MD/SPF fic

Jul 11, 2010 17:22

Title: Zirkus Norén
Pairing: Björn Dixgård / Gustaf Norén
Disclaimer: alles frei erfunden!

Die Vorstellung war besser, als Björn gedacht hätte. Es gab Clowns, Artisten, einen Feuerschlucker, zwei Jongleure, eine Hundenummer, eine Kunstreiterin, die nicht älter als 11 aussah, aber wagemutige Dinge auf einem galoppierenden Pferd vorführte, und natürlich einen Zauberer. Die Frau, die Gustaf vorhin gerufen hatte, war auch dabei und präsentierte eine Pferdedressur. Der Zirkusdirektor selbst war auch beteiligt. Mit zwei Jungen, die ungefähr 13 und 15 waren, führte er eine Trapeznummer vor. Die Jungen, der eine blond, der jüngere etwas dunkler, waren später auch mit einer jungen Frau auf dem Hochseil zu sehen.

Björn war beeindruckt. Die waren echt gut. Und jünger als er. Irgendwie kam er sich gerade ziemlich unbegabt vor.

Aber eines vermißte er: Gustaf war kein einziges Mal zu sehen. Schade.

***

Als die Show zuende war drängten alle auf einmal nach draußen. Björn blieb noch etwas länger sitzen und folgte den anderen Leuten dann. Inzwischen fing es schon an zu dämmern. Während eines schwedischen Sommers ein Zeichen dafür, daß es schon sehr spät war. Björn warf einen Blick auf seine Uhr. Himmel, die Zeit war wirklich wie im Flug vergangen! Die Vorstellung hatte über zwei Stunden gedauert, und eine Pause hatte es auch gegeben. Das Abendessen hatte er längst verpaßt, aber egal.

Für einen Moment blieb er noch draußen vor dem Zelt stehen und sah sich um, dann machte er sich auf den Heimweg. Er würde an der Dönerbude vorbeikommen, dort konnte er sich noch was zu essen holen.

Als er schließlich zuhause ankam erwartete ihn seine Mutter schon.

"Wo warst du denn so lange?" fragte sie.

Björn hob die Schultern. "Unterwegs."

"Hast du was gegessen?"

"Ja. Ich gehe ins Bett."

"Tu das. Schlaf gut." Seine Mutter sah ihm noch nach. Immerhin schien er sich etwas beruhigt zu haben.

Björn betrat sein Zimmer und zog sich um. Er ging noch kurz ins Bad, dann legte er sich in sein Bett. Für eine Weile lag er im Dunkeln, konnte aber nicht einschlafen. Irgendetwas ging ihm durch den Kopf, er wußte aber selbst nicht was. Er stand wieder auf und machte Licht. Sein Blick fiel auf seine Kleider, die auf dem Boden lagen. Er griff in die hintere Tasche seiner Jeans und holte die Eintrittskarte vom Zirkus hervor. Mit der Karte in der Hand setzte er sich wieder auf sein Bett und betrachtete sie. "Zirkus Norén" stand darauf. Und die Uhrzeit und der Preis. Björn drehte sie um und stutzte. Da stand ja nochwas: "Mit dieser Karte erhalten Sie einmalig freien Eintritt zu unserer Tierschau", las Björn. "Täglich von 12 bis 14 Uhr."

Tierschau? Was konnte er sich darunter vorstellen? Sicher konnte man sich nur die Zirkustiere in ihren Ställen ansehen. Nicht sehr interessant. Er legte die Karte auf seinen Nachttisch, löschte das Licht und legte sich wieder hin. Andererseits… er hatte ja sonst nichts vor. Er könnte ja morgen hingehen. Vielleicht traf er Gustaf wieder.

Zufrieden schloß Björn die Augen. Gute Idee, morgen ging es also wieder zum Zirkus.

***

Am nächsten Tag schlief Björn erst einmal aus, immerhin waren Ferien. Nein, nicht Ferien. 'Ferien' würde bedeuten, daß er in einigen Wochen wieder zur Schule gehen würde. Und das war ja nicht der Fall.

Er stand auf, duschte und zog sich an. Es war schon elf Uhr als er in die Küche trat.

"Endlich ausgeschlafen?" Seine Mutter begann gerade mit den Vorbereitungen für das Mittagessen.

"Ja." Er trank ein Glas Orangensaft, dann schmierte er sich ein Brot.

"He, es gibt in einer Stunde Mittagessen", erinnerte ihn seine Mutter.

"Für mich nicht, ich bin gleich weg." Er biß in sein Brot.

"Wo gehst du denn hin?"

Björn lächelte. "Zur Tierschau. Tschüß!" Ohne ein weiteres Wort verließ er die Küche und ging nach draußen. Die Eintrittskarte vom Abend davor hatte er in seiner Hosentasche. Irgendwie hatte er selbst keine Ahnung, warum er so wild darauf war Punkt 12 bei der Tierschau zu sein, er wußte nur, daß er hinwollte. Langsam schlenderte er die Straße entlang, aß sein Brot auf und erfreute sich an den wärmenden Sonnenstrahlen. Heute fühlte er sich schon viel besser als gestern. Der Streit mit seinen Eltern über sein Zeugnis und seine Zukunftspläne waren in weite Ferne gerückt.

Endlich kam er am Fluß an. Er konnte das Zirkuszelt schon von weitem sehen. Doch davor war noch nicht viel los. Björn warf einen Blick auf seine Uhr. Es war erst halb 12. Enttäuscht sah er sich um. Und jetzt? Er könnte zu seinem Felsen gehen. Er umrundete das Zelt und kletterte wie so oft auf den kleinen Felsen am Ufer. Auf dem Platz hinter den Wohnwagen war nicht viel zu sehen, schade.

Björn sah zum Fluß hinüber und versank in seinen Gedanken. Er dachte darüber nach, wie es wohl sein würde, in einem Zirkus zu wohnen. In seiner Vorstellung mußte das ein abenteuerliches Leben sein. Und vor allem: keine Schule. Man lebte in einem kleinen Wohnwagen, hatte viele Tiere, sah ständig neue Städte und trat abends auf. Eigentlich ganz lustig.

Er sah wieder auf seine Uhr. Die Zeit wollte ja gar nicht vergehen. Seufzend legte er sich auf den Rücken und starrte in den Himmel. Die Sonne wärmte ihn angenehm. Jetzt hatte er sich so beeilt um hierherzukommen, und jetzt mußte er warten. Ärgerlich. Björn schloß die Augen und versuchte sich zu entspannen.

***

Er blinzelte. Ein Hund bellte im Hintergrund. Er hörte Kinderlachen. Langsam setzte sich Björn auf. Wo war er? Verdammt, war er etwa eingeschlafen? Schnell sprang er vom Felsen und sah auf seine Uhr. Fast halb eins. Verdammt! Schnell lief er um das Zirkuszelt herum und zum Eingang. Neben dem Eingang war das Kartenhäuschen etwas zur Seite geschoben worden und machte nun Platz für einen Durchgang in den Innenhof. Björns Herz schlug wie wild. Er holte sein Ticket aus der Tasche und lief zu dem Mädchen, das dort stand. Er erkannte sie, es war die Kunstreiterin.

"Hi", sagte er und hielt ihr sein Ticket hin.

"Hi." Sie lächelte ihn an und markierte die Karte, dann gab sie sie ihm zurück. "Geh einfach durch."

"Danke." Er ging nach hinten und sah sich um. Rund um den Innenhof standen die Wohnwagen, auf der rechten Seite waren die Pferde an einem langen Zaun angebunden. Die Hunde liefen in einem provisorischen Gehege herum, genauso wie die weißen Kaninchen des Zauberers. Björn hob eine Augenbraue. Der Zauberer hatte also mehr als nur ein Kaninchen? Das würde einiges erklären.

Weiter hinten war eine große Pferdekoppel, auf der Kinder auf drei kleinen Ponys reiten durften, aber dafür war Björn schon zu groß.

Seufzend sah er sich weiter um. Und jetzt?

"Hi!"

Erschrocken drehte er sich um - und sah in Gustafs strahlendes Gesicht. Björn entspannte sich wieder und mußte ebenfalls lächeln. "Hi."

"Schön, daß du gekommen bist. Gestern wurden wir ja mitten im Gespräch unterbrochen. Darf ich dich etwas herumführen?"

Björn nickte. "Gern." Er kam sich gleich weniger verloren vor.

Gustaf führte ihn zu den Pferden. "Das sind unsere Pferde. Meine Mutter tritt mit ihnen auf."

"Deine Mutter?" Björn erinnerte sich an die Frau, die Gustaf gestern so schroff von ihm weggeholt und wenig später in ihrem glitzernden Köstum und breit lächelnd ihre Pferdenummer aufgeführt hatte.

Gustaf nickte. "Ja. Früher war sie Kunstreiterin, aber jetzt dressiert sie nur noch. Josie, meine kleine Schwester, führt jetzt die Kunststücke auf den Pferden vor." Er deutete zum Eingang hinüber, wo das Mädchen noch immer stand und darauf wartete Leute hereinzulassen.

"Wow. Sie ist gut." Björn streichelte eins der Pferde. "Ich habe mir gestern abend die Vorstellung angesehen. Viele Tiernummern habt ihr ja nicht."

Gustaf schüttelte den Kopf. "Nein, mein Vater ist dagegen, exotische Tiere in Gefangenschaft zu halten. Wir haben nur die Pferde, Ponys und die Hunde. Naja, und die Kaninchen von Olaf, unserem Zauberer. Und normalerweise sind die Pferde tagsüber auch auf der Koppel, wir binden sie nur für die Tierschau hier an."

Sie gingen zu den Hunden weiter. "Ist der Zirkusdirektor dein Vater?" fragte Björn.

Gustaf seufzte. "Ja. Er ist der Chef von allem. Deshalb hat er auch nicht mehr soviel Zeit, um selbst aufzutreten. Im Moment macht er nur die Trapeznummer mit meinen Brüdern."

"Deine Brüder?" Björn erinnerte sich an die beiden Jungs.

"Ja, Carl und Victor." Gustaf streichelte einen der Hunde, dann sah er sich um. "Okay, das war es eigentlich schon", sagte er fast schon ein wenig entschuldigend.

"Es ist schön hier", fand Björn.

"Findest du?" Überrascht sah sich Gustaf um, dann hob er die Schultern. "Naja." Für einen Moment standen sie nur stumm da. "Mußt du wieder gehen?" fragte Gustaf schließlich. "Oder hast du noch Zeit?"

"Ich habe Zeit", antwortete Björn. "Zuhause erwartet mich nichts."

"Wollen wir uns ein bißchen an den Fluß setzen?"

Björn nickte. "Gerne."

Sie gingen zum Fluß hinunter und setzten sich auf den Felsen.

"Was hast du denn für Streß zuhause?" fragte Gustaf.

"Ach… ich will dich damit nicht langweilen."

"Tust du nicht." Gustaf legte sich auf den Rücken und starrte in den Himmel. "Ich stelle mir immer vor, daß normale Leute wie du es viel einfacher haben. Da ist es schön wenn man hört, daß es anderen auch nicht besser geht."

Björn betrachtete ihn verwirrt. "Wieso sollte ich es einfacher haben? Du hast doch das schöne Leben."

Gustaf war verwirrt. "Schön? Weshalb das denn?"

Björn hob die Schultern. "So ein Zirkusleben stelle ich mir immer sehr lustig vor."

Gustaf stöhnte auf. "Ist es aber nicht. Vor allem nicht, wenn dein Vater der Direktor ist und dich für eine absolute Niete hält."

"Tut er das denn?" fragte Björn betroffen.

Gustaf starrte auch weiterhin nur in den Himmel. "Ja", sagte er und blies sich eine dunkelblonde Haarsträhne aus dem Gesicht. "In seinen Augen bin ich ein Versager. Ich darf nicht einmal mehr auftreten."

"Was hast du denn gemacht?" fragte Björn.

"Von allem ein bißchen. Früher bin ich immer mit meinen Brüdern zusammen aufgetreten. Aber ich kann meinem Vater einfach nichts recht machen. Er sagt immer, ich sei zu schlecht." Er zuckte mit den Schultern. "Vielleicht stimmt das ja auch", murmelte er. "Ich glaube, ich habe Victor ein paarmal zu oft fallenlassen." Er sah Björns entsetzten Blick und fügte schnell hinzu, "keine Sorge, nur bei den Proben. Mit einem Netz. Scheint ihm nicht geschadet zu haben. Denke ich jedenfalls. Aber seitdem tritt mein Vater mit den beiden auf und ich darf nur noch die Ställe ausmisten." Er drehte sich auf den Bauch. "Und was hast du für Probleme?"

Björn starrte ihn für einen Moment nur an. Gustafs T-Shirt war etwas nach oben gerutscht und sein Blick fiel auf seine nackte Haut. Er war ziemlich dünn. Seine Hüftknochen waren deutlich zu sehen. "Naja, ich habe gerade mein Zeugnis bekommen", antwortete er. "Und wie erwartet ist es nicht so gut ausgefallen. Dabei habe ich meinen Eltern schon längst gesagt, daß ich mit der Schule aufhören und eine Ausbildung machen will. Aber das sehen sie nicht ein. Mein Vater ist Lehrer, der läßt sowas nicht gelten."

Gustaf nickte. "Verstehe. Ich habe in der Schule auch völlig versagt."

Björn sah ihn überrascht an. "Du gehst auch in die Schule?"

"Jetzt nicht mehr." Gustaf drehte sich auf den Rücken. "Wir haben einen Hauslehrer im Zirkus. Und während der Winterpause gehen wir auf eine öffentliche Schule in Frankreich. Aber ich nicht mehr. Zum Glück durfte ich nach meinem Abschluß letztes Jahr aufhören und muß nicht noch aufs Gymnasium. Meine Eltern haben wohl eingesehen, daß das Zeitverschwendung wäre."

"Ihr geht in Frankreich zur Schule?" Björns Verwirrung wuchs.

Gustaf nickte. "Wir haben Verwandte dort. Im Winter können wir hier in Schweden nicht mit dem Zirkus herumreisen, deshalb fahren wir dann nach Frankreich, gehen zur Schule und arbeiten an neuen Nummern für das kommende Jahr."

Björn war beeindruckt. So ein Leben würde ihm auch gefallen. Er konnte es einfach nicht verstehen, daß Gustaf es so nervig fand.

Er starrte in den Himmel und für eine Weile schwiegen beide. Es war schon seltsam, aber obwohl sie sich erst seit kurzem kannten und so unterschiedliche Leben führten, kam es ihnen vor, als würden sie sich schon ewig kennen. Und es war schön, einfach nur dazuliegen und nichts zu tun.

"Gustaf!"
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