Vom 03. September bis 07. September verschlug es mich nach Graz in die Steiermark, "Österreichs heimliche Liebe", wie touristische Werbesprüche verkünden. Dieses Jahr hatte die Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung ein deutlich besser ereichbares Ziel für ihren Jahreskongreß gewählt - letztes Jahr Peking, toll, aber ohne "Travel grants" einfach nicht machbar. Umso gespannter waren wir - meine Freundin Ulrike und ich. Neben den höchst interessanten Vorträgen im Kongreßzentrum galt es, die Stadt zu entdecken und eine besondere Führung zu genießen: "Graz on prescription". Es ist schon skurril, denn obschon die Kongreßsprache Englisch war, gab es genug Leute, die sich so gut darum drückten, wie es ging, so daß es tatsächlich zwei Varianten der Führung gab, eine völlig überfüllte deutsche und eine immer noch gut besuchte, aber deutlich weniger "gedrängte" auf englisch. Man kann sich denken, wem wir uns anschlossen. ;-)
Die Tour sah vor, alte Apotheken zu besuchen, die sich im laufenden Betrieb entweder ihre wunderbare Einrichtung bewahrt haben oder die sonst etwas Außergewöhnliches aufweisen, das sich zu sehen lohnt. So gab es in der Adlerapotheke neckische Wand- und Deckenmalereien und einen perfekt in das alte Interieur eingepaßten Kommissionierautomaten, in der Apotheke zum Granatapfel eine nicht minder schöne Einrichtung und in der Mohrenapotheke gar ein angeschlossenes "Theriaklabor". Wen wundert es, daß ich dabei besonders hellhörig wurde und neugierig dem Fortgang der Ereignisse harrte? Apotheker Christian Müller, ein etwas zerstreuter, pferdeschwänziger Enddreißiger, erklärte, dies sei sein privates Museum, in dem er neben Veranstaltungen für Kinder auch regelmäßig Führungen veranstalte; sogar Firmen können das Gewölbe mieten. Daneben stellt er eigene Spezialitäten her, unter anderem einen "Mohrenbitter", den er unter dem Namen "Theriak" verkauft, was natürlich irreführend ist, enthält er doch weder Vipernfleisch noch Opium.
Weiter ging es in ein Museum für Pharmaziegeschichte, dessen Exponate mein Alchimistenherz höher schlagen ließen. Man genieße und staune:
Viel zu schnell verging ein kurzweiliger, lehrreicher Nachmittag, es folgten spannende Vorträge am nächsten Tag, in dessen Mittagspause wir den Schloßberg erklommen und die atemberaubende Aussicht genossen. Glücklicherweise regnete es einmal nicht, kalt war's aber dennoch. Abends fand das Kongreßdinner statt, eine einmalige Erfahrung, wie Massen von Besuchern zur selben Zeit bewältigt werden können. Abgesehen von den unvermeidlichen Schlangen am Büffett verlief alles erstaunlich geordnet, und wir hatten einen vergnüglichen Abend mit Tischgenossen aus Taiwan, Rumänien und Polen.
Der Donnerstag gehörte einer ganztägigen Exkursion, "Spirit und Spirits" hatten wir gewählt. Abgesehen von eisigem Wind und Dauerregen lohnte sich der Ausflug in die Stifte Vorau und Pöllau aber sehr; besonders die historische Klosterbibliothek des Stiftes Vorau faszinierte mich, und ich hätte mich ewig darin aufhalten und stöbern mögen. Ein richtiger "Severus- und-Catriona-Ort". ;-)
Auf dem Rückweg durften wir ganz touristisch eine Ölmühle ansehen, die mit dem nicht ganz alltäglichen Stempelpreßverfahren arbeitet, das besonders qualitätserhaltend wirkt. Tatsächlich habe ich, die ich mein Öl sonst im Supermarkt kaufe, noch nie so aromatische Öle gekostet.
Auf dem Rückweg zum Hotel sprang mir dann dies ins Auge. Wo sich McGonagall überall engagiert...
Am Freitag hieß es dann schon wieder zurückzukehren, in einer kleinen Dash 8, so wie wir gekommen waren. Ulrike beäugte auch diesmal das Maschinchen höchst mißtrauisch, und erst als sie sich mit einer so gar nicht wissenschaftlichen "Freundin" (die es umsonst gab, warum wohl...) ablenken konnte, schwand ihre Besorgnis. Die Landung sorgte allerdings noch einmal für ordentliches Herzklopfen; ich fand sie gar nicht schlimm, aber ich fahr auch gerne Achterbahn. ;-)
Fazit: Eine ereignisreiche Woche, die mich zwar nicht mit der derzeitigen Tätigkeit versöhnt ("Haben Sie die Umschau auch mit Fernsehprogramm?" ARRGH), mich aber erfrischt und hoffentlich auch im Oberstübchen positive Spuren hinterlassen hat.