Jan 05, 2017 15:36
Fandom: The Walking Dead
Pairing: Daryl/Jesus
Rating: P-12
Warning: Spielt nach dem Halbfinale der 7. Staffel und ist natürlich nur erdacht und nicht Fakt. Auch wenn es mir gefallen würde, Simon mit nem roten Pünktchen auf der Stirn zu sehen. ;')
Prompt: Sollte einer werden, leider weiß ich nicht mehr, wo ich den entdeckt hatte. >_<
Losing my mind just to make sure I don’t lose you
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Alles wird gut. Drei Worte, die ihm in den Sinn kommen, als Rick ihn an sich drückt. Hoffnung ist in den letzten Tagen nicht das Gefühl gewesen, das in Daryls Inneren zwischen all der Erniedrigung, dem Schmerz und dem Frust noch Platz gefunden hat. Jetzt strahlt sie heller als all die Qualen, die er hinter sich hat und er glaubt tatsächlich daran, dass alles wieder gut werden wird.
Oder besser.
Wie formuliert man solche Phrasen in Zeiten wie diesen?
Es ist eine klare Sache. Beißer sind besser als Menschen. Sie sind berechenbar und lassen sich einfach töten. Negan aber spielt in einer ganz anderen Liga - genau wie seine Untertanen. Sie manipulieren, sie töten aus Spaß, sie ...
Daryl verdrängt die Gedanken und blinzelt, als Rick ihn wissen lässt, dass es viele Dinge gibt, über die sie sprechen müssen. Aber er sieht nicht nur ihn an. Sein Blick gleitet an Daryls mittlerweile wieder sauberem Gesicht vorbei, hin zu seinem Retter. Jesus steht etwas abseits und hat das Wiedersehen der aus Alexandria Stammenden mit einem wohlwollenden Lächeln beobachtet. Doch er bemerkt sofort, dass sich die Aufmerksamkeit auf ihn verlagert.
»Wir gehen am besten ins Herrenhaus. Ich schätze, Gregory hat eure Ankunft bereits bemerkt.«
Flüchtig wandert sein Blick zu dem markanten Gebäude und bleibt kurz auf diesem ruhen, ehe sich sein Fokus verlagert. Er betrachtet Maggie, die sich noch etwas von dem Geschehen distanziert. Sie schaut Daryl mit einem warmen Ausdruck in den hellen Augen an, doch ein diffuser Schatten ruht auf ihnen. Vielleicht wird er sie später darauf ansprechen. Er sollte sie so oder so noch in die Pläne einweihen, die er mit Sasha besprochen hat. Aber nicht jetzt.
Auch Daryl blickt dem Jüngeren nach, als er sich zu dem Herrenhaus umdreht und die anderen ihm folgen. Er ... hat sich noch gar nicht bedankt. Er stand gerade noch unter der Dusche, als Rick angekommen ist und das Wiedersehen war wichtiger als alles andere. Und vorher ... war er noch nicht ganz imstande dazu. Die Fahrt auf dem Bike, die Untersuchung durch Doktor Carson, die Dusche, die frischen Sachen, die Jesus ihm geliehen hat - das alles ist wie ein Film an ihm vorbeigezogen und langsam realisiert Daryl, dass er es tatsächlich geschafft hat. Mit der Hilfe von Jesus und der des Anonymen, der ihm den Schlüssel unter der Zellentür hindurch geschoben hat. Er nimmt an, dass er von Sherry oder Dwight stammte.
Jesus hat ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen. Er war für ihn da, ohne irgendetwas dafür zu verlangen. Es gibt nicht mehr viele solche Menschen. Und noch weniger, die richtig damit umgehen können. Daryl selbst hat das Gefühl, es nicht zu können und vielleicht hasst er sich dafür noch ein bisschen mehr als so schon.
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Gregory ist mehr bestürzt als erleichtert. Auf die irritierte Frage hin, was sie alle hier zu suchen haben und ob sie aus allem nichts gelernt hätten, ist es Maggie, die zynisch und furchtbar trocken antwortet.
»Sie sind hier und werden bleiben, solange sie wollen. Finde dich damit ab.«
Hier und da schleicht sich ein amüsiertes Lächeln auf erschöpfte Gesichter. Selbst in Daryl keimt der Gedanke, dass Maggie eine verdammt gute Anführerin abgeben würde. Schwangere Frauen sind erschreckend entschlossen. Aber der Anblick ist auch bitter. Ihm ist durchaus bewusst, dass er indirekt für den Tod von Glenn verantwortlich ist. Ihm kommt es sofort wieder in den Sinn, als er den Ehering an ihrem Finger entdeckt, den sie nicht abgenommen hat. Sie wird ihm das nicht verzeihen. Das spürt er. Er stellt sich etwas abseits, um das Geschehen perfekt im Auge zu haben, aber sein Blick schweift unruhig hin und her. Er ist in Sicherheit, aber sein Verstand scheint noch nicht so weit zu sein, um ihn zur Ruhe kommen zu lassen. Vielleicht passiert das nie wieder.
Erst an einer Person bleibt er wieder länger hängen. Er hört, was gesagt wird, aber nichts davon bleibt in seinen Gedanken hängen. Jesus diskutiert sehr leidenschaftlich mit Gregory, ebenso wie es Maggie tut. Eine Allianz, ein Angriff auf das Sanctuary, ein Ende der Tyrannei.
Das bleibt hängen und mehr muss der Armbrustschütze nicht wissen.
Doch gerade als das Gespräch noch hitziger wird, dringen Geräusche von draußen durch die hohen Fensterscheiben. Geschlossen versammeln sie sich vor den Gardinen, spähen hinaus und ein jeder von ihnen kennt die markanten Fahrzeuge der Saviors. Vier an der Zahl, vollgepackt mit Negans Untergebenen.
»Die Woche ist noch nicht vorbei«, ist das Einzige, was Gregory dazu zu sagen hat. »Was wollen die hier? Seht ihr das? Siehst du, was ihr mit eurer Meuterei erreicht?«
Die Worte richten sich ganz klar an Rick. Daryl macht einen Schritt in die Richtung seines Bruders, doch Jesus kommt ihm zuvor und hält Gregory zurück.
»Nicht er trägt die Schuld daran«, erklärt er schlichtweg und drückt den Anführer des Hilltop auf seinen Sitz zurück. »Vielleicht solltest du darüber nachdenken, in den Ruhestand zu gehen und fähigeren Leuten deinen Posten überlassen.«
»Fähigeren ... was bildest du dir eigentlich ein? Wen hast du im Sinn? Dich? Das hatten wir doch bereits.«
»Nein.« Jesus grinst zufrieden und dreht das Gesicht in Maggies Richtung. Überraschung zeichnet sich auf ihren Zügen ab. Sie versteht es nicht sofort, doch als Sasha neben sie tritt und eine Hand auf ihre Schulter legt, weiß sie es. Maggie erkennt, dass es längst beschlossene Sache ist. »Nicht ich. Sie.«
»Eine Frau? Eine Schwangere noch dazu! Wie soll das enden?«
»So wie es enden muss.«
»Für so einen Schwachsinn haben wir keine Zeit!« Gregory springt wieder auf, schaut ein weiteres Mal aus dem Fenster und richtet sich den Kragen seines Hemds. »Wir müssen sie loswerden. Sie dürfen euch nicht sehen. Vor allem dich nicht, Rick!«
Rick Grimes neigt den Kopf, während er den Finger betrachtet, der vor seiner Nase auf und ab schwebt - so nervös ist der alte Mann vor ihm. Er hebt seine Hand und drückt den Unterarm des Anderen hinunter.
»Ich werde nicht mehr weglaufen.« (Und vielleicht hält Gregory für ein, zwei Sekunden lang die Luft an, ob der Entschlossenheit, die ihm mit gefletschten Zähnen ins Gesicht springt, als sich ihre Blicke begegnen.)
»Damit besiegelst du unser Schicksal ...«
»Dann soll es so sein. Ich weiß, wofür ich kämpfe. Wissen Sie das auch?«
Die Frage schwebt im Raum, während draußen Autotüren geöffnet und wieder zugeschlagen werden.
»Gregory, oh, Gregory! Komm raus, hübscher Mann!«
Dem Alten läuft ein Schauder über den Rücken, als er die Stimme erkennt. Ein flüchtiger Blick bestätigt seine Befürchtung. Es ist Simon. Schon ihr letztes Treffen endete in einem Desaster und er will nicht wieder knien müssen, auch wenn er es täte. Maggie ... so kommt es ihm in den Sinn ... würde es niemals tun. Kurz sieht er zu ihr, erkennt in ihrem Blick dieselbe Entschlossenheit wie in dem von Rick und für einen Atemzug lang glaubt er, dass sie vielleicht wirklich eine bessere Anführerin wäre als er. Aber noch ist das nicht in Sack und Tüte. Das Jetzt ist realer, als ihm lieb ist ... und vor allem unmittelbarer. Sollten sie das Zusammentreffen überleben, hatten sie immer noch Zeit, um über diesen Unsinn zu debattieren.
»Ich werde mit ihnen sprechen. Ihr geht solange in mein Schlafzimmer. Ich bitte euch.«
Rick betrachtet den Mann vor sich. So sehr er auch sucht, aber da ist kein Respekt, dem er seinem Gegenüber entgegenzubringen vermag. Nicht einmal ein Hauch davon.
Wortlos dreht er sich um und Daryl stößt sich augenblicklich von der Wand ab, um den Widerstand, der sich in seinem Inneren flüchtig auftut, sofort im Keim zu ersticken. Er ist bei den anderen. Die Saviors werden ihn kein weiteres Mal kriegen. Und als Jesus an seine Seite tritt und ihre Blicke sich streifen, ahnt er, dass dem Langhaarigen durchaus bewusst ist, was ihm gerade durch den Kopf geht. Aber der klopft ihm nur kurz auf die Schulter, lächelt aufmunternd und drei Worte dringen über seine Lippen.
»Alles wird gut.«
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Jesus irrt sich.
Sie alle irren sich.
Der neu gewonnene Mut schwindet. Sie sind nicht diejenigen, die in der Überzahl sind. Und Simon ist keiner von Negans Anhängern, die man für dumm verkaufen kann. Er kennt Rick und die anderen. Seine logische Schlussfolgerung - hier bildet sich eine Allianz. Scheinbar war sein Gedanke, einen außerplanmäßigen Stopp einzulegen, so brillant wie die meisten seiner Ideen. Negan wird nicht gefallen, was er ihm berichten wird. Und das wird er. Er wird es definitiv.
»Ich schätze, ich sollte euch alle auf der Stelle töten, ehe wir zum Geschäftlichen kommen, nicht wahr, Gregory?«
»Sie ... sie sind nur gekommen, um einen ihrer Freunde abzuholen.«
Rick kann nicht verhindern, dass der Hilltoper hinter ihn zeigt. Da, wo Daryl etwas geschützt von den Anderen im Verborgenen geblieben ist. Ein schwerer Fehler. Simon weiß so gut wie jeder andere Savior, dass Daryl nicht hier sein sollte. So viele Informationen prasseln auf ihn ein, als er den Dixon entdeckt. Und die meisten davon zählen zu den weniger guten Neuigkeiten.
»Wir werden euch bluten lassen dafür. Ihr kommt alle mit.«
Es geschieht so schnell.
Waffen werden gezogen. Schritte näheren sich. Sie gehen davon aus, dass hier keine Waffen existieren, aber sie wissen nichts von der Pistole, die Daryl Rick überreicht hat und die der nun zieht. So schnell und punktgenau, dass er Simons Stirn mittig trifft. Ein Startschuss. Der Rest stürmt vorwärts, überwältigt jene mit Messern, die sich direkt hinter Simon aufgereiht haben, während die hinteren Zeit haben, um zu reagieren. Schüsse zerfetzen die Luft. Schmerzensschreie sind zu hören. Sie lassen sich nicht zuordnen, doch das ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine Panik. Selbst Gregory weiß das, auch wenn er sich gemeinsam mit Maggie ins Haus zurück rettet. Er kann hören, wie die junge Frau ihn anschreit, ob noch irgendwo in seinem Haus Waffen versteckt sind. Er kann nur den Kopf schütteln. Hätte er sie, würde er sie vorbehaltlos hergeben, aber Negan hat sie alle. Sie haben nur Speere und keiner davon befindet sich in seinem Haus.
Speere sind es auch, nach denen die Hilltoper greifen, als sie das Geschehen im Zentrum bemerken. Sie kommen hinter den Trailern hervor, schleudern die Waffen ins Gemenge, treffen ihre Ziele, verletzen, ohne zu fragen, warum.
Daryl vermisst seine Armbrust. Er hätte sie suchen und mitnehmen sollen. Doch nichts hat er mehr gewollt, als von diesem verdammten Ort wegzukommen. Wahrscheinlich hätte er sogar Jesus dort gelassen, wäre er ihm nicht auf der Flucht über den Weg gelaufen. Als er einem Mann sein Messer in den Schädel rammt, revidiert er diesen Gedanken für sich selbst. Nein. Er hätte nach dem Kerl gesucht. Er hat ihn auf dem Dach von Negans Truck gesehen und auch wenn er sich danach nicht mehr blicken ließ, hat Daryl gewusst, dass der Kerl noch irgendwo auf dem Gelände herumirrte, vielleicht alles inspizierte. Vielleicht war er es sogar gewesen, der den Schlüssel für das Motorrad besorgt hat. Daryl sucht in der Menge nach seinem Retter. Als er ihn entdeckt, bleibt sein Herz für ein paar Takte stehen. Jesus liegt auf dem Boden, über sich einen Kerl, der ihn würgt. Schon lange genug, um den Langhaarigen seiner Kraft beraubt zu haben. Die Mütze ist verrutscht. Blut klebt an dem üppigen Bart. Daryl überlegt nicht lang. Er holt aus, schleudert sein Messer in die Richtung des Angreifers und rettet Jesus so das Leben. Ihre Blicke begegnen sich flüchtig und er bekommt ein Lächeln als Dankeschön, das in einem betäubenden Schmerz untergeht, der nur einen Moment später durch seinen Kopf schießt. Ein Tritt. Oder ein Schlag. Alles wird kurz dunkel. Daryl sieht nichts mehr, greift jedoch in irgendein Oberteil und schafft es, sich für einen kurzen Augenblick zu befreien. Er blinzelt seine verschwommene Sicht weg und sieht sein eigenes Messer, das sich im nächsten Moment im Hals seines Kontrahenten versenkt.
Die Stimme von Jesus. »Da hast du es wieder!«
Aber zu welchem Preis?
Sie können einander nicht mehr sehen, als sich das Schlachtfeld zusammenzieht. Michonne lässt ihr Katana tanzen. Blut rinnt über ihren Oberarm, weil eine Kugel sie gestreift hat. Auch in Ricks Gesicht ziehen schmale Blutbahnen zum Kinn. Alles Randeindrücke, die Daryl sammelt, aber es werden weniger.
Bis keiner mehr übrig ist.
Mit gehobenen Waffen sammelt sich Ricks Familie um ihn. So viele Tote und doch wissen sie mittlerweile, dass es nur die Spitze vom Eisberg ist. Sanctuary ist eine Festung mit mehreren Stützpunkten. Die Anzahl der Untertanen lässt sich nicht einmal grob schätzen.
»Ist einer abgehauen oder haben wir alle?«
Rick sieht sich um, blickt zum noch geöffneten Tor und zu den beiden Wachen auf den Türmen. Sie schütteln die Köpfe und schließen das Tor, ehe sich auch noch Beißer ins Geschehen einmischen. Schnell wird klar, dass nicht nur Saviors ihr Leben gelassen haben. Rick ist zugleich entsetzt als auch erleichtert, weil es niemanden von seinen Leuten erwischt hat. Aber Sasha und Michonne sind verletzt. Carl hat seinen Hut im Gefecht verloren und blutet am Kopf. Es sind zwei Hilltoper, die es nicht geschafft haben.
Oder drei.
Als Daryl Jesus regungslos am Boden liegen sieht, lässt er sein blutiges Messer fallen und eilt zu ihm hin. Er hat nicht gesehen, was passiert ist, nachdem der Andere sein eigenes Messer in die Richtung von Daryls Angreifer geschleudert hat. Aber es muss übel gewesen sein.
»Paul!«
»Was ist passiert?«
Sasha geht neben ihm in die Knie und beugt sich ebenfalls über den Bewusstlosen. Blut dringt aus seinem Mundwinkel und seine Kleidung ist voller Dreck.
»Ich ... ich weiß es nicht«, presst Daryl hervor. Er schüttelt Jesus ein wenig, ehe er dessen Oberkörper anhebt und den anderen Arm unter die Knie schiebt. »Wir müssen ihn zu Doktor Carson bringen. Sofort.«
»Ja ... ja, natürlich.«
Sasha, die selbst verletzt ist, rappelt sich wieder auf und blickt zu den anderen. »Alle Verletzten mir nach. Wir bringen euch zum Arzt.«
-
Zeit spielt irgendwann keine Rolle mehr. Jedenfalls für Daryl nicht. Vielleicht wollten Rick und die anderen gar nicht so lang bleiben. Vielleicht ist es auch gar kein lang. Das Einzige, was er tut, ist dasitzen und beobachten - den Mann, der vor ihm im Bett liegt und noch immer nicht sein Bewusstsein zurückerlangt hat. Carson hat von Traumata geredet. Von inneren Verletzungen. Dann hat er sich um die anderen gekümmert und Daryl trug Jesus in seinen Trailer zurück. Und seitdem hat er sich keinen Zentimeter von der Stelle gerührt. Wie lange sitzt er hier schon?
»Daryl?«
Er sieht nicht auf, als er seinen Namen hört, dabei hat er durchaus mitbekommen, dass sich die Tür geöffnet hat und jemand hereingekommen ist. Es ist Ricks Stimme.
»Daryl, geh dich ausruhen. Ich kann eine Weile nach ihm sehen.«
Der Angesprochene schüttelt den Kopf. Aus dem Augenwinkel heraus sieht er, wie sich Rick am Fußende des Bettes niederlässt. Dann spürt er dessen Blick auf sich. Aber sein Eigener ruht noch immer beinahe verbissen auf dem Bewusstlosen, damit ihn kein Funke Leben entgeht.
»Er hat dich gerettet«, sagt Rick leise. »Ich bin froh, dass du wieder bei uns bist.«
»Ich ... habe mich nicht bedankt. Für alles. Und jetzt wacht er vielleicht nicht mehr auf und ...«
»Daryl ... er wird wieder aufwachen.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ihr seid euch ziemlich ähnlich. Er und du.«
Vermutlich. Daryl äußert sich dazu nicht. Ganz ruhig liegt Jesus da. Sein Körper zuckt nicht einmal. Mit einem Lappen hat Daryl ihm das Blut aus dem bärtigen Mundwinkel gewischt, kaum dass er Jesus auf das Bett gelegt und zugedeckt hat. Beinahe friedlich sieht der Braunhaarige nun aus. Die langen Haare haben sich auf dem Kissen verteilt. Nur im Gesicht nicht. Es war eine scheue Berührung, die sie aus diesem gestrichen hat. Daryl hat sie selbst nicht einmal wahrgenommen.
»Daryl, du ...«
»Ich werde nicht weggehen. Ich ... ich muss mich bei ihm bedanken, wenn er aufwacht. Er hat sich um mich gekümmert, als wir hier angekommen sind. Ich war nicht Herr meiner selbst und die Fahrt mit dem Motorrad hat mir auch die letzten Kräfte genommen. Er ist die ganze Zeit da gewesen, hat mich zum Doktor gebracht, mir frische Sachen gegeben. Und ich habe ... es einfach nicht geschafft Danke zu sagen.«
»Ich bin sicher, das verzeiht er dir, wenn er aufwacht.«
Rick blickt zwischen den beiden hin und her. Er kann nichts gegen das leichte Lächeln tun, dass sich in seinen Mundwinkeln festsetzt. »Ich glaube, du magst ihn.«
»Was?«
»Du hast mich schon verstanden. Gut. Ich kann dich nicht zwingen. Aber versuche wenigstens ein bisschen zu schlafen. Du wirst schon nicht verpassen, wenn er aufwacht.«
»Bei meinem Glück werde ich es ganz sicher nicht mitbekommen, wenn ich einmal die Augen zumache. Ich ... ich habe seit Tagen nicht geschlafen.«
Er kann sich nicht einmal daran erinnern, wann er das letzte Mal wirklich geruht hat. Ständig hört er diese furchtbare Musik. Ständig fühlt er sich beobachtet. Es hört einfach nicht auf. Sein Körper ist in ständiger Bereitschaft. Und das ist gut so, wenn man über die jüngsten Ereignisse nachdenkt.
»Wie geht es den anderen? Denen, die verletzt wurden?«
Rick steht langsam wieder vom Bett auf und blickt auf den Mann, den er als seinen Bruder bezeichnet, hinunter. »Ihnen geht es gut. Es reicht zu, wenn du dir um einen Sorgen machst. Ich wünschte, du würdest auch ein bisschen an dich selbst denken, aber das lag dir noch nie.«
»Ach, halt die Klappe.«
Rick schmunzelt, ehe er sich zur Tür begibt. »Werde ich. Bis dann. Ich bringe dir später etwas zu essen. Oder Maggie.«
»Geht klar.«
Da blickt Daryl doch auf und sieht zu Rick. Das seltsame Lächeln gefällt ihm nicht, aber der Andere ist bereits verschwunden, ehe er dazu etwas sagen kann.
Natürlich mag er Jesus. Irgendwie. Und ja ... vielleicht sind sie sich ähnlich. Aber das sind nicht die Gründe, wegen denen er hier sitzt. Er ist es dem Anderen schuldig, dass er auf ihn aufpasst.
Dann sind sie quitt.
-
Sein Körper besteht aus Schmerz. Jesus bereut bei seinem ersten, wieder bewussten Atemzug bereits, dass er aus seiner Ohnmacht erwacht ist. Natürlich hat er kein Zeitgefühl. Er weiß im ersten Moment auch nicht, wo er sich befindet.
Doch er bemerkt, dass er nicht allein ist. Da sitzt jemand auf einem Stuhl neben seinem Bett - die Arme vor der Brust verschränkt und das Kinn auf ihr ruhend. Jesus erkennt eher an den Sachen, die der Mann trägt, dass es sich um Daryl handelt, als am Gesicht oder den Haaren. Ein warmes Gefühl breitet sich in seiner Brust aus, aber er weiß, dass es nicht von langer Dauer sein wird. Es ist nur ein Moment.
»Wie lange war ich weg?«, fragt er leise und nur zum Test. Nach allem, was geschehen ist, liegt ihm nichts ferner, als Daryl aufzuwecken. Er hat nicht damit gerechnet, dass dieser Schlaf nur leicht sein würde. Daryl schlägt bei den Worten sofort die Augen auf und beugt sich ein Stück nach vorn.
»Paul ...«
So viel Erleichterung in nur einem Wort. Jesus stützt sich leise ächzend auf seine Ellenbogen und entscheidet sich dann doch für das Liegenbleiben. Sein Gegenüber sieht aus, als hätte er gerade auch schon einen Protest auf den Lippen gehabt. Das ist fast schon amüsant, wären die Schmerzen nicht.
»Wie lange ... war ich weg?«, wiederholt er seine Frage, als er sich über die Augen reibt und seufzt. »Mist ... ich habe nicht aufgepasst.«
»Du hättest das Messer nicht zurückwerfen sollen«, fügt Daryl hinzu, als er sich noch etwas weiter vorbeugt und in das blasse Gesicht sieht. »Du hast wirklich nicht aufgepasst.«
»Du aber auch nicht.«
Jesus gluckst leise und ächzt ein weiteres Mal. Lachen kann er vorerst von der Liste der Dinge, die er tun kann, streichen.
»Ich weiß nicht, wie lange du weg warst. Ich ... ich war die ganze Zeit hier. Keine Ahnung.«
»Die ganze Zeit?«
Nein. Das hat Jesus definitiv nicht erwartet. Daryl, der vor seinen Augen auf einen Mann eingeschlagen hat, ehe sie gemeinsam das Sanctuary verlassen haben, hat die ganze Zeit hier gesessen und darauf gewartet, dass er aufwacht?
Die Überraschung bleibt dem am Bett Sitzenden nicht verborgen. »Ich ... ich hatte Angst davor, dass ich mich nicht mehr bedanken kann. Dass du nicht mehr aufwachst. Ich ... danke, dass du dich um mich gekümmert hast.«
»Das war ... selbstverständlich.« Jesus ist ehrlich überrascht und normalerweise gibt es nicht viele Dinge, die ihn so aus dem Takt bringen können. »Du hättest dasselbe getan ... denke ich.«
»Du irrst dich. Ich bin ein schlechter Mensch.«
»Ach ... tue ich das?«, hakt Jesus nach solch selbstzweifelnden Worten leise und behutsam nach. Nur keine inneren Dämonen wecken. Daryl scheint voll von ihnen zu sein. »Ich glaube, ich kann Menschen ganz gut einschätzen.«
Ihm ist schwindelig und sein Mund fühlt sich trockener an als die Wüste Nevadas. »Kann ich ... einen Schluck Wasser haben?«
»Natürlich.« Daryl greift Richtung Boden und hebt eine Wasserflasche auf, die er langsam öffnet. Dann steht er auf, setzt sich auf den Bettrand und greift unter Jesus‘ Schulter. »Ich helfe dir.«
Mit der Unterstützung schafft es Jesus in eine aufrechte Position, auch wenn er den Großteil seines Gewichtes auf Daryl verlagert. Sein Bauch fühlt sich an, als würde jemand seine Muskeln zerreißen wollen. Da haben ihn Tritte getroffen. Er erinnert sich vage. Er öffnet zaghaft den Mund, als ihm die Mündung der Flasche sanft von Daryl an die Lippen gehalten wird und der erste Schluck ist eine Wohltat. Ein paar Augenblicke später nicht mehr. Sein Magen windet sich widerspenstig.
»Urgh ...«
»Alles okay?«
»Meine Eingeweide fühlen sich an, als hätte jemand sie auf eine Streckbank gekettet«, murmelt Jesus leise und nach einem weiteren Schluck bettet Daryl ihn auf das Kissen zurück. »Aber vielleicht sollten wir froh sein, dass Negan nicht persönlich hier aufgekreuzt ist.«
Der Klang dieses Namens lässt einen eisigen Hauch durch Daryls aufgewärmtes Inneres ziehen. Mit einem beherrschten Schlucken lenkt er sich von den aufkeimenden Gefühlen ab und lässt den Fokus lieber weiter auf dem Liegenden ruhen. »Ist nur eine Frage der Zeit, bis er feststellt, dass ich nicht mehr da bin.«
»Leider.«
Ein zaghaftes Klopfen unterbricht ihr Gespräch. Beide wenden sie die Blicke zur Tür. Rick öffnet sie und lugt hinein. »Oh, du bist wach. Dann ist es gut, dass mir gleich zwei Portionen mitgegeben wurden.«
Der ehemalige Polizist bemerkt gleich mehrere Dinge, die er unausgesprochen lässt. Die Nähe zwischen den beiden. Die Blicke. Die Tatsache, dass sie wie erstarrt wirken, auch wenn sie sich längst schon wieder entspannen. Ihm entgeht hier gar nichts und für nichts hat er mehr Wohlwollen übrig, als dafür, dass Daryl vielleicht jemanden gefunden hat, dem er sich öffnen ... den er lieben kann. Aber er ermahnt sich selbst dazu, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, sondern tritt stattdessen näher, um den kleinen Korb auf dem Bett abzustellen. Geschnittenes Obst, Brot und Trockenfleisch. Nicht die üppigste Mahlzeit, aber bei so vielen Gästen ist es sicher nicht unüblich.
»Es freut mich, dich wieder bei Bewusstsein zu sehen. Daryl ist keine Sekunde von deiner Seite gewichen.«
»Ja«, entgegnet Jesus leise und ein Schmunzeln zieht an seinen Mundwinkeln. »Das hat er mir schon gesagt.«
»Ich will auch nicht weiter stören. Es ist schon spät. Wir haben bereits Wachen für die ganze Nacht eingeteilt - deutlich mehr als üblich. Noch einmal wird uns keiner so überraschen.«
»Das können sie auch so nicht mehr, denke ich«, murmelt Jesus und um irritierten Fragen vorzubeugen, deutet er zu seinem Mantel, den Daryl säuberlich an den Haken neben einem roten Cowboyhut gehängt hat. »Schaut in der linken Innentasche nach.«
Rick runzelt die Stirn und ist vor Daryl an dem Kleidungsstück. Seine Finger gleiten zum besagten Ort und mit einem verblüfften Glucksen zieht er ein Funkgerät hervor. »Wie ...«
»Habe ich mitgehen lassen. Damit sollten wir alle Gespräche abhören können«, erklärt Jesus, ohne mit einer Silbe darauf einzugehen, unter welchen Umständen er dieses Gerät an sich gebracht hat. Daryls flüchtiges Lächeln bestärkt ihn in der Richtigkeit dieser Entscheidung.
»Das ist genial.« Freude breitet sich auf Ricks Gesicht aus und anders als Daryl, der sich gegenüber Nähe meistens als eher scheu erweist, tritt er an das Bett, beugt sich hinunter und drückt Jesus einen Kuss auf die Stirn. »Ich werde es mitnehmen und mich auf den neusten Stand bringen. Ruht ihr euch aus. Wir reden dann morgen über alles. In Ordnung?«
Daryl liegen Widerworte auf der Zunge, dafür braucht Rick nicht viel Phantasie, aber Jesus kommt dem Älteren zuvor. »In Ordnung. Wir ... reden morgen.«
»Aber ...«
»Du musst schlafen«, wird Daryl unterbrochen. Zeitgleich von Rick und Jesus. Da ist er überstimmt und auch wenn ihm das nicht gefällt, lässt er seinen Bruder ziehen und bleibt mit dem Verletzten allein zurück.
»Du musst dich ausruhen«, wiederholt Jesus noch einmal, dessen Augenlider sich wieder schwerer anfühlen, als ihm lieb ist. »Jetzt weißt du ja, dass es mir gut geht, nicht wahr?«
Er zwinkert und könnte schon wieder lachen, als ein zarter Rotton über Daryls Wangen zieht, ehe der den Kopf wegdreht, in stiller Gewissheit, dass man ihm seine Verlegenheit ansehen kann. »Ja, ist ja gut. Ich lege mich auf die Couch.«
»Das wollte ich hören.«
Jesus schließt die Augen und ächzt leise, als er sich auf die Seite dreht. Er ist so schnell eingeschlafen, dass ihm der lange Blick und eine weitere, flüchtige Berührung entgehen, ehe Daryl sich zum Sofa zurückzieht und sich auf dieses niederlässt.
Er ist müde und muss sich ausruhen - das ist dem Dixon durchaus bewusst.
Aber ein erholsamer Schlaf bleibt ihm verwehrt.
warning: violence,
fandom: the walking dead,
character: daryl,
format: fanfiction,
genre: hurt/comfort,
format: oneshot,
character: jesus,
prompts,
pairing: daryl/jesus