Fandom: Harry Potter - Scandalous AU
Charas/Pairing: Sury, Elle; Corfair
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daswaisenhaus Prompt #_0051: Faszinierend, wie sie sich unter Kontrolle hatte, faszinierend ihre perfekte Fassade. Sury will nicht nur herausfinden, ob in Elle ein Vulkan steckt - sie will ihn ausbrechen sehen.
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FASSADE
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Elle konnte sie auf den Tod nicht ausstehen, das wusste Sury - genau wie sie wusste, dass sie sich darauf etwas einbilden konnte (aber nicht sollte, da sie doch eigentlich über diesem ganzen Scheiss stand ... zumindest idealisierte Ich ihrer tagverträumten Vorstellungen).
Wenn man Elle Mayfair war, nahm man in erster Linie die wichtigen Leuten wahr; solche, die einem von gutem Nutzen waren, und solche, die einfach nur den richtigen Namen trugen. Alle anderen wurden schlichtweg übersehen, auch diejenigen, die in aller Öffentlichkeit einen Angriff wagten. Wozu hatte Elle schliesslich ihr Gefolge? Sie machte sich bestimmt nicht selber die Finger schmutzig, das wäre très lachhaft gewesen. Solcherlei war unter ihrer Würde.
Aber Sury nahm sie wahr.
Nicht, dass Sury das interessierte.
(Fast gar nicht. Wirklich.)
»Was meinst du, Carl?« Sury tippte der Ratte auf ihrer Schulter sachte auf den Kopf und nahm einen tiefen Zug von ihrer Kippe, während ihr Blick Elles stolzierenden Schritten folgte. »Ob sie bloss eifersüchtig auf meinen natürlichen Charme, meine Grazie und meine umwerfende Persönlichkeit ist?«
Sicher.
»Vielleicht steht sie ja auf mich?«, überlegte sie weiter, mehr so aus Spass und Langeweile, im Ernst (obwohl, Mayfair war ja nicht eben hässlich und hatte das gewisse Etwas, wenn auch ein sehr arrogantes Etwas). »Vielleicht denkt sie, wenn sie mich nur lange genug neckt, werde ich sie eines Tages plötzlich lieben?«
Ach, das war doch Blödsinn. Wenn sie so weiter machte, würde man bald behaupten, sie wäre genauso auf Mayfair fixiert, wie Mayfair auf sie.
(War sie nicht. Auf Merlins String geschworen.)
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»Hey! Mayfair!«
Verdammt, so viel zu Scheiss auf Mayfair, interessiert mich nicht! ...
Elle war mit ihrem Gefolge im Schlepptau an ihr vobei stolziert, wobei sie wie immer weder das Wort an Sury gerichtet noch das Gesicht zu ihr gedreht hatte - doch sie hatte sie beim Näherkommen direkt angesehen, den Blickkontakt so lange aufrecht erhalten, wie es die menschliche Anatomie zuliess, und in ihren Augen hatte es wie stets in solchen Momenten geblitzt, das dunkle Strahleblau hatte sich in pulsierende Energie verwandelt, ihre Pupillen hatten Sury verschluckt. Elle sah nur Sury so an, und Sury wurde nur von Elle so angesehen, und wäre der intensive Blick nicht so voller Verachtung und Geringschätzung gewesen ... er hätte Sury gefallen können.
(Igitt, das zu zugeben, auch wenn nur sich selbst gegenüber, da fühlte man sich ja richtig schmutzig und verklebt.)
Jedenfalls. Heute war ein mieser Tag. Sury war das Gras ausgegangen, ihr Lieferant war auf der Suche nach Nessie in irgendeinem Moor verschollen, Carl hatte die Phiole mit dem Heiltrank verschüttet, der nicht wenig von Surys Halbjahresnote ausmachte ... und Zeit für einen Orgasmus hatte sie das letzte Mal vor zwei Wochen gehabt, weshalb sie hätte töten können, wenn nicht schon vögeln, irgendeinem niederen Trieb musste sie einfach bald nachgeben. Dass sie über Mayfair über den Weg gelaufen war, war heute einfach zu viel des Guten.
»Hey!«, schrie Sury wieder stampfte durch den Regen. Ihr unsichtbares Schutzschild vor dem Wetter war durch ihre Wut einfach verpufft, binnen Sekunden klebte ihr Haar am Kopf, die Wimperntusche auf den Wangen und das dünne, herbstuntaugliche Shirt am Körper. Mayfair dagegen sah natürlich perfekt aus in ihrer regenfreien Blase mit kuscheligen Temperaturen; sie trug nicht einmal Strumpfhosen, während Sury so stark zitterte, dass sie aufpassen musste, sich nicht die Zunge abzubeissen. »Mayfair, ich rede mit dir! Bleib gefälligst stehen!«
»Zurück!«, zischte das Gefolge unisono, und sofort richteten sich ein Dutzend Zauberstäbe auf Sury.
Oops.
Elle drehte sich um, lächerlich langsam, sie musste sich ja immer ums Verrecken dramatich in Szene setzen, Merlin, verdammt, und sah Sury ausdruckslos an, nicht mal genervt oder gelangweilt schien sie, denn so viel Regung und Aufmerksamkeit hatte jemand wie Sury offiziell schliesslich nicht verdient. Elles Fassade war undurchdringbar, niemand würde sie je dazu bringen, die Kontrolle zu verlieren ...
... zumindest nicht, so lange es Zeugen gab.
»Es geht um die Extrapunkte«, improvisierte Sury, die vagen Umrisse eines Planes im Kopf, »wenn du dein Zeugnis nach wie vor ausschmücken willst, muss es jetzt und sofort sein, solange ich noch high bin. Sobald ich wieder klar denken kann, schmeisse ich eher das Studium hin, als dir zu helfen.«
Blöde Idee. Mayfair würde niemals -
»Ein Vorschlag meiner Mutter«, erklärte Elle an Gwen gewandt mit einem kleinen genervten Seufzen und verdrehte die Augen. Sie hatte nicht den Bruchteil einer Sekunde gezögert; sie war so selbstverständlich und glaubhaft auf die Lüge eingegangen, dass Sury sich zu erinnern versuchte, ob da nicht vielleicht tatsächlich eine Vereinbarung für Extrapunkte getroffen worden war. »Sie meint, es mache sich gut, wenn ich lernbehinderten und verhaltensgestörten Stundenten ein paar Stunden lang beim Brauen von Tränken zuschaue und unterstütze.«
Gwen verzog das Gesicht. »Das sollst du nötig haben?«
»Nötig nicht«, sagte Elle von oben herab, »aber seit wann gebe ich mich mit dem Nötigsten und nicht mehr zufrieden?«
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»Ich muss meine Kleidung verbrennen und in Desinfektionsmittel baden«, verkündete Elle, kaum dass Sury die Tür zu ihrem Zimmer im Wohnheim geschlossen hatte. Sie stakelte auf ihren edlen Pumps über irrsinnige Umwege - bloss nicht auf Schokoladeverpackungen treten, davon könnte man zunehmen! - zur Raummitte und hob mit spitzen Fingern zu beiden Seiten die Hände hoch, als könnten jeden Moment die Wände auf sie zukommen und hier einsperren. »Wie kannst du bloss so leben? Bist du denn kein Mensch?«
Davon abgesehen, dass Sury sich am Nachmittag ihrem Frust hingegeben und danach die Fetzen von düner Silberfolie und die leeren Weinflaschen nicht weggeräumt hatte, sah es im Zimmer doch recht ordentlich aus. Es lag keine Schicht aus getragenen Klamotten auf dem Boden aus, das Bett war frisch bezogen, der Aschenbecher geleert. Sogar in Carls Ecke war alles so weit sauber und aufgeräumt.
»Entschuldige vielmals, mein Wohnheimmädchen ist kürzlich verschieden, an einem eingerissenen Fingernagel gestorben, stell dir vor, schreckliche Tragödie. Aber Daddy hat dafür gesorgt, dass ein abgerichteter Hauself andere Hauselfen darauf abrichtet, hier bald im Mayfair-Standart sauber zu machen.« Sury setzte ein strahlendfalsches, dümmliches Lächeln auf. »Soll ich dir jetzt dabei helfen, dich auszuziehen und alles zu verbrennen?«
Elle sah sie kühl an. »Es keine Feuermelder?«
Halt, stopp, das war doch nur ein beschissener WITZ!, wollte Sury ausrufen ... und dachte gleich darauf: Ist das so ein dämliches Psychospielchen für Anfänger? Nur zu, Mayfair, versuch doch, dich mit mir anzulegen!
Sury würde auf keinen Fall als erste die Notbremse ziehen und sich als kleinen, verklemmten Feigling präsentieren. Sicher rechnete Elle fest damit, dass Sury Würgegeräusche oder dergleichen machte und sie gleich darauf vor die Tür setzte, vollständig angezogen und feucht von ihrem lachhaften »Sieg« über die wertlose, schmuddelige Dealerin von Nebenan.
»Keinen, der aktiviert ist«, erklärte Sury mit einem Schnippen ihres Zauberstabes. »Also?«
Elles Gesicht war eine Maske, aber Sury hätte schwören mögen, dass ihre Augen belustigt lächelten. Sie drehte ihr den Rücken zu, blickte über die Schulter und sagte: »Reissverschluss?«
Okay.
Sury trat hinter sie, zog den Reissverschluss auf ganzer Länge runter, und schob Elle, da sie schon mal dabei war und genauso gelassen wirken wollte wie das rothaarige Miststück, die Träger von den Schultern. Ihre Hände folgten ihnen Elles Arme entlang, strichen über die streichelzarte, blasse Haut. Ohne darüber nachzudenken - offensichtlich -, schob sie sich enger an Elles Rücken, nah genug, dass ihre Nasenspitze das wiche, duftende Haar berührte.
»Corvs - «
Was zur Hölle tat sie da?
Sury zog sich ruckartig zurück, stolperte dabei über ihre eigenen Füsse und landete schmerzhaft auf dem Hintern. Ach. Du. SCHEISSE. Hatte sie es nach zwei Wochen denn wirklich schon so sehr nötig, dass selbst ELLE ICH-BIN-TRÈS-FANTASTISCH MAYFAIR anziehend auf sie wirkte?!
»Ich wollte nur sagen, dass das Kleid nicht über meine Hüfte rutschen kann, wenn es zwischen uns eingeklemmt ist.« Elle blickte in aller Unschuld auf Sury herab, das reinste Vergnügen in den Augen, und trat aus dem Kleid zu ihren Füssen raus auf Sury zu. Sie legte leicht den Kopf schräg, ihre Finger spielten an ihrer übertrieben pompösen Kette herum. »Ich trage noch mehr, das verbrannt werden muss, Corvs.« Ihre freie Hand fuhr am Bund ihres Spitzenhöschens entlang. Nur in Unterwäsche und hohen Schuhen, perfekt frisiert und mit Schmuck behangen, tausend Versprechen auf den Lippen, sah sie unglaublich obszön und ästhetisch gleichzeitig aus, vor allem wenn man wie Sury direkt vor ihr lag und zu ihr aufsehen musste. »Ich muss doch wohl nicht allein mit dem Rest zurecht kommen?«
»Alles andere ist wirklich nur Fassade, was?«, fragte Sury murmelnd, halb Elle, halb sich selbst.
Jetzt lächelte Elle tatsächlich, herausfordernd und stichelnd. »Das kannst du nicht wissen.«
»Bis ich es erlebt habe.«
Aber das bedeutete trotzdem nicht, dass Sury sich auch nur ein Fitzelchen für Elle interessierte. Echt.
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