Fandom: The Walking Dead
Pairing: Daryl/Jesus
Genre: hurt/comfort
Rating: P-12
Prompt: And I wanted to beat it to death with a hammer but I had no hammer, only self-control von
tears_into_wine And I wanted to beat it to death with a hammer but I had no hammer, only self-control
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»Daryl ...«
Ein Name.
Ein Adressat.
Keine Reaktion.
Die Hand mit der Zigarette bebt. Zu nahe ist die Glut der Haut auf der anderen Seite.
Sie hält in der schmerzverursachenden Bewegung inne.
»Daryl ...«
Fremde Finger nehmen die fast aufgerauchte Kippe an sich, schnipsen sie weg und kehren zurück.
Ein nahezu gehauchter Kontakt.
»Du musst das nicht tun. Lass uns darüber reden. Bitte ...«
Eine einzelne Träne tropft auf den noch immer zitternden Handrücken und verliert sich zwischen Daumen und Zeigefinger. Bebender Atem. Zurückgehalten. Nur keine Blöße zeigen nach dem Erkennen, nicht allein zu sein wie sonst.
Den Starken geben. Wie immer.
Wann hat er verlernt, wie das geht?
Daryl weiß die Antwort darauf. Sanctuary. Die Dunkelheit und die immerwiederkehrende Musik, die er irgendwann sogar nachts gehört hat, wenn Stille alles hätte sein sollen, was ihn umgibt, um neue Kräfte schöpfen zu können. Sie war ihm nicht vergönnt. Dazu der Gestank in seiner Zelle, das Hundefutter zwischen trockenen Brotscheiben. Er will es nicht zugeben, aber ihm fällt keine andere Ursache für seine Schwäche ein. Und dass er sie gerade gegenüber einem Fremden zeigt, macht nichts besser.
»Lass mich in Ruhe ...«
Widerstand.
Die Suche, nein, der Wunsch nach Einsamkeit, um zu tun, was den Schmerz lindert, auch wenn er nie mehr verblassen wird. Es ist nicht gut gewesen, Maggie wiederzusehen und mit ihr gemeinsam Glenns Grab zu besuchen. Die Erinnerungen an dessen Tod ... sind noch immer frisch, dabei ist es ...
Er weiß nicht einmal, wie lange es schon her ist.
Und er fühlt sich sofort noch schlechter als so schon. Nichts hilft. Keine beruhigenden Worte, die ihn Glauben machen wollen, er trage keine Schuld an Glenns Tod.
Sie können sagen, was sie wollen. Er weiß, dass sie nicht recht haben. Die Schuld hat sich tief in sein Innerstes gefressen, sich regelrecht in ihn hineingebrannt. Wäre sein vorschnelles, idiotisches Handeln nicht gewesen, dann ...
»Daryl ...«
Das erste Mal finden sich Blicke.
Ein flüchtiger Kontakt.
Zu viel Sorge, die er nicht verdient hat.
»Sieh mich nicht so an ...«
»Tut mir leid.«
»Und fass mich nicht an ...«
Die fremden, wenn auch warmen, Finger ziehen sich zurück, aber die Nähe bleibt. Sie ist unerträglich. Niemand sollte bei ihm sein wollen nach allem, was er getan hat. Er wollte keinen Schlafplatz. Nur für sich sein und wenn es der dreckige Boden hinter irgendeinem Trailer gewesen wäre. Nicht das hier. Jemand, der sich um ihn kümmert, ihn bei sich aufgenommen hat, als sei es selbstverständlich, das zu tun. Maggie und Sasha haben sogar angeboten, sie alle im Herrenhaus unterzubringen. Er hat das Gespräch mit Gregory aus der Ferne mitbekommen. Daryl hat nur mit dem Kopf geschüttelt, sich von allen zurückgezogen, weil sein Innerstes sich immer mehr der Ruhelosigkeit hingegeben hat und dann war da eine Hand und ein fester Zug und ... dann das hier - Jesus an seiner Seite, der noch immer neben ihm sitzt. Ihre Knie berühren sich. Erst jetzt bekommt Daryl es bewusst mit. Seine Wahrnehmung zuvor - viel zu eingeschränkt.
»Kann ich irgendetwas tun, damit es du dich besser fühlst?«
»Wir kommst du darauf, dass es mir nicht gut geht?«
Eine Hand bewegt sich. Federleicht wird eine einzelne, kleine Stelle auf Daryls Haut berührt.
»Du wolltest gerade eine Zigarette auf deiner Hand ausdrücken. Ich denke, das ist kein Zeichen dafür, dass alles ganz wunderbar ist.«
»Ist nicht das erste Mal, dass ich das tue.«
Die Finger streifen eine der Narben, die von einer bereits vergessenen Glut in die Haut gefressen worden war.
»Und es wird nicht das letzte Mal sein«, haucht Jesus leise und seine Fingerkuppe streicht weiter über die Stelle. »Man sieht es nicht nur, sondern ... fühlt es auch. Ich kann mir vorstellen, wie es in dir aussieht. Und ich wünschte, ich könnte irgendetwas tun ... und wenn ich dich nur ablenke.«
Daryl zieht die Hand zurück. Dass sich so ein leichter Kontakt wie Feuer anfühlen kann, ist ihm neu und fremde Dinge mag er nicht. Meistens. Seltsam nur, dass ihm die ganze Zeit warm ist, sobald ...
Nein ... seltsame Gedanken kann er gerade nicht brauchen.
»Was interessiert es dich?«
Die Finger verschwinden. Die Wärme bleibt. »Ich habe gesehen, wie du die Kontrolle verloren hast. Vielleicht will ich einfach nicht, dass das noch einmal geschieht.«
»Und? Was interessiert es dich?«, wiederholt Daryl seine Frage von zuvor, unzufrieden mit der Antwort, die er gerade bekommen hat. Sie leben in verschiedenen Lagern und auch wenn sie eine Allianz bilden werden - da ist nichts, was sie verbindet. Nur dieser kurze Moment in Sanctuary. Die gemeinsame Flucht. Blicke. Bewusster als sie sein sollten. Er misst ihnen keine Bedeutung bei. Warum sollte er? Aber eine Sache sticht aus all dem hervor.
Wie sich Jesus ... um ihn gekümmert hat ...
Daryl schließt die Augen.
Er ist tatsächlich ein schlechter Mensch. Er spürt so deutlich, dass er seinem Gegenüber eben nicht egal ist und trotzdem stellt er diese Fragen.
Er trifft nicht auf die Ablehnung, die er aufgrund seines Verhaltens erwartet hat.
»Weil du mich interessierst. So einfach ist das.« Jesus hebt die Schultern, steht auf und will auf Distanz gehen, doch Daryls Hand ist schneller. Ein nicht allzu fester Griff am Handgelenk reicht aus, um den Gehenden aufzuhalten.
»Warte ... so habe ich das nicht gemeint. Ich ... bin nicht gut in solchen Dingen. Ich ... danke dir dafür, dass du dir solche Sorgen machst, aber was ich tue ... geht nur mich etwas an.«
»Und jene, denen du wichtig bist, oder nicht? Hätte Rick eben neben dir gesessen, hättest du es dann auch getan?«
Kein langes Überlegen nötig.
»Nein.«
Jesus nickt langsam, dreht sich dem Anderen wieder zu und sieht ihn von oben herab an. Daryl sieht besser aus. Aber das ist nur der äußere Schein. Hinter der Außenschale ruht ein zerstörter Kern, der sich wieder zusammenzusetzen versucht. Jesus würde so gern dabei helfen. Wenn er nur wüsste, wie ...
»Willst du mir nicht erzählen, was dich belastet? Vielleicht hilft es dir und was auch immer du mir sagen wirst - es wird diesen Trailer nicht verlassen.«
»Es ... spielt keine Rolle. Die Kippe ist aus. Gefahr gebannt.«
»Aber das Gefühl bleibt.« Jesus streckt die freie Hand aus, legt die Fingerspitzen auf Daryls Brust. »Genau da. Und vielleicht auch hier.«
Ein paar Haarsträhnen gleiten über Daryls Stirn - von einer Seite zur anderen. Flüchtig. Sein Herz bleibt beinahe stehen ... und schlägt heftiger weiter. Er lässt das fremde Handgelenk los, in der Hoffnung, dass Jesus nun weitergehen und ihn allein lassen würde.
Sie stirbt, als sich der Jüngere wieder neben ihn setzt.
»Und ich weiß, dass du es tun wirst, wenn ich gehe. Weil der Schmerz nicht verschwindet. Niemand kann ihn dir nehmen. Nicht ganz. Aber vielleicht lindern.«
Zwei viel zu starke Arme.
Warmer Atem im Nacken.
Und Daryls Lider werden so schwer, dass Panik in ihm aufsteigt.
Finger streicheln sanft seine Schläfe und sein Haar. Das erdrückende Gefühl löst sich auf. Ganz so, als wäre es nie da gewesen. Das erschreckt ihn fast noch mehr, wäre da nicht wieder der beruhigende Klang der tiefen Stimme nahe an seinem Ohr.
»Ich habe gesehen, was sie tun und konnte mir vorstellen, wie es dir ergangen sein muss. Ich hätte gern mehr getan. Ich hätte ... einfach alles kurz und klein schlagen sollen. Nur wäre das für uns beide nicht gut ausgegangen. Als ich den Schlüssel hatte, hätte alles schneller gehen müssen. Aber dort waren so viele. Es tut mir so leid, dass du nicht eher fliehen konntest.«
»Der Schlüssel ... kam von dir?«
»Mhm ... keine große Sache. Beobachten, ein bisschen Kleber auf die Finger, warten. Vielleicht habe ich zu lange gewartet ...«
Langsam entspannt sich der größere Körper in der Umarmung. Er sinkt etwas mehr Richtung Schoß. Die Schwerkraft tut das. Oder die unglaubliche Müdigkeit, die Daryls Körper nahezu lähmt. Schlafen ... oder sterben. Er macht da keinen Unterschied mehr. Für all die Dinge, die er getan hat ... verdient er es.
Und da kommen die Worte leise über seine Lippen.
Einfach so.
»Für einen kurzen Moment habe ich mich selbst gesehen. Als ich die Stange hatte und zugeschlagen habe ... da war da mein Gesicht, mein Körper. Und ich habe nur noch mehr zugeschlagen, bis da nur noch Hirnmatsch war. Ich bin schwach geworden. Und es war auch diese Schwäche, die Glenn getötet hat. Und es ist diese Schwäche, die mich glauben lässt, dass Maggie mir nie verzeihen wird, auch wenn sie mich vorhin im Arm gehalten und vor Freude geweint hat. Ich habe so viele schlimme Dinge getan ... oder verursacht. Ich sollte nicht mehr hier sein. Ich sollte nirgendwo mehr sein.«
Ein Zittern geht durch Daryls Körper.
Ein Schluchzen ...
Jesus senkt den Blick noch mehr, streicht die dunklen Haare von den schimmernden Wangen, dann senkt sich der Oberkörper ganz auf seine Oberschenkel und Jesus streichelt einfach nur weiter. Durch die Haare, über die kräftigen Oberarme, die Hüften. Er weiß nicht, was er sonst tun kann. Von diesem Mann hätte er als Letztes solch einen emotionalen Ausbruch erwartet ...
Vielleicht hat er ein wenig die Schuld daran, dass die harte Fassade zusammengebrochen ist. Er hätte nicht so viel sagen sollen ... vielleicht. Andererseits kann es nichts Schlechtes sein, einfach alles herauszulassen. Er weiß das aus eigener Erfahrung.
»Wärst du nicht gewesen, dann ... hätte ich es getan. Ich wäre herumgelaufen und hätte jeden erschlagen, der sich mir in den Weg gestellt hätte, weil es immer mehr geworden ist. Immer mehr und mehr. In meinem Körper war kein Platz mehr für den Hass. Ich wollte alle tot sehen. Eingeschlossen mir selbst ... danach ... nach allem.«
»Und doch lebst du ... und die Anderen sind überglücklich, dass du wieder hier bist.« Laute, dann leisere Worte. »Ich bin auch froh. Auch wenn das keine sonderlich große Rolle spielt.«
Daryl sagt dazu nichts. Er starrt in Richtung Tür, glaubt fast, dass sie sich jeden Moment öffnet, um die Blöße, die er sich hier gibt, noch zu verstärken. Aber sie bleibt geschlossen. Sie sind allein. Jesus ist der einzige Zeuge. Und Daryl will ihm glauben, dass er alles, was hier geschieht, für sich behalten wird. Der Mann, der sich über ihn beugt, wirkt nicht wie jemand, der sein Wort bricht, wenn er es einmal gegeben hat.
Der Gedanke beruhigt auf seltsame Art und Weise.
Er wagt es sogar, die Augen zu schließen. Nur für einen kurzen Moment. Ein, zwei Atemzüge lang.
Er schläft ein, ohne es zu bemerken.
Begleitet von fortwährenden, sanften Berührungen.
Und einem sanften Lächeln.
»So ist es gut ...«