Gewitterabende

Jun 23, 2008 21:49



Gewitterabende

Fandome: Harry Potter

Rating: P12

POV: Hermine Granger

Summary: Eine Hermine Granger, die den Tod ihrer Eltern noch nicht verarbeitet hat und durch jeden Gewitterabend neu daran erinnert wird...

A/N: Wer sich einmal etwas genauer oder intensiver mit dem Text auseinandersetzt, erkennt vielleicht den einen oder anderen Textpart, der sich nicht nur auf das Gewitter beschränkt.
Dieser Text erzählt von einem Gewitterabend, an welchem Hermine immer wieder den Tod ihrer Eltern erlebt.



Gewitterabende

Der Regen hatte begonnen, als ich nach Hause lief.

Es hatte nur leicht genieselt und doch war auf dem Weg zu dem Haus meiner Eltern mein komplettes Shirt durchnässt.

Ich hasse Gewitter.

Auf den Straßen perlte der Regen weich von meiner Haut und durchfraß den Stoff, der mich bedeckte.

Als ich die Tür aufstieß und meine wenigen Habseligkeiten auf die weißgestrichene Bank im Flur legte, hörte man nicht das geringste Geräusch meiner Ankunft. Das Prasseln des Regens verschluckte alle Laute, die nicht ihm selbst innewohnten.

Vor der schweren Tür zur Bücherei meiner Eltern verharrte ich einen Moment. Alles war dunkel und nur schemenhaft konnte ich die Umrisse der alten Sessel erkennen.
Einen Augenblick zögerte ich noch, dann betrat ich den Raum, und war dabei genauso unhörbar wie wie ich das Haus betreten hatte.

Ich ging an dem verschlissenen Ledersessel vorbei, vorbei an den unzähligen Reihen von Büchern. Als ich an den Bänden entlangschritt, hob ich meinen rechten Arm und strich über ihre fein geordneten Rücken.
Zart, sanft, ich berührte sie kaum.

Es war eine Geste, eine Tradition, die mir noch länger innewohnt als meine zweite Welt.
Die Welt, in welcher ich Dinge tun und geschehen lassen konnte, die den gewöhnlichen Menschenverstand überschreiten mögen.

Ich hasse Gewitter.

Mittlerweile bin ich am Fenster angelangt.

Ich lehne mich an die gedrungene Holzverkleidung, welche den Heizkörper unterhalb des Fensterbretts umfasst.

Die Wärme steigt an meinem Körper herauf, kriecht unter meine durchnässte Haut, den feuchten Stoff und in meine wirren Locken. Ich spüre die geheizte Luft an meinem Hals emporströmen und langsam lege ich meine Handflächen an den hölzernen Fensterrahmen.

Einige Sekunden verharre ich regungslos, schweigend und atemlos, starre auf den prasselnden Regen außerhalb dieser Räume.

Ich hasse Gewitter.

Die alten Tannen vor dem Haus wiegen sich sanft.

Mein Großvater hatte sie mit Hilfe meiner Uroma kurz vor der Geburt meiner Mutter eingepflanzt.

Damals waren sie winzig gewesen, unscheinbar und zerbrechlich.

Heute überragen sie alle Bäume der Straße und bei Unwetter drohen sie umzufallen, zu entwurzeln und zu stürzen.

Jetzt schwanken sie leicht im Takt des Donnergrollens, doch ich weiß, wie es in einigen Minuten aussehen wird.

Ich hasse Gewitter.

Langsam fahre ich mit meinen Handflächen den dunklen Holzrahmen, der die Glasscheibe vor mir begrenzt, entlang.

Millimeter für Millimeter ertaste ich das Holz, spüre die feinen Kerben und Risse, welche sich im Laufe der Jahre eingeprägt haben.

Ich glaubte damals, den Jahrgang und die Herkunft jeder Kerbe benennen zu können.

Wie sehr ich mich doch täuschte.

Es ist viel zu viel passiert, wovon ich nichts mitbekommen habe, wohlbehütet in meinem sicheren, abgekapselten Internat am Ende der Welt. Bewahrt und beschützt von einem alten Mann, der letztendlich sein Leben für uns, seine Schützlinge, gegeben hat.

Meine Fingerkuppen fahren über die tiefste Kerbe des Rahmens und als ich hinunterblicke erhellt ein Blitz meine Sicht.

Merkwürdigerweise erinnert mich der Riss an meine Wunde, die ich mir im letzten Jahr während unserer Jagd zugezogen hatte.

Wenn ich daran denke, zurückdenke an diese Momente, glaube ich wieder das Blut zu schmecken, das meine Lippen, mein Gesicht und meinen gesamten Körper bedeckt hatte und die Schreie in meinen Ohren zu hören, weit, weit entfernt, aber dennoch in tiefer und lebendiger Erinnerung.

Wie schnell die Zeit doch vergeht.

Der Regen prasselt lauter und ich drücke meine Handflächen fest in den aufgesplitterten Riss im Holz.

Ich hasse Gewitter.

Als meine Fingerspitzen wieder den Rahmen entlangfahren, hoch und immer höher, höre ich nichts außer dem Schauer und dem zunehmenden Donnergrollen.

Mein Herz schlägt heftig, als meine Finger den eisernen Griff gefunden haben und binnen einer Sekunde habe ich das Fenster aufgerissen.

Der Regen schlägt mir ins Gesicht, immer noch so sanft und weich, als warte er auf meine Bestätigung meinerseits um an Stärke zuzunehmen.

Da ich sie innerlich bereits unzählige Male wiederholt habe, gewinnt endlich auch der trommelnde Niederschlag an Zuwachs.

Mein Gesicht ist völlig nass, meine Haare kleben in meiner Stirn und ich spüre den Wind auf meiner Haut, als er sich dreht.

Nun prasselt der Regen heftiger gegen mich, nimmt immer mehr an Intensität zu, bis er hart und unnachgiebig auf mich herabschmettert.

Ich hasse Gewitter.

Ich schließe die Augen und widme mein gesamtes Sein dem Schmerz, den schmetternden, zerplatzenden Geschossen des Himmels, die meine Haut aufreißen.

Ich hasse Gewitter.

Nach einer Ewigkeit, einer von mir undeutbaren Zeitspanne, schwinden erst die Blitze und die donnernden Knalle, dann nimmt auch die Stärke des Regens wieder ab.

Sanft umschmeichelt der Regen wieder meine Haut und ich öffne meine Augen.

Halb blind blinzele ich das Wasser fort, das sich in meinen Augenwinkeln verfangen hat.

Dann schließe ich das Fenster und gehe in die Küche herab, um mir einen Tee zu kochen.

Ich hasse Gewitter.

Auf dem Weg durch das menschenleere, erstarrte Haus ändere ich meine Meinung.

Wie jeden dieser Abende.

Ich gehe in den geräumigen Wohnraum und nehme aus dem staubigen Sideboard neben dem aschebedeckten Kamin eine Flasche Frühburgunder, einen Korkenzieher und das daneben für mich bereitstehende Glas.

Wie jeden Abend.

Dann setze ich mich in den Staub vor den umkachelten Kamin und stelle das Glas auf den Flokati neben mir.

Mit einem Handgriff habe ich den Korken entfernt und nehme den herben, ausströmenden Geruch auf, der sich im Raum verteilt.

Die perlende, rote Flüssigkeit fließt mit dem gewohnten Elan in das schmale Glas.

Dabei ignoriere ich gekonnt die dunkelroten Flecken auf dem akkuraten, weißen Teppich.

Tastend streiche ich über den Flokati, nehme einige Zotteln in die Hand und befühle sie.

Und so verharre ich stundenlang, warte auf sie.

Wie jeden Abend.

Die Flasche leert sich mit der Zeit und auch die nächste steht binnen kurzem neben mir.

Dass der Kamin nicht brennt und das Gewitter außerhalb dieses Hauses wütet, darauf entsinne ich mich nicht mehr.

Es könnte mir nicht gleichgültiger und unbedeutender sein, als in diesem Augenblick.

Doch ich weiß, auch dieser Moment geht vorbei.

Denn ich hasse Gewitter.

Gewitter.

Sie bedeuten Neubeginn, künden eine neue Zeit an und bringen frische, unverbrauchte Luft heran.

Deshalb hasse ich sie, denn sie haben mir zwar ein neues Leben aufgezwungen, doch ihnen ihr Altes genommen, ohne ihnen eine Wahl zu lassen.

Ich hasse Gewitter, denn ich möchte nicht diejenige sein, die dieser Naturmacht nicht verknechtet ist.

Ich möchte nicht diejenige sein, die verschont bleibt.

Das Wohnzimmer ist völlig dunkel.

Ich hasse Gewitter.

Denn sie verstecken selbst die dunkelsten Gestalten in den schwärzesten Roben.

Mein Glas fällt klirrend auf die Kacheln.

Ich nehme die spritzende Flüssigkeit wie durch einen Schleier wahr, überschattet von den makabren Erinnerungen, die mein Blickfeld beherrschen, und stoße einen Klagelaut aus, der in einem erneuten Donnergrollen untergeht.

Ich hasse Gewitter.

Ich hasse diese Abende.

Ich liebe euch, Mama und Papa.

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Momentan ist richtig,
momentan ist gut.
Nichts ist wirklich richtig,
nach der Ebbe kommt die Flut.

Am Strand des Lebens,
ohne Grund , ohne Verstand
ist nichts vergebens.
Ich bau die Träume auf den Sand,
und es ist...

Es ist ok, alles auf dem Weg,
und es ist Sonnenzeit,
unbeschwert und frei.
Und der Mensch heißt Mensch,
weil er vergisst, weil er verdrängt.
Und weil er schwärmt und stählt,
weil er wärmt wenn er erzählt.

Ohh, es ist schon ok,
es tut gleichmäßig weh.
Und es ist Sonnenzeit,
ohne Plan ohne Geleit.
Der Mensch heißt Mensch,
weil er erinnert, weil er kämpft.
Und weil er hofft und liebt,
weil er mitfühlt und vergibt.

Und weil er lacht und weil er lebt ,
du fehlst...

Ohh, weil er lacht und weil er lebt,
du fehlst...
*

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