Tag 55: Die Besteigung des Xishan

Oct 19, 2010 18:14

Das Wandern ist des Müllers Lust!
...aber auch des Sandanuwans, des Hadas, des Inabas, des Udomsins, des Trịnhs und des Lis.
Vor 3 Tagen - also an Tag 53 - haben wir unser Vorhaben, auf den Xishan zu klettern, in die Tat umgesetzt und sind mit 7 Personen losgezogen.

Der Xīshān, 西山, zu Deutsch "Westberg" oder "Westberge" (Chinesisch hat ja normalerweise keinen Plural) ist ein Bermassiv im Westen Kunmings. Ich war mit Haiyan schon mal dort in der Nähe auf Tempelbesuch. Der Xishan selbst liegt 2511 m über dem Meeresspiegel, das sind 614 m über der Durchschnittshöhe Kunmings. Damit wirkt der Berg gar nicht so hoch. Der ganze Berg ist - wie soll es auch anders sein in China - für den Tourismus kommerzialisiert und es gibt kleine Restaurants, gepflasterte Wege und Autostraßen, sowie kleinere Tempel, Märkte mit Kitsch und sogar eine Seilbahn, die nach oben führt.


Um kurz nach 9 Uhr morgens ging's los, mit von der Partie waren Amila (Sri Lanka), Takumi (Japan), Herr Inaba (Japan), Latthana (Laos), Hoa (Vietnam), meine Wenigkeit (Esperantujo Deutschland) und später kam dann noch Haiyan (China) hinzu. Theoretisch hätten noch zwei Koreaner und einige Thais mitgesollt, letztere konnten (oder wollten? - da sind wir uns nicht ganz sicher) leider nicht. Mit dem Bussystem ging's dann zur nächstgelegenen Haltestelle (高峣, Gāoyáo), von dort sind wir dann die Straßen/Wege hochmarschiert. Also wirklich Straßen (wenn auch nicht dicht befahren), keine Wanderwege oder Waldpfade. Trotzdem immer im Wald. Am Wegesrand gab's Springkraut, wovon meine Kommilitonen (inkl. Chinesin) noch nichts wussten. Besonders Takumi war äußerst erstaunt. Beim Hochklettern ging zumindest mir sehr schnell die Luft aus - also vielleicht doch ein Effekt der großen Höhe?


Die Aussicht war recht schön, wir konnten schon auf halber Höhe den dem Xishan zu Füßen liegenden Dian-See (滇池, Diānchí) sehen, dem sechstgrößten See Chinas. Und auch von Kunming konnte man einiges sehen. Was leider die Sicht behinderte, und das kann man auf dem Foto auch gut sehen, ist die unheimlich diesige Luft über der Stadt. Unheimlich ist hier in Relation zu deutschen Städten wie Leipzig (oder Altenburg ☺) zu sehen: eine Dunstglocke liegt über der gesamten Stadt und wird wohl auch der Grund sein, warum spätabends der Himmel leicht rosagefärbt erscheint. Kunming ist an sich aber eine sehr saubere Stadt, verglichen z.B. mit Peking, Shanghai, Chengdu oder Tianjin, so erzählt man mir jedenfalls immer. Wenn man aber nicht grad an der Autobahn steht, ist die Kunminger Luft eigentlich atembar, ich hab keine Beschwerden deswegen.


Auf unserer Tour nach oben gab's auf halber Höhe etwa plötzlich sowas wie ein kleines Dorf oder einen Markt, auf dem allerlei Schnickschnack feilgeboten wurde. Wegelagerer, ich meine, Frauen und Männer am Wegesrand versuchten uns ständig in ihre kleinen Restaurants oder Imbissstuben zu locken, einer sind wir dann auch gefolgt... ganz nah sei es. 10 Minuten später kamen wir dann an in einem Hinterhof, in dem Alt und Jung Tischtennis (lustig: 乒乓球, pīngpāngqiú), Pool-Billard und Mahjongg (麻将, májiàng; Spielregeln hier) und Karten spielten. Wir haben Reis und Fleisch und Gemüse bestellt und wartend den Leuten beim Mahjonggspielen zugeguckt. Das geht bei denen ja so schnell, da bin ich neidisch. Irgendwann werd ich das auch noch mal spielen, hier. Das Essen selbst, als es dann kam, war wirklich sehr sehr lecker. Man kann in China wirklich Komfort nicht mit Leckerheit (gibt's das Wort?) gleichsetzen. Leider hab ich von dort kein Bild, weswegen hier links ein Bild von einem kleinen Tempelchen mitten im Fels herhalten muss: es ist der 真武殿 (Zhēnwǔdiàn), was auch immer das bedeuten mag ("Tempel der wirklichen Kampfkunst?").


Irgendwann haben wir gemerkt, dass wir total viel Zeit vertrödelt haben und immer noch nicht an der Spitze waren. Also haben wir die Seilbahn genommen, was eigentlich ziemlich cool war. Es ging langsam voran, man konnte die Landschaft genießen, Fotos und blöde Witze machen. Es fühlte sich auch sehr sicher an. Haiyan neben mir war die Fahrt nicht so ganz geheuer. Die haben auch Fotos gemacht, die man sich dann für teure 15 Yuan (1,63 €) ausdrucken und laminieren lassen konnte. Ist ein hübsches Bild geworden. Leider sind wir nicht wirklich an der Spitze angekommen, dafür relativ weit oben, naja... Der Abstieg war dann etwas beschwerlich, und ging mir vor allem in die Knie, autsch.

Weil wir so spät (nach 20 Uhr) ins Wohnheim zurückkamen und übelst kaputt waren von dem Langen Marsch (oder sollte ich sagen Die Reise nach dem Westen?), hatten wir nichts zu essen. Dafür gab's eine Überraschung an der Tür: zwei Schachteln Reis und Nudeln für Takumi und mich von Pornsupa und Suttida! Die haben auch noch für Amila gereicht. Danke, liebe Thais! =)

Übrigens noch eine Schweinerei: meine Kamera ist schon wieder kaputt, selber Fehler: die Linse klemmt fest. Ich habe noch Garantie (d.h. eine kostenlose Reperatur in den nächsten 3 Monaten), werde also noch mal hinmüssen. Geht sie danach wieder kaputt, kauf ich mir 'ne neue.

Zurzeit geht hier übrigens ein schlimmer Virus um, wie's scheint, Thilina hat's als erstes und am schwersten erwischt, er lag mehrere Tage flach und musste jeden Tag für 'ne Injektion in die Uniklinik. Danach war Takumi dran, dem's immer noch etwas schlecht geht. Hierauf folgten Suttida, Pornsupa und ich. Ich war heute auch nicht beim Unterricht, wollte mich im warmen, weichen Bett auskurieren. Jetzt ist's etwas besser.
Übrigens ist hier die erste Frage, wenn man sagt, dass man krank ist oder sich nicht gut fühlt, immer: 你吃药了吗? (Nǐ chī yào le ma?) = Hast du Medizin genommen?

Eine kleine Neuigkeit noch: ich habe mich weinenden Auges von meinem deutsch-chinesischen ANKI-Deck verabschiedet. Es waren einfach zu viele Vokabeln pro Tag, ich musste eins loswerden. Da bei meinem Deck Chinesisch für Deutsche 1+2 schon seit zwei Monaten keine neuen Vokabeln mehr kommen (d.h. ich hab sie alle durch), verzichte ich aufs Wiederholen der alten und konzentriere mich auf meine drei anderen Vokabeldecks (zwei Chinesisch, eins Thai).

china, german

Previous post Next post
Up