Wenn ich mich begreife als „mit Reisevorbereitungen befasst“…geht es mir gut. Eine Reise kann man vorbereiten bis zu einem gewissen Punkt, bis zu dem Punkt wo die Reise beginnt. Danach ist die Reise - und was man nicht mitgenommen hat, nicht bedacht und vorbereitet hat, das ist das Neue, Spannende, Unwägbare, was einfach passiert und mit dem man dann irgendwie umgeht.
Ich merke, dass ich die Reise als einen Bruch interpretiere und auch zelebriere. Sie ist etwas, das mich aus einem vermeintlichen Alltag herauslöst. Für den begrenzten Reise-zeit-raum traue ich mir zu -gestehe ich mir zu- so offen zu sein für Veränderungen, so neugierig auf Menschen und die Atmosphäre von Orten…wie ich es im Alltag nicht bin. Weil das zu anstrengend wäre und zu unsicher. Wo kämen wir denn da hin, wenn wir den Alltag als Reise begriffen?!
Von Vorfreude getrieben spule ich das ab, was ich für mich (stolz) schon als Routine empfinde. Es ist eine Übergangsphase, in der ich mich warm mache (also Herz und Hirn: das was Kontaktanzeigen suchen und bieten) und stähle für die Wachheit des Reisens: Impfberatung, Impftermine. Reiseapotheke zusammentragen. Auslandskrankenversicherung. Ersatzteile für Brille, Hörgerät. Zahnarztbesuch. Flüge vergleichen und buchen. Passbilder machen, Pass bestellen, Pass abholen, Pass einscannen. Sonnencreme, Mückenschutz. All das zur Sicherheit. Der Körper ist plötzlich ein filigranes Ding.
Im Geiste gehe ich schon mal vor. Im Lonely Planet sind Bilder und Beschreibungen von Unterkünften. Irgendwann habe ich auch mal das „Kulturschock Peru“-Buch gelesen. Was mir noch vor einem Jahr widerstrebte tue ich nun ohne mit der Wimper zu zucken: Ich schaue mir die Gegend auf GoogleMaps an, drucke mir Stadtpläne aus, schaue mir die Urlaubsfotos anderer Leute bei Flickr an und habe somit schon einen ersten Eindruck. Früher hatte ich nur das Bild meiner Phantasie auf Grund meiner Träumereien und Lektüren, und vielleicht Bildbände. Heute ist es kein Bild mehr, das dann überlagert wird vom ersten Eindruck, der dann irgendwann korrigiert wird von dem, was ich in dem Moment für tiefe Einsicht halte. Dieses Vorgehen, das mir erst in der Rückschau bewusst wird, hat mir immer Spaß gemacht: Ein Vor-urteil und Erwartungen aufzubauen, dann zu versuchen den „ersten Eindruck“ zu nutzen um zu verstehen, wo zum Geier ich bin, was zum Geier hier abgeht. Um dann später vergnüglich auf diese anstrengende, intensive erste Zeit zurück zu blicken und sich zu amüsieren, wie falsch man oft lag mit seiner Interpretation der Lage.
Diesmal habe ich bereits anderer Leute Blicke im Kopf, Ein-drücke im wahrsten Sinne des Wortes, die ich mir von Leuten habe machen lassen, die ich niemals kennen lernen werde.
Warum ich das mache? Einerseits weil es mir sicherer erscheint. Das ist sozusagen eine Verlängerung der Impfkampagne. Es wäre doch verantwortungslos, nicht alles zu tun, was (heute technisch) möglich ist um sich vorzubereiten? Damit sie gelingt, die Reise? Die gute Reise (analog zum „guten Leben“, meine ich). Und dann ist es vielleicht auch falscher Ehrgeiz, missgeleiteter Wissensdurst, die Konditionierung (deformación professionelle, wie meine Französischlehrerein dass nannte) immer möglichst genau informiert zu sein, um nicht “dumm dazustehen“. Das hätte ich doch wissen können. Dumm, sich nicht zu informieren, wo man doch alle Möglichkeiten gehabt hätte. Wir leben doch nicht hinterm Mond.
Aber ich wäre doch gern immer Mondkalb, das ist doch der Spaß an der Sache! Ich werde versuchen, solche Zwänge nicht überborden zu lassen auf Gebiete meines Lebens, wo sie nichts zu suchen haben. Wo ich selber suchen will. Allerdings tageweise, denn das was da ansteht ist ja Dienstreise ;-)
Gut, ich sehe es ein, ich bin schon altmodisch. Ich sehne mich nach den Modalitäten vergangener Reisen zurück. Wie absurd ist das denn bitte? Der Inbegriff des Neuen, Fremden wird doch eher zunichte gemacht durch meinen Wunsch, es genau so zu erleben wie das zuvor schon einmal erlebte Neue und Fremde, als durch neue Arten der Vorbereitung und Durchführung einer Reise.
Also Kinder, früher, als damals, als ich nach Amerika ging für einen sogenannten Schüleraustausch, da gab es noch kein Internet. Da bin ich jeden Tag zu dem kleinen Postgebäude an der Hauptstraße (der einzig geteerten Straße, der Straße an der sich links und rechts das Dorf abgesetzt und angesammelt hatte, die Straße die nicht nach Castleford, sondern durch Castleford führte) gelatscht und habe nach Post aus Deutschland gefragt, jawohl. Und Telefonieren war sehr teuer, und es war auch von den Programmmachern verboten, zu häufig zu telefonieren. Das sei schlecht für die Eingewöhnung.