Feb 11, 2017 22:13
No Ficathon, just some (very) old and seriously no happy stuff, so pay attention.
Fandom: Original
Character: Dominik
Genre: drama
Rating: P-18
Warning: child abuse, isolation, social phobia
Ein Zwei-Zimmer-Apartment.
Geschlossene Fenster.
Eine Tür, die durch ein Schloss verriegelt war, für das nur ein Schlüssel existierte.
Der Schlüssel seines Vaters - immer am Mann.
Der Junge sehnte sich nach frischer Luft, sehnte sich nach den Kindern, die er draußen spielen hören und sehen konnte, wenn er sich nur weit genug an dem Fenster hinauf streckte, um nach unten schauen zu können.
Eine so große Distanz ...
Für ihn war sie unüberwindbar.
Es war so, seit seine Mutter verschwunden war.
Er hatte keine Gelegenheit gehabt, sich von ihr zu verabschieden. Sie war am Abend gegangen und ... nicht mehr wieder gekommen.
Seit vier Jahren schon nicht.
Damals war gerade seine Schuleinführung gewesen. Viele Gäste, gutes Essen, Aufregung und Vorfreude, erste Buchstaben, die er seinen Großeltern und Tanten herunter gebetet hatte, nur um dann das Lob zu hören, das jedes Mal wie eine wärmende Hand auf seiner Schulter gewesen war, die er niemals zu spüren bekommen hatte.
Wie sehr er sie vermisste.
Seine Mutter ...
Warum kam sie nicht wieder?
In den letzten Monaten hatte ihn der Gedanke nicht los gelassen, dass sein Vater etwas mit dem Verschwinden seiner Mutter zu tun gehabt hatte. Wieso sollte sie sonst verschwinden und nicht mehr zurückkommen? Es war nicht das innigste Verhältnis gewesen und doch ...
Eine Mutter vergaß man nicht so einfach.
War sie es noch?
Eine Stimme drängte sich in seine verträumte Wahrnehmung.
Verhasst, rau vom Alkohol und den Zigaretten, deren Rauch die stickige Luft in diesen Räumlichkeiten noch dicker werden ließ. Sie schmerzte in den Lungen.
»Bring deinem Vater noch ein Bier, mein Junge ...«
Der Vorteil des trunkenen Zustandes seines Vaters war die Freundlichkeit und der innere Seelenfrieden, den der Alte nach einigen Gläsern Wodka empfand.
Ging ihm dieser aus - und dazu noch die Zigaretten - war die Hölle das Paradies gegen diesen Ort hier.
Erst vor zwei Tagen was es passiert.
Ihm tat jetzt noch alles weh.
Widerwillig riss sich der 10-Jährige von dem Anblick seiner Altersgenossen los und schlurfte in das kleine Wohnzimmer, das seinem Vater als Schlafzimmer diente, während er eine alte Matratze in einem weiteren Zimmer hatte - kaum groß genug, um zusätzlich zu seinem ‚Bett‘ einen Schrank zu beherbergen, aber ein kleiner hatte doch hinein gepasst. Seine wenigen Kleidungsstücke und Spielsachen bewahrte er dort wie einen Schatz auf. Dort ließ er seinen Vater auch nicht ran. Glücklicherweise zeigte der auch kein Interesse daran. Sein Zimmer wurde nur zu einem Zweck von seinem alten Herren betreten ...
Ohne seinen Vater anzusehen, ging Dominik weiter in die Küche, holte dort eine Flasche Bier aus dem ausgeschalteten Kühlschrank und machte es auch gleich auf, um dann ins Wohnzimmer zurückzugehen, es seinem Vater in die Hand zu drücken und keinen Dank abzuwarten. Noch nie hatte sich sein Vater für diese beinahe schon selbstverständlichen Dienstleistungen bedankt.
Die einzig netten Worte brachte er heraus, wenn er sich in ihm versenkte ... mit all dem Schmerz, der diese beinahe sanften Worte so unglaubwürdig werden ließ.
Du bist ... mein Ein und Alles, Dom ...
Ich ... liebe dich ...
Wir ... werden immer ... zusammenhalten ...
Du darfst mich nie verlassen.
»Warte, Junge!«
Dominik hielt die Luft an und verharrte mitten in seiner Bewegung. Als er sich langsam umdrehte, wanderte sein Blick zuerst zum Tisch. Die Zigarettenschachtel lag offen da und offenbarte ein paar weiße Filter. Es waren also noch welche da. Was also wollte sein Vater?
Ihre Blicke trafen sich.
Durch den Dunstschleier hindurch sahen die Augen seines Vaters beinahe klar drein.
Beinahe ...
»Was ist?«, hakte der Junge leise nach, immer in Bereitschaft, einen Schlag zu kassieren ... oder etwas Geworfenes um die Ohren zu bekommen.
Doch nichts dergleichen folgte.
Was er zu hören bekam, war viel aufwühlender, als alles andere hätte sein können.
»Willst du zu den anderen raus spielen?«
Dominiks Augen wurden größer. »Was?«
»Du schaust doch die ganze Zeit hinaus. Willst du?«
Um seiner Frage Nachdruck zu verleihen, richtete sich sein Vater auf, zog den Wohnungsschlüssel aus seiner Hosentasche und schlurfte schwankend zur Tür, um sie aufzuschließen. Noch immer stand der Junge mit den pechschwarzen Haaren und den tiefblauen Augen mitten im Raum und starrte die offene Tür an.
Sollten sich seine Sehnsüchte jetzt wirklich erfüllen?
Seit Monaten war er nicht mehr mit anderen Kindern zusammen gewesen. Er war ja auch seit zwei Jahren nicht mehr in die Schule gegangen.
Was sollte er den Kindern denn sagen?
Wie sollte er sich ihnen näheren?
Vielleicht wollten sie gar nicht, dass er mitspielte.
Keine Fragen, die er sich bewusst stellte.
Die kamen erst, als er draußen im Haus die vielen Treppenstufen hinunter rannte - immer schneller werdend, bis seine Schritte wieder langsamer wurden.
Ein komisches Gefühl machte sich in dem Jungen breit, als er vor der großen Haustür stand und durch die milchige Scheibe hindurch schon Schatten draußen auf der Wiese sah. Schreiende, sich freuende Schatten.
In seinen Ohren klangen die Geräusche so bedrohlich, dass sich Panik seiner Kehle bemächtigte. Die Hand, die er schon nach der Klinke ausgestreckt hatte, fing an zu zittern und er zog sie zurück.
Dominik drehte sich langsam um und ging die zahlreichen Stufen wieder nach oben.
Bis er vor der Tür seiner Wohnung stand und anklopfte.
Sofort wurde ihm geöffnet.
Als hätte sein Vater hinter dem massiven Sperrholz auf ihn gewartet. Dominik spürte die kalte Hand auf der Schulter, als er zurück in die Wohnung geschoben wurde. Das vertraute Geräusch des Schlosses ließ seine Kehle trocken werden.
Das war die Möglichkeit gewesen, endlich wieder ... Kind ... zu sein.
Und er verspielte sie.
»Siehst du? Die Welt dort draußen ist nichts mehr für dich. Sie hat dir alles weggenommen. Jetzt hast du nur noch mich ...«
Zusammenhangslos.
Der Geruch des Atems in seinem Nacken verursachte Übelkeit.
Dominik schluckte den Kloß hinunter, der sich in seiner Kehle gebildet hatte und schloss die Augen, als die Hand wanderte.
Nur kurz hatte er sich der Illusion hingegeben, dass es sein Vater wirklich ernst gemeint hatte.
Nur kurz hatte er geglaubt, es hätte sich doch nichts geändert.
Er hatte sich geirrt.
Alles hatte sich verändert.
Seine Umgebung.
Sein Vater.
Er selbst.
»Wir haben nur noch uns ...«
warning: isolation,
original character: dominik,
genre: drama,
warning: child abuse,
format: oneshot,
format: original,
warning: social phobia,
warning: svv/missbrauch