Der windige RuWel Marathon vom vergangenen Wochenende steckte mir noch in den Knochen und darum hatte ich eigentlich mit dem Marathon bei der Februar-Ausgabe der Bertlicher Straßenläufe schon abgeschlossen. Aber über meine Einstellung zum Wort „eigentlich“ habe ich an dieser Stelle ja bereits berichtet. Nachdem auf Claudias Nachfrage bei Facebook, wer denn in Bertlich mitlaufe, so viele bekannte Läufer zugesagt haben, kann ich ja nicht nicht laufen.
Am Sonntag zeigte sich der Himmel morgens von seiner besten Seite und ich mache mich auf den bekannten Weg nach Herten. Die Organisation ist wie immer vorbildlich und ich bin ruckzuck angemeldet. Ich gönne mir noch einen Kaffee, halte hier und dann noch ein Schwätzchen und begebe mich dann zur Umkleide, um mich für den Start vorzubereiten.
Nach einer ausgiebigen Fotosession erfolgt pünktlich um 10:30 Uhr der Start und eine wackere Läuferschar schickt sich an, die längste Distanz des Tages unter ihre Füße zu nehmen. Wie immer habe ich mir nichts Konkretes vorgenommen und lasse es erst einmal rollen. Und das Tempo ist hoch, wie mir ein Blick auf meine Garmin-fenix zeigt.
Auf der ersten Hälfte der 14-km-Runde herrscht vorwiegend Rückenwind und der bläst ganz ordentlich. Es ist schön, so den Berg hinaufgeschoben zu werden. So lässt sich das flotte Tempo locker halten, auch wenn ich Dennis zunächst nicht folgen kann. Seine blaue Jacke behalte ich dennoch fest im Blick und versuche, nicht weiter abzufallen.
Ich kann mein Tempo halten, bei km 5 unter 25 min, bei km 10 noch deutlich unter 50 min. Auf dem Rückweg im Gegenwind ist es allerdings hart, das Tempo zu halten. Ich versuche, den Gedanken zu verdrängen, dass ich mich noch zweimal dieser Windwand stellen muss. Bei km 12 bleibe ich unter einer Stunde und die erste Runde ist unter 1:10 h absolviert. Das ist für mich Wahnsinn, einen Fünfer-Schnitt hier zu laufen.
Weiter geht es in Runde zwei. Motiviert von der guten Zeit fixiere ich immer noch die blaue Jacke von Dennis und sie kommt näher. Bei ca. km 18 bin ich auf ihn aufgelaufen und versuche, an ihm dran zu bleiben. Die Hälfte des Rennens ist nach 1:45 h geschafft. Und wieder geht es gegen den Wind und in der zweiten Runde scheint er stärker geworden zu sein. Stellenweise habe ich den Eindruck, nicht dagegen anzukommen. Ich muss fast gehen. Es kostet enorm viel Kraft, aber ich beiße mich durch. Dann ist auch Runde zwei geschafft, immer noch halte ich den Fünfer-Schnitt, die Uhr zeigt ungefähr 2:20 h an.
So, einmal noch in die 14-km-Runde, das muss doch zu schaffen sein, aber ich merke, dass die zweite Begegnung mit dem Wind zu viel Kraft gekostet hat, bis km 30 schaffe ich noch den Fünfer-Schnitt, 2:30 h auf der Uhr, dann muss ich abreißen lassen und die blaue Jacke entfernt sich immer weiter aus meinem Sichtfeld. Auf dem Hinweg schiebt der Wind nicht mehr so, was mich hoffen lässt, dass es dann auch nicht mehr so viel Gegenwind gibt. Aber dem ist nicht so. Bei km 37 gibt es noch mal die volle Packung Gegenwind und ich schalte in den Quengelmodus. Ich mag nicht mehr und hadere mit dem Wind, der mein Fluchen aber ungehört und unbeeindruckt in die weiten Felder bläst.
Das 38-km-Schild übersehe ich und freue mich wie Bolle, als schon km 39 zu sehen ist. Nur noch drei km, das ist jetzt überschaubar. Ich habe inzwischen viel Zeit verloren, aber für eine erneute Zielzeit unter 3:40 h sollte es trotzdem reichen. Ich mobilisiere die letzten Kräfte und dann kann ich endlich auf den Sportplatz einbiegen. Auf der Zielgeraden sehe ich die Uhr, 3:36:50 h zeigt sie an und die Sekunden ticken unerbittlich weiter. Ich versuche so etwas wie einen Schlussspurt, doch so sehr ich mich auch strecke, einen Schritt vor der Ziellinie springt die Uhr auf 3:37 h um und auf der Urkunde steht nachher 3:37:01 h.
Es mag eigentlich total egal sein, dennoch ärgere ich mich ein wenig über diese 2 Sekunden. Aber mein Ärger währt nicht lange. Im Ziel sagen mir die Leute von der Zeiterfassung, dass ich erste Frau geworden bin. „Echt? Cool!“, ist mein Kommentar, zu mehr reicht meine Kraft nicht mehr.
Ich sehe zu, dass ich schnell zur Umkleide gehe und freue mich auf eine heiße Dusche. Doch dort wartet eine Enttäuschung. Das Wasser ist maximal lauwarm. Na gut, dann wenigstens etwas warmes Essen. Doch die nächste Enttäuschung folgt. Suppe, Pommes und Kuchen sind alle. Ich erstehe immerhin noch 2 Käse-Toasts und einen Kaffee.
Dann beginnt das lange Warten auf die Siegerehrung, die sich für den Marathon extrem verzögert. Inzwischen beginnen die Helfer mit dem Abbau und es sind nur noch wenige Leute da, als es endlich losgeht. Aber das Warten hat sich gelohnt. Für Dennis, Svenja und mich gibt es jeweils einen Pokal für den Altersklassensieg. Zudem gibt es Urkunden und T-Shirts für die Sieger der Teamwertung.
Besonders beeindruckt hat mich allerdings der Sieger in der AK M 75 mit einer Zeit von 3:40 h, das ist stark und bescherte dem glücklichen Sieger besonderen und anerkennenden Applaus.
Es werden noch einige Fotos gemacht und nach herzlichen Verabschiedungen mache ich mich erschöpft, aber zufrieden wieder auf den Heimweg.
Bertlich ist doch immer einen Besuch wert, umso mehr wenn ich dort so viele nette Leute treffe. Glückwunsch noch mal an alle!!!
Und auch wenn ihr alle nächstes Wochenende schon wieder irgendwie irgendwo Marathon lauft, ich mache definitiv eine Pause, ganz ohne ein „eigentlich“.