10 Gute Gründe

Apr 20, 2007 16:15

Fandom: Banana Fish
Disclaimer: Akimi Yoshida ist das Genie und gehört geworshippt! *nick*
Personen: Sing Soo-Ling, Eiji Okumura
Pairings: Sing Soo-Ling x Yue Len Lee ... aber sagt es bitte Sing nicht.
Widmung: Natürlich für die holde Nyx, amtierende queen of all things Banana Fish, und mit Dank an Rei für ein paar kleine Infos. ^^
Autor: Kleine Aster

A/N: Yue Len kommt in dieser Geschichte leider nicht vor, aber er ist trotzdem irgendwie da, finde ich. ^^* Und den säuselnden Gegenpart von Sing MUSSTE einfach Eiji machen. *g* Länger und dialoglastiger als vorgesehen, aber man versteht hoffentlich trotzdem, worauf ich hinauswollte. ><" Challenge: "10 Dinge" von "120 Minuten"

10 Gute Gründe

“i´m just a rubber ball, baby, that´s all that I am to you.”
Bobbi Vee, Rubber Ball

***

Es kam sehr unerwartet an einem eigentlich ereignislosen Frühlingsmorgen, als Sing Soo-Ling sich gerade die Turnschuhe zumachte.

“Viel Spaß,” sagte Eiji mit seiner sanften freundlichen Stimme, ohne von seinem Buch aufzusehen.

“Tse, viel Spaß,” brummte Sing zurück, ohne sich Gedanken zu machen. “Ich hab nen Geschäftstermin in Downtown, viel Spaß stell ich mir anders vor, irgendwie.”

Ok ... Meetings mit Yue Len Lee machten schon irgendwie Spaß, aber das nur am Rande ...

“Na, aber zum Glück ist es nicht nur Geschäft,” bemerkte Eiji unbeschwert. Er bekam so ein kleines Halblächeln, während er auf den Kulturteil blätterte. “Immerhin ist es die chinesische Nachtigall.”

Etwas in der Art, wie er das sagte, ließ Sing erst in der Bewegung einfrieren und dann herumfahren, um ihn anzustarren. Eiji brauchte einen Moment, um zu merken, dass Sing ihn mit misstrauischen Blicken durchbohrte. Er sah hoch. Seine Rehaugen waren sehr groß und unschuldig.

Er meinte das wirklich nett, das hörte man, außerdem meinte Eiji sowieso immer alles nett, aber trotzdem ... das konnte er doch nun nicht wirklich gesagt haben!

Sing merkte, wie er rötlich um die Ohren wurde. Das war Mist. Er wurde nicht oft rot, denn normalerweise traute sich kein Mensch, ihn in Verlegenheit zu bringen (abgesehen von dieser einen, bestimmten Person mit dem hässlichen Charakter und den sehr, sehr schönen Haaren). Aber wenn es passierte, dann passierte es schnell. Und drastisch.

Er versuchte, wenigstens einen lässigen Gesichtausdruck aufzusetzen, schob die Hände in die Taschen, und fragte, “Was zum Teufel soll das´n heißen?” Er klang so nebensächlich wie möglich für einen, der gerade vor aller Augen rot wurde. Als sei ihm die Antwort egal. Aber das war sie nicht.

Allein der Gedanke daran, was die Antwort sein konnte, ließ seine Fingerspitzen nervös prickeln. Und sie waren auch noch unter Leuten, unter allen Leuten, unter seinen Leuten, und Eiji sagte laut und deutlich Viel Spaß, während Sing zu Yue Len Lee aufbrach.

Das war ... Mist.

Und warum hatte er nun gefragt “Was soll´n das heißen?” statt sich einfach taub zu stellen und zu gehen?! O mann ...

Sie waren mitten an einem sehr gut sichtbaren Tisch im Wan Tan Shack in Chinatown, wo sich auch die Hälfte von Sings Gang aufhielt. Eiji kam immer mal wieder hier runter, um mit Sing einen Kaffee trinken zu gehen, Nudeln zu essen und Neuigkeiten auszutauschen. Sing stand nicht auf dieses komische Kaffee-Ding, aber er mochte Eiji gern genug, dass ihm das egal war. Genaugenommen mochte er es sogar sehr, Eiji zu treffen. Er wohnte in einer Gegend, wo man sich meistens über sehr kurze Sätze oder Fäuste verständigte, und er kannte sonst keine Leute, mit denen man einfach nett reden konnte. Es war faszinierend.

Aber dieses eine mal hätte Eiji etwas weniger aufmerksam sein können ...

Sing hatte eben entspannt und vollgestopft mit Nudeln aufbrechen wollen, weil er einen Termin in der Lee-Residenz hatte, und Eiji war noch sitzen geblieben, um in Ruhe seine Zeitung zu Ende zu lesen, und nun ... das.

Aus dem Radio an der Theke knisterte ein chinesischer Schlager. Die Männer um sie herum hingen in ihren Stühlen, schlürften Suppe, unterhielten sich schmatzend oder spielten Karten. Keiner sah so aus, als würde er irgendeinen Scheiß drauf geben, was an Sings Tisch passierte. Aber Sing wusste, dass musste nichts heißen. Chinesen konnten lauschen, ohne dass man es  merkte.

Eiji blinzelte verwirrt und sah immer noch aus wie Bambi, was wirklich entzückend war, aber Sing hatte dafür im Moment keinen Blick. Er dachte an einen anderen hübschen  Augenaufschlag, der ihn beschäftigte, und das machte ihn unruhig, und darum war ihm das hier alles echt unangenehm.

“Oh, entschuldige,” sagte Eiji nun und sah ehrlich verlegen aus, “Wusstest du nicht, dass alle wissen, dass du und er ... ich meine, das wissen doch alle, dass ihr ... es ist doch auch ... was Schönes, wenn zwei Mensch ... entschuldige bitte, dass ich was gesagt habe.”, murmelte er und wollte wieder hinter der Zeitung verschwinden.

Das war wieder so ein Moment. Der Moment, in dem Sing aus dieser Unterhaltung aussteigen und mit einem lockeren Spruch hätte abhauen können. Aber er machte es nicht.

“Dass er und ich WAS?” fauchte er etwas lauter als beabsichtigt, und merkte, wie in seinem Rücken ein paar Unterhaltungen endeten.

Eiji war es nicht gewöhnt, angefaucht zu werden - bemerkenswert, wenn man bedachte, wie viel Zeit er mit Ash verbracht hatte - und fuhr zusammen. Fast tat er Sing ein bisschen leid, weil er das bestimmt alles gut gemeint hatte und alles, aber da mußte er nun eben durch, selbst Schuld.

Nun wurde Eiji knallrot. Geschah ihm recht. “Na und, dann seid ihr eben verliebt. Freu dich doch. Wenn zwei so unterschiedliche Menschen wie ihr zusammenf-,  ... - “

Ein Blick in Sings spitzes, absolut versteinertes Gesicht ließ ihn verstummen.

Sing schluckte schwer. Aha. Hmhm. Immerhin ... es war etwas beruhigend zu sehen, dass er nicht der einzige Mensch auf der Welt war, der zumindest schon mal dran gedacht hatte.

“Wir sind gar nichts,” sagte er und verschränkte die Arme. “Yue Len Lee und ich sind gar nichts,” schnaubte er dann etwas lauter für die Bandenmitglieder weiter hinten im Raum, als sei allein der Gedanke lächerlich.

Der Gedanke war natürlich auch lächerlich, klar. Tse. Der Mond, der über die Dunkelheit herrscht, und er. Ha ha.

“Wir sind nur zwei Typen, die organisatorische Fragen zu klären haben,” fuhr er viel zu gestelzt fort. “Das ist alles.”

Daraufhin herrschte einen Moment Schweigen. Dann hob Eiji wieder seine Zeitung. Man konnte ihm förmlich von der Stirn ablesen, dass er kein Wort glaubte. “Ach so. Dann entschuldige bitte, dass ich mich eingemischt habe.”

“Entschuldige dich nicht immer!”

“Entschuldige.”

Und nun hätte Sing wirklich gehen sollen. Aber dieser Wortwechsel hatte einen Denkprozess in ihm in Gang gesetzt, der ihn schon lange nachts wach hielt. Und es war komisch, ihm hier am Tage zu begegnen, aus dem Mund eines Freundes.

Argh.

Sing holte sich noch einen Eistee und setzte sich wieder hin.

Eiji linste über den Rand seiner Lektüre. “Ähm ... wirst du nicht zu spät zu deinem ... Geschäftstermin kommen?”

Sing winkte an und machte eine Grimasse. “Ach, quatsch. Er wird wieder so tun als sei er beleidigt, aber in Wirklichkeit findet er´s toll, dass ich überhaupt kom-, wie kommst du auf so eine Idee, mann?”

Nein, ehrlich, wie kam man auf die Idee? Und warum war er, Sing, überhaupt auf die Idee gekommen? Und war Yue Len irgendwann in seinem hübschen, listigen Köpfchen der selbe Gedanke gekommen, während er in einem Schaumbad lag und Champagner nippte? Und hatte er dann wohl amüsiert darüber gelacht?

Eiji wiegte den Kopf. “Es ist nicht so, als wäre das nur meine Idee ...” überlegte er ... “Warte ... wer hat damit angefangen ...”

“Das muss aufhören,” zischte Sing. Und das musste es wirklich, insbesondere in seinem Gehirn. Er musste aufhören, daran zu denken, so war das. Er musste alarmiert bleiben. Er durfte sich nicht von so einem Scheiß einlullen lassen. Ein kluger Mann rannte nicht sehenden Auges in eine Falle. Egal, wie niedlich sie mit Zöpfchen aussah.

Und in diesem Moment wurde Sing mit bedrückender Gewissheit etwas klar.

“Es ... es wäre der totale Alptraum,” röchelte er. Es war irgendwie traurig, das zu sagen.

“Natürlich wär´s das.” stellte Eiji freundlich fest. “Ich meine, du weißt, wie ich ihn finde. Aber was spielt das für eine Rolle. Ihr mögt euch doch.”

“Wir ... klar mögen wir uns,” sagte Sing nachdenklich. “Irgendwie. Ich meine, er ist ok. Man kann gut mit ihm reden. So ähnlich wie mit dir. Aber mit dir hab ich auch nichts, oder?”

Aber mit Yue Len war es nicht wie Eiji, und das wussten sie beide.

Eijis Lächeln war zuckersüss. “Ich meine nur, alle Welt weiß, dass du seit Monaten doppelt so oft da hinrennst, als du müsstest...”

“Die Geschäfte laufen gut,” sagte Sing steif. “Viel zu bereden.”

“ ... und dass Yue Len Lee dich zu allen Tages- und Nachtzeiten empfängt und so ...”

“ Der ist sowieso immer wach, und ihm ist eh immer langweilig.”

“Und er ist wirklich sehr schön. Mieser Charakter, aber wirklich schön.”

“ ... möglich.”

“Und ein Verführer ist er auch.”

“Kann sein.”

Sing verschränkte mürrisch die Arme und versuchte, nicht darüber nachzudenken.

“Und du solltest nun zu ihm gehen, damit er nicht so lange warten muss.” Alle Sätze von Eiji kamen mit diesem sanften, selbstverständlichen Lächeln auf den Lippen. Sing fühlte sich seltsam grantig und verlegen. Es war, wie sich mit Watte zu streiten. Es war zum Verrücktwerden.

Er und Yue Len, der hinreißende, aber hochgradig durchgeknallte und bösartige Vorstand der Lee-Familie, waren nur zwei heranwachsende Chinesen, die ein krankhafter Ehrgeiz verband. Warum kapierten Leute das nicht einfach?

“Willst du uns verkuppeln?” fragte Sing herausfordernd. Das sollte munter und leicht rüberkommen, aber es klang, das musste er zugeben, ziemlich nervös. Er versuchte, ein spöttisches Lachen hinterher zu schicken, aber das klang noch nervöser.

“Ich weiß nicht, brauchst du Hilfe?” Eiji schmunzelte viel zu nachsichtig.

“Ich interessier mich nicht für Yue Len Lee! Ich meine ... natürlich interessier ich mich für ihn. Er ist sehr ... interessant. Aber das ... heißt nicht das ... “ Sing fragte sich, was er da redete, und warum er überhaupt noch redete.

Eiji sah nun regelrecht erheitert aus. Sing konnte ihn verstehen. Er hätte von diesem Gestammel auch kein Wort geglaubt. Dabei war das doch die Wahrheit. Trotzdem, Sing konnte sich an haarsträubende Lügen erinnern, die er besser rüber gebracht hatte. Verdammt.

“Außerdem kann ich dir auf Anhieb mindestens zehn Gründe aufzählen, aus denen das Scheiße wäre,” spielte er seine letzte Karte aus und blitzte energisch mit den dunklen Augen.

“Sing, das brauchst du doch nicht ... “, Eiji machte Anstalten, ihm tröstend die Hand zu halten, aber Sing zog sie weg.

“Ich kann´s aber,” betonte er. Er wünschte sich, sein Gesicht wäre weniger rot.

Eiji seufzte. “Von mir aus.”

Sing schloss die Augen, und begann, die Gründe durchzugehen. Er kannte sie auswendig. Er hatte sie so oft gedacht, während er nachts auf seiner Matratze lag und die feuchte Zimmerdecke angestarrt hatte. Aber es war das erste mal, dass er sie laut sagte. Oder eher halblaut.

“Erstens,” begann er nüchtern, “Es wäre das totale Debakel für Chinatown. Der Boss von Chinatown kann nicht ins Bett steigen mit der Lee-Familie, das geht nicht. Chinatown hat sich einwickeln lassen, wird es heißen. Die chinesische Samtpfote schlägt wieder zu, wird es heißen. Sing ist ein verliebter Vollhorst, wird es heißen. Die totale Blamage. Und wir sind uns doch einig, dass Chinatown immer an erster Stelle kommt, oder? Oder?”

“Ähm,” machte Eiji und rührte in seinem Kaffee.

“Zweitens,” fuhr Sing fort, ohne zu atmen, “Man kann Liebe und Geschäft nicht vermischen, das ist Mist! Glaub mir, ich hatte schon Freundinnen, du kannst dir nicht vorstellen, was da los ist. Tränen. Streit. Eifersucht. Trennungen. Emotionen ohne Ende, wer soll denn da noch an das Business denken?” Er rollte mit den Augen. “Und glaub mir, Yue Len hat echt schon genug Emotionen, so wie er ist.”

Eiji sah nicht aus als würde er glauben, man könne zu viel Emotionen haben.
Hatte der ne Ahnung.

“Drittens,” verkündete Sing hartnäckig. Und das nächste wollte er eigentlich nicht sagen. Es tat fast weh, das zu sagen. Aber so war es nun mal. “Yue Len Lee ... ist eine stadtbekannte Hure.”

Er stockte erschrocken und wartete, ob ihn der Blitz treffen oder er sonstwie tot umfallen würde. Aber nichts passierte. Sing fuhr sich über die Stirn. Die fühlte sich leicht feucht an und glühte.

“Ich mein, was soll man machen, er hat eben so bestimmte Erfahrungen ... “

Sing wusste, dass er nun wenigstens nicht ins Detail gehen mußte. Schließlich war Eiji selbst mal fast halbnackt und unfreiwillig in einen flotten Dreier mit Yue Len und Dino Golzine reingeraten. Das war so krank, das vergaß man sicher nicht.

Eiji schluckte und nickte. Sing brummte zufrieden und fühlte sich gleichzeitig unglaublich mies. “Und das heißt einerseits, dass er bestimmt ... eine Menge toller exotischer Sachen kann ...”

“Du hast wirklich viel darüber nachgedacht, nicht wahr?” sagte Eiji mitfühlend. Sing beschloss, nicht darauf einzugehen.

“Aber das heißt vor allem,” sagte er stattdessen trotzig und kreiselte vielsagend seinen Zeigefinger an seiner Schläfe, “dass der Knabe ernsthaft abgefuckt ist hier oben. Weiß nicht, was der so von seinen Mackern gewöhnt ist, ich mein, wer weiß das schon?! Und vielleicht hat er irgendwelche ... weiß nicht ... Vorlieben und Umtriebe, die ich nicht kenn, und mit denen ich nicht klarkomme, und was dann?”

Dieses was dann hallte schauerlich in Sings eigenem Kopf nach. Der Gedanke, sich vor Yue Len Lee mit seinen eigenen eher bescheidenen Erfahrungen (Kino, Licht aus, Fummeln) zu blamieren, war so ziemlich das Grauenvollste, das Sing sich vorstellen konnte. Lebendig mit heißem Öl übergossen zu werden, war das weniger schlimm.

Was komisch war, weil das doch alles eh nur rein theoretisch war.

Eiji blinkte. “Wow. Du hast dir wirklich viele Gedanken darüber gemacht,” hauchte er.

Sing bleckte die Zähne. “Nein. Ist alles total spontan.” beteuerte er.

“Ok ... “

“Viertens.”

“Ok?”

Sing war sich sehr bewusst, dass ihm mittlerweile das ganze Wan Tan Shack zuhörte, inklusive der Köche und der Katze auf dem Tresen. O fuck. Eiji hatte recht. Es dachten wirklich alle von ihm ... warum war ihm das nicht aufgefallen, verdammt?
Das hier mußte nun echt gut werden.

“Viertens. Yue Len Lee ist ... “ Sing machte ein paar Gesten mit den Händen, aber er bekam die Worte nicht zu fassen. “Er ist ... schwierig, ok?”

Das Wort deckte es wirklich nicht ab. Yue Len war für Sing wie ein schönes, aber kompliziertes Auto, für das er keine Anleitung hatte und das keine Bremse besaß. Oder wie eine dieser chinesischen Rätseltruhen mit den Tausenden von Geheimschlössern, an denen man erst Stunden rumfummeln musste, bis irgendwas aufschnappte. Und dann war es möglicherweise ne Fingerfalle.

Yue Len war reizend und reizbar, verletzlich und verschlagen, sehr lieb und furchtbar fies, und das war einfach zu viel auf einmal für eine Person.

Aber das konnte Sing nun alles nicht sagen. Das klang so romantisch irgendwie.

“Ich mein ... damit wär ich 24 Stunden am Tag beschäftigt, und das kann ich echt nicht brauchen.” Er hob abwehrend die Hände. “Das is was für Fortgeschrittene, ok? Man muss an mindestens 8 Frauen trainiert haben, bevor man sich sowas wie Yue Len zulegt, und ich bin echt ein vielbeschäftigter Mann.”

Sing verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust. Klang doch alles vernünftig, oder nicht? “Fünftens.”

Allmählich lief ihm die Zeit davon. Sing kannte Yue Len gut genug um zu wissen, dass ihm die ersten fünfzehn Minuten gar nicht auffallen würde, dass Sing sich verspätete. Er würde an die Bar schweben und sich einen Cocktail mixen, sich auf die Chaiselongue (Sing fand das Wort so irre) fallen lassen und verträumt daran nippen und seine schönen seidenschwarzen Haare zwirbeln. Dann würde ihm irgendeine gute Intrige einfallen und er würde angeregt darüber nachdenken.

Aber dann würde er sie Sing erzählen wollen, und dann würde ihm auffallen, dass Sing noch nicht da war. Dann würde er langsam, aber sicher zickig werden. Und möglicherweise auch ein bisschen verletzt und unglücklich, und das fand Sing albern, aber andererseits wollte er das auch nicht.

Aber verdammt, Sing musste doch in dieser Sache hier reinen Tisch machen! Yue Len, dachte er, wollte doch bestimmt auch nicht, dass die halbe Welt glaubte, er würde seine Zeit mit dem zerzausten kleinen Boss einer Straßengang verplempern. Sing konnte den verächtlich gekräuselten Mund förmlich vor sich sehen. Sowas wie Sing War doch nun echt nicht seine Liga. Oder etwa nicht?

“Fünftens.” Er lehnte sich vor und blitzte Eiji durchdringend an. “Wenn Yue Len Lee auch nur den Hauch einer Idee bekäme, ich würde auf ihn stehen, weißt du, was dann los wär? Meine Freiheit wär flöten, dass du´s weißt. Wenn er wüsste, dass ich auf ihn steh, dann würde er sofort anfangen, Spiele zu spielen, und denken, er kann an mir rumerziehen und rumtricksen und was nicht alles. Er kann gar nix dafür. Ist wie´n Reflex. Leute wie er wissen, wie sie´s anstellen.” Sing war sich nicht mal sicher, ob es auf der Welt überhaupt irgendeinen zweiten Menschen wie Yue Len gab, geben konnte, aber egal. “Ich müßte mich immer fragen, ob er mich wirklich mag oder nicht und so, und da hab ich keinen Bock drauf!”

Er fragte sich, warum ihn das nun so traurig machte.

“Und außerdem steh ich auch eh nicht auf ihn!” fügte er hektisch hinzu, falls irgendwie der Eindruck entstanden sein sollte. Schließlich machte er sich diese Gedanken alle nur als verantwortungsbewusster Boss von Chinatown und sonst nichts. Echt.

“Ok,” sagte Eiji, “Was den Charakter angeht, kann ich dir nicht widersprechen.” Er sah fast enttäuscht aus.

“Genau,” sagte Sing triumphierend. “Sechstens ...”

Es entstand eine Pause. Eine sehr lange, sehr stille Pause.

Schließlich regte sich Eiji in seinem Stuhl. “Ähm, und?” wollte er wissen. “Sechstens?”

Sing starrte ihn an. Dann starrte er auf seine Hände. Dann sah er kurz in seinen Eistee. Dann sagte er noch mal energisch: “Sechstens!”

Und dann fiel ihm nichts mehr ein. Sein Kopf war leer.

Sing sah zu, wie das Eis in seinem Tee sich langsam auflöste, und dann wurde es ihm klar. Er war in all diesen schlaflosen, peinigenden Nächten, nie über die ersten fünf Grunde hinausgekommen, nie. Er war entweder erschöpft über der Frage eingeschlafen, oder er hatte weiter an Yue Len gedacht und äh im Bett was anderes gemacht und war danach erschöpft eingeschlafen.

“Sing”, meldete sich Eiji schließlich zaghaft zu Wort, “Du kommst gar nicht auf zehn Gründe, oder?”

Der kleine Chinese riss den Kopf hoch und funkelte seinen Freund an. “Ist doch egal! Das sind fünf GUTE Gründe! Die ... die zählen doppelt!”

“Sicher,” erwiderte Eiji. Sein Gesicht zuckte.

Sing hätte gern irgendwas dagegen unternommen, aber er hatte sein Pulver verschossen, und wenn das nicht reichte, dann wusste er auch nicht.

Das waren fünf gute Gründe, verdammt!

“Ich muss los,” brummte er. Es machte ihn sauer, dass er nicht so überzeugend gewesen war, wie er es gern gehabt hätte. Er mußte heute nacht im Bett sehr ausführlich über Yue Len und fünf weitere gute Gründe nachdenken. “Ab ner halben Stunde Verspätung fängt er an, mit Sachen zu werfen. War schön, dich zu sehen, Eiji, bis dann.”

Er erhob sich, nahm die kleine Musikkassette aus der Gesäßtasche und steckte sie in seinen Walkman. Er konnte sie auf der Fahrt noch mal durchhören und checken, ob sie auch wirklich gut war.

“Mach´s gut,” sagte Eiji. “Oh, was ist das?”

“Das? Nix. Ein Mixtape, das ich für Yue Len gemacht habe,” sagte Sing und wünschte sich eine Sekunde später, er hätte die Klappe gehalten.

Eiji gluckste. “Du ... hast ihm ein Mixtape aufgenommen?”

“Und?”

“Du schenkst ihm ein selbstgemachtes Mixtape?”

“UND?!”

Eiji lachte hell und schallend. “Nichts. Um Himmels Willen, Sing, geh zu ihm!”

“Ich weiß echt nicht, warum ich über so´n Unsinn reden muss,” knurrte Sing, und machte, dass er wegkam.

Eiji lachte immer noch, als Sing zur U-Bahnstation rüber eilte.

Ehrlich, Sing wusste nicht, was das sollte.

Sing schlenkerte auf der hintersten Bank im Waggon mit den Beinen, während er feststellte, dass das Mixtape echt gut geworden war. Mal sehn, wie Yue Len Lee das fand. Der sollte ruhig mal ein bisschen mehr moderne Musik hören, nicht immer nur diese Opern, dann war er vielleicht auch nicht immer so schwermütig.
Wahrscheinlich würde Yue Len das Mixtape zuerst ein bisschen albern finden. Aber Sing wusste, dann würde er es sich trotzdem anhören.

Er fragte sich, wie viele Gründe wohl Yue Len Lee einfallen würden, warum sie sich nicht verlieben sollten. Bestimmt mehr als zehn, Yue Len Lee war sehr klug. Vielleicht würde Sing das mal zur Sprache bringen.

Sie konnten da schließlich drüber reden. War doch alles rein theoretisch.

***

Waren Mixtapes nicht ein schöner romantischer Trend in den 80ern? *_* Was für Lieder Sing wohl auf ein Mixape für Yue Len draufmacht, können sich alle selber überlegen. ^^
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user: kleine aster, anime / manga, fanfiction, banana fish

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