you're a liar, like, everybody knows it (1)

Oct 31, 2020 12:30

AO3 | FFde

Fandom: Harry Potter
Relationships: Roger Davies x Oliver Wood x Percy Weasley

Projekt I: Spooky Gift Exchange
Prompt I: Süßes: Er hätte Oliver* wirklich nicht zusagen sollen, dass er sich überlegen durfte, als was sie sich dieses Jahr verkleiden würden. oder Saures: "But like everything I've ever known You'll disappear one day So I'll spend my whole life hiding my heart away." (Adele - Hiding My Heart)

Projekt II: this is the end. baby, it's never the end.
Prompt II: +_145 Oliver x ? | there are two kinds of people in this world: / those who had an instant crush on Oliver and liars

Abstract:
Roger stellt Percy vor die unumstößliche Tatsache, dass es nur zwei Arten von Menschen auf der Welt gibt: Die, die sich in Oliver Wood verlieben, und die, die lügen. Schlussendlich kulminiert Rogers und Percys gegenseitiger Antagonismus in einem unerwarteten Date zu Halloween. (Oliver darf die Kostüme aussuchen, Percy ist nicht zufrieden. Was ist neu.)

Anmerkung:
für vermis, die ich sehr liebe, auch wenn sie dieses jahr irgendwie nur halbe geschenke von mir bekommt <3
(i'm sorry, das ist eher süß-sauer-sauce <3)

CN: Angstzustände/Panikattacken, Emeto, Essen & gestörtes Essverhalten, niedriges Selbstbewusstsein, Tod (idiomatisch)

mehr zu den content notes im ersten kommentar (stelle auch gern editierte versionen ohne cn zur verfügung, just hmu)



Percy Weasley zählt junge sechzehn Jahre, einen Monat und achtzehn Tage, als Roger Davies (seines Zeichens potenzieller Vertrauensschüler für Ravenclaw und exzellenter Quidditchspieler) sich in der eisigen Kälte dieses späten Oktobermorgens zu ihm setzt und ganz leise »Du bist ein schrecklich schlechter Lügner« sagt.

Percy legt die Stirn in Falten und den Kopf schräg. Er kann sich nicht daran erinnern, jemals ein Wort mit Davies gewechselt zu haben; der einzige Grund, warum er Davies Namen überhaupt kennt, ist, weil Oliver dessen Technik bei jedem Spiel gleichzeitig beeindruckend findet und verflucht.

»Was?«, fragt er und beobachtet dabei, wie Davies seinen Mantel enger um sich selbst schlingt. »Wie kommst Du darauf?« Percy starrt Davies von der Seite an, dessen Wangen in der Kälte immer röter werden und aussehen, als würden sie glühen, würde man sie berühren.

»Wood hat mir gesagt, dass er in drei Wochen mit Dir auf das Halloween-Fest geht.« Davies bläst seine Backen auf und versucht mit einer kleinen Kopfbewegung, seinen Pony aus dem Gesicht zu bekommen. »Als Freunde, hat er gesagt.« Jetzt dreht er seinen Kopf komplett in Percys Richtung und er grinst. »Er glaubt Dir das vielleicht, aber ich weiß, dass Du lügst.«

»I-Ich weiß nicht, wovon Du sprichst«, erwidert Percy hitzig und seine Ohren werden so rot, dass er froh darüber ist, eine Mütze zu tragen, die seine Schande verdeckt. »Wir sind Freunde.«

Davies grinst immer noch, steht auf und antwortet: »Es gibt nur zwei Arten von Menschen auf dieser Welt, Weasley: Die, die sich in Oliver Wood verlieben, und die, die lügen.« Dann geht er einfach weg und lässt Percy perplex zurück.

Percy ist gerade einmal einen Dreivierteltag älter, als er abends in den Schlafsaal kommt und sich umzieht, um Zähne geputzt in sein Bett zu kriechen. Er hat gesehen, dass Oliver sich auch gerade fertig macht und wartet, bis er in seinem Bett liegt und sich Stille über den Saal gelegt hat. Ihre Zimmerkumpanen sind noch nicht da und Percy dreht sich auf die Seite, sodass er in Olivers Richtung blickt.

»Oliver?«, fragt er leise und wartet darauf, dass Oliver sich ihm zuwendet und ihn ebenfalls ansieht. »Warum hast Du Roger Davies gesagt, dass wir zusammen auf das Halloween-Fest gehen?«

Es ist nicht so, als ob Percy und Oliver gar nicht über Halloween geredet hätten (also eigentlich haben sie vor allem über das Spiel geredet, das ein paar Tage zuvor stattfinden wird und das Oliver fast gar nicht nervös macht), aber er ist sich ziemlich sicher, dass sie nie darüber gesprochen haben, zusammen auf das Fest zu gehen. Percy hat ja bis gerade eben noch nicht einmal sicher gewusst, ob er überhaupt hingehen möchte. (Als Vertrauensschüler ist es seine Pflicht, zumindest kurz dort aufzukreuzen; es gehört nun einmal zum guten Ton. Aber es hat doch niemand gesagt, dass er dort lange bleiben muss?)

»Na ja«, fängt Oliver an und Percy kann ihm ganz genau ansehen, dass er sich den Grund gerade eben erst aus den Fingern saugt, »weil ich eben dachte, dass wir hingehen? Weil Du ja keine Verabredung hast und ich ja auch nicht, dachte ich, könnten wir zusammen hingehen, warum auch nicht?« Percy zieht die Augenbrauen zusammen und schweigt einen Moment. (Soll er nachfragen, ob sie als Freunde gehen?)

»Warum hast Du es ihm überhaupt erzählt? Ich wusste nicht, dass ihr befreundet seid.« Eigentlich ist Percy sogar davon ausgegangen, dass Oliver Davies überhaupt nicht mag, weil sie doch in gegnerischen Mannschaften spielen und Oliver außer über seine Flugkünste kein gutes Wort über Davies zu sagen weiß. (Obwohl, verdammt, da klingelt was! Percy kann sich daran erinnern, dass Oliver einmal zu ihm sagte, dass Davies doch recht gutaussehend sei. Percy kramt so fieberhaft in seinen Gedanken nach dem Kontext dieser Aussage, dass er fast verpasst, dass Oliver ihm antwortet.)

»Weil er mich gefragt hat, ob ich mit ihm auf das Fest gehen möchte.«

Einen Moment ist es totenstill (gut, man kann das leise Geschnatter des Gemeinschaftsraumes hören), dann fragt Percy: »Als Freunde?«

»Nein«, erwidert Oliver und schüttelt den Kopf. (Percy wird übel.)

Percy ist einen weiteren halben Tag älter, als er sich am nächsten Morgen an den Ravenclaw-Tisch setzt, sich einen Kürbissaft nimmt und Davies darüber in Kenntnis setzt, dass Oliver und er tatsächlich zusammen auf das Fest gehen. Als Freunde.

Er erntet fassungsloses Kopfschütteln.

»Wen willst Du belügen?«, fragt Davies und starrt ihn mit großen Augen an. »Dich oder mich?« Percy will den Mund öffnen, um die definitiv rhetorische Frage zu beantworten, aber Davies lässt ihn nicht zu Wort kommen: »Ich habe Dir doch schon gesagt, was für ein schrecklich schlechter Lügner Du bist.«

Percy schiebt nervös seine Hornbrille nach oben, während er krampfhaft das Glas voll Kürbissaft festhält. Sag irgendwas, denkt er und öffnet und schließt seinen Mund. Sehr eloquent.

»Tu uns allen einen Gefallen«, sagt Davies, nachdem er Percy eine quälend lange Ewigkeit dabei zugesehen hat, wie dieser verzweifelt nach einer Antwort sucht, »misch Dich nicht in Angelegenheiten ein, die eindeutig zu groß für Dich sind.«

Damit steht er auf und lässt Percy mit offenem Mund am Ravenclaw-Tisch sitzen, ohne einen Bissen gefrühstückt zu haben. (Percy braucht eine Minute oder auch zwei, dann steht er ebenfalls auf und begibt sich an den Gryffindor-Tisch, an dem er sich in die Nähe seiner Brüder setzt, die aufgeregt mit Harry Potter reden.)

Percy versucht, ein Stück Brot zu essen, aber nachdem er einen halben Bissen heruntergewürgt hat, gibt er auf. Ihm ist immer noch übel. (Und Roger Davies süffisantes Grinsen geht ihm dabei nicht aus dem Kopf.)

Percy ist sechzehn Jahre, einen Monat und zweiundzwanzig Tage alt, als Oliver ihn nach einer ermüdenden Stunde Geschichte der Zauberei auf das Quidditch-Feld zieht, um Ravenclaw bei ihrem Training zuzusehen. (»Ich kann doch nicht so kurz vor unserem Spiel gegen sie unvorbereitet herumsitzen und Däumchen drehen!«, hat er Percy entrüstet angefahren, als der vorschlug, den Abend in der Bibliothek oder im Gemeinschaftsraum zu verbringen.)

Es ist kein Geheimnis, dass Percy Oliver keinen Wunsch abschlagen kann (okay, gut, vielleicht ist es für Oliver schon ein Geheimnis, aber für alle anderen müsste es offensichtlich sein; würde Percy sonst in dieser Eiseskälte auf einer Zuschauertribüne sitzen und das Training einer gegnerischen Mannschaft ansehen; von einem Sport, der ihn überhaupt nicht interessiert? und das mit seiner Höhenangst!), und es ist auch kein Geheimnis, dass Oliver nur Augen für Quidditch hat. (Percy findet das in Ordnung. Er verbringt gerne Zeit mit Oliver, auch wenn der sich währenddessen für alles interessiert, nur eben Percy nicht. Vielleicht ist es einfach dieses Gefühl von Zuhause, weil Oliver ihn akzeptiert, wie er ist, oder vielleicht ist es, weil Olivers Augen so leuchten und sein Gesicht ganz rot vor Aufregung wird und seine Hände fuchteln und Percy beinahe schlagen; und Oliver einfach generell so glücklich aussieht. - Percy weiß es nicht.)

Sie sitzen bestimmt eine Dreiviertelstunde nur herum und sehen den Ravenclaw beim Kreise fliegen und Ball zuwerfen und überhaupt nichts Spannendes machen zu, bis Oliver leise »Glaubst Du, ich hätte ja sagen sollen?« fragt. (Percy überhört es beinahe über den lauten Wind, der ihm um die Ohren pfeift, und die Schreie des Kapitäns, die den Spielenden ihre Befehle mitteilen.) »Zu Davies’ Frage, meine ich. Hätte ich ja sagen sollen?«

Percy schluckt. (Die Übelkeit steigt ihm trotzdem in die Kehle und ihm wird plötzlich noch viel, viel kälter.)

»Ich«, er hält inne und sammelt seine Gedanken, die rasen und einfach nicht stehen bleiben wollen, »weiß nicht. Hättest Du gewollt?« (Er weiß nicht wirklich, was er sich von dieser Frage erhofft. Ein nein vielleicht oder irgendetwas Anderes, das nicht so sehr weh tut, wie das, was Oliver wirklich sagt.)

»Na ja … ich bin mir nicht sicher. Vielleicht«, Oliver lacht nervös und kratzt sich mit den behandschuhten Fingern im Nacken, »ich meine, er sieht gut aus … und wir interessieren uns beide für Quidditch.« (Percy schließt die Augen und hält den Atem an. Das hat er nicht gesagt, hat er?) »Aber … das wäre wohl Verbrüderung mit dem Feind, nicht wahr?« (Oliver klingt enttäuscht. Percy will nicht, dass Oliver enttäuscht klingt. Das ist nicht fair.)

»Ja«, sagt Percy schließlich und seine Stimme klingt ganz ruhig; seine Augen folgen wahllosen Quidditchspielenden, bis sein Blick auf Davies fällt, »ja, das wäre es wohl.« Und dann schweigen sie, aber Percy wird das Gefühl nicht los, dass Oliver anders ist als vorher. (Oder aber, dass er anders mit Percy umgeht.)

Percy ist exakt drei Stunden älter, als er vor dem Eingang zum Ravenclaw-Gemeinschaftsraum steht und auf Davies wartet. Ohne Oliver. (Er hat sich die Position des Einganges von einem anderen Vertrauensschüler geben lassen. Percy ist schließlich bloß der regelkonforme, langweilige Percy; was macht es schon aus, wenn er die Verstecke der anderen Häuser kennt?)

»Oh, Weasley, welch unerwartetes Wiedersehen«, begrüßt ihn Davies, als die Quidditch-Mannschaft von ihrem Training zurückkehrt. Er klingt überhaupt nicht überrascht und das Grinsen, das er zur Schau stellt, zeigt Percy ganz eindeutig, dass Davies schon lang mit ihm gerechnet hat. »Womit habe ich diese Freude denn verdient?«

Percy strafft seine Schultern, rückt seine Hornbrille zurecht und bedeutet Davies, dass dieser ihm folgen solle. (Was macht er hier? Das Ganze ist eine schrecklich undurchdachte Idee. Er sollte einfach wieder gehen und die Sache mit Davies auf sich beruhen lassen. Oliver hat schließlich nein gesagt.)

Kaum, dass sie in einem ruhigen Korridor ankommen, stößt Percy aus: »Was bezweckst Du?« (Es ist eine Frage, die alles zusammenfasst, das ihm durch den Kopf geht: Warum unterstellst Du mir, dass ich lüge? Warum fragst Du Oliver nach einem Date? Warum bist Du so viel mutiger als ich? Warum tust Du mir das an?)

»Lass mich überlegen«, erwidert Davies, er legt einen Finger an sein Kinn und tut so, als würde er tatsächlich darüber nachdenken, was Percy gerade zu ihm gesagt hat, »vielleicht, weil es mir einfach Spaß macht.« Percy verschränkt die Arme vor der Brust. »Vielleicht, weil ich Wood wirklich gern mag.« Davies tritt ganz nah an Percy heran, so nah, dass Percy einen Schritt nach hinten ausweicht, so dass seine Ferse gegen die Wand knallt. »Aber vielleicht auch nur, weil Du irgendwie süß bist, wenn Du wütend wirst.«

Dann geht Davies einfach und Percys Gesicht wird so rot, dass er Kopfschmerzen davon bekommt. Dieser Mistkerl!

Percy ist um eine Stunde gealtert, fühlt sich aber so müde, als hätte er zehn Extrajahre gelebt. Er schlurft in den Schlafsaal, wirft seinen Umhang auf den Boden und die Schuhe daneben (er wird sich morgen früh verfluchen, dass er nicht alles ordentlich an seinen Platz gelegt hat, aber gerade ist er einfach nur so erschöpft, dass er keinen weiteren Gedanken daran verschwenden will) und sich auf sein Bett, das Gesicht in seinem Kissen vergraben.

»Alles in Ordnung?«, fragt Oliver, der sich gerade auf sein eigenes Bett setzt und die Schuhe aufschnürt.

Percy murmelt unverständlich in sein Kissen (und schämt sich zeitgleich so sehr, weil es so unhöflich ist, zu reden, ohne dass der andere einen verstehen kann), dann dreht er sich auf den Rücken, starrt an den Himmel seines Bettes und antwortet, verständlich diesmal: »Ja, ich denke schon, ich habe nur Kopfschmerzen.«

Er kriecht unter die Decke und legt seine Brille auf den Nachttisch, bevor er sich auf die Seite dreht und auf Olivers Bettdecke starrt. (Oliver zieht sich gerade um und Percy will es nicht sehen. Oder vielleicht will er es doch, aber nicht so, ohmerlinundmorgananein, ganz bestimmt nicht so!)

Oliver löscht das Licht, bevor er sich in sein Bett legt und in Percys Richtung sieht. (Oder zumindest glaubt Percy, dass Oliver in seine Richtung sieht. So ohne Brille kann er das nie mit Bestimmtheit sagen. Eigentlich sieht er nur, dass Oliver ihm das Gesicht zuwendet.)

»Ist es ein Problem für Dich?«

Olivers Stimme schneidet in die Stille des Schlafsaales. (Der nur deswegen so still ist, weil sie wieder allein sind. - Sie sind oft allein, weil sie im Gegensatz zu ihren Mitbewohnern früh schlafen gehen. Percy, weil er genauso früh wieder aufsteht, und Oliver, weil er einfach gern viel schläft; und manchmal schleicht Oliver sich heimlich nachts nach draußen, um über das Quidditchfeld zu fliegen; aber Percy verrät ihn nicht, weil er sehen kann, wie glücklich Oliver wieder zurückkommt.)

»Was?«, fragt Percy, der schon dabei gewesen ist, langsam wegzudämmern. »Was ist ein Problem für mich?«

Olivers Atem klingt laut und Percys Herz schlägt so hart gegen seine Brust, dass es ihm für einen Moment die Luft nimmt. (Panik. Ist das eine Panikattacke? Ist das der Moment, in dem Percy einfach sterben wird, weil er so aufgeregt ist?)

»Na, Du weißt schon«, druckst Oliver herum (und er hat in solchen Momenten so überhaupt keine Ähnlichkeit mit dem Oliver, der auf dem Quidditchfeld seine Spieler anschreit), »das mit Davies …« (Ja, definitiv, das ist der Moment, in dem Percy einfach aufhört, zu existieren.)

»Ich dachte, Du hast nein gesagt?« Percy hat so schreckliche, schreckliche Angst, dass Oliver seine Meinung geändert hat. Dass er mit Davies auf das Fest gehen will; nicht mit ihm, sondern Davies, dem gutaussehenden Mistkerl.

»Ja, das hab ich doch auch«, antwortet Oliver langsam, als wäre er sich nicht sicher, was das eine mit dem anderen zu tun hat. »Ich meine nur, so prinzipiell …« Oliver macht ein nicht definierbares Geräusch zwischen Stöhnen und Fluchen und sprachlichem Augenverdrehen. »Perce, Du weißt ganz genau, was ich meine!«

Aber Percy weiß nicht, was Oliver meint.

»Ich steh nicht auf Frauen«, ruft Oliver irgendwann verhältnismäßig viel zu laut aus und schlägt dabei die Decke zurück und setzt sich auf. »Ich bin schwul.« (Percys Herz setzt aus und sein Gehirn gleich mit. Die Stille drückt auf seine Ohren und er weiß nicht, ob er lachen oder weinen soll, weil er so froh ist.)

»Oh«, sagt er schließlich nur, weil Percy schon immer besser im Nichtssagen und Kompensieren war, »nein, alles gut. Damit hab’ ich kein Problem.«

»Oh«, wiederholt Oliver und sinkt langsam wieder auf die Matratze, die Decke vergessen neben sich liegend, »ach so, na dann.«

Percy wartet ein paar Minuten, bis er leise »Gute Nacht« sagt, aber Oliver antwortet schon nicht mehr, weil er einfach eingeschlafen ist.

Percy ist vierzehn Stunden älter und ungefähr eine Last leichter, als er sich beim Mittagessen zu Katie Bell und Oliver Wood setzt, die angeregt über das Spiel reden, das bald ansteht und nicht gerade einfach für Gryffindor werden wird. Für die Hälfte seines Essens begnügt Percy sich damit, den beiden Sportlern nur zuzuhören, wie sie die Flugfertigkeiten ihrer Gegner besprechen und Namen von Taktiken in den Raum werfen, von denen Percy noch nie gehört hat. (Und Percy hat schon von so vielen Taktiken gehört, weil Oliver ihm von jeder einzelnen vorgeschwärmt hat, als er noch nicht selbst in der Mannschaft spielen durfte und nur von Weitem die Fähigkeiten von Charlie Weasley bewundert hat.)

»Aber hey«, sagt Katie plötzlich und lacht, »vielleicht haben wir ja Glück und Davies ist so abgelenkt von Dir, Wood, dass wir ihn gar nicht zu decken brauchen.« (Percy bleibt das Herz stehen und Oliver fällt alles aus dem Gesicht.)

»Wie-Wie meinst Du das?«, fragt Oliver und Percy sieht ihm an, wie sehr er sich bemüht, ein Pokerface zu bewahren. (Percy auch, aber ihm fällt es leichter als Oliver, weil er so geschockt ist, dass sein Gesicht sich gar nicht verändert.)

Katie lacht wieder, reißt dann aber die Augen auf und fragt ungläubig: »Wie, Du hast das nicht bemerkt? Das ist doch offensichtlich, dass er Dich dauernd anstarrt!« (Offensichtlich … nur halt für Percy nicht; weil er viel zu sehr damit beschäftigt gewesen ist, Oliver anzustarren.)

Oliver nimmt einen großen Schluck von seinem Kürbissaft und antwortet: »Ach Quatsch, als ob.« (Aber Percy weiß, dass Oliver nicht aufhören wird, darüber nachzudenken. Katie hat etwas in Olivers Kopf gesetzt und es wird nicht wieder verschwinden. Oh, Scheiße …)

Percy ist sechzehn Jahre, einen Monat und vierundzwanzig Tage alt (es ist ein Freitag), als er über einer Hausaufgabe brütet, die er für Zaubertränke nächste Woche braucht. (Was fertig ist, ist fertig, und während er brütet, muss er nicht über Oliver nachdenken und Davies und wie sie heute miteinander geredet haben, einfach so …) Percy seufzt. (Er denkt nicht darüber nach, wie Oliver gelächelt hat und wie Davies immer wieder wie zufällig seinen Arm berührt hat oder seine Schulter oder seine Hände …) Percy reibt sich über die Augen und legt den Federkiel zur Seite. Oder vielleicht denkt er doch darüber nach.

Frustriert wartet er, bis die Tinte getrocknet ist, dann rollt er die Pergamentrolle zusammen und verstaut sie in seiner Tasche. Eventuell kann er sich später noch einmal hinsetzen und die restlichen anderthalb Fuß schreiben, die ihm jetzt noch fehlen.

»Perce?« (Oliver ist der einzige, der ihn so nennt. Und Oliver ist auch der einzige, den Percy gerade nicht sehen will. Aber seine Hand zu halten wäre doch schon ganz in Ordnung …) »Slytherin geht gerade zum Quidditchfeld, willst Du Dir mit mir das Training ansehen?«

Nein, eigentlich will er nicht. Aber er steht trotzdem auf, nimmt seinen Mantel, seinen Schal und seine Handschuhe und folgt Oliver aus dem Portraitloch nach draußen.

Percy ist ungefähr zwanzig Minuten älter, als Roger Davies sich zu Oliver und ihm auf die Tribüne setzt. (Oder eigentlich setzt Davies sich zu Oliver und ignoriert Percys Anwesenheit bis auf ein paar gezielt gesetzte Spitzen, die Oliver nicht bemerkt, vollkommen.)

»Flint ist in Fahrt heute«, sagt Davies und Percy fragt sich, ob Davies noch näher an Oliver heranrutschen kann oder ob er sonst auf Olivers Schoß sitzt. »Wenn er am Wochenende so gegen Hufflepuff spielt, wird Kenyon ihre beste Aufstellung nichts helfen.«

Oliver grinst und Percy wünscht sich, dass er zumindest ein klein bisschen Ahnung von Quidditch hätte, um Davies Aussage dementieren zu können. (Obwohl er Oliver seit Jahren dabei lauscht, wie der über Spielzüge und Fouls und Aufstellungen redet, hat Percy einfach nie wirklich verstanden, wie das Spiel eigentlich funktioniert. Da sind Bälle, manche können fliegen, einer ist eine unfair hohe Anzahl Punkte wert, Oliver liebt es und man kann sich ganz schrecklich dabei weh tun.)

Davies und Oliver reden miteinander und Percy ist sich sicher, dass er noch nie eine derart hitzige Unterhaltung mit Oliver geführt hat. Percy ist sich nicht mal sicher, ob er für irgendwas in seinem Leben jemals so viel Leidenschaft empfunden hat. - Er steht auf, abrupt und begleitet von verwirrten Gesichtern.

»Ich … eh, ich gehe wieder rein«, dann dreht er sich um und geht. (Davies und Oliver passen sowieso viel besser zusammen.)

Percy ist ungefähr acht Stunden älter und damit bereits sechzehn Jahre, einen Monat und fünfundzwanzig Tage, als er viel zu wach in seinem Bett liegt und an die Decke starrt, während die anderen bereits schlafen. (Er kann sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal so lange wach geblieben ist, sodass er als allerletztes noch die Augen offen hatte.)

Vorsichtig richtet er sich auf und schwingt die Beine aus dem Bett, lautlos geht er zur Tür, greift sich auf dem Weg noch ein Buch und verschwindet dann im Gemeinschaftsraum. Wenn er so und so nicht schlafen kann, dann möchte er wenigstens die Zeit ein bisschen nutzen und das Buch lesen, das er sich aus der Bibliothek ausgeliehen hat. In letzter Zeit hat es sich so angefühlt, als ob er gar nicht mehr zum Lesen käme - und das gefällt ihm gar nicht.

Er setzt sich in einen der Sessel und beobachtet, wie das flackernde Licht des Feuers wieder größer wird, bevor er im Halbdunkel versucht, zu lesen. (Aber er kann sich nicht wirklich auf das konzentrieren, was vor seinen Augen steht, und nachdem er denselben Satz zum fünften Mal gelesen hat, ohne sich merken zu können, was überhaupt darin steht, lehnt er sich in die Polster und plustert frustriert die Backen auf.)

»Percy?«

Jemand flüstert seinen Namen und Percy macht sich ein bisschen kleiner in seinem Sessel, weil er gerade eigentlich nur allein sein möchte.

»Perce, bist Du hier?«

Es ist Oliver; natürlich ist es Oliver. Es hätte nicht Fred oder George oder Ron sein können, die nachts um dreiviertel drei auf die Suche nach ihm gehen.

»Geh’ wieder ins Bett, Oliver«, erwidert er genauso leise und sieht kurz danach Oliver in dem Sessel neben seinem Platz nehmen. »Ich mein’s ernst. Geh’ einfach wieder schlafen.«

Aber Oliver geht natürlich nicht schlafen, denn es wäre eindeutig zu einfach, wenn es mal nach Percy gehen würde. Stattdessen sagt er sanft: »Was sollte das heute Abend, Perce? Und warum bist Du hier unten? Das passt nicht zu Dir.« (Percy will auflachen, weil natürlich passt es nicht zu ihm. Er ist der regelkonforme, langweilige Percy. Nachts außerhalb des Schlafsaales herumzulungern passt nicht zu ihm. Es ist so frustrierend.)

»Ich kann nicht schlafen«, fasst Percy schließlich all seine Ich kann das nichts und Ich will das nichts und Warum muss es so seins zusammen. »Es ist alles in Ordnung.«

Obwohl Percy Oliver nicht sehen kann, weiß er, dass er lächelt, als er »oh, Du bist so ein schlechter Lügner« sagt. (Und Percy denkt, dass er das in letzter Zeit viel zu oft gesagt bekommt.) Olivers Hand greift über die Lehne hinweg nach Percys und Percy gefriert das Blut in den Adern; bei Merlin, ihm wird übel, das ist absolut nicht fair, und sein Kopf ist so leer wie seit fast einer Woche nicht mehr. Oliver fährt fort, als hätte er überhaupt nicht bemerkt, was er in Percy auslöst (und mit definitiver Sicherheit hat er auch gar keine Ahnung): »Ich weiß, dass Du manchmal denkst, dass Du nicht mit mir über so was reden kannst, aber … Perce, Du bist mein bester Freund und … wenn Dich irgendetwas belastet, kannst Du jederzeit mit mir darüber reden, ja?« (Innerlich schreit Percy.) »Ich meine, wenn Dich etwas stört, dann … kannst Du das immer sagen …«

»Es«, Percy schluckt, um dem Krächzen, das seine Stimme darstellt, ein wenig Konsistenz zu geben, »es stört mich nicht, dass Du schwul bist.« Es stört mich, dass Du auf Davies stehst. Aber das sagt er nicht, weil er dann auch sagen müsste, warum es ihn stört. (Und er ist nicht bereit, er kann das nicht. Oh Merlin, er muss hier raus. Sofort!)

Er lässt Olivers Hand so abrupt los, dass es ihm selbst Schmerzen bereitet, dann springt er auf und eilt zurück in ihren Schlafsaal - einfach weg, weil er Oliver gerade nicht erträgt. (Er hasst sich und Oliver hasst ihn jetzt mit Sicherheit auch. Aber er kann das gerade nicht.)

Percy ist sechzehn Jahre, einen Monat, fünfundzwanzig Tage und zwölf Stunden alt, als er zum Mittagessen in die Große Halle geht und Roger Davies von allen möglichen Leuten neben Oliver am Tisch sitzen sieht. (Er sollte nicht der einzige sein, der damit ein Problem hat? Da sitzt ein Ravenclaw am Gryffindortisch und das so kurz vor dem Eröffnungsspiel! Wie können alle nur so konform damit gehen?)

Percy setzt sich (wie er findet) demonstrativ zu seinen Brüdern und deren Leuten, ohne dabei die Augen von Davies und Oliver abzuwenden. (Er ist so offensichtlich dabei und er weiß es auch, aber weil ohnehin niemand danach sieht, was er so treibt, fällt es keinem auf. - Außer Davies.)

Davies fängt ihn nach dem Mittagessen ab und baut sich mit in die Hüften gestemmten Händen vor ihm auf. Er herrscht mit all seiner zusammengeklaubten fünfzehnjährigen Würde: »Warum, bei Merlin und Morgana, tust Du das?« Percy ist perplex (und überhaupt nicht in der Stimmung, sich mit dem Oliver-Dieb zu unterhalten.) Er versucht, an dem anderen vorbeizugehen und sich seinen Weg zu seiner nächsten Unterrichtsstunde zu bahnen, aber Davies lässt ihn nicht vorbei.

»Was, bitte, mache ich denn?«, gibt er schließlich nach und bleibt vor Davies stehen, während eine ganze Menge Schüler*innen an ihnen vorbeiströmt. Sie sind nicht sehr unauffällig und Davies scheint auch kein Problem damit zu haben, seine Privatangelegenheiten über zwanzig Köpfe hinweg zu besprechen, Percy allerdings schon. »Und müssen wir das unbedingt hier besprechen?«

»Ja!« Davies zieht seine Augenbrauen wütend zusammen und starrt Percy so intensiv mit seinen ach so braunen Augen an, dass es Percy für einen Moment den Atem verschlägt. »Und tu’ nicht so, als ob Du nicht genau wüsstest, was ich meine!« (Percy weiß wirklich nicht, was er meint, und langsam aber sicher geht es ihm doch auf die Nerven, dass alle Welt eine Sprache zu sprechen scheint, die er nicht verstehen kann.)

»Glaub’ mir, wenn ich wüsste, wovon Du sprichst, dann würde ich Dir detailliert die Hintergründe meines Vorgehens darlegen«, erwidert Percy und er widersteht dem Drang, seine Augen zu verdrehen. Das ist nämlich ziemlich unhöflich. »Wenn Du also nicht vorhast, mir Deine Frage zu erläutern, sehe ich mich gezwungen, dieses Gespräch abzubrechen, weil es sowieso keinen befriedigenden Ausgang für Dich haben wird.«

Davies sieht verwirrt aus und seine etwas ruhigere Stimme deutet darauf hin, dass er Percy glaubt, als er weiterspricht: »Oh man, Du hast echt keine Ahnung, oder?« Davies Hände fallen von seinen Hüften ab und er sieht ein wenig verloren aus, als er so vor Percy zwischen all diesen Menschen steht und nach Worten sucht. »Ich hab’ mit Oliver geredet. Er glaubt, dass Du ihm aus dem Weg gehst … weil er es Dir gesagt hat.« Percy braucht einen Moment, bis er nachvollziehen kann, was Davies mit es meint, aber dann versteht er, reißt die Augen auf und erwidert: »Was für ein Unsinn! Warum sollte ich das tun?«

»Das hab’ ich mich auch gefragt«, entgegnet Davies. »Deswegen hab’ ich ja Dich gefragt. - Ich meine, jeder sieht auf zehn Meter Entfernung, wie Du ihn anschmachtest. Dass Oliver das noch nicht aufgefallen ist, grenzt fast an ein Wunder.« (Percys Gesicht und Ohren laufen mal wieder rot an, so rot, dass seine eine Hand ganz instinktiv nach oben zuckt, um sein Gesicht damit zu bedecken. Er kann sich im letzten Moment noch zurückhalten, aber die Wut in seinem Magen kocht so sehr, dass er sich sehr darüber wundert, dass er nicht direkt vor Davies’ Augen überkocht.)

»Du hast keine Ahnung, Davies«, sagt er und seine Stimme zittert ungefähr so stark wie seine Hände, die er an den Seiten zu Fäusten geballt hat, sodass ihm die akribisch kurz geschnittenen Fingernägel in die weichen Handflächen schneiden und seine Knöchel weiß anlaufen vor Anspannung.

»Doch, Weasley.« Davies verschränkt die Arme vor der Brust und Percy ist klar, dass er sich gleich umdrehen und davon gehen wird. »Ich beobachte Dich. Ich glaube, ich kenne Dich besser, als Du vielleicht glaubst.« Und dann dreht er sich wirklich um und geht.

Und Percy bleibt schäumend vor Wut kochend zurück.

Percy ist acht Stunden gealtert, in denen er Oliver nicht einmal zu Gesicht bekommen hat, obwohl sie eigentlich zusammen drei Fächer gehabt hätten; was nur eines bedeuten kann: Oliver hat geschwänzt, um Percy bloß nicht sehen zu müssen; und höchstwahrscheinlich liegt es an irgendetwas, das Davies, die Ratte, ihm erzählt hat.

Jetzt liegt er im Bett, starrt die Decke an und kann schon wieder nicht schlafen, obwohl es zweiundzwanzig Uhr ist und er die vorherige Nacht kaum geschlafen hat. - Es wird auch nicht besser, als Oliver irgendwann den Schlafsaal betritt, sich umzieht, auf sein Bett wirft und sich mit dem Rücken zu Percy dreht.

»Du hast heute mit Davies über mich geredet.« Es ist kein Vorwurf, mehr eine Feststellung, die nach Informationen bettelt. Aber Oliver brummt nur »kann schon sein« und lässt Percy mit noch genauso vielen Fragen wie zuvor zurück. Wahrscheinlich hilft alles nichts und Percy muss direkter werden (oh, wie er das hasst!): »Du glaubst, dass ich Dir aus dem Weg gehe. Du glaubst, dass es mir etwas ausmacht. - Warum?«

Oliver wirft sich mit einer Heftigkeit in seinem Bett auf die andere Seite, stützt sich auf seinen Ellenbogen; bestimmt ist sein Gesicht ganz verzerrt (Percy trägt im Bett keine Brille, er weiß es nicht genau). Schnell und hektisch fallen die Worte aus Olivers Mund direkt in Percys Herz: »Du gehst mir aus dem Weg. Du … Du hast es … komisch gemacht. Und Du machst sowieso alles komisch, sobald Du daran beteiligt bist. Ich hätte nichts sagen dürfen.«

»Oh«, sagt er. »Wenn das so ist.«

Und dann dreht er sich wieder auf den Rücken und lauscht Olivers wütendem Atem, während sein Magen so schwer in seinem Körper liegt, dass er nicht glaubt, richtig atmen zu können. (Aber er kann sich nicht richtig bewegen und unten sind so viele Menschen, mit denen er jetzt nicht umgehen kann; mit denen er eigentlich sogar nie umgehen kann. Also bleibt er einfach liegen und versucht das Gefühl der Übelkeit und der Schwere einfach wegzuatmen.)

(Er scheitert.)

Percy ist sechzehn Jahre, einen Monat und sechsundzwanzig Tage alt und er sitzt seit über zehn Stunden in der Bibliothek, nachdem er Frühstück und Mittagessen hat ausfallen lassen. (Er ist noch vor dem Frühstück, gleich als Madam Pince aufgeschlossen hat, nach drinnen gehuscht und hat sich unter Bergen an Büchern vergraben. Seitdem hat er nicht mehr auf die Uhr geschaut und jetzt, als es halb fünf schlägt, wird ihm bewusst, dass er sich seit knapp zwei Stunden gar nicht mehr bewegt hat.)

Vorsichtig streckt er seine Beine aus, die eingeschlafen sind und unangenehm kribbeln. Dann knackt er mit den kalt und steif gewordenen Fingern. Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und streckt sich einmal ausgiebig. Aber er steht nicht auf, sondern beugt sich danach wieder über ein Arithmantik-Buch, das er später für die UTZ brauchen wird. Schließlich hat Vorarbeit noch nie jemandem geschadet, oder?

»Was machst Du nur, Weasley?« Davies muss sich irgendwann an seinen Tisch gesetzt haben, ohne, dass Percy es bemerkt hat. »Ich meine, bist Du so unfähig oder tust Du nur so?« Das Blut schießt Percy so schnell ins Gesicht, dass er Angst hat, dass sein Kopf gleich explodiert. Doch er hält sich zurück, über den Tisch zu springen und Davies an die Gurgel zu gehen - das wäre nämlich wirklich unhöflich.

»Lass’ mich in Ruhe, Davies«, antwortet Percy und knallt sein Buch zu, was Madam Pince dazu bringt, ihm einen wütenden Blick zuzuwerfen. »Mach’, was auch immer Du willst, aber lass’ mich zufrieden.«

Percy greift in seine Ledertasche und holt seinen Zauberstab hervor, mit dem er einmal zuckt, sodass die Bücher, die gerade noch vor ihm gelegen haben, zurück in die Regale schweben. (Das hat er, glaubt er, von seiner Mum. Sie kann im Haushalt so viel Magie wort- und zauberstablos wirken und er ist außer ihr der einzige der Weasleys, der das kann. Es lässt ihn glauben, dass er tatsächlich irgendwie zu dieser Familie gehört und nicht eines Tages vor Mollys und Arthurs Tür ausgesetzt wurde.)

»Ich bin immer davon ausgegangen, dass Du der Schlaue wärst«, sagt Davies und er lehnt sich in seinem Stuhl zurück. Mit der linken Hand streicht er sich die Haare aus dem Gesicht und beobachtet Percy dabei, wie der seine Notizen, Feder und Tinte wieder einpackt. »Ich bin davon ausgegangen, wenn es einer bemerkt, dann ist es der. Aber Du bist so ahnungslos, dass es einem fast leidtun kann.« Davies Gesichtsausdruck ist eine Mischung aus Naserümpfen, Stirn in Falten legen und Augenbrauen zusammenziehen. (Percy hat absolut keine Ahnung, wie er das interpretieren soll; aber eigentlich ist es doch auch nichts Neues, oder? - Er versteht nicht, warum Oliver so mit ihm umgeht, er versteht nicht, was Davies’ Problem ist, und er versteht nicht, was er selbst von der ganzen Sache hier erwartet.)

»Wenn Du so weise bist, wie Du allen immer weismachen willst«, sagt Percy, als er aufsteht und sich die Tasche über die Schulter hängt, »dann …« (ja, dann was eigentlich?) »lass’ mich einfach in Ruhe, Davies. Ich bin es leid.«

Und dann geht er (und er hofft, dass Davies dann endlich versteht, wie es ist, dauernd stehen gelassen zu werden, ohne Antworten auf Fragen zu erhalten, die man nicht traut, laut auszusprechen.)

Percy ist keine drei Minuten älter, als Roger Davies ihn auf einem Korridor einholt und in eine Ecke zieht. Er ist zu müde, zu erschöpft, um sich zu wehren oder Davies noch einmal darüber in Kenntnis zu setzen, dass er ihn verdammt nochmal in Ruhe lassen solle. Davies seufzt. Gerade so, als wäre Percy derjenige, der sich irrational verhält. Schließlich sagt er: »Oliver mag Dich.«

Mit gerunzelter Stirn starrt Percy Davies an und wartet, ob noch irgendetwas kommt. Irgendetwas, das erklären würde, warum Davies es für wichtig empfindet, Percy diese Tatsache vorzuhalten als wäre sie eine erleuchtende Erkenntnis.

»Ja«, erwidert Percy also gedehnt, damit auch Davies ihn versteht, »so was kann schon mal passieren, wenn man, nun ja, befreundet ist, Davies.«

Davies verzieht gequält das Gesicht. Seine Stimme klingt genauso schmerzend, wie sein Gesicht es vermuten lässt: »Nein, er mag Dich.«

»Oh«, erwidert Percy. »Ich verstehe.«

(Aber eigentlich versteht Percy nicht.)

Percy ist neuneinhalb Stunden älter, als Oliver den Schlafsaal betritt, sich auszieht und in sein Bett legt - das alles besonders leise, um niemanden aufzuwecken; aber Percy ist sowieso wach, weil er auf Oliver gewartet hat. (Vielleicht hat es klick gemacht, als er gerade im Gemeinschaftsraum saß und versucht hat, sein Buch weiterzulesen, ohne einen einzigen Satz zu verstehen. Vielleicht hat er einfach den Kopf nach oben gerissen und gedacht, Oliver magmag mich. Und dann war alles vorbei.)

»Oliver«, flüstert Percy leise, und obwohl Oliver ihm nicht den Kopf zuwendet, kann Percy doch hören, wie er sich auf den Rücken dreht, um Percy besser sprechen zu hören. »Oliver, es ist nicht … das.«

Deckengeraschel und das unverkennbare Geräusch nackter Füße auf Stein verraten ihm, dass Oliver aufgestanden ist und zu seinem Bett herüberkommt. (Die Nervosität, die in Percy aufsteigt, könnte alles sein; könnte von überallher kommen. Am wahrscheinlichsten ist die plötzliche Nähe, die durch Olivers Körper ausgeht, der sich gerade neben ihn unter die Decke des Himmelbettes quetscht. Aber eigentlich noch viel wahrscheinlicher ist das Gespräch, das gleich folgen wird und das Percy eine Heidenangst einjagt.)

»Ach ja?«, fragt Oliver und seine Stimme ist so nah und so abwertend und gar nichts, das Percy Mut machen würde, jetzt »Nein, ist es nicht« zu sagen. »Was ist es dann?« (Percy atmet einmal tief durch.)

»Es ist nicht die Tatsache, dass Du schwul bist«, Percys Stimme ist ganz leise, damit keiner ihrer Zimmergenossen ihn hören kann, »es ist nur, Davies -«

Aber Oliver unterbricht ihn, bevor er weitersprechen kann: »Wenn das hier eine Deine Homosexualität ist voll in Ordnung, weil wir Freunde sind, aber ich will sie nicht sehen-Sache werden soll, dann spar’ es Dir, Perce.« Er klingt müde, so, wie Percy sich die ganze Zeit fühlt.

»N-Nein!« Seine Worte werden immer schneller und hastiger und Percy stolpert ein bisschen über all die Dinge, die in seinem Kopf sind. »Es-Es ist mir egal, dass Davies schwul ist oder was auch immer. - Aber muss er denn schwul mit Dir sein?« Und er hat es ausgesprochen, bevor er die Chance hat, es nochmal zurückzunehmen. Und er fühlt sich so unglaublich unsinnig dabei.

»Was?«

Scheinbar findet Oliver das auch. Aber Percy weiß nicht, wie er das jetzt eigentlich genau sagen soll oder kann oder darf, weil er mit beiden Füßen im Schlamm steht und weiter versinkt, ohne sich selbst herausziehen zu können, also macht er das einzige, was ihm in diesem Moment logisch erscheint: Er zieht Olivers Gesicht zu sich - und er küsst ihn.

Oliver reagiert nicht. Er reagiert so sehr gar nicht, dass Percy nicht weiß, was er tun soll. (Er hat grade Scheiße gebaut, oder? Das war das Unvernünftigste, das er hätte tun können, oder? - Man küsst andere Menschen nicht, ohne sich deren Erlaubnis einzuholen! Was hat er da nur getan?)

Percy entfernt sich so schnell von Oliver, als hätte er sich die Finger verbrannt, dann schlüpft er so schnell aus dem Bett, wie er es nur kann, und verschwindet aus dem Schlafsaal. Es ist egal, dass er nur seinen Pyjama trägt, es ist auch egal, dass Oliver immer noch in seinem Bett liegt, wichtig ist nur, dass er so schnell wie möglich weg von hier, weg von Oliver kommt.

Der Gemeinschaftsraum ist leer, aber eigentlich viel zu nah, doch was soll er sonst tun? Um diese Zeit herrscht Ausgangssperre und er kann ja nicht einfach gehen.

Percy setzt sich in die abgelegenste Ecke, die er finden kann, zieht die Beine aufs Sofa und klemmt den Kopf zwischen die Knie. Er atmet heftig, so heftig, dass es weh tut; aber Luft scheint er trotzdem keine zu bekommen. Mund und Kehle trocknen ihm aus, als er mehr ein- als ausatmet und der Raum um ihn herum sich zu drehen scheint.

Was hat er nur getan? Und warum?

So kennt er sich nicht. Normalerweise, wenn er versucht, seinen Mut zusammenzukratzen und eine Sache mit unsicherem Ausgang am Schopfe packen muss, erstarrt er und muss mit sich ringen, um auch nur atmen zu können. Er handelt in solche Situationen nicht einfach, er diskutiert und wägt ab, bekommt klamme Hände und einen schweren Magen, er muss sich selbst gut zureden, weil er sich sonst nicht bewegen kann. - Wie also konnte das gerade passieren? Er ist nicht so. Er ist nicht spontan oder impulsiv oder offensiv. (Er ist nicht invasiv.)

Ihm laufen die Tränen übers Gesicht und er versucht verzweifelt, Herr über seine Atmung zu werden.

Es ist lange her, dass er seine letzte Panikattacke hatte. So lange, dass es einen Moment dauert, bevor er sich erinnern kann, was seine Mum ihm gesagt hat, was er tun soll, wenn sich alles von ihm entfernt und er nicht mehr denken kann.

Fünf Dinge, hat sie gesagt, such’ fünf Dinge, die Du sehen kannst. Dann vier, die Du berühren kannst. Drei, die Du hören kannst. Zwei, die Du riechen, und eins, das Du schmecken kannst. Das nennt man Erdung, Du musst Dir die Sachen vor Augen halten, die tatsächlich da sind.

Aber das einzige, das er sieht, ist tränenverschwommene Schwärze, weil er nicht die Kraft aufbringt, den Kopf zwischen seinen Knien hervorzuziehen. Und fünfmal dasselbe aufzuzählen, ist schließlich nicht Sinn der Sache, oder?

Percy kneift die Augen so fest zusammen, dass er farbige Dreiecke und Kreise auf den Innenseiten seiner Augenlider sehen kann. Er versucht durch die Nase ein und durch den Mund auszuatmen, aber seine Nase ist verstopft und eigentlich ist doch sowieso alles egal. Seine Unterlippe schmerzt und er merkt erst jetzt, dass er sich selbst auf die Lippe beißt, um so still zu sein, wie es ihm möglich ist. Würde nun jemand nach unten in den Gemeinschaftsraum kommen, würde Percy wohl sterben vor lauter Scham.

»Perce?«, Olivers leise Stimme taucht neben ihm auf und er atmet noch einen Ticken heftiger und unkontrollierter, warum muss Oliver ihm folgen, warum muss das passieren? »Perce, alles in Ordnung?« Und wenn Percy nicht gerade damit beschäftigt wäre, zu atmen und zu existieren, dann würde er Oliver wahrscheinlich sehr sarkastisch darauf aufmerksam machen, dass er keineswegs in Ordnung ist. - Und wenn es so weitergeht, wird er vielleicht auch niemals wieder in Ordnung sein, weil er entweder direkt vor Oliver kollabiert oder weil seine unbedachte Handlung zuvor ihre Freundschaft vollkommen ruiniert. (Er hat sich noch nicht entschieden, was er schlimmer findet. Aber die Ohnmacht wäre wahrscheinlich das kleinere Übel.) »Kann … Kann ich Dir irgendwie helfen?«

Percy fragt sich, ob Oliver das absichtlich macht. Ihm Fragen stellen, die er nicht beantworten kann, weil er es ja noch nicht einmal schafft, seinen Daumen, der ihm unangenehm fest in den Hals drückt, zu bewegen. Das einzige, das im Raum widerhallt, ist Percys heftiger Atem, der immer wieder stoßweiße gegen den tränendurchnässten Stoff seiner Pyjama-Hosen fährt. Doch auch das verstummt, als Oliver vorsichtig seine Hand auf Percys Rücken legt, um in beruhigenden Kreisen zwischen seinen Schulterblättern zu reiben, weil Percy vor Panik ganz vergisst zu atmen.

»Du musst einatmen«, flüstert Oliver leise und Percy atmet zitternd ein, bis er das Gefühl hat, dass seine Lunge gleich platzen wird, »und dann wieder ausatmen.« Mit der Luft entweicht ein wenig Panik, die sich in Percys Brust angesammelt hat; die allerdings gleich wiederkehrt, als Percy wie angewiesen einatmet und ihm klar wird, wie erbärmlich er doch ist, weil er es nicht einmal schafft, zu atmen; Automatismen des Körpers zu versemmeln … er ist so unfähig.

»Nicht hektisch werden«, führt Oliver weiter aus, während er ununterbrochen über Percys Rücken streicht; konstant und beruhigend. »Ein.« Percy schluckt und kneift die Augen zusammen. »Aus.« Er stößt die Luft aus und glaubt, dass das Tränen seiner Augen aufgehört hat. (Er ist sich noch nicht ganz sicher, weil er immer noch nichts sehen kann und alles so nassnassnass ist. »Ein.« Percy hebt seinen Kopf leicht von seinen Knien, um den Druck ein bisschen von seinen Gedanken zu nehmen. »Aus.« Seine Hände rutschen ein paar Zentimeter aus seinen Haaren heraus und ihm wird bewusst, wie sehr sein Rücken schmerzt, weil er so lang schon vornüber gebeugt auf dem Sofa kauert. »Ein.« Er bemerkt, wie nah Oliver ihm sitzt, und er fährt mit einer steifen, kalten Hand in die Höhle, die er zwischen Oberkörper und Beinen geformt hat, und fährt mit zittrigen, fahrigen Bewegungen über seine Augen und seine Nase. »Aus.« Er richtet sich auf und fängt somit Olivers Hand zwischen seinem Rücken und der Sofalehne ein.

»Besser?«, fragt Oliver leise und Percy nickt sacht mit dem Kopf. Er ist beschämt, absolut gedemütigt. »Kann ich Dir irgendetwas Gutes tun?« Er zuckt mit den Achseln, weil er seiner Stimme nicht traut, irgendetwas hervorbringen zu können, das für Oliver verständlich wäre. »Willst Du reden?« Percy schüttelt seinen Kopf so vehement, dass ein peinlich lautes Schluchzhicksen aus seiner Kehle kommt. »Okay, sollen wir hier sitzen bleiben oder willst Du nach oben gehen?«

Oder-Fragen sind Percys größter Feind und Oliver scheint selbst zu bemerken, wie unsinnig seine Fragemethode ist, weswegen er paraphrasiert: »Ich meine, willst Du hierbleiben?« Percy zuckt wieder mit den Achseln. Natürlich will er nicht bleiben, aber er weiß nicht, ob seine Beine ihn gerade tragen und er will sich weitere Peinlichkeiten lieber ersparen. »Wir können noch kurz sitzen bleiben und nachher hochgehen, ja?« Percy nickt dankbar und fängt fast wieder an zu heulen.

Percy altert knapp zwanzig Minuten, bevor er Olivers Kopf auf seiner Schulter spürt, nachdem dessen Lippen kurz seinen Haaransatz berührt haben. Percy kann diese Geste nicht einordnen, aber es scheint Olivers Versuch zu sein, auf ihn einzugehen und für ihn da zu sein. Es ist angenehm. Oliver nah bei sich zu haben, ist immer angenehm. (Obwohl Percy davon ausgegangen ist, dass spätestens jetzt, da er sich doch so danebenbenommen hat, es noch komischer zwischen ihnen würde, als es bis gerade ohnehin gewesen ist. Oliver müsste ihn noch mehr meiden; stattdessen sind sie sich fast noch näher als vorher. - Percy versteht die Welt nicht mehr.)

Olivers Hand hat irgendwann ihren Weg in Percys Nacken gefunden und zeichnet kleine Kreise mit den dazugehörigen Fingerspitzen. Es ist absolut still und Percy kann die vorsichtigen Atemzüge seines Gegenüber hören, als fürchte er, dass er viel zu laut sei und jedes falsche Geräusch Percy wieder in Tränen ausbrechen ließe. Aber es ist in Ordnung, er hat sich beruhigt und vielleicht sollten sie einfach wieder schlafen gehen, um zumindest noch zwei Stunden zu schlafen, bevor sie wieder aufstehen müssen.

Percy greift vorsichtig nach Olivers Hand und fragt mit brüchiger Stimme, ob sie wieder nach oben gehen können. Oliver nickt nur und löst sich langsam von Percys Seite, bevor er ihm die Hand anbietet und ihn nach oben zieht. - Sie schweigen, damit sie bloß niemanden aufwecken, als sie in ihren Schlafsaal zurückkehren. Oliver führt Percy zu dessen Bett und verschwindet zusammen mit ihm unter der Decke.

Ihm stockt der Atem und er braucht einen Moment, um zu realisieren, dass das gerade wirklich passiert, dass Oliver wirklich neben ihm liegt und seine Arme um seine Taille geschlungen hat; dass er sich nicht einbildet, dass Oliver einen Kuss auf seinen Kopf drückt und dann seinen Kopf in Percys Nacken vergräbt … denn es fühlt sich so unwirklich an, dass er sich wirklich nicht sicher ist, wie er mit all dem umgehen soll.

[ Part 2 ]

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