Story: RPG storyverse (canon)
Genre: idk, aber es hat Gore und Trauma
Rating: 18+
Charaktere: Caedes (& Avien)
Ficathon:
write your darlingsPrompt: Zitat aus "Paradoxe Stille" von Goethes Erben (again, wenn ich richtig gegoogled hab :D)
Sonstiges: Märzdrabble 5 (400 Worte)
CN: Dissoziation, Trauma, Blut, Gore (Alles davon recht explizit! Proceed with caution & please take care <3)
Anmerkung: I'm a simple Iri, I see dark prompts by
schattenmahr, I write fucked up stuff about Cae
nie wieder vorwärts
schritt zurück
der mund verschlossen
augenblick
vernähte lippen
glaube ich
augen fragen
warum ich
x
Wenn du in den Spiegel blickst, hast du meistens das Gefühl, gar nicht dich zu sehen. Da ist ein Gesicht, es blinzelt, wenn du blinzelst, aber es kommt dir nicht viel vertrauter vor als ein Fremder, dem du auf der Straße begegnest.
Vielleicht liegt es an den Narben, denkst du. Eine groteske Erweiterung deiner Mundwinkel, ein immerwährendes Grinsen in deinem Gesicht. Sie sind noch frisch genug, dass die Fäden, mit denen Avien die Schnitte wieder zugenäht hat, noch in deinem Fleisch stecken. Es fühlt sich nicht an, als würde all das zu dir gehören, als du die Finger an deine Lippen hebst, wie um zu überprüfen, ob sie ganz zugenäht sind. Du kannst den Mund leicht öffnen, da sind keine Fäden, zumindest nicht in diesem Albtraum. Oder ist es dieses Mal Wirklichkeit?
Du siehst deinem Spiegelbild dabei zu, wie es die Fäden mit einer kleinen Zange zieht, geduldig und präzise. Du spürst keinen Schmerz dabei, nur, dass sich etwas bewegt.
Vielleicht, denkst du, erkennst du dich nicht wieder, weil es nichts mehr zu erkennen gibt. Vor ein paar Wochen warst du noch jemand, der sich ein eigenes Leben aufbauen wollte, ein Fremder in einer neuen Stadt, doch das scheint jetzt unglaublich lange her zu sein. Die Illusion von Sicherheit ist unter Aviens Fingerspitzen auf deiner Wange zersplittert, der Neuanfang zerschellt, als ihre Stimme an dein Ohr drang und dich Bruderherz nannte. Alles, was weiter in der Vergangenheit liegt, ist noch verschwommener, kaum mehr greifbar, kaum mehr real. Keins deiner vergangenen Ichs scheint noch sonderlich viel mit dir zu tun zu haben.
Deine Finger haben alle Fäden gelöst. Eine unscheinbare Blutspur zieht sich über deinen Kiefer und deine Wange. Ein Tropfen nur, doch in deinem Kopf siehst du plötzlich wieder - oder immer noch? - deine Wange unter deiner eigenen Berührung nachgeben, deine Finger durch den tiefen Schnitt in deine Mundhöhle rutschen, all das Blut, so viel Blut, und du kannst es nicht richtig ausspucken -
Gut, hörst du Avien sagen, dass ich dich zuerst unsterblich gemacht habe.
Als du wieder den Spiegel vor dir siehst, fühlen sich deine Wimpern und Wangen nass an. Es ist das Erste, was du richtig fühlen kannst, seit du aufgestanden bist. Die Augen im Spiegel fragen still nach dem Warum, und du denkst, das können auf keinen Fall deine Augen sein. Du hast vor langer Zeit aufgehört, daran zu glauben, dass es je eine Antwort darauf geben wird.