TITEL: Sins - Far Away From Innocence
FANDOM: Twilight Saga
GENRE: Mystery, Drama
RATING: P-16
CHARAS: Cullens, Bella Swan, Jacob Black, Volturi
SUMMARY: Es ist mehr als ein Jahrundert her, seit Bella Edward verlassen hat, um als Mensch weiterzuleben. Edward weiss nicht mehr, als dass sich stets mindestens ein Werwolf in ihrer Nähe befunden hat. Als er eines Nachts ein Mädchen vor Vampiren rettet, überschlagen sich die Ereignise jedoch und alte Fragen scheinen endlich beantwortet werden zu können. War Bella in ihrem Leben nach Edward tatsächlich glücklich? Die Wege Vieler kreuzen und vereinen sich - bis schliesslich alles in ein grosses Finale mündet.
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SINS - FAR AWAY FROM INNOCENCE
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Kapitel Eins.
Desire.
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Denali. Jetzt.
Schleppend war sein Schritt, zerrissen seine Kleidung, zerschunden sein Oberkörper. Er war ein dummer Idiot. Ein dummer, törichter Idiot, der den Helden spielen musste.
Wofür?
Das blutbefleckte Bündel in seinen Armen atmete unregelmässig und schwer. Womöglich würde dieses Mädchen die Nacht nicht überleben. Und dann war wirklich alles umsonst gewesen.
»Was musstest du auch nachts durch die Stadt schleichen?«, fragte er in die Stille hinein.
Fast schon war er stolz darauf, ihrem Blut wiederstehen zu können. Ein guter Duft, wie er befand. Leicht ungewöhnlich, frischer als jenes der meisten anderen Mädchen. Eine Erinnerung entstieg seinem Gedächtnis, die Erinnerung an einen Duft, der diesem nicht unähnlich war. Er überlegte. Nein, dieser Duft war dem ihren sehr ähnlich, nur war die Intensität um einiges weniger stark. Oder er hatte gelernt, sich besser zu beherrschen. Eines davon musste es sein, welches genau, spielte keine Rolle.
Die Augen des Mädchens zuckten unter den geschlossenen Lidern hektisch hin und her. Träumte sie? Edward versuchte, in ihren Gedanken zu lesen - und scheiterte! Es war, als hätte das Mädchen einen Schutzwall um sich errichtet, der ihn daran hinderte, mehr über sie zu erfahren, als sie preisgeben wollte. Verdammt! Die Erinnerung durchzuckte ihn wie ein heisser Schmerz.
Bella, so lange schon…
Nein, sagte er sich und schüttelte den Kopf. Das hat absolut nichts mit Bella zu tun. Ein Zufall. Vielleicht bin ich nur zu erschöpft vom Kampf. Oder dieses Mädchen ist dem Tod bereits zu Nahe, als dass sie noch Gedanken hätte.
Zur Zeit lebten die Cullens in Alaska. Tanyas Clan war das letzte Mal vor etwa 80 Jahren hier gewesen. Drei, im allerhöchsten Fall fünf, Jahre könnten sie noch hier bleiben, dann müssten sie wieder von Vorne anfangen. Edward hatte es nicht besonders gewundert, als er in dieser Nacht auf eine Horde Vampire gestossen war. Eigentlich hatte er nur Jagen gehen wollen, doch durch die tiefhängende Wolkendecke, war Alaska weltweit ein beliebter Aufenthaltsort für seinesgleichen. Den meisten Vampiren konnten sie klar machen, dass sie in ihrer Umgebung keine Streifzüge auf Menschen duldeten. Auch unter Vampiren gab es eine Art Revierverteilung, und Denali gehörte ganz klar den Cullens - für den Moment zumindest. Wenn es dann doch mal ab und an einen Vampirclan gab, der sich nicht fügen wollte, konnten sie immer noch auf Jaspers Fähigkeiten zurückgreifen. Das einzig Seltsame an dem eben vorgefallenen Geschehen war, dass Alice es nicht hatte kommen sehen. Sonst hatten sie immer ein paar Tage Zeit gehabt, um sich auf den Besuch vorzubereiten, nicht aber dieses Mal. Womöglich hatte der Clan spontan beschlossen, einen Abstecher nach Denali zu unternehmen?
Das Mädchen regte sich. Ein leises Seufzen entwich ihm, doch seine Augen blieben geschlossen.
»Versuche dich nicht zu bewegen«, bat Edward und kam sich gleich daraufhin idiotisch vor. Mit Sicherheit konnte sie ihn nicht hören. »Wir sind bald da, dann kann dir geholfen werden.«
Wider Erwartens schien sich der Körper in seinen Armen aber tatsächlich etwas zu entspannen. Gut, dachte Edward und beschleunigte seine Schritte. Vielleicht konnte sie ja wirklich noch gerettet werden. Hatte Carlisle nicht schon so manches Wunder vollbracht?
Keine zehn Minuten später wurde die Tür des Cullen Hauses von innen aufgerissen.
»Endlich!«, sagte Carlisle und nahm Edward den Ballast ab, der für einen Vampiren im Grunde nicht viel schwerer als pure Luft war. »Alice hat gesehen, wie du etwas durch die Strassen trägst!«
»Und keiner von euch ist auf die Idee gekommen, mir entgegen zu kommen?« Edward schnaubte, doch wirklich Gedanken machte er sich deswegen nicht. Seine Muskeln spannten sich reflexartig an, als er Carlisle bei der Verarztung zusah, so, wie er es eigentlich nur gewohnt war, wenn ihm seine Instinkte Gefahr ankündigten.
»Wird sie durchkommen?«, fragte Esme, die soeben mit einem feuchten Tuch gekommen war.
Alice schloss konzentriert die Augen, und versuchte, eine Vision zu erlangen, Edward folgte ihren Gedanken. Nur verschwommen und schemenhaft formten sich Bilder in ihrem Kopf. So etwas hatte sie erst einmal erlebt. Der Name Bella war nichts als ein flüchtiges Aufleuchten in ihren Gedanken, doch Edward hörte es sofort und drehte abrupt den Kopf zu seiner Schwester.
Tut mir leid, dachte sie schnell. Es ist nichts Besonderes, nur…
»…ich kann keine deutliche Vision von ihr haben.«
»Nicht?« Esme wurde unruhig. »Edward, kannst du…?«
Er schüttelte den Kopf. Esmes Unruhe stieg, und auch ihr schoss wie Nebenbei Bella… durch den Kopf.
»Ihr wisst, dass das kaum möglich ist«, sagte er, ohne dass man ihm die Betrübnis hätte anhören können. Esme aber war seit genug Jahrzehnten Mutter, um die unausgesprochenen Sorgen und den Kummer ihrer Kinder rauszuhören.
»Wieso?«, startete sie einen kleinen Versuch. »Sie könnten miteinander verwandt sein, so gross der Zufall auch wäre.«
»Und wenn auch«, erwiderte Edward. »Sie könnte Bellas Zwillingsschwester sein und doch wäre sie nicht im Geringsten so wie Bella.«
»Was habt ihr denn hier angestellt?«, erklang vom Flur her die dunkle, samtene Stimme Emmetts. »Wieso riecht es hier so nach Blut?«
Er, Jasper und Rosalie betraten das grosse, geräumige Wohnzimmer. Sofort blieben sie stehen, als sie sahen, was Carlisle, der ihnen den Rücken zuwandte, da tat.
»Was ist los?«, fragte Jasper an Alice gewandt.
»Ich… Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung«, gestand sie. »Edward?«
»Ich war auf der Jagd.« Er kniff die Augen zu, als studierte er angestrengt. »Nahe des Naturschutzgebietes bin ich auf die Fährte von Vampiren gestossen, ganz frisch. Ich bin der Spur gefolgt und geradewegs in einen fünfköpfigen Clan gerannt. Sie wollten sie - « Er deutete zum Sofa und schauderte » - gerade töten. Ich hätte mich nicht einmischen sollen.«
Edward knirschte wütend mit den Zähnen und sah auf seinen Oberkörper. An manchen Stellen konnte man die frischen Vampirbisse sogar unter seinem weissen Hemd grell-rot aufleuchten sehen.
»Was weiss ich, was mich geritten hat. Jedenfalls bin ich da mitten rein und habe mir das Mädchen gefasst.«
»Fünf?«, wiederholte Emmett beeindruckt. »Und es sind noch alle Arme und Beine an drin dran? Dir fehlt nicht einmal ein Finger? Nichts?«
Edward lachte trocken auf. »Jung, dumm, unerfahren. In dem Sinn keine grosse Sache. Trotzdem, das können wir nicht so beruhen lassen. Wenn wir nichts unternehmen, schlachten die wahrscheinlich halb Denali ab.«
»Du hättest dabei draufgehen können, Edward!« Jasper besah sich seine Wunden. »Das war völlig unüberlegt.«
»Jasper«, wurde er von seiner Freundin unterbrochen. »Hätte Edward das arme Mädchen denn einfach sterben lassen sollen?«
Besser sie als er, murrte er, was ihm einen finsteren Blick von Edward einbrachte.
»Ich bin sicher, sie kommt durch«, sprach Carlisle mit klarer, erleichterter Stimme und unterbrach somit einen drohenden Meinungsaustausch zwischen den beiden Brüdern, der vermutlich wie so oft im Streit geendet hätte.
»Ist es sehr schlimm? Hat sie Gift abbekommen?«, fragte Esme besorgt und setzte sich auf die äusserste Kante des Sofas. »Jetzt, wo das Blut weg ist, sieht sie fast ganz gesund aus.«
»Sie hat viele gebrochene Rippen. Ihr linkes Handgelenk und die linke Schulter haben ganz schön was abbekommen. In ihrem Schulterblatt steckte ein gesplittertes Stück Holz. Sie hatte Glück.«
»Wieso haben diese Bastarde sie nicht einfach gleich getötet?«, rief Rosalie fassungslos dazwischen. »Mussten sie sie vorher wirklich erst noch quälen und foltern?«
»Wer sich erst mal dazu entschieden hat, seine bestialischen Seiten auszuleben, kennt meistens keine Grenzen.« Carlisle schüttelte betrübt den Kopf. »Wir sollten sie sicherheitshalber ins Krankenhaus bringen. Möglicherweise hat sie innere Blutungen.«
Unter grösster Vorsicht trug Carlisle, in Begleitung von Esme und Rosalie, das bewusstlose Mädchen zu seinem Wagen.
»Meldet euch«, sagte Alice noch leise, ehe die Tür ins Schloss fiel.
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Edward starrte zum Fenster raus. Unweigerlich fühlte er sich an Forks erinnert, und das, obwohl der Himmel heute sternenklar war. Trotzdem, irgendwie verband er es mit Forks. Wie lange waren sie nicht mehr dort gewesen? 80 Jahre etwa. Und davor waren es weitere 80 Jahre gewesen. Im Ganzen war also nun schon 160 Jahre her. Vor 160 Jahren hatte er sie zum letzten Mal gesehen, hatte zum letzten Mal mit ihr gesprochen, sie das letzte Mal umarmt.
Er würde sie nie wieder treffen.
Diese Erkenntnis mochte nicht neu sein, und doch versetzte sie ihm jedes Mal aufs Neue einen Stich ins Herz. Die Luft, die er nicht benötigte, stand in seinen Lungen still, sein Blick verlor sich im Nichts.
»Wir vermissen sie alle«, sagte Alice. »Immer, wenn ich in einem alten Film einen roten Transporter sehe, muss ich an sie denken.«
»Ich hätte nur gern gewusst, ob sie ein schönes Leben hatte…«
Das Leben, das sie verdient hatte. Erfüllt und voller Freuden. Er hoffte, dass sie ohne ihn nicht mehr ständig in Gefahr geraten war. War sie Mutter geworden? Hatte sie geheiratet?
»Ich bin sicher, sie hat alles bekommen, was wir ihr gewünscht haben.« Alice sprach mit fester Überzeugung. »Immerhin ist sie doch unsere Bella, nicht wahr? Niemand hätte ihr etwas abschlagen können, auch das Leben selbst nicht.«
Kalifornien. Bella ist 20 Jahre alt.
Das einfache Druckerpapier in ihren Händen war benetzt mit einzelnen Tränen und zerknittert von den vielen Malen, in denen sie es heute bereits aufgefaltet und mit den Fingerspitzen berührt hatte. Sie konnte nicht aufhören, die krakelig niedergeschriebenen Zeilen wieder und wieder zu lesen, verspürte dabei so starke Sehnsucht, dass ihr Herz raste.
Liebe Bella
Zuerst einmal will ich dir alles Liebe und viel Glück zu deinem 20. Geburtstag wünschen. Ein altes Mädchen bist du jetzt, kaum zu fassen. Sollten wir uns nicht langsam nach einem Seniorenheim für dich umsehen? Bestimmt bist du schon ganz gebrechlich und bist auf die Hilfe anderer angewiesen. Da bin ich doch froh, erst blutjunge 18 zu sein! Aber lass dich beruhigen: Du siehst trotz Alter noch wunderschön aus!
Billy lässt dich grüssen. Er und Charlie kennen neben Sport und Fischen kein anderes Thema als dich. Für Billy bist du so etwas wie ein dritte Tochter. Er und Charlie sind wahnsinnig stolz auf dich - so wie ich übrigens. Wirklich, ich bewundere dich. Für alles. Ich kann mir ausmalen, wie verdammt schwer das alles für dich gewesen sein muss, und doch, du hast es geschafft. Glaube mir, der Schmerz wird mit der Zeit erträglicher (und leugne nicht, dass er noch da ist - ich kenne dich besser als mich selber).
Wo wir gerade beim Thema sind: Die Cullens haben Forks vor einigen Monaten verlassen. Ich wollte es dir schon früher sagen, aber du weisst ja selbst, dass wir uns mit den Anrufen immer wieder verpasst haben, und um Briefe zu schreiben hatte ich wegen der ganzen Schulsache zu wenig Zeit. Niemand weiss, wohin sie hingezogen sind, aber ich persönlich hoffe, dass sie nie mehr zurückkehren. Wenn sie weg sind, wird mein Werwolfgen wieder in eine Art Schlafzustand fallen. Das heisst, ich werde ein ganz normales, menschliches Leben führen können, mit Alterungsprozess und allem.
Ich habe alle Abschlussprüfungen gut überstanden und bekomme mit etwas Glück eine Zusage von deinem College! Wäre das nicht abgefahren? Wir beide auf dem selben College! Sogar Billy meint, es wäre gut zu studieren, jetzt, da die Vampire weg sind. Fährst du in den Ferien zu Charlie? Immerhin spricht jetzt nichts mehr dagegen. Und ich würde mich sehr freuen, dich endlich wieder zu sehen, Bella.
Jake
Sehnsucht nach ihrem einstigen Zuhause. Nach Charlie. Jake.
Und Sehnsucht nach Edward. Immer.