[fic] Wie im Märchen

Jul 11, 2010 12:43

Titel: Wie im Märchen
Autorin: Ich
Pairing: Thomas Müller/Holger Badstuber; past!others
Rating: PG-13
Disclaimer: Siehe mein Profil.
Summary: Die WM bringt viele Seiten an einem Menschen zu Tage. Holger bemerkt ziemlich schnell, dass er eine Entscheidung treffen muss, auf die eine oder andere Weise. Was wird das für ihn bedeuten und die Menschen, die er liebt?


Holger dämmerte vor sich hin. Es war kein richtiger Schlaf und doch war er auch nicht vollständig wach. Lukas lag hinter ihm, hielt ihn in den Armen und manchmal hörte er sein rasselndes Atmen und wie er tief nach Luft holte.

Irgendwann später waren sie plötzlich nicht mehr allein. Das Gewicht eines Körpers drückte die Seite des Betts direkt neben Holgers Gesicht nach unten, aber er war zu müde, um nachzusehen.

"Wie geht's ihm denn?" Basti.

"Wie soll es ihm denn deiner Meinung nach gehen? Er ist verletzt, wütend und enttäuscht von allem und jedem."

"Thomas hat ihm nie weh tun wollen."

"Davon kann er sich jetzt auch nichts kaufen."

"Holger sollte nicht so hart zu Thomas sein."

"Thomas sollte aufhören sich rechtfertigen zu wollen."

"Manche Geschichten wiederholen sich scheinbar immer wieder..."

"Weil die Menschen sich nicht ändern."

Holger spürte wie Lukas sich aufsetzte und langsam wurde er wach. Trotzdem öffnete er die Augen nicht, wusste instinktiv, dass er diesen Moment auf keinen Fall stören durfte.

"Willst du mich denn immer weiter quälen?" fragte Bastian leise. "Was hätte ich denn tun sollen? Was hätte ich denn verdammt noch mal tun sollen, damit es nicht hierzu kommt?"

Selbst durch die Decke hindurch spürte Holger wie Lukas zitterte und er hätte so gerne nach seiner Hand gegriffen und sie festgehalten.

"Nichts. Du konntest ja nichts machen. Aber es tut trotzdem weh."

"Ach, Lukas..."

Holger öffnete seine Augen vorsichtig, wollte sehen, was du geschah. So betrunken er auch vorhin noch gewesen war, er ahnte, dass sich hier etwas besonderes abspielte.

Bastian legte seine Hand an Lukas' Wange, streichelte mit seinem Daumen darüber. "Du bist immer noch so schön wie damals," flüsterte er.

"Sag sowas nicht. Sag es doch einfach nicht."

"Ich liebe dich."

"Bitte sag es nicht. Ich will es nicht hören." Lukas wich vor ihm zurück und Holger kniff rasch die Augen zu, aber sie bemerkten ihn sowieso nicht, zu gefangen waren sie in ihrer eigenen Geschichte.

"Geh nicht." Nie hatte Holger Bastians Stimme so flehen gehört und es schmerzte ihn selbst tief in seinem Inneren. Warum musste sein Freund nur so leiden?

"Wenn ich hier bin... was ändert das denn? Du wirst trotzdem wieder zu Sarah gehen."

"Verdammt, warum musst du mir das vorhalten?"

Eine Weile war es still und Holger blickte vorsichtig auf. Bastian hing an Lukas' Lippen, im wahrsten Sinne des Wortes, und er fühlte sich wie damals als er noch klein war und zwischen seinen Eltern geschlafen hatte. Irgendwie störte er, aber er wusste auch nicht, was er tun sollte. Außerdem war der Anblick verdammt faszinierend.
Lukas war wunderschön mit geschlossenen Augen und so vollkommen auf Bastian fixiert. Seine Hände glitten über Bastians Brust und aus jeder seiner Bewegungen sprach die verzweifelte Anstrengung zu gefallen. Wie gut Holger ihn verstehen konnte...

"Ich glaube wir sollten besser gehen. Wird hier ja wohl irgendwo ein freies Zimmer geben."

"Meins zum Beispiel."

Moni war ja nicht dabei, daran erinnerte Holger sich. Wollten sie ihn jetzt hier einfach allein zurücklassen?

"Ich glaub der Burli kommt allein zurecht." Basti schnurrte beinahe, ein merkwürdiges Geräusch wenn man ihn näher kannte.

"Was ist denn ein Burli?"

"Das erklär ich dir unterwegs."

Hatten sie nicht gerade noch gestritten? Aber vielleicht musste das bei ihnen so sein; sie schienen Holger wie zwei Sterne, die ewig lange gekreist waren, bis sie sich in einer grellen Explosion wiederfanden. Unerklärlich, brutal und schön.

Aber darüber nachdenken mochte er jetzt auch nicht. Morgen war ja schließlich auch wieder ein Tag.

***

Lisa und Sarah warteten noch immer auf ihre Koffer am Rollband während Thomas, Basti und Holger sich strategisch zurückgezogen hatten. Philipp war schon weg; schließlich wollte er bis zu seiner Hochzeit -zu der sie alle herzlich, herzlich eingeladen waren- wieder fit sein.

"Mann, wieso kriegen die das mit den Koffern eigentlich nicht gebacken?" Obwohl sie eine eigene Lounge hatten, in der sie warten konnten, war Bastian mehr als genervt und machte auch keinen Hehl daraus. Holger fragte sich, worüber er sich eigentlich beschwerte.
Bastian hatte mit Lukas geschlafen während Holger alleine blieb. Am nächsten Tag hatte Basti Sarah und Holger niemanden außer einem schniefenden Jogi Löw, der ihm noch einmal erklärte, warum er wieder nicht gespielt hatte, der ihm Hoffnungen machte für die EM.

Ehrlich gesagt war Holger die EM egal. Holger war auch die WM egal. Er wollte nur wissen, was für ein gottverdammtes Problem Thomas hatte. Erst kriegte er keinen hoch und dann auch den Mund nicht mehr auf. Er hatte den ganzen Tag nicht mit ihm gesprochen, weder im Hotel noch später im Flugzeug. Er hatte immer Lisa um sich gehabt, sie in den Armen gehalten und über ihre Pferde gesprochen.

Pferde!

Was interessierten ihn denn bitteschön Pferde, wenn Holger da war und ihn einfach brauchte?

Jetzt stand der dumme Mensch auch einfach nur da und gaffte ins Leere!

Holger war müde und genervt. In drei verdammt anstrengenden Tagen hatte er exakt drei Stunden Schlaf bekommen. Im Flugzeug hatte er neben Philipp sitzen müssen, der ihn mit seiner Hochzeit zugelabert hatte und jetzt wollte er einfach nur noch nach Hause und sich endlich ausruhen!

"Ich geh mal schauen, ob die Mädels Hilfe brauchen," verkündete Holger mit einem genervten Blick Richtung Thomas und stampfte zum Rollband.

Durch eine glückliche Fügung des Schicksals hatten sie ein kleines Terminal bekommen, das üblicherweise für Diplomatenflüge zur Verfügung stand und so waren sie vollkommen allein. Er hörte die Mädchen schon von weitem.

"Basti war gestern ja sooo wild!"

Holger konnte förmlich Lisas Augenverdreher sehen; er wusste ja, dass ihre Beziehung zu Sarah etwas unterkühlt war.

"Hast du gemerkt wie das Hotel gebebt hat? Das waren wir," gab Lisa zurück. "Es muss nicht immer wild sein."

"Wie ist er denn so, dein Thomas?" Sarah legte den Kopf schief und lächelte Lisa an.

"Eine Lady genießt und schweigt, aber sagen wir's mal so, er ist eher der dominante Typ."

Holger fühlte wie seine Knie unter ihm wegknickten und er musste sich an einem Balken neben sich abstützen. Die Mädchen mussten sein Keuchen gehört haben, denn sie wandten sich zu ihm um und plötzlich lag sein Kopf in Sarahs Schoß.

"Holger! Was machst du denn für Sachen?" Allmählich kniete Bastian neben ihm und allmählich bekam er wieder mit, was um ihn herum passierte.

Und von diesem Moment an war er da, Holgers neuer bester Freund: Der scharfe Schmerz, der seine Brust in zwei Hälften zu zerschneiden drohte.

In seinem Kopf ratterte nur noch eine einzige Frage: Wie konnte Lisa das wissen? Wie konnte sie wissen, dass Thomas im Bett dominant war, wenn sie niemals mit ihm geschlafen hatte?
Thomas war im realen Leben auf keinen Fall so wie er war, wenn das Licht ausging. Das konnte Lisa nicht wissen. Das konnte sie nicht!

Thomas hatte ihn nach Strich und Faden belogen und das und all seine Gefühle während der letzten Tage und Wochen prallten auf ihn ein. Er war körperlich ebenso am Ende wie emotional und er wollte einfach nicht mehr weiter kämpfen. Er konnte auch gar nicht.

"Hey, Holger. Sprich mit mir!" Basti klopfte ihn leicht auf die Wange. "Brauchst du nen Arzt?"

"Oder was zu trinken?" Sarah hielt ihm eine Flasche Wasser hin und er war froh, so unsagbar froh, dass Basti und Sarah bei ihm waren. Er konnte weder Thomas noch Lisa, die ja im Grunde nichts dafür konnte, ertragen.

"Bringst du mich heim?" murmelte er gegen Bastis Brust gelehnt. "Und ich mag reden mit dir. Morgen."

"Na klar, aber jetzt erst mal hoch mit dir." Bastian griff unter seine Achseln und hievte Holger wieder in die Vertikale; alles drehte sich und, ganz ohne es zu wollen, suchte er Thomas' Blick. Er schien verwirrt, aber auch so als ahne er etwas. Egal. Vorbei. Er hatte gelogen.

Holger hasste Lügner und er hasste sie auch, wenn er sie liebte und daran würde sich nie etwas ändern.
Thomas hatte etwas in ihm zerbrochen, aber er erinnerte sich irgendwie dunkel an seine eigenen Wrtevo

Er war noch immer benommen, taub, leer; ein Stück rohes Fleisch, das einmal zu oft getreten worden war. Und dann traten sie hinaus in den Münchner Sonnenschein und da waren seine Mama und Ute und der Müller-Clan. Die Müllers versperrten ihm den Blick auf Thomas und das war auch gut so.

Er ließ sich halb tragen von Basti, aber auch das machte gar nichts. Nein, jetzt im Moment machte ihm überhaupt nichts mehr aus.

Und als seine Mutter und Schwester ihre Arme um ihn legten, war er für einen winzigen Moment wieder der Mensch, der er vor der WM gewesen war.
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