas riss die Folie von seiner Hälfte und begann
parallel zu Ortiz die Karten zu mischen.
Ben stemmte die Hände in die Hüften und sah säuerlich seine Kollegen an. „Ein bisschen mehr
Begeisterung hätte ich mir von euch allen schon erhofft. Schließlich habe ich mir tagelang den Kopf
darüber zerbrochen, wie ich die Stimmung heben kann und alle zusammen bringe, damit wir ein paar
unvergessliche Tage haben. Ich halte meine Vorschläge alle für hervorragend! Ich kann doch nichts
dafür, wenn ihr so verstumpft seid durch die neuen Medien und keinen Sinn mehr für den Geist der
Weihnacht habt.“
Katie schmunzelte vor sich hin. Sie hatte Charles Dickens Weihnachtsgeschichte in der Hand. „Pass
nur auf, dass dich nicht der Geist der Weihnacht heute Nacht entführt“, sagte sie neckisch an ihren
Ex-Ehemann gewandt.
„Haha!“, war Bens zickige Reaktion.
„Ach, ich glaube wir werden ausreichend beschäftigt sein“, schloss Dr. Westphalen Frieden in der
Runde. „Wir haben schließlich noch einige andere Sachen mitgenommen“, sie warf Captain Bridger
einen Blick zu. „In meiner Tasche befinden sich die Zutaten für leckere Plätzchen und eine ganze
Menge Ausstechformen. Dazu hat Captain Bridger seinen Raclettegrill mitgebracht. Langweilig wird
uns mit Sicherheit nicht und wenn wir Glück haben schneit es heute Nacht, so dass wir morgen die im
Schuppen befindlichen Schlitten ausprobieren können. Das sind alles ganz herrliche Dinge, die man
machen kann und nicht ununterbrochen am Kaminfeuer sitzen muss.“
Ben ergab sich dem Zusatz. „Ist in Ordnung, ich bin dabei“, sagte er und ließ sich im Schneidersitz vor
dem ovalen Couchtisch nieder.
„Und nun?“, fragte Commander Ford in die Runde.
„Erst einmal werden die Karten eingespielt“, bestimmten Ortiz und Lucas, die ihre beiden Stapel
miteinander vermischt hatten und nun fleißig am austeilen waren. Der Teenager hatte sich frech einen
der Notizblöcke geschnappt und hangelte nun einen der Stifte aus der Packung.
„Hey!“, protestierte Ben sofort und wollte Block wie auch Stifte zurück.
„Wir müssen die Punkte aufschreiben, gib schon her!“
„Aber die sind für die Geschichten!“
„Lass sie doch, Ben“, ging Katie dazwischen und nahm bereits die ihr gegebenen Karten. „Wir werden
sicherlich nicht jeder einzeln einen ganzen Block voll schreiben, da wird schon die eine oder andere
Seite für unsere Punktestände übrig bleiben. Nimm lieber deine Karten und pass auf, die zwei dort
sind ziemliche Experten auf dem Gebiet des UNO, ich habe das bereits heraus finden dürfen.“
Dr. Westphalen stand auf und legte ihre Karten verdeckt auf den Stapel zurück. „Ich setze die ersten
Runden aus und werde uns ein paar Häppchen zubereiten. Möchte jemand noch Tee oder Kakao
dazu?“, bot sie den Spielern an, was dankend angenommen wurde. Jeder wollte eine Kleinigkeit zu
essen und etwas zu trinken. Auf die Idee ihr zu helfen kam jedoch niemand. Kristin merkte sich dies
und nahm sich vor, am nächsten Tag sich das Frühstück ans Bett bringen zu lassen.
Wenig später stieg sie mit ins Spiel ein und gewann die ersten vier Runden hintereinander. Sobald die
neuen Karten abgegriffen genug waren, gingen sie auch leichter von der Hand und die Spielrunde
erstreckte sich bis in die späten Abendstunden. Als alle mehr oder weniger ausstiegen, weil sie zu
müde waren, entschlossen sie sich es für den ersten Abend sein zu lassen und ins Bett zu gehen.
„Es schneit“, stellte Katie Hitchcock fest, als sie zum Fenster hinaus sah.
„Tatsächlich“, sagte Commander Ford und stellte sich neben sie ans Fenster.
Dr. Westphalen kam ebenfalls zu ihnen. „Ich habe es mir schon fast gedacht. Bevor wir her kamen,
habe ich den Wetterbericht für die Region angesehen und es ist für das gesamte Wochenende
Schnee angesagt.“ Sie lächelte. „So wie es aussieht werden wir morgen noch eine kleine
Schneeballschlacht machen können.“
PUFF
„Oder aber jetzt“, sagte Lucas grinsend, der gemeinsam mit Ortiz auf der Veranda der Hütte den
ersten Schnee herein geholt und damit ihren Versorgungsoffizier attackiert hatten.
Bedröppelt sah Ben Krieg zwinkernd zwischen den Schneeflocken in seinem Gesicht auf seine beiden
Freunde. „Vielen Dank, ihr wisst schon, dass ich sehr gut in Schneeballschlachten bin und ihr zwei
keine Chance haben werdet, wenn ich auf so etwas vorbereitet bin?“
„Aber natürlich doch“, fand Lucas und klopfte ihm ermunternd auf die Schulter. „Wir werden uns das
dann morgen ansehen, solltest du heute Nacht überhaupt schlafen können, weil du bereits vor Angst
so zitterst und bibberst, dass an Schlaf nicht zu denken ist.“
„Wenn du mit den Zähnen klapperst, dann tu es bitte leise, wir werden nämlich schlafen wollen“,
setzte Ortiz noch nach und folgte Lucas nach oben in das gemeinsame Zimmer, das sich die drei
Freunde teilten.
„Ich denke für morgen müssen Sie sich warm anziehen“, sagte Bridger, der seinen Spaß an der
kleinen Drohung der Jugend hatte und schob sich noch ein letztes Häppchen in den Mund.
„Die mach ich fertig!“, sagte Ben entschlossen und verschluckte sich an seinem Tee. Ein beherztes
Eingreifen von Katie Hitchcock befreite ihn von dem Hustenkrampf. „Viel Glück!“, sagte sie, ehe sie
gemeinsam mit Dr. Westphalen in ihr Zimmer verschwand. Commander Ford und O’Neill folgten ihnen
in das ihre. Chief Crocker machte sich noch daran die Glut im Kamin zu löschen, damit nichts passiert
und würde anschließend als letzter ins Bett gehen. Er teilte sich den Raum mit Nathan Bridger und
war froh vor allen fiesen Attacken, die die jungen Burschen sich für die Nacht ausgedacht haben
mochten. Im Zimmer mit dem Captain würden sie sicherlich nichts anstellen, das war seine feste
Überzeugung.
Obwohl die Hütte ziemlich groß war, besaß sie nur ein einziges Badezimmer und eine weitere Toilette
im Erdgeschoss. Aus diesem Grund dauerte es bis Ruhe auf dem Flur einkehrte. Manch einer hatte
kein Problem damit sich Abends nicht die Zähne zu putzen, andere hatten es seit ihrer frühesten
Kindheit bereits so im Blut, dass sie sich ohne Zähne putzen am Abend gar nicht ins Bett trauten oder
gar schlafen könnten.
Miquel Ortiz gehörte eher zur letzteren Kategorie und kehrte nach seinem Badezimmeraufenthalt mit
frisch geputzten Zähnen in das Zimmer zurück, das er sich mit Ben Krieg und Lucas teilte. Das
Computergenie hatte den Bonus der Jugend erhalten und war als erster mit seiner elektrischen
Zahnbürste bewaffnet unterwegs gewesen und lag jetzt bereits fest eingekuschelt in seiner Bettdecke.
Am Lichtschalter blieb Miquel stehen und sah zu dem Versorgungsoffizier, der in Unterwäsche da
stand und in seiner Tasche wühlte. „Kann ich das Licht aus machen oder brauchst du noch?“, fragte
er den Versorgungsoffizier.
„Hab’s gleich“, kam von Ben das Hinauszögern des Licht ausschaltens. Als er gefunden hatte was er
suchte, entfuhr ihm ein Triumphschrei und schnell hopste auch er in sein Bett. „Okay, Licht kann aus
gemacht werden“, sagte dieser, sobald die Decke bis zum Kinn hoch gezogen war.
Ortiz runzelte die Stirn aber erwiderte nichts mehr. Das hatte bei Ben manchmal absolut keinen Sinn.
Im Dunkeln suchte er sich den Weg zu seinem Bett und kroch unter die Decke. Seine Augen waren
bereits schwer und er freute sich endlich ein wenig Schlaf zu bekommen. Ein Klicken im Raum ließ ihn
die Augen wieder aufschlagen.
„Wieso hast du die Taschenlampe an?“, fragte Lucas genervt von der anderen Seite des Raumes.
Ben Krieg saß in seinem Bett, die Decke über den Kopf gestülpt und leuchtete in sein Gesicht. „Wollt
ihr etwa ernsthaft bereits schlafen?“, fragte dieser verdutzt.
„Ja, Ben, das hatten wir vor“, antwortete Lucas und dem Sensorchief damit aus tiefster Seele.
„Nichts da!“, befahl Ben Krieg. „Hier im Raum bin ich der Ranghöchste und damit müsst ihr machen,
was ich will und ich finde wir können nicht einfach so eine Nacht woanders verbringen ohne uns
gegenseitig Gruselgeschichten zu erzählen.“
Man hörte wie sich im Dunkeln jemand von den anderen beiden die Hand vor die Stirn klatschte. Da
Ortiz es nicht war, blieb nur eine weitere Möglichkeit. Seufzend richtete sich Miquel auf. „Ben, können
wir das nicht auf morgen Nacht verschieben? Wir hatten alle einen langen Tag, manch einer hat nicht
einmal die Nacht zuvor richtig geschlafen.“
„Dafür kann derjenige morgen ausschlafen, los kommt beide zu mir, ich kenne ein paar wirklich richtig
gute Geschichten!“ Ben riss die Augen weit auf und verursachte somit durch den Lichtschein der
Lampe eine noch gräßlichere Fratze.
„Na gut, aber nur wenn du danach Ruhe gibst und uns schlafen lässt“, lenkte Lucas ein, der die
ganzen Diskussionen mit seinem Freund leid war. Auch Miquel Ortiz rutschte aus seinem Bett und
schlurfte barfüßig über den Holzdielenboden. „Bitte jeweils nur eine Geschichte“, bat er seine beiden
Freunde. Lucas war sofort dafür, doch bei Ben war bereits die Enttäuschung zu sehen.
„Hey, ganz ruhig, wenn es dich glücklich macht, können wir morgen Abend noch so eine Runde
machen. Anstatt der Guten Nacht Geschichte gibt es kurzen Gruselabend für Ben!“, bot das
Computergenie an und schien damit die Zufriedenheit des Moraloffiziers erreicht zu haben.
„Okay, dem kann ich mich anschließen“, sagte Ben und leuchtete den beiden Freunden abwechselnd
ins Gesicht. „Will einer von euch beiden anfangen?“
Miquel Ortiz wie auch Lucas Wolenczak schüttelten beide die Köpfe. „Mach du ruhig“, bot ihm Ortiz an
und wickelte sich fester in seine Decke.
„Okay, dann zieht euch warm an und haltet euch fest, denn was ich euch jetzt erzähle ist einem
Freund von einem Freund von mir tatsächlich passiert“, begann Ben und seine Stimme bekam diesen
leisen Unterton. Er zog den Kopf bis zu den Schultern ein, leuchtete sich ins Gesicht und begann
seine Geschichte:
„Es war an einem Dezemberabend, genau der Abend vor Weihnachten. Er war allein zu Hause, da
seine Frau und die Kinder die Großeltern in Florida besuchten und dieses Jahr nicht im kalten Schnee
sein wollten. Er hatte sich ein Abendessen gemacht, es war … Pizza und er aß sie beim Kamin in
welchem das Feuer bereits prasselte. Als er seine Pizza aufgegessen hatte, stellte er den Teller in die
Küche zurück und setzte sich beim Kamin in den Sessel. Die Füße legte er dabei auf den Couchtisch,
nah an des Kamins Feuer und genau dort schlief er ein. Im Wohnzimmer dieses Freundes befindet
sich eine große alte Kuckucksuhr. Ihr wird nachgesagt bereits seit sehr langer Zeit im Besitz der
Familie seiner Frau zu sein. Aber das ist noch nicht alles, denn diese Kuckucksuhr umgibt ein dunkles
Geheimnis. Ein jeder, der in der Familie starb, tat es beim zwölften Schlag der Uhr um zwölf Uhr des
Nachts und meistens waren diese Personen allein zu Hause und begingen den Fehler im selben
Raum wie die Kuckucksuhr zu schlafen. Auch der Freund wusste von diesem Geheimnis. Er schenkte
ihm keinen Glauben, aber dennoch vermied er es immer sich bis Mitternacht im Wohnzimmer
aufzuhalten oder gar zu schlafen, doch an diesem einen ganz besonderen Tag! Der Tag an welchem
er lang und hart gearbeitet hatte, schaffte er es nicht mehr Herr seiner Sinne zu sein und schlief sofort
ein, noch ehe er bemerkte, dass er schlief. Die Zeiger wanderten von Stunde zu Stunde näher an die
Zwölf heran und als sich der große wie auch der kleine Zeiger annäherten kam der Kuckuck heraus
und verkündete den ersten Schlag der zwölften Stunde. Der Freund erwachte und erkannte seinen
Fehler. Er sprang auf, während die Uhr das zweite Mal schlug. Er sah zur Uhr, da schlug sie das Dritte
Mal. Er tat einen ersten Schritt und es war das vierte Mal.
Ein heftiger Windstoß schlug das Fenster auf und die Uhr schlug zum fünften Mal! Der Freund eilte
zum Fenster, um es zu schließen, die Uhr schlug sechs, sieben, acht Mal. Er lief durch den Raum, die
Uhr schlug neun, zehn und elf Mal. Die Wohnzimmertür schlug zu und er bekam sie nicht mehr auf,
denn die Uhr schlug zum zwölften Mal zur zwölften Stunde und das Feuer im Kamin erlosch mit einem
Zischen. ZIIIISSSSCCCCHHHH“
Als Ben daraufhin schwieg, räusperte sich Ortiz leise.
„War das alles?“, wagte Lucas die alles bewegende Frage zu stellen. „Was wurde mit dem Freund?“
„Er war nie wieder gesehen“, sagte Ben weiter unheilverkündend.
„Ah ja“, sagte Lucas skeptisch.
„Denn als seine Frau zurück kehrte mit den Kindern, fand sie das Haus leer und unbewohnt vor. Ihr
Mann war am Weihnachtsabend nicht nach Hause zurück gekehrt wie die Polizei bei ihren
Ermittlungen feststellen musste.“
„Aber die Kuckucksuhr ist nach wie vor im Wohnzimmer der Familie?“, fragte Ortiz.
„Jaaaaa, das issssttttt siiiiiiieeeeee“, sagte Ben theatralisch und hoffte die Gruselstimmung damit auf
die Spitze zu treiben.
Seine beiden Freunde hielten sich dezent mit ihren Kommentaren zurück. Die Logik in der Geschichte
des Versorgungsoffiziers stellten sie besser nicht in Frage, am Ende waren sie es die in Frage gestellt
wurden, was keiner von beiden wollte.
„Gib die Taschenlampe her“, sagte Lucas und entriss sie seinem Freund. „Da du fertig bist, können wir
weiter machen und jetzt erzähle ich euch mal nichts von Kuckucksuhren am Weihnachtsabend.“
„Ob du das toppen wirst?“, stellte Ortiz in den Raum.
„Niemals!“, war Ben sofort überzeugt.
„Wartet es ab, hier ist meine Geschichte“, sagte Lucas und begann:
„Auch meine Geschichte beruht auf einer wahren Gegebenheit, die jedoch nicht an einem
Weihnachtstag geschah. Die genauen Gründe, wie es dazu kam sind nach wie vor ein Rätsel. Ihr
besitzt doch sicherlich alle Handys? Solltet ihr eines Tages einen Anruf von einer unbekannten
Nummer erhalten, dann seht euch vor, denn sobald ihr den Anruf annehmt hört ihr euch selbst aus der
Zukunft zum Zeitpunkt eures Todes! So geschah es einer Gruppe Jugendlicher, die sich abends zum
Bowling getroffen hatte, als ein Mädchen aus der Gruppe einen Anruf erhielt. Da sie das Klingeln nicht
gehört hatte, gab es eine Nachricht auf ihrer Mailbox und als sie diese abhörte, war sie es selbst, die
da sprach. Tränenüberströmt und voller Angst. Dann war die Verbindung plötzlich unterbrochen. Das
Seltsame war jedoch, dass die Mailboxnachricht als Anrufdatum zwei Tage darauf anzeigte. Als sie
ihren Freunden die Nachricht vorspielte, konnten auch die sich keinen Reim darauf
machen und am nächsten Tag war auch schon wieder alles vergessen bis … bis zum übernächsten
Tag, da die besagte Freundin plötzlich in eine nicht abgedeckte Baugrube stürzt und zu Tode kommt.
Wenig später erhielt ein anderer aus der Gruppe der Jugendlichen einen Anruf und als er ran geht, ist
es wie bereits bei dem Mädchen. Seine eigene Stimme spricht in Todesangst und bittet um Hilfe. Das
Datum des Anrufes lag dieses mal eine ganze Woche in der Zukunft. Auch er nahm es mit dem
Vergehen der Tage nicht mehr so ernst und dann, eine Woche darauf, wurde er von einem
Sattelschlepper erfasst, fünfzig Meter über die Autobahn geschleift und war tot. Bevor sein
Freundeskreis von dem Unfall erfuhr, erhielt der beste Freund eine SMS mit einem Datum und einer
Uhrzeit, die sich fünf Tage in der Zukunft befand. Als er am folgenden Tag in der Schule von dem
Unfall erfuhr und dem Dahinscheiden seines besten Freundes, zeigte er seiner nun um bereits zwei
Personen verringerten Clique die SMS. Eines der Mädchen, das besonders ans Okkulte glaubte, sah
sofort die Verbindung und machte ihn darauf aufmerksam, dass es sich um das Datum seines
eigenen Todes handeln musste. Im Gegensatz zu seinen Freunden nahm er diese Drohung ernst,
denn er hatte eine höchst sonderliche Begegnung, die ihn in seinem Glauben bestärkte. Es war in der
Videoabteilung eines Kaufhauses. Die neuesten Monitore waren aufgestellt und die Bilder einer
aufgestellten Kamera wurden darüber ausgestrahlt. Als der Junge also an einer solchen Kamera
vorbei kam, sah er nicht nur sich und seine beiden Begleiter sondern ein Mädchen, mit langen
schwarzen Haaren, das hinter ihm schwebte. Es hatte den Kopf gesenkt und sein Gesicht war nicht zu
sehen, aber es bewegte sich nicht und blieb beständig mehrere Meter hinter ihm. Als er sich herum
drehte, konnte er sie nicht sehen, nur auf dem Monitor. Seinen Freunden fiel dies ebenfalls auf, aber
sie hielten es alle nur für einen Scherz des Kaufhauses. Der Junge indessen konnte die ganze
folgende Nacht nicht schlafen und tat das, was man in der Nacht nicht tun sollte. Er suchte seine
Videokamera, nahm sich darauf auf und sah sich das Band noch in derselben Nacht an. Das
Mädchen war auch hier zu sehen, wie es an seinem Bettpfosten stand. Vor Schreck ließ er die
Kamera fallen, stürzte zum Lichtschalter und sah sich in seinem Zimmer um. Es war niemand zu
sehen und er allein.
Am nächsten Tag ging er erneut in das Kaufhaus, dieses Mal allein und erneut sah er auf dem Monitor
das Mädchen hinter sich, doch näher als noch Tags zuvor.
Der Junge führte einen Webblock und hielt darin bereits die Morde und deren vorhergehende Anrufe
darin fest. Er lud auch das Video hoch, in welchem man das Mädchen in seinem Schlafzimmer sah.
Dies sind die einzigen Spuren, die sich nachweisen lassen mit dem Fall, denn als seine Zeit
gekommen war, starb auch er ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Jedoch eines hat er
bewirken können. Aufgrund der längeren Zeitspanne von einer Woche, die ihm gelassen war, bevor er
starb, konnte er heraus finden, dass es bereits in früheren Zeiten des Öfteren diese Fälle gegeben
hat. Immer ist eine Gruppe von den Vorfällen betroffen. Die Zusammenhänge dieser ganzen Fälle hat
er nicht heraus finden können. Sein Webblock war voll mit Einträgen, in denen er über den Sinn des
Ganzen grübelte und versuchte heraus zu finden, warum ausgerechnet er und seine Freunde und was
sie mit den anderen verband. Es war für ihn zum verzweifeln. Seine heißeste Spur führte in ein
Krankenhaus, in welchem er in seiner Kindheit mehrmals hatte behandelt werden müssen. Auch seine
Freunde waren in ihrer früheren Kindheit mindestens einmal für längere Zeit darin gewesen, aber bei
all seinen Recherchen fand sich nichts. Er konnte das Geheimnis nicht lüften und als der Moment
seines Todes kam, filmte er dies und sorgte dafür, dass dieses Video als seine Abschlussbotschaft in
seinem Webblock veröffentlicht werden konnte. Danach endeten die merkwürdigen Todesfälle. Aber,
es gab zwei Monate später eine neue Nachricht in dem Blog, die nicht von dem Jungen stammen
konnte. Diese Nachricht besagte: „Esss issst noch nicht vorbei!“.
„Äh… Lucas, das ist eine sehr merkwürdige Gruselgeschichte und überhaupt nicht gruselig“, war Bens
erste Reaktion nach einem kurzen Moment der Stille.
„Das ist deine Meinung. Ich an deiner Stelle wäre vorsichtig, wenn das nächste Mal mein Handy mit
einem unbekannten Absender klingelt. Vielleicht passt auch du in die Gruppe derer, die eines Tages
auf sonderbare Art und Weise von ihrem Tod in naher Zukunft erfahren. Außerdem hast du uns hier
zu dieser kleinen Gruselstunde gezwungen, erwarte nicht, dass du da absolute Horrormeisterwerke zu
hören bekommst. Wenn du das möchtest, hättest du Stephen King zur Hütte einladen sollen und nicht
deine Kollegen“, konterte Lucas die Kritik. Er übergab die Taschenlampe an Ortiz. „Jetzt bist du dran,
danach können wir endlich schlafen gehen.“
Ben hätte am liebsten noch weiter mit Lucas diskutiert, denn aus seiner Sicht war die ganze Sache
noch lange nicht abgeschlossen und ihm waren da einige Fehler in der Geschichte des
Computergenies aufgefallen, die er gerne noch weiter erörtert hätte.
„Lass gut sein, Ben und mich mit meiner Geschichte anfangen. Es ist nämlich eine Geschichte, die bei
der Navy vor gar nicht allzu langer Zeit geschehen ist.“ Und so begann Miquel Ortiz mit der dritten und
letzten Geschichte des Abends:
„Es war auf einem U-Boot, einem dieser älteren Modelle, die nur sehr wenig Platz für die Crew ließen
und somit ein jeder auf jeden saß. Die Mannschaft war in vier Gruppen aufgeteilt, die sich jeweils ihre
Schlafräume teilten. In einem dieser Schlafräume geschah es, dass in der Nacht häufig
Klopfgeräusche die Crew nicht schlafen ließen. Sie hielten es für heiße Luft in den Rohren oder ein
anderes erklärbares Phänomen. Darum war auch niemand beunruhigt, als die ersten Gegenstände
verschwanden oder manche aus der Crew mit merkwürdigen Malen auf den Körpern aufwachten. Sie
hielten es für Kratzwunden, die sie sich im Schlaf selbst zugefügt hatten, oder aber Falten im
Bettzeug, auf dem sie ungünstig gelegen hatten. Als sich jedoch diese Vorfälle häuften, begann man
den Klopfgeräuschen nachzukommen. Der Verdacht war, es hätten sich Ratten oder ähnliches auf
dem U-Boot eingenistet, die für genau diese Vorfälle sorgten. Schließlich waren es meistens immer
kleine Gegenstände gewesen, die verschwanden und nicht unbedingt welche von großem von Wert.
Bei der Suchaktion wurden aber weder Ratten noch sonstige Tiere gefunden. Alles was sich fand,
waren lediglich ein paar Staubhäufchen, von denen sich keiner so recht erklären konnte, woher diese
stammten. Man säuberte die entsprechenden Stellen und tat es als eine nicht erklärbare Annomalie
des Schlafraumes ab.
In der darauffolgenden Nacht gab es aber die schlimmsten Klopfgeräusche von allen in dem
bespukten Schlafraum. Die darin befindliche Crew war sich nach kurzer Zeit des Ausbruches darüber
einig, dass es sich nur um einen Spuk handeln konnte. Wie sonst erklärte man sich die sauberen
Rohre und das Nichtvorhandensein alles Erklärbaren, um ihre nächtliche Störung zu erklären? Wie
auch wir auf der seaQuest gab es in dem Schlafraum eine Notbeleuchtung, so dass es nie ganz
dunkel war, aber in dieser Nacht fiel diese nach einem Flackern aus und ließ die in ihren Kojen
befindliche Crew in tiefste Dunkelheit verfallen. Das Klopfen erstarb, stattdessen waren scharrende
Geräusche zu hören, wie als wenn Krallen über das Blech der Rohre kratzen würde. Ein Mann schrie
auf. Das Kratzen und Scharren ertönte erneut und als es aufhörte, ging die Notbeleuchtung wieder an,
aber einer aus der Crew war spurlos verschwunden. Eine groß angelegte Suchaktion auf dem U-Boot
konnte keine Klarheit schaffen, der Mann blieb verschwunden. Ein Unding, muss man fast sagen,
schließlich gab es nicht viele Möglichkeiten wo er sich aufhalten konnte. Es war aber jener Mann, der
in der Nacht noch aufgeschrien hatte, als die scharrenden Geräusche für einen Moment verstummt
waren.
In der nächsten Nacht wollte kaum einer aus dem Schlafsaal die Nacht dort verbringen. Mit
Genehmigung ihres ersten Offiziers nahmen die Männer ihre Waffen mit in die Kojen, doch weder das
Scharen, noch der Lichtausfall wiederholten sich. Das ganz normale Klopfgeräusch ertönte als einzige
Anomalie in der Nacht und gab auch recht schnell Ruhe. Dies erschien der Crew wiederrum seltsam
und man checkte zur Sicherheit nochmals die Rohre und entsprechenden Orte. Erneut fanden sie
feinen Staub, der sich an genau den Stellen ansammelte, die bereits zwei Tage zuvor entfernt worden
waren. Es wurde wieder gesäubert und alles für in Ordnung befunden, bis zur nächsten Nacht, wo
sich die seltsamen Vorkommnisse der Nacht der Entführung wiederholten. Das scharrende und
kratzende Geräusch holte sich einen weiteren Mann. Von da an gab es die ersten Vermutungen, dass
es mit dem Reinigen der Staubhäufchen zu tun haben musste und man sah nach, ob sich die
Verunreinigungen an den entsprechenden Stellen wieder fanden. Tatsächlich war dem auch so. Es
wurde eine kleine Probe genommen, die man am Stützpunkt untersuchen lassen wollte. Damit aber
kein weiterer Mann mehr verschwinden konnte, siedelte man die eine Gruppe auf die anderen drei
Gruppen um und der Schlafraum wurde abgeriegelt. Bis zum Ende der Tour war es noch enger auf
dem U-Boot, die Crew nahm diese Unannehmlichkeit jedoch gerne in Kauf, wenn sie dafür nur von
dem Spuk verschont blieben, der da in einem Raum des Bootes herrschte. Die Tour selbst dauerte
nur noch vier Wochen, in welcher sich keine weiteren Vorkommnisse mehr ereigneten. Die einzig
seltsamen Vorkommnisse waren hin und wieder die geöffnete Schleuse zu dem spukenden
Schlafraum. Sie wurde morgens und abends darauf kontrolliert, ob sie auch verschlossen war, aber
manchmal fand die Crew diese am Morgen weit auf vor.
Kurz nach Ankunft im Heimathafen statteten die befehlshabenden Offiziere Bericht ab und baten um
Untersuchung der Staubprobe. Da die gesamte Crew die Geschichte unterstützte, wurde eine
Massenpsychose unterstellt, die jedoch schnell an Haltigkeit verlor, als man in der Staubprobe
menschliche Überreste fand. Die Werte wurden verglichen mit denen der beiden verschwundenen
Crewmen und es war für die Crew selbst keine Überraschung eine hundertprozentige
Übereinstimmung zu haben. Für die Wissenschaftler und Oberen Offiziere des Stützpunktes jedoch
stellte dies ein Rätsel da, so dass sich ein Team Wissenschaftler aufmachte, das Phänomen zu
untersuchen. Erst als weitere vier Menschen verschwanden, entschloss man sich das U-Boot aus dem
Dienst zu entlassen und in einem der tiefsten und dunkelsten Meeresgräben zu versenken, wo es
auch heute noch liegt.“
„Super, danke, Gute Nacht!“, sagte Lucas und sprang bereits von Bens Bett.
„Hey, warte, nicht so schnell!“, versuchte Ben Krieg das Computergenie zu stoppen, aber auch der
andere Zimmergenosse gab die Taschenlampe an ihren Besitzer zurück und trippelte über den kalten
Holzfussboden zurück zu seinem Bett.
„Ben, wir sollten jetzt wirklich schlafen, es ist schon drei Uhr morgens. Auch wenn wir frei haben und
uns hier ein paar schöne Tage machen können, so werde ich mich nicht dem Unmut von Dr.
Westphalen aussetzen und hier bis in die Puppen schlafen, weil ich mir die Nacht um die Ohren
gehauen habe“, setzte Ortiz zu einer Erklärung an.
„Und natürlich weil wir müde sind“, ergänzte Lucas noch und gähnte herzhaft auf. Er kuschelte sich
bereits in sein Bett, zog die Bettdecke hoch und zog die Beine bis an den Bauch.
„Ihr seid ganz bestimmt nicht müde“, sagte Ben.
„Doch, Lucas hat recht“, sagte Miquel Ortiz. „Ich bin müde und möchte eigentlich nur noch schlafen.
Ich hatte gestern noch Nachtdienst und daher wenig Schlaf. Bitte, Ben, lass es für heute gut sein, wir
haben noch eine weitere Nacht.“
Grummelnd über diese Spielverderber schaltete Ben die Taschenlampe aus und legte sich ebenfalls
in seinem Bett zum Schlafen. Die sollten bloß nicht glauben, dass es das bereits gewesen war, doch
bevor er sich noch eine Gemeinheit ausdenken konnte, fielen ihm bereits die Augen zu und er wäre
beinahe in tiefen Schlaf gefallen, als das Klingeln eines Handys ihn wieder aufweckte.
„Okay, wer hat sein Handy an?“, fragte Lucas in die Dunkelheit erbost.
„Ich nicht“, nuschelte Ortiz.
Der Versorgungsoffizier schaltete die Taschenlampe an und ging zu seiner Tasche. Er wusste gar
nicht es angelassen zu haben. Als er es heraus holte, sah er darauf eine eingegangene Textnachricht.
Der Empfänger war als unbekannt gekennzeichnet. „Ich hab eine SMS bekommen“, sagte er zu
seinen Freunden, ohne zu wissen, ob diese ihm überhaupt zuhörten. Neugierig öffnete er die
Nachricht und las:
Sonntag Mittag um 12:43 Uhr
„Hm, das ist ja merkwürdig. Hier steht nur ein Datum“, sagte dieser.
„Vielleicht hast du ja eine von diesen Todesnachrichten bekommen wie in Lucas’ Geschichte“, sagte
Ortiz.
„Haha, sehr witzig, das war doch nur eine Geschichte!“, erwiderte Ben, aber war sich plötzlich nicht
mehr so sicher. „Lucas, das warst du mit der SMS, nicht wahr?“, beschuldigte er sofort den Teenager.
„Ich war gar nichts, ich hab noch nicht einmal mein Handy hier, das liegt unten im Wohnraum und ist
ausgeschaltet“, verteidigte sich Lucas.
„Das glaub ich dir nicht!“, sagte Ben.
„Dann geh runter und sieh nach, aber gib endlich Ruhe, damit ich schlafen kann!“, forderte Lucas
erbost.
„Das werde ich auch!“, gab Ben konsequent von sich und war bereits zur Tür heraus.
„Ich glaub es nicht, der läuft tatsächlich runter und sieht nach“, meinte Ortiz und hielt sich die Stirn.
Lucas lachte heimlich in sein Kissen. „So haben wir das doch auch geplant“, sagte dieser amüsiert.
„Hast du es aus gemacht?“
„Mein Handy? Ja, der kommt nie drauf, dass wir das über BlueTooth gemacht haben. Empfang hat
hier oben sowieso keiner. Die Idee war genial, das auszunutzen und ihn somit zu verunsichern.“
„Pst, er kommt zurück“, warnte Lucas und es kehrte wieder Ruhe im Schlafraum der drei Freunde ein,
bis Ben mit Lucas’ Handy in der Hand zurück kam. „Es war wirklich unten und aus“, sagte dieser völlig
erstaunt.
„Das habe ich dir doch gesagt, Ben! Du bist es der hier allem und jeden misstraut. Jetzt geh ins Bett,
das war sicherlich nichts, schließlich ist es nur eine Geschichte ausgedacht von einem dummen
Jungen wie mir.“
„Aber was wenn es wirklich passiert? Was, wenn ich wirklich übermorgen sterben sollte? Ich muss zu
Dr. Westphalen!“ Ben Krieg machte auf dem Absatz kehrt und ging über den Flur zu dem
Schlafzimmer der Frauen.
Lucas drückte das Gesicht in sein Kopfkissen. „Der macht hier einen totalen Aufriss und bekommt jetzt
gleich noch eine riesen Gardinenpredigt gehalten“, vermutete er bereits den Ausgang des
Hilfegesuchs seines Freundes an die Ärztin.
Ganz so ähnlich ging es dann auch ab. Da die Tür offen stand, hörten sie die ersten Gesprächsfetzen
nicht, aber als Ben sich uneinsichtig zeigte, wurde der Ton von Dr. Westphalen schon schärfer und
am Ende war es Kathy Hitchcock, die ihren Ex-Mann am Kragen gepackt in sein Schlafzimmer zurück
zog. „Ich kann es nicht glauben, Ben!“, zeterte sie, als sie im Schlafzimmer der drei war und die Tür
hinter sich geschlossen hatte. „Du kommst mit so einer dummen Geistergeschichte zu uns und hälst
uns wach? Wir haben hier oben keinen Empfang, wie sollst du da eine SMS mit deinem
Todeszeitpunkt bekommen? Wenn du jemanden erschrecken willst, dann tu das bitte bei Kindern, die
an so einen Blödsinn noch glauben, aber benimm dich wenigstens einmal wie ein erwachsener Mann
und geh endlich ins Bett schlafen! Für deine dummen Scherze ist hier wirklich niemand empfänglich.“
Wütend stürmte sie aus dem Raum heraus und schlug die Tür kräftig ins Schloss.
„Oh, ich glaube da hast du dir keine Sympathiepunkte geholt“, sagte Lucas.
„Geh besser schlafen, Ben, morgen sieht alles schon wieder ganz anders aus“, gab auch Ortiz ihm
den Rat.
„Ich kann jetzt nicht schlafen“, sagte Ben klamm und man hörte seiner Stimme an, dass ihn Angst
erfasst hatte.
„Du wirst jetzt schlafen, dir bleibt nichts anderes übrig, denn wir wollen schlafen!“, sagte Lucas. „Jetzt
leg dich hin!“
Auch wenn der Versorgungsoffizier absolut nicht dazu in der Lage war, oder auch nur glaubte ein
Auge zu machen zu können, so ging er der Aufforderung nach und setzte sich in sein Bett. Die
Bettdecke zog er bis zum Bauch, die Taschenlampe angeschaltet vor sich. „Ich denke ich werde noch
etwas lesen“, sagte er.
„Ja, tu das, aber lass uns jetzt in Ruhe“, sagte Ortiz.
„Hat einer ein Buch für mich?“, fragte Ben nach einigen Minuten.
Lucas schnalzte genervt mit der Zunge. „In meiner Tasche wäre etwas, aber ich denke nicht, dass du
es verstehen wirst, es sind wissenschaftliche Werke.“
„Egal, ich lese alles“, sagte Ben und kroch bereits wieder von seinem Bett, um in der Reisetasche des
Computergenies die Bücher zu holen. Er fand sie sofort und ging damit zurück in sein Bett. Wie Lucas
es ihm bereits gesagt hatte, waren es wissenschaftliche Themen, mit denen Ben absolut nichts
anfangen konnte und auch gar nicht verstand. Er gab sich alle Mühe, aber scheiterte bereits auf den
ersten Seiten. Irgendwann schaltete er einfach seinen Verstand aus und nahm einfach nicht mehr
wahr, was er da las, hauptsache er war beschäftigt und bemerkte dabei nicht, wie er über dem Buch
einschlief.
fanfic