Nov 30, 2008 16:31
Irgendwie vermißt man sie ja doch im Winter: die (guten) Mittelaltermärkte, die gewandeten Besucher, das Entschweben in eine andere, natürlich nicht historisch korrekte Welt. Umso interessanter fand ich die Ankündigung eines "mittelalterlichen Weihnachtsmarktes mit siebzig Händlern und Ständen, ohne Eintritt". Da sich gerade die Möglichkeit ergeben hatte, beschloß ich denn, meine Wanderlust auszuleben und mich nach Telgte (bei Münster) aufzumachen, um mir das mal persönlich anzusehen. Telgte ist überschaubar klein, nicht hübsch, nicht häßlich, aber ich war ja nicht wegen der Stadt gekommen. Meine Übernachtung erwies sich, wie vorhergesehen, als sehr, sehr bürgerlich, die Sorte, die goldfarbene Bilderrahmen hat und ebensolche Gardinenstangen, aber durchaus mit Liebe zum Detail eingerichtet und bis auf die muchtige Auslegware im Zimmer sehr sauber. Das Frühstück war, um es gleich vorwegzunehmen, eine Freude. Da hätte sich das "Valle Aridane" in Los Llanos noch mehr als eine Scheibe abschneiden können.
Der Markt war leicht zu finden, ist ja auch alles winzig und locker zu Fuß zu erreichen. Gegen 14.00 Uhr war es überraschend leer, und mir taten schon die Händler leid, die mehr im eigenen Saft kochten, als groß etwas zu verkaufen, aber das Ambiente war dennoch nett, nicht so nervig rummelmäßig, wie man es leider oft von Weihnachtsmärkten kennt. Bis etwa 16.14 Uhr hielt ich es aus, allerdings nur mit heißem Met und Amarettopunsch. Es gab leckere Trockenfrüchte vom immerguten Dattelschlepper, wundervoll duftenden Seifen, köstlichen Honig und natürlich "allerley" Schmuck (diesmal eher weniger als mehr schön), Kleidung und "Fressereyen". Genial das Badehaus, in dem doch tatsächlich drei Leute im heißen Zuber saßen und "Spannertaler willkommen" hießen. Echt "Weihnachtliches" gab es dagegen wenig, nur ist das bei den konventionellen Märkten auch nicht anders, und mich störte es nicht.
Da ich bei Dunkelheit noch einmal wiederkommen wollte, um die ganz andere Atmosphäre zu genießen, balancierte ich auf Eisfüßen erstmal in die Unterkunft, mich aufwärmen.
Gegen 19.00 Uhr brach ich dann nochmals auf, diesmal noch zusätzlich den langen Umhang über meinem langen Mantel. Herrlich warm und wie füreinander gemacht. Ich frage mich immer wieder, was die moderne Zivilisation getan hat, um den Modewechsel auszugleichen.
Schon beim Gehen waren mir wahre Horden begegnet, die vermutlich nach Mittagsruhe und Nachmittagskaffee dem Markt zustrebten. Jetzt war es wirklich voll. Die große Wiese erhellten allerorten Fackeln und Feuer, und die kerzenbeleuchteten Stände wirkten plötzlich geheimnisvoll und viel anziehender als bei Tage. Ohne Stativ kann man Fotos bei dem Schwachlicht leider vergessen, der Anblick jedoch bleibt einem im Gedächtnis - irgendwie magisch, von jener seltsamen Faszination, die Feuer in absoluter Dunkelheit ausstrahlt.
Ich hätte noch länger bleiben mögen, aber bei der Kälte hält man es trotz dicker Wolle nur eine begrenzte Zeit draußen aus. Die Plätze an den Feuern waren selbstredend höchst begehrt.
Fazit: Sehr lohnenswert, schade, daß man nicht näher dran wohnt, um nächstes WE nochmal hinzugehen.