(no subject)

Dec 11, 2005 15:22

11.12.
Dritter Advent, noch dazu ein sehr kalter. Aki lehnte sich an den schock-gefrosteten Baum und wärmte seine Finger an der Flasche Tee, die er mitgenommen hatte. Er kam sich irgendwie billig vor, wie er da so stand und hinüber starrte. Das Eis schimmerte im trüben Licht, die Schnulzen-Musik dudelte aus den Lautsprechern. Die drei Mädchen hatten ihre Schlittschuhe angezogen und tänzelten nun mehr oder weniger damenhaft über die spiegelglatte Fläche. Finnja lachte über etwas, das Nevin ihr im Vorbeifahren zugerufen hatte, ihre Stimme schallte bis zu ihm. Er biss auf seine Unterlippe. War er so etwas wie ein Stalker? Nein, er wollte sie nur wiedersehen, den Fehler, den er begangen hatte ausmerzen. Ihr rotblondes Haar wehte, als sie die Richtung wechselte. Plötzlich ging alles blitzschnell: Die Kufe blitzte auf, verkantete sich im Eis. Ein überraschter Schrei kam aus ihrem Mund, sie ruderte mit den Armen. Er fing an zu rennen, sprang über die Begrenzung. Wie in Zeitlupe sah er sie fallen, die schreckensweiten Augen auf ihn gerichtet. Er wollte sie auffangen, beschleunigte.
"Finnja!"
Genau in diesem Moment schlug sie auf und er war vollkommen hilflos. Sekunden später kniete er neben ihr, beugte sich über sie.
"Finnja? Hey, komm schon-"
"Aki? Ich - Wo kommt das Blut her?"
Er tupfte ihre Lippe vorsichtig mit einem Tempo ab.
"Hört gleich wieder auf, keine Sorge. Kannst du alles bewegen?"
Sie verzog das Gesicht.
"Mein - mein rechter Arm scheint nicht ganz in Ordnung zu sein", presste sie hervor.
Inzwischen waren auch die anderen Beiden bei ihnen angekommen, Freya hatte bereits ihr Handy gezückt.
"... ja, zum Gladiolen-Platz, auf der Eisfläche. Wann? Danke", sie legte auf. "Keine Sorge, Schwesterherz, sie sind gleich da!"
Aki betrachtete Finnja sorgenvoll und strich ihr geistesabwesend ihr Haar aus dem Gesicht. Sie schloss genießerisch die Augen und obwohl man ihr ansah, was sie für Schmerzen hatte, gab sie keinen Mucks von sich. Sie hörten das Martinshorn, das Geräusch wurde immer lauter. Dann knallten Türen, Sanitäter liefen zu ihnen. Das Mädchen wurde auf einer Trage zum Wagen gebracht, Freya begleitete sie.

Nevin nahm einen Schluck Apfeltee und sah ihn nachdenklich an. Sie waren bei Seiferts gelandet, in ihrem warmen Zimmer.
"Warum warst du da?", fragte sie forsch.
"Ich... Ich weiß nicht! Bin zufällig vorbeigekommen-"
"Klar. Nicht mal deine eigene Großmutter würde dir das abnehmen! Warum bist du uns diesmal gefolgt? - Sieh mich nicht so an, ich weiß, dass du es tust, bin ja nicht blind!"
Aki starrte auf seine Hände. Da hatte ihn wohl jemand durchschaut.
"Das ist meine Sache, ja?", fauchte er.
"Schon gut, schon gut! Ich find es ja nicht schlimm, dass du dir Sorgen um sie machst... Aber Freya kann sehr ausfallend werden, seit damals hat sie allen Grund dazu... Kekse?"
Aki nickte betreten. Vorerst durften sie nicht zu Finnja, weil sie keine Verwandten waren. Über eine telefonische Nachricht konnten sie sich auch nicht freuen, weil Handys im Krankenhaus verboten waren. Beide waren nervös, sahen immer wieder auf die Uhr. Endlich klingelte es an der Tür.
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