Beautiful Lie

Nov 06, 2011 21:20



Kapitel 5:

“Eine unangenehme Situation - und dazu auch noch in der ersten Stunde” ,murmelte ich mitfühlend, als wir uns auf den Weg zu der großen Halle machten.
“Aber seien wir ‘mal ehrlich - er hätte sich beherrschen müssen, er hätte auch gar nix sagen dürfen - schließlich ist er ein Lehrer...”, meinte Ron überzeugt und schüttelte den Kopf.
Ich zog es vor, zu schweigen und auch Harry schien nichts dazu zu sagen zu haben.
Heute war die Halle nicht sehr belebt, da viele Schüler noch im Unterricht saßen und erst in einer Stunde zum Buffet in die große Halle kämen.
Wir setzen uns und ich griff sofort nach einem Brötchen, um es zu halbieren, dick zu buttern und mit Stachelbeermarmelade zu bestreichen. Dann schob ich es mir in den Mund und hatte die erste Hälfte schon aufgegessen, bevor Harry und Ron überhaupt begonnen hatten sich etwas auf die Teller zu laden.
Ron riss überrascht die Augen auf.
“Du hast heute ja einen Riesenhunger. Oder hast du es eilig?”
Ich nickte zuerst und schüttelte dann den Kopf, da ich ihm nun einmal mit vollem Mund nicht antworten konnte.
“Ich habe mörderischen Hunger”, brachte ich hervor, nachdem ich das Brötchen heruntergewürgt hatte.
Harry und Ron sahen mich verdutzt an, bis Ron den Kopf schüttelte und ebenfalls in sein Brötchen biss.
Ich blieb noch etwa fünf Minuten unruhig an meinem Platz sitzen und rührte gedankenverloren in meiner Teetasse, bis ich plötzlich aufsprang.
“ ’Tschuldigung, Harry, Ron, aber ich muss heute Abend noch die Aufteilung der Schulsprecherpflichten erarbeiten und vielleicht noch mit Filch sprechen.”, sagte ich hastig und wünschte mir gleichzeitig, einfach sitzen geblieben zu sein. Doch auch dann würde sich die Arbeit nicht alleine machen...
“Mit Filch?”, stöhnte Ron und warf mir einen mitleidigen Blick zu. “Du Arme!”
“Also hattest du es doch eilig?“ Harry blickte mich überrascht an.
“Naja”, murmelte ich. “Ich wünschte, ich könnte es einfach irgendwie umgehen. Aber nichts zu tun bringt mich nicht weiter.”
Ich seufzte und hob meine Hand noch einmal zum Gruß, ehe ich zur Flügeltür ging.

~*~

Etwa eine halbe Stunde lang hatte ich regungslos in die tanzenden Flammen des Kamins in dem Gemeinschaftsraum gestarrt, als das Portraitloch aufklappte und ein sichtlich schlecht gelaunter Draco Malfoy den Kopf hindurchsteckte.
“Granger”, schnarrte er.
“Malfoy”, schnaubte ich zurück.
Einige Atemzüge lang blieb er herausfordernd am Eingang des Gemeinschaftsraumes stehen.
Dann wandte er sich um, im Begriff, den Raum wieder zu verlassen.
“Malfoy.”, wiederholte ich bestimmt.
Er blieb stehen.
“Was willst du schon wieder?” Seine Stimme war eiskalt.
‘Oh, wunderbar.’, dachte ich mir. ‘Es scheint beinahe so, als ob er gerade heute richtig schlecht gelaunt ist. Das Schicksal liebt mich.’
Mit einem Seufzer stand ich langsam aus dem warmen Sessel vor dem Kamin auf, in welchem ich es mir gemütlich gemacht hatte. Mein linkes Bein war bereits eingeschlafen, weshalb ich mich etwas schwankend erhob.
Draco Malfoy hob vielsagend eine Augenbraue.
“Wir müssen die Aufteilung unserer Pflichten als Vertreter dieser Schule und ihrer Schüler besprechen.”, brachte ich knapp und förmlich hervor.
Lass’ dich nicht von ihm reizen!
Ich biss mir auf die Lippe.
“So.”, meinte er. “Und das muss jetzt sein?”
“Wann möchtest du es denn besprechen, Malfoy?”, fragte ich betont höflich.
“Jetzt.”, sagte er knapp und setzte sich in den Sessel, aus welchem ich mich gerade erhoben hatte.
Er macht mich wirklich wahnsinnig.
Innerlich köchelnd nahm ich einige Blätter Pergament und eine Feder mit Tinte vom schweren Holztisch und setzte mich auf die Tischkante direkt neben dem Sessel.
Er warf mir einen missmutigen Blick zu.
“Ich habe schon am Montag einen Besprechungstermin bezüglich der Beete und Gewächshäuser mit Professor Sprout ausgemacht, ebenso mit Professor McGonagall bezüglich des Gryffindorhauses und am Donnerstag mit Professor Slughorn wegen der Laborarbeiten.
Mit Madame Pomfrey und Madam Pince müssten wir in der nächsten Zeit eine längere Jahresbesprechung abhalten. Ein Treffen mit Professor Flitwick, dem neuen Pflege magischer Geschöpfe - Lehrer und den anderen Professoren hat noch etwas Zeit, aber wir sollten es noch in diesem Monat erledigen.
Oh, bevor die Quidditchsaison beginnt, sollten wir auf jeden Fall mit Madame Hooch sprechen. Und außerdem mit allen anderen Hauslehrern, um unter anderem die neuen Quidditchteams festzuhalten.
Der Termin für die noch anstehenden Vorbereitungen des Trimagischen Turniers, welches nächstes Jahr glücklicherweise wieder stattfinden wird, ist erst in zwei Wochen.
Ah ja, du kannst dich morgen Abend gegen sieben Uhr mit Mr. Filch treffen und die neuen Verbote notieren. Nimm’ genug zum Schreiben mit.
Das wäre es dann soweit... der Rest wird sich in einigen Wochen ergeben.”
Ich blickte von meinem Pergament auf, welches ich quer mit Kringeln und Linien beschriftet hatte und fing sofort Malfoys spöttischen Blick ein.
“Um Professor Slughorn kann ich mich kümmern, aber ich werde sicherlich keine Stunde mit Filch verbringen.” Er verzog seine Lippen zu einem überheblichen Grinsen.
“Nun, das ist ein Problem.”, entgegnete ich zuckersüß. “Ich nämlich auch nicht.”
Einen Augenblick lang herrschte eisiges Schweigen.
“Stell’ dich nicht so an, Granger, du kannst doch alles. Ein missmutiger Mann wird dir schon nicht den Abend verderben.” Immer noch hielten wir Blickkontakt, ohne zu blinzeln. “Schätze dich glücklich, dass er sich überhaupt bereit erklärt hat, ihn mit dir zu verbringen.”
Abrupt stand ich auf und überwand den verbleibenden Meter ihm mit einem Schritt.
“Pass bloß auf.”, zischte ich. “Bilde dir ja nicht ein, du könntest mich weiterhin so von oben herab behandeln.” Er starrte mich kalt an, doch seine Augen waren etwas geweitet. “Ich werde meinen Abend sicherlich nicht mit Filch alleine in seiner erbärmlichen Folterkammer verbringen.”
Ich drehte mich schwungvoll auf dem Absatz um und stürmte auf meine Räume zu.
Bevor ich die Tür erreichte und sie demonstrativ laut nach mir schloss, vernahm ich noch die  Worte von Malfoy, welche mich für einen Moment gehörig aus der Bahn warfen.
“Dann bis morgen Abend, Granger.”

*
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